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und kämpfte sich durch Dunkelheit und Nebel und aufgeweichte Wege nach der Stadt durch. Oft blieb er stehen, um zu lauschen, oder er beugte sich herab, um zu fühlen, ob er sich auch auf dem richtigen Wege befand und sich nicht auf ein umgepflügtes Feld oder in ein Moor verirrt hatte.

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Der Wald zu seiner Rechten erhob sich wie eine schwarze, drohende Mauer, aber der Sund zu seiner Linken war nicht zu hören, nicht einmal das leiseste Wellengeplätscher ließ sich bernehmen. Das rötliche Licht von ein paar Schiffslaternen schimmerte in all dem Schwarz schwach wie Rostflecken. Von Beit zu Zeit ertönte ein schwermütiges Nebelhorn .

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Spur von Bewegung, nichts, wodurch man auf ein lebendes Wesen schließen tönnte, läßt sich an ihnen wahrnehmen. Faft möchte man geneigt sein, in diesen unförmlichen Massen lediglich tote, schleimige dennoch haben wir in diesen scheinbar leblosen Gebilden Tiere, und Absonderungen irgendwelcher Pflanzen oder Tiere zu sehen, und großen artenreichen Klasse der Schwämme oder Spongien. sogar recht hochorganisierte Tiere, vor uns, nämlich Vertreter der Bekanntlich ist das Meer das eigentliche Wohngebiet der Schwämme. hier leben ihre schönsten und größten Vertreter an den flachen Stellen der Küstenregion sowohl wie in Tiefen von mehreren tausend Metern. Nur wenige unter einander nahe verwandte Arten, die sogenannten Spongillen, führen in unseren Süß­wasserbecken ein kaum bemerktes Dasein.

Der kleine Mann schritt mühsam vorwärts in einem Paar hellen Beinkleidern, die er um die Knöchel und seine Wie bereits erwähnt, erblickt man äußerlich an dem Schwamm Schnürschuhe mit den hohen Abfäßen vorsichtig aufgestreift förper keinerlei Bewegungserscheinungen, und es hat infolgedessen hatte. Auf seinem viel zu großen Kopf saß ein zierlicher auch lange gedauert, ehe die wissenschaftliche Forschung ihre fleiner Strohhut mit steifem Rand und blauem Band; und tierische Natur mit Sicherheit zu erkennen vermochte. Erst durch aus dem aufgeschlagenen Rockfragen guckte ein spizes, bart- die Untersuchungen des Engländers Flemming am Anfange des loses Kinn hervor, das zu einem langen, blassen und schwer- borigen Jahrhunderts konnte diese Frage endgültig beantwortet mütigen Gesicht mit einer schwarzen Klappe vor dem einen Am bekanntesten ist der gemeine Badeschwamm, allein was Auge gehörte.

Es war Kasper Kapper. Er kam aus dem noch unbelaubten Walde, wo er seiner Gewohnheit gemäß in aller Einsamkeit seinen Geburtstag gefeiert hatte. Obwohl er sich selbst oft mit großer Bitterkeit fagte, daß es ein jammervolles Dasein war, zu dem er vor vierunddreißig Jahren geboren war, so daß er dem lieben Gott eigentlich feinen Dank schuldig war, konnte er sich an diefem Tage niemals zu Hause halten. Wie das Wetter auch sein mochte, er erbat sich einen freien Tag in seiner Uhrmacher werkstatt, zog seinen Sommeranzug an und begab sich in die Natur hinaus, um an seine Mutter zu denken, die er übrigens niemals gekannt hatte, da seine Geburt ihr das Leben ge­kostet hatte.

Den Abend verbrachte er in der Regel da draußen in einem Tingeltangel, wo er bei einem Glase Bier saß und die fetten, ausgeschnittenen Damen anstarrte, bis er aufstehen mußte, um mit dem letzten Abendzug nach Hause zu gelangen. In diesem Jahr aber war das Lokal geschlossen gewesen, und da das Wetter gegen sechs Uhr noch gut gewesen war, beschloß er, auf dem Strandwege nach Hause zu gehen. Indessen mußte er die Zeit oder die Länge des Weges verkehrt be­rechnet haben, die Dunkelheit überraschte ihn, ehe er nur die Hälfte des Heimweges zurückgelegt hatte, und nun ging er da und verwünschte sich selbst und seinen ewigen Unstern, während er sich auf dem aufgeweichten Wege, in seinem dünnen Sommerzeug vor Kälte zitternd vorwärts tastete.

Er war so schrecklich ängstlich. Er wagte faum, den Fuß fest aufzusetzen vor Angst, durch das bloße Geräusch seiner Schritte irgend einen bösen Geist gegen sich heraufzu­beschwören. Das leiseste Rascheln in den Kronen der am Wege stehenden Bäume machte ihn zusammenfahren; und jedesmal, wenn er Schritte zu hören glaubte, troch er an die Seite und versteckte sich in den Graben.

Aber wenn das Nebelhorn mit seinen langen schwer­mütigen Tönen einfiel, hatte er sofort ein Gefühl, als be­ruhige ihn etwas Menschliches, und er eilte wieder vor­wärts.

Endlich schimmerten ihm die ersten Laternen der Stadt gleichsam grüßend durch die Finsternis entgegen, und sobald er Pflastersteine unter seinen Füßen fühlte, war er wieder er selbst. Ganz mutig bat er sofort einen Herrn um etwas Feuer für seinen Zigarrenstummel.

( Fortsetzung folgt.)

Naturwiffenfchaftliche Ueberficht.

Von Dr. C. Thesing.

Wohl manchem der zahllosen Spaziergänger, die an jedem jonnigen Tage des Sommers oder Herbstes in großen Scharen an die Ufer des Tegeler Sees herauspilgern, werden wahrscheinlich schon eigentümliche, gallertartige Bildungen aufgefallen sein, die an vielen Stellen gleich dichten Pelzen abgestorbene, im Wasser Tiegende Zweige, Steine oder Brüdenpfosten überziehen. Die Form dieser Gebilde ist sehr wechselnd; bald sind es einheitliche bis findstopfgroße, rundliche Massen, bald verzweigte, unregelmäßige Bildungen, welche in ihrer Gestalt den Gegenständen folgen, auf denen sie wuchern.

Die wenigsten werden in diesen trübdurchsichtigen, lichtgrau oder auch grünlich gefärbten Klumpen lebende Organismen ver­mutet haben. Denn, so genau man auch hinschauen mag, keine

man da im Gebrauch hat, ist nicht etwa der ganze Schwammförper. sondern nur sein totes aus Hornfasern bestehendes Gerüst oder Stelett. Doch ehe wir weiter auf die verschiedenen Arten von Spongien zu sprechen kommen, wollen wir uns in aller Kürze mit der feineren Organisation des Schwammförpers vertraut machen. Man kann unter den Schwämmen drei grundsätzlich verschiedene Bautypen unterscheiden. Die einfachste und primitivste Gestalt be= einfachen dünnwandigen Sades oder Schlauches. Mit dem einen, fizzen die sogenannten Asconen. Sie haben das Aussehen eines blindgeschlossenen Ende ist derselbe auf seiner Unterlage, einem Steine, dem Sande des Meerbodens usw., festgewachsen. Das andere, freie Ende trägt an seiner Spiße eine rundliche Deffnung, das Ostulum. Auf den seitlichen Wandungen des Schlauches be= merkt man zahlreiche feine Boren. Durch diese strömt das Atem­wasser und damit gleichzeitig feine Nahrungsteilchen in die Höhlung des Sades, welche man auch wohl als Magen des Schwammes bezeichnen kann, da hier die Verdauung von statten geht. Das verbrauchte Waffer und die unverdaulichen Nahrungs­Wenn man also den Schwammförper mit dem Körper eines höheren reste werden dann wieder durch das Oskulum nach außen befördert. Tieres vergleichen wollte, so müßte man die Poren als Mund­öffnungen auffassen, während das Oskulum die Stelle des Afters vertritt. Die Innenwandungen des Magens sind mit einer ein­heitlichen Schicht sehr eigentümlich gestalteter Bellen ausgekleidet, denen vorzugsweise die verdauende Tätigkeit obliegt. Diese Zellen fiten mit breiter Basis ihrer Unterlage auf, während das sich leicht diesem letteren erhebt sich ein zarter, gylinderförmiger Kragen, verschmälernde andere Ende frei in die Magenhöhle hineinragt. Bon aus dessen Mitte eine lange, dünne Geißel hervorragt, die im Leben ständig schlagende Bewegungen ausführt. Man bezeichnet diese Zellen als Kragengeißelzellen, und schon häufig waren fie der Anlaß zu wissenschaftlichen Auseinandersetzungen. Außer bei den Schwämmen findet man nämlich im Tierreiche solche Kragen­geißelzellen nur noch als selbständig lebende Organismen unter den einzelligen Urtierchen. Es sind dieses die sogenannten Choano­baß die Schwämme gar teine einheitlichen Lebewesen wären, sondern flagellaten. Manche Forscher waren daher der Meinung, Forschung jedoch zeigte, läßt sich diese Annahme. nicht aufrecht er­hielten fie für Kolonien von Choanoflagellaten. Wie die weitere halten, da fie, wie wir sehen werden, all die übrigen Bellarten des Sawammförpers nicht berücksichtigt. Nach wie vor müssen wir also die Spongien als selbständige, einheitliche Tiere ansehen, welche im Tierreiche die gleiche Stellung einnehmen wie etwa die Würmer, Injekten oder Weichtiere.

homogenen oder fajerigen Bindegewebe, dem Mesoderm, gebildet. Die Hauptmasse des Schwammtörpers wird von einem Gingelagert in dieses finden wir zahlreiche, vielgestaltige Bellen. Teils sind sie unregelmäßig gelappt, teils rundlich oder auch mit langen, verästelten Fortsäßen ausgerüstet. Wir haben in ihnen Nerbenzellen, männliche und weibliche Geschlechtsprodukte und endlich auch kontrattile Faserzellen vor uns, welch letzteren unter anderen Aufgaben das Oeffnen und Schließen der Poren obliegt. Aeußerlich ist der Schwammförper von einem leicht bergänglichen, aus flachen Bellen bestehenden Plattenepithel überzogen.

Doch nur wenige Schwämme zeigen den einfachen, schlauch­förmigen Bau des Asconentypus. Bei den meisten Arten hat das Mesoderm erheblich an Dicke zugenommen, die Magenhöhle hat seitliche Aussadungen, die sogen. Radialtuben getrieben, welche durch die Boren nach außen münden, und die Kragengeißelzellen find jeti in ihrem Vorkommen ausschließlich auf die Radialtuben be­schränkt. Man bezeichnet diese Formen als Shconen.

Bei noch weiterer Verdickung des Mesoderms werden die Radialtuben tief in das Innere des Schwammförpers verlagert und stehen mit der Außenivelt nur durch oft reich verzweigte, zu­führende Kanäle in Verbindung, während die Herausschaffung des verbrauchten Wassers und der unverdaulichen Nahrungsreste durch ein ebensolches System abführender Kanäle vermittelt wird, die zuerst in den" Magen" und weiterhin durch das Oskulum nach außen führen. Derart gebaute Spongien faßt man unter dem Namen Leuconen zusammen.