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Spezialitäten und Geheimmittel aller Art. Unzählige„ Sekreten"| fich aber auf die einfache Formel bringen: Welchen Nuken haben wurden erfunden und angepriesen, und trugen, meint Schelenz, die mit der Camera erzeugten Lichtbilder in der Wissenschaft ge: ihren Erfindern wahrscheinlich ebenso reichen Lohn ein, wie ihren stiftet? Dabei mögen die optischen und chemischen Verfahren un. modernen Nachfolgern. Zur Reklame bediente man sich der herum- erörtert bleiben, weil sie zu abseits vom Wege führen und dazu reisenden Scharlatane, der Marktschreier, aber auch schon der be- herausfordern würden, auch die Rückwirkungen auf die Chemi :, zahlten Annoncen in Zeitungen, und im 17. Jahrhundert scheinen die Optik und die photographische und optische Technik zu erörtern. die Anpreisungen von Geheimitteln, wie Nervenpulver, Antimon- Ein Nußen der Photographie für die Wissenschaften kann allein bechern, Zahnpulvern und fleinen Beuteln, Kindern um den Hals darin liegen, daß mit ihrer Hülfe Ergebnisse erzielt werden, die zu hängen, die Hauptrolle im Anzeigenteil der Blätter gespielt dem bloßen Auge sonst nicht erreichbar sind. Die Erörterung spitt haben. Im 18. Jahrhundert war den Apothekern nicht allein ge- fich also zu auf die Frage: Was ist der Camera wohl, dem Auge stattet, sondern sogar geboten, renommierte Mittel", z. B. die„ Halles aber nicht erreichbar? schen" zu führen; zum Schutz des Publikums war freilich hier und dort eine vorherige Prüfung der Mittel verordnet, aber damit wurde es wohl nicht so genau genommen. Der Giftverkauf ist schon seit Jahrhunderten in Deutschland auf die Apotheken beschränkt.
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Der Keplersche Vergleich des Auges mit der Camera ist seit ihn vieltausendmal angewendet worden. Wollte man aber die Camera als Maßstab für das Auge wählen, so wäre es ein billiges Vergnügen, für das Auge eine große Zahl von Mängeln ausfindig zu machen. Man darf aber nicht den fundamentalen Unterschied ver Bereits Ende des 16. Jahrhunderts befaßten sich die Apotheker gessen, daß das Auge ein Organ ist, fein Instrument, daß es mit dem Verkauf von Mineralwässern, die immer weitere Ver- ganz andere Aufgaben hat als eine Camera. Das Auge ist als breitung fanden. Der im dreißigjährigen Kriege zerstörte Selters- Vermittelungsorgan für das Gehirn eingerichtet; es hat, um mit brunnen wurde im Jahre 1681 neu gefaßt und brachte damals an Helmholz zu reden, ein sehr kleines Gesichtsfeld bei allerdings Pachtzins 2 Fl. 30 Kr.! Anfang des 17. Jahrhunderts stieg großer Lichtstärke. Die Camera aber ist ein Instrument, das man dieser auf 500 Fl., im Jahre 1775 soll der Brunnen dem Erzbischof in verschiedensten Eigenschaften herstellen kann; bei ihr ist aber der von Trier dagegen schon 60 000 FI. eingetragen haben, woraus man optische und der lichtempfindliche Teil veränderlich, beide überauf den Betrieb schließen kann. Der Verdienst der Apotheker beim schauen jedoch in jedem Falle gleichartig das ganze ins Auge geMineralwasserhandel scheint jedoch ein sehr zweifelhafter gewesen faßte Gebiet. Aus dieser Tatsache ergibt sich von selbst die Anzu sein, denn im Jahre 1793-1794 mußte, die Hannoversche Rats- wendung der Photographie in der Wissenschaft und ihr Nutzen. apotheke 238 Krüge Emser und 500 Krüge Selters, für die sie 120 Rtlr. gezahlt hatte, fortgießen, weil sie verdorben waren. Die erste Anstalt in Deutschland zur Bereitung künstlicher Mineralwässer gründete im Jahre 1818 in Dresden der Leipziger Apotheker Struwe; später errichtete er in Gemeinschaft mit Hofrat Soltmann, nachdem er seine Apparate und Methoden durch Patent gegen Rachahmung geschützt hatte, Tochteranstalten in Leipzig und Berlin , von denen Schelenz schreibt, daß sie vorbildlich und bahnbrechend für die jetzige gewaltige Industrie geworden seien.
Ueber die Teuerkeit der Arzneien ist schon geklagt und gespottet worden, so lange die Apotheken im heutigen Sinne des Wortes bestehen; ganz unberechtigt waren und sind solche Klagen wohl nicht, aber zum Teil mag die im allgemeinen günstige wirt schaftliche Lage des Standes, die Neid hervorrief, schuld daran gewesen sein. Jedenfalls ist dadurch an der angesehenen sozialen Stellung, deren sich die Apotheker in Deutschland von jeher erfreut haben, nichts geändert worden. Die Augsburger Tage vom Jahre 1713 enthielt die Ermahnung, daß die Apotheker Bedürftigen gegenüber nachfichtig sein und die Begierde nach eigenem Gewinn der Tugend, Liebe gegen den Nächsten auszuüben, nachsetzen sollten, eingedent des Wortes Sprüche Salom. 19,17."
Berlin hatte im Jahre 1720 bei etwa 70 000 Einwohnern 9 deutsche und 3 französische Apotheken, also eine auf rund 6000 Menschen, im Jahre 1807 bei 200 000 Einwohnern 23, also eine auf 9000, im Jahre 1898 bei einer Bevölkerungszahl von 1772 000 dagegen 98 Apotheken, also eine auf 11 080 Einwohner. Nach den Schäßungen der Berliner Kaufmannsgilde von Jahre 1807 hatten die damaligen 23 Berliner Apotheker zusammen einen Umsatz von 171 600 Ir. Im Jahre 1831 wurde berechnet, daß die 1100 prei schen Apotheken zusammen jährlich für 5 Millionen 750 000 Tir. umsekten, also jede im Durchschnitt für 15680 Mark. Das war vor 75 Jahren: man mag daran ermessen, mit welchen Umsätzen die Apotheken( deren Berlin ohne Vororte heute allein gegen 200 befist) heute arbeiten.- Ernst Reimers.
( Nachdruck verboten.)
Ein wesentlicher Teil der nußbringenden Anwendungen der Lichtbildnerei beruht auf dem Umstande, daß die Camera dahin geschickt wird, wohin wir mit unserem menschlichen Körper nicht ge= langen können. Wir machen Tieraufnahmen und schalten dabei unsere störende Anwesenheit aus, wir registrieren langwährende Erscheinungen, deren Aufnahme zu langweilig wäre und dabei kaum die Treue erreichen würde, mit der der photographische Apparat zeichnet. Dahin gehören die Sternaufnahmen und anderes. Unter dem Gesichtspunkte des geistigen Fortschritts ist allerdings die Konzentrierung des Auges auf eine einzige beschränkte Stelle wertboll, fie genügt aber nicht immer und wird leicht durch Nebenumstände abgelenkt, worunter die Treue der Zeichnung leidet. Die Camera dagegen ist vollständig gemütlos und uninteressiert, und zeichnet mit absoluter Treue alles allein nach seinem geometrischoptischen Werte auf. Handelt es sich z. B. darum, für immer und endgültig alle Momente eines Tatsachenbestandes festzuhalten, wie bei der kriminellen Photographie, so ist das auf keinem Wege so gut möglich, wie unter Zuhülfenahme des Lichtbildes. Auch in den Fällen, wo eine direkte Beobachtung von Objetten ausgeschloffen ist, weil die sich abspielenden Vorgänge zu schnell vor sich gehen- wie bei Gefchoffen, bei Sonnenfinsternissen usw. oder wo die Empfindlichkeit der Objekte ein längeres oder wiederholtes Bes obachten nicht gestatten wie bei Tier- oder medizinischen Aufnahmen- leistet die Photographie, was das Auge nicht kann. Die Photographie hat es ermöglicht, viel ökonomischer zu arbeiten. So gibt eine Himmelsaufnahme oft Material für monatelange Arbeit im warmen Studierzimmer, und man erreicht dadurch, um mit Prof Scheiner in Potsdam zu reden, eine viel bessere wissen schaftliche Verzinsung der kostspieligen Instrumente. Dieselben Vorteile machen sich in der Photogrammetrie, der Lichtbildmeßkunst, geltend. Nach Lambert genügen zwei Aufnahmen eines Gegenstandes von verschiedenen Standorten aus, um ein vollständiges und genaues Bild von ihm zu konstruieren. Dieses Gebiet hat in der Folge große Ausbildung erfahren und ist in Deutschland namentlich durch Professor Meydenbauer, dent Direktor der tgl. Meßbildanstalt in Berlin , auf historische Denkmäler mit dankenswertem Erfolge angewandt worden. Durch stereoskopische Aufnahmen ist es ferner gelungen, den flüchtigen Wasserwellen beizukommen und durch Nachbildung in bildjamem
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Der Wert der Photographie für Material Modelle von Sand- und Wasserwellen mit absoluter
die Wiffenfchaft.
Auf der einfach und würdig gehaltenen Schlußfeier der Allgemeinen Photographischen Ausstellung in Berlin sprach Professor Czapski, der jetzige Leiter der Zeißschen Werke in Jena , über das in unserer Ueberschrift gekennzeichnete Thema. Er führte etwa folgendes aus: Als Alexander v. Humboldt aufgefordert wurde, sich über den Wert oder Unwert der Photographie zu äußern, bedauerte er, fie nicht schon auf seiner Reise in das Land der Pharaonen haben benutzen zu können. Es wäre, meinte er, dann möglich gewesen, alle die herrlichen Kunstschäße im Bilde mit nach Hause zu nehmen, sie dort in Muße zu studieren und der funstbegierigen Mitwelt vor Augen zu führen. Auch andere Anwendungen der Photographie sah Humboldt voraus, so die für astronomische Zwecke. Und wenn ihm auch der Versuch einer Mondphotographie mißlungen ist, so entmutigte ihn das doch nicht; prophetisch rief er aus:" Gebt dem Naturforscher ein Instrument und wartet auf das Unvorhergesehene!" Diese prophetische Aeußerung hat die Zeit in vollstem Maße erfüllt. Die Bedeutung der Photographie für die Wissenschaften liegt schon allein darin, daß sie als solche der Wissenschaft ein vollständiges Gebiet eröffnet hat, die Photochemie, die nicht nur der ausübenden Photographie nukte, sondern auch für andere Gebiete, z. B. für die Landwirtschaft, Wertvolles leistete. Doch nicht die Schaffung neuer Gebiete, sondern die Anwendung der Photographie auf stehende Disziplinen bildete den Hauptinhalt des Vortrages. Das Thema dafür läßt
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Treue herzustellen, die bewegliche Welle im Moment ihrer schönsten Entfaltung gleichsam erstarren zu machen eine Leistung, die durch direkte Beobachtung schlechterdings unmöglich wäre.
Alle diese Anwendungen der Photographie haben jedoch das Charakteristikum, daß sie nicht wesentlich über das Wahrnehmungsvermögen des Auges hinausgehen. Hauptsächlich die Ersparnis von Arbeit, Zeit und Mühe ist es, was sie auszeichnet. Es gibt aber noch Gebiete, auf denen die Photographie Wahrnehmungen vermittelt, die das Auge wegen seiner Konstruktion überhaupt nicht machen kann, weil sich die Vorgänge unserer Wahrnehmung entziehen. So ist unser Sehvermögen schon in der Wahrnehmung von Helligkeiten beschränkt; wird ein Lichteindruck des sonst ungeheuer empfindlichen Auges nicht innerhalb sehr kurzer Zeit wahrgenommen, so bleibt er uns stets verschlossen. Die photographische Platte aber, die bei weitem nicht die Empfindlichkeit des Auges besikt, summiert die Wirkung und bringt sie, wenn auch während längerer Zeit, zur Verzeichnung. Namentlich dieser Umstand ist es, der den Astronomen den größten Vorteil bietet. Dem Auge ist es ferner versagt, Bewegungen, die über ein gewisses Maß von Geschwindigkeit hinausgehen, zu beobachten. Be wegt sich ein Körper schneller als um 3 Grad im Schwinkel pro / 100 Sekunde, so kann ihn das Auge nicht mehr sorgfältig erfassen. Da hilft wieder die Momentphotographic, deren Hülfsmittel durch Männer wie Anschütz und Fischer- Leipzig, der durch sie besonders das Studium der Bewegungen des menschlichen Körpers erschloß, vorzügliche Ausbildung erfahren haben. Zwar kann man einen selbst so schnell bewegten Störper, wie eine Flintenkugel, dem Auge