teßke Mode. Die Mädchen haben fertiggekaufte Kleider oderBlusen an und einige sind ganz hübsch. Einige der jungenMänner könnten für Amerikaner gelten. Für Kommis! Schondeshalb, weil sie ihre Hüte im Zimmer aufbehalten. Jedesder jüngeren Paare gefällt sich in einem besonderen Tanzstil.Einige schmiegen sich sehr eng aneinander an, andere haltensich in vorsichtiger Entfernung. Die einen strecken die Armesteif, andere lassen sie hängen. Einige springen, anderegleiten sanft, wieder andere bewegen sich mit feierlicher Würde.Da sind lärmende Paare, die wild durchs Zimmer rasen undjeden aus ihrem Wege stoßen, und nervöse Paare, welche sichimmer fürchten und ausschreien: Nustok! Kas yra?—Jedes Paar ist für den ganzen Abend vereint; sie trennensich nie. Alena Jasaityte zum Beispiel, welche schon unend-liche Stunden mit Juozas Raszius getanzt hat. Alena ist dieSchönheit des Abends, und sie wäre wirklich schön, wenn sienicht so stolz wäre. Sie trägt eine weiße Bluse, die vielleichtden Lohn einer halben Woche repräsentiert. Sie hält denRock mit der Hand beim Tanzen, wie sie es von großenDamen gesehen. Juozas führt einen von Durhams Wagenund bekommt hohen Lohn. Er imitiert den flotten jungenMann, trägt den Hut auf einer Seite und hält den ganzenAbend die Zigarette im Munde. Dann ist da JadvygaMarcin kus, ebenfalls schön, aber bescheiden. Jadvyga be-malt ebenso wie Alena Büchsen, aber sie hat eine krankeMutter und drei kleine Schwestern zu ernähren, deshalb ver-schwendet sie ihren Lohn nicht für Blusen. Jadvyga ist kleinund zart, hat pechschwarze Augen und Haare. Die letzterensind auf dem Kopfe in einen kleinen Knoten gedreht und be-festigt. Sie trägt ein altes weißes Kleid, das sie selbst ge-macht und seit fünf Jahren bei allen Festlichkeiten trägt. Esist nicht sehr kleidsam, das betrübt aber Jadvyga nicht, welchemit Mikolas tanzt. Sie ist klein, er groß und stark. Sieschmiegt sich in seinen Armen, als wenn sie sich vor allerAugen verbergen möchte, und lehnt ihren Kopf an seineSchulter. Er hat seine Anne fest um sie geschlungen, als wolleer sie forttragen. Und so tanzt sie und wird den ganzenAbend tanzen und würde in alle Ewigkeit forttanzen, inFreude und Glück. Vielleicht würdest du lachen, wenn du siesähest, aber du lachst nicht, wenn du ihre ganze Geschichtehörst. Es ist das fünfte Jahr, daß Jadvyga mit Mikolasverlobt ist, und ihr Herz ist krank. Sie würden längst geheiratet haben, doch Mikolas hat einen Trinker zum Vaterund ist der einzige kräftige Mann in einer großen Familie.Trotzdem hätten sie es vielleicht niöglich gemacht, dennMikolas ist geschickt, wenn nicht so traurige Fälle dazwischengekoinmen wären. Er ist Knochenschäler, und das ist ein ge-fährliches Gewerbe, besonders wenn du Stückarbeit ver-richtetst und heiraten möchtest. Deine Hände sind schlüpfrigund dein Messer ist schlüpfrig, und du arbeitest wie ein Ver-rückten Wenn dann zufällig jeniand dich anspricht und duschlägst auf einen Knochen, dann gleitet das Messer ab unddu verletzt dich furchtbar. Das würde aber noch nicht sofchlimnr sein, wenn nur die tödliche Ansteckung nicht wäre.Der Schnitt kann heilen, aber man kann es nie wissen. Zwei-mal hat Mikolas während der letzten drei Jahre an Blut-Vergiftung zu Hause gelegen, einmal drei Monate lang undeinmal gar sieben. Das letzte Mal verlor er sogar feineArbeit, und das hieß soviel wie sechs Wochen an den Türender Schlachthäuser herumstehen müssen, von sechs Uhrniorgens an, bei bitterer Kälte im Schnee. Es gibt klugeLeute, welche dir aus den Büchern nachweisen, daß Knochen-schäler vierzig Cents in der Stunde verdienen, aber vielleichthaben diesö Leute nie eines Knochenschälers Hand gesehen.—Wenn Tamoszius und seine Gefährten einnial einePause machen, wie es von Zeit zu Zeit üblich ist, dann bleibendie Tänzer stehen, wo sie gerade sind, und warten geduldig.Sie ermüden,scheinbar nie, und ein Platz zum Sitzen ist nichtda. Es dauert auch nur eine Minute, dann fährt derDirigent wieder auf, trotz des Widerspruches der beidenanderen. Nun kommt eine andere Art Tanz, ein litauischerTanz. Die, welche das bequemer finden, fahren mit demZweitritt fort, aber die Mehrzahl macht eine verwickelteAnzahl von Bewegungen durch, die mehr an Schlittschuh-laufen als an Tanzen erinnern. Der Höhepunkt ist einwütendes presti88im<i, bei dem die Paare sich bei denHänden ergreifen und ein verrücktes Wirbeln beginnen. Dasist ganz unwiderstehlich und jeder im Zimmer macht mit,bis der Platz ein verwirrendes Durcheinander von fliegendenRöcken und Gliedern ist. Aber das Schaustück aller Schau-Lücke ist in diesem Augenblicke Tamoszius Kuszleika, Diealte Fiedel schreit und wimniert wie protestierend, aberTamoszius hat kein Mitleid. Die Schweißtropfen stehenauf seiner Stirn, und er beugt sich vor wie ein Radrennfahrerbeim Endspurt des Rennens. Sein Körper bebt wie einedurchgegangene Dampfmaschine, und das Ohr kann demfliegenden Nötenschauer nicht folgen. Statt seines Armessieht er einen blauen Nebel. Mit einem wunderbarenSchwung kommt er zum Ende des Stückes, wirft die Händeempor und wankt erschöpft zurück. Und mit einem Endschreides Entzückens fliegen die Tänzer auseinander und taumelnhierhin und dahin an die Wände.(Fortsetzung foIgt.ZDer Garten des Laubenkolomfren*Oktober.Jüngst war Herr Prietzke wieder einmal bei mir. Er meinte,da im Garten nicht mehr viel zu tun sei, habe er jetzt mehr Zeit,gelegentlich Privatbesuche zu machen, außerdem habe er mich Per-schiedencs zu fragen, und dann wisse er auch, daß ich ihn nicht mittrockenem Halse weitergehen lassen würde. Ich verstand den Wink.setzte ihm eine gute Flasche vor und bald begann er. auS sich herauszu gehen, mich alles zu fragen, was er auf dem Herzen hatte. Ermeinte, was jetzt bei seiner Laube wächst, fei nur noch Unkraut;es wüchse überall, so führte er aus, am Zaun, auf den Wegen.zwischen den Gemüsen, nian könne sich gar nicht helfen. Früherglaubte er auch, dieses überflüssige Unkraut würde von selbstwachsen, ohne daß sich sein Samen in der Erde befinde. Diese ver-kehrte Ansicht habe ich ihm aber bereits ausgetrieben. Die Un-krautsamen, die sehr leicht sind, werden häufig aus den verwildertenNachbarländcreien durch den Wind in die Laubenparzcllen getragen.Außerdem bleiben Samen, die vielleicht schon Jahr und Tag imBoden gelegen haben, aber so tief, unter Abschluß der Luft, daß sienicht keimen konnten, jahrzehntelang lebensfähig, während sich beitrockener Aufbewahrung die Keimfähigkeit der meisten Sämereiennur auf verhältnismäßig kurze Dauer erstreckt. Wenn tiefliegendeSamen durch die Bodenbearbeitung in günstigere Lebensverhältnissekommen, so beginnen sie rasch auszukeimen. Ganz wird man dieUnkräuter nie los. Die einjährigen hält man sich fern durchhäufiges Behacken des Bodens, die mehrjährigen lassen sich hier-durch schließlich auch zum größten Teil ersticken, wenn ihre jungenTriebe durch fortgesetztes Behacken immer und immer wieder ver-nichtet werden, wodurch schließlich die ausdauerndsten Wurzeln imeigenen Safte ersaufen.Wir in der sandigen Mark haben unsere ganz speziellen Un-kräuter, deren massenhaftes Auftreten immer ein Zeichen derKalkarmut des Bodens ist. Durch Kalken des Bodens kann mandiesen Unkräutern eine ungemütliche Situation bereiten und dannin den folgenden Jahren mit Vergnügen beobachten, daß sie immerrarer werden. Unausstehlich werdende, förmlich grüne Teppichebildende andauernde Unkräuter des kalkarmen Sandbodens sind eineAmpferart<Uumex �cetosella) und die Ackerwinde(Convululusarvensis). Die erstgenannte Pflanze, die grüne Rosetten bildet,über welche sich im Sommer mit Hunderten unscheinbarer Blütenbedeckte Blumenstiele erheben, ist ganz flachwurzelnd. Sie treibtüber meterlange, flach gehende Wurzelrhizome, aus welchen inkurzen Abständen zahlreiche neue Pflänzchen ersprictzen, so daß auseiner einzelnen Pflanze bald ausgedehnte grüne Rasen entstehen.wozu noch die natürliche Vermehrung durch Selbstaussaat kommt.Beim Graben muß jedes Würzclchen dieses Schmarotzers ausgelesenwerden. Auch aus dem kleinsten Wurzclstückchen, das im Bodenbleibt, gehen neue Pflanzen hervor. Die Ackerwinde ist ein nochabscheulicheres Unkraut, trotz ihrer trichterförmigen, weißen, wohl-riechenden Blumen. Ihre weißen Wurzeltriebe winden sich spiral-fömig im Boden zum Lichte hervor und auch von ihnen wächst jedesStück weiter. Wo die Ackerwinde einmal festen Fuß gefaßt hat, damuß man entweder die von ihr heimgesuchten Beete von Woche zuWoche behacken, wodurch die Pflanzen immer wieder ihrer grünenTriebe beraubt werden, bis sie verkommen sind, oder man muß denBoden 1 Meter tief rigolen und dabei alle Wurzeln auflesen, dennauch aus Metertiefe würden sie sich wieder zum Tageslicht empor-arbeiten. Ein weiterer ausdauernder Schmarotzer ist der Acker-schachtclhalm(b�quisetum arvense); er ist ein Iryptogamischcs Ge-wächs, das sich wie Pilze, Farne und Moose durch mikroskopisch kleineSporen vermehrt. Auch dieses Unkraut ist kaum lo» zu werden;neben fortgesetztem Behacken hilft gleichfalls nur metertiefesRigolen. Aber dieser Ackerschachtclhalm kommt bei uns nur strich»weise vor, den reinen und trockenen Sandboden liebt er nichtsonderlich. In feuchterem Lehm und tonhaltigem Boden scheinter sich dagegen entschieden wohler zu fühlen. Auf meinem Haupt-grundstücke befindet sich nur eine kleine Ecke, in welcher Schachtel-Halm wächst. Auf meinem zweiten ,in nächster Nähe gelegenenGrundstück dagegen, das hohen Grundwasscrstand und den minder-wertigen tonigen Sandboden hat, tritt er stark, auch in den Wegenauf; ich habe ihn aber durch fortgesetztes Behacken und durch Kalk-düngung bereits fast vollständig vertrieben.