Connor! Ein Zittern befiel ihn, und seine Glieder bogen sich wie zum Sprung. Tann fühlte er plötzlich eine Hand auf seiner Schulter und hörte eine Stimme hinter sich sagen: Sitzenbleiben, Tu Hundesohn I" Er gehorchte, aber seine Blicke hingen unverwandt an seinein Feinde. Der Mensch lebte noch, das war auf eine Art eine große Enttäuschung für ihn; und doch war es er- sreulich, ihn so bepflastert und verbunden zu sehen. Er und der Rechtsanwalt der Gesellschaft, der ihn begleitete, nahmen dicht vor der Estrade des Richters Platz; gleich darauf rief der Schreiber Jurgis bei Namen, und der Polizist zerrte ihn in die Höhe und führte ihn vor den Richter, indem er ihn fest am Arm gepackt hielt, um zu verhindern, daß er sich auf denBoß" stürzte. Jurgis hörte zu, während der Mann den Zeugenstuhl betrat, den Eid leistete und seine Geschichte erzählte. Die Frau des Gefangenen hatte in einer Abtei-lung, die ihm* nahe lag, zu tun gehabt und war entlassen, weil sie frech gegen ihn gewesen war. Eine halbe Stunde darauf war er heftig angefallen, zu Boden geworfen und nahezu erwürgt worden. Er hatte Zeugen mitgebracht Zeugen werden voraussichtlich.gar nicht nötig sein," be- merkte der Nichter, indem er sich Jurgis zuwandte.Sie geben zu, daß Sie den Kläger angefallen haben?" fragte er. Den?" fragte Jurgis, auf Connor deutend. Ja," sagte der Richter. Ich Hab' ihn geschlagen," sagte Jurgis. Sagen SieEuer Ehren," sagte der Polizist, indem er ihn in den Arm kniff. Euer Ehren," sagte Jurgis gehorsam. Sie haben versucht, ihn zu erwürgen?" Ja, Herr, Euer Ehren." Schon jemals verhaftet worden?" Nein, Herr, Euer Ehren." Was haben Sie zu Ihrer Entschuldigung anzuführen?" Jurgis schwankte. Was hatte er zu sagen? In zwei und einem halben Jahre hatte er genug Englisch   gelernt, um sich im gewöhnlichen Leben zu verständigen, aber dazu hatte nicht die Erklärung gehört, daß jemand seine Frau ein­geschüchtert und verführt hatte. Er setzte ein- oder zweimal an, stammelte und stotterte, zum großen Verdruß des Richters. der wegen des Düngergeruchs nach Luft rang. Schließlich gab der Gefangene zu verstehen, daß sein Wortschatz nicht ausreiche, und sofort trat ein schmucker junger Mann vor und ersuchte ihn, sich jeder Sprache zu bedienen, die ihm ge- läufig sei. .Jurgis begann. In der Voraussetzung, daß man ihm Zeit gönnen werde, erklärte er erst, daß der Boß sich die Stellung seiner Frau zunutze gemacht habe, um sich ihr zu nähern, und daß er ihr mit Entlassung gedroht habe. Als der Dolmetscher dies übersetzt hatte, fiel ihm der Richter, dessen Zeit knapp war und dessen Automobil vor der Tür wartete, rasch ins Wort:O, ich verstehe! Aber wenn er Ihrer Frau nachstellte, warum beklagte sie sich denn nicht beim Oberaufseher oder gab ihre Stelle auf?" lFortsetzung folgt.) Hus den ßerliner Kunftfalons. Von Ernst Schur. Die Masse muß es bringen, denken die Leiter des KnnstsalonS Keller u. Reiner und versammeln in ihren Räumen eine bunte Menge von Künstlern, die alle zusammengedrängt werden. Eine geschmacklose Anhäufung, die aus künstlerisches Empfinden keinen Anspruch erheben kann. Etwas abseits für sich ist Lesser U r y gerückt. Lesscr Ury ist ein eigener Künstler, das ist zuerst zu betonen. Dann aber muß man zugeben, daß ihm das Maß, die Disziplin, die Selbst- kritik fehlt. Er häuft Superlativ auf Superlativ; er protzt oder er ist schwächlich, und beides wechselt ab. Seine Stillleben z. B. find zu kraß. Wie die Farben eines Straußes vor den dunklen Hintergrund ge- stellt sind, das ist nur bunt; eS fehlt das Abdämpfen zu einem maleriichen Gesamteiildruck. Die feinen Reize märkischer Naturstimmungen gibt Ury in gar zu verschwommener, waschiger Manier, der jedes Rückgrat fehlt. Und man kommt zu dem Schluß, daß ein Augenfehler der Grund dieses Sehens ist. Zuweilen wie bei den Porträts arbeitet Urb zu stark ans den Effekt, und die glatte Schablone, die Süßlichkeit statt Wahrheit gibt, schimmert hin- durch. Der Künstler hat eine ausgesprochene Vorliebe für Gelb, Grün und Blau. Die kleinen, ünpressionistischen Bildchen haben mehr Wert als die zunr Dekorativen hiustrebenden Werke. Die großen Gemälde aber, wie z. B. dieSintflut", auchDavid im Gebet", find m, zulänglich. Die paar Akte, die am Felsen herum- baumeln, protzen zwar mit Miskeln, das Malerische aber ist ganz in den Anfängen stecken geblieben. Und derDavid im Gebet" himmelt zwar sehr schwärmerisch, er ist aber leider sehr schlecht gemalt. Edmund Edel   wirkt wie eine Rückerinnernng. Vor einigen Jahren, als die moderne Zeichnung von Frankreich   her zu uns kam, waren die Ballhäuser. Tingeltangel und Varietes bei den Künstlern sehr beliebt. Sie holten dort ihre Studien, ihre Modelle. So sehen wir hier dieKokotte",Moulin Rouge",Metropolball",Süd- ende". Aber das Vorbild, das Französische, nierkt man jetzt zu stark. Das Malerische läßt zu wünschen übrig. Mit ein bißchen gelblicher Beleuchtung, die die Gesichter"fahl cricheinen läßt, ist es nicht getan. Es fehlt auch daS rechte Leben, die Verve, die für solche Stoffe unerläßlich ist. Am besten sind die Skizzen in Schwarz-Weiß, die einzelne Typen festhalte», mit zeichnerischer Sicherheit: Kavaliere, Mädchen, Spaziergänger. Knut Hansen ist modischer. Edel wirkt dagegen Berlinerisch. Hansen sucht sich nur die Typen von Berlin W aus. Farbig hat er inehr Eleganz als Edel. Er operiert mit Schwarz und Weiß und setzt nur ein wenig helle Farben hinzu; Gelb. Rosa usw. Hansen hat Verve. Er beobachtet scharf und weiß die Toiletten sehr geschickt und malerisch zu behandeln. ES glänzt und funkelt auf seinen Blättern, ohne daß er eigentlich sich der Farbe bedient. Sehr gut ist das Plakat zumAlten Ballhaus"(speziell das mattrosa Kleid der eintretenden Dame ist fein), dann auch das Plakat zu einem Bohöme- Fest, auf deni ein Kunstjünger die Ankündigung liest, die Lampe  , Bücher und alles Versetzbare im Arm. Das ist bleit und kräftig gearbeitet. » Das K ü n st l e r h a u s bleibt auch mit der zweiten Ausstellung auf dem bescheidenen Niveau, bei dem die Kritik eigentlich aufhört. Aus diesem Grunde wurde die erste Ausstellung, die nur Werke von Mitgliedern desVereins Berliner Künstler" enthielt, hier gar nicht besprochen. Auch diese zweite Ausstellung erbebt sich kaum merklich über dieses Niveau. Der Ankündigung nach sind es Dresdener   und Wiener   Künstler. DaS ist aber belanglos. Diese Art ist intcr- national, es ist der allerwärts zu findende Durchschnitt. Man muß sich die guten Bissen herausfischen; das ist vielleicht schon zu viel gesagt, besser die nicht ganz schlechten, die wenigstens etwas Eigenart habe». Da ist W. V. Krau S. Er zeigt kleine Interieurs, deren Vor- zug ein mattes, graneS Licht ist, das den Raum erfüllt und alle Dinge fein abstimmt. Eine bretonische Bauernstube mit Bäuerinnen hat in dieser Weise eine gewiffe malerische Haltung. Die niatten Zinngeräte, das hellere Grau der bäuerlichen Kostüme geben eine feine Harmonie. M. U t h malt alle, verschollene Winkel mit Routine; er betont daS Farbige; seine Farben haben einen glatten, glänzenden Schmelz, und mit Betonung setzt er helle Farben auf den glatten, dunkele» Grund. Eine gelvisse Verve ist in dieser Art, zugleich aber auch Mache. Ein alter Stall, eine Scheune beide haben diese Mache, die etwa an die braun- saucige Malerei der Holländer erinnert, jedoch farbiger, moderner aufgefrischt ist. Von Franz Staffen sieht man meist nur symbolische Bilder, deren Palhos unangenehm auf ine Nerven fällt. Hier zeigt er sich nun bescheidener. Kleine Land- schastcn, bescheidene AuSichnitte der Natur. Das Malerische tritt nur zurückhaltend auf. aber es ist da. Man sieht es. Etwa wie daS Licht über einer sommerlichen Wiese leuchtet, wie die malerischen Schatten von Bäumen aus einer breiten Schloßtreppe beobachtet und festgehalten sind. Eine Beobachtung, die nicht sehr tief geht, aber Ausdauer und Ruhe hat und so manche anspruchslose Intimitäten in das Bild hinüberrettet. Eine ganze Reihe Kinderbilder in Pastell gefallen, weil das Material, das leichte Pastell, geschickt verwandt ist. Auf grauem Papier stehen diese Köpfe. Arme, Schultern mir angedeutet. Nur der malerische Eindruck des Kopfes ist in leichten, feinen Linien angedeutet. Speziell das Leuchten des Fleisches, das Schimmern des Haares ist betont. Diese Skizzcnhafttgkeit entspricht dem Wesen dieser Technik, die ihren Reiz nicht in lebenvortäuschender Nach- ahmung, sondern in der Andeutung sucht. Diese Kinderbilder rühren von S chu lte im H o f her. Eine besondere Art hat W. Kandinsky  , von dem der Kunst- salon W e r t h e i m. der nachmittags unentgeltlich geöffnet ist, eine Reihe Bilder ausstellt. Der Künstler, der früher in München   lebte, hält sich jetzt in Sevres   bei Paris   auf. Er bringt einige zarte. frühlingsfrische Studie» von dort; helle Wiesen, in zartem Rot leuchten Dächer kleiner Häuser. Eine Art weltflüchtiger Rokoko- ftimmung. Am markantesten zeigt Kandinsky   seine Art in den dekorativen Zeichnungen. Ans dunklem, grauen Papier ein buntes Vielerlei von Farben, Tüpfelchen neben Tüpfelchen von einer Buntheit, die an slawische Motive erinnert. Ber- schiedene Stoffe gibt Kandinski   in dieser Art. Damen in phantastischen Kostümen aus früherer Zeit und arabische Szenen. Namentlich diese letzteren haben einen eigenen Charakter. Sie wirken sehr dekorativ und trotz der Buntheit geschloffen und nihig. Mit Absicht sind die ausgesprochenen grellen Farben ver­wandt, weiß, gelb, grün, rot. Sie sind mit Sicherheit verteilt. Der