zauber geeignet. Derartige Anschauungen gibt eZ eine Unmenge. Allein aus dem letzten Jahre sind zwei altenmäßige Fälle bekannt geworden. Und wie oft mag der Werglaube dem Auge des nicht kundigen Nichters entgehen. Daß der Aberglaube auch heute noch kein beachtenswertes Ver- brechenSniotiv bildet, wird einleuchten, wenn man bedenkt, daß hier einige der wichtigste» Fälle angedeutet werden konnten, daß aber auch Fälle von Wilddieberei, Brandstiftung, Nahrungsmittelfälschung, Freiheitsberaubung bekannt sind, in denen allen Aberglaube eine unheilvolle Rolle spielte. Dazu kommt dann noch die weit größere Zahl von Verbrechen, bei denen geriebene Eauner schlau und gewissenlos auf den Aberglauben ihrer Opfer spekulierten, meistens leider mit allzu großem Erfolg. Sehr zu bedauern ist es, daß der kriminelle Aberglaube immer noch nicht richtig gewürdigt wird. Auf seine juristische Bedeutung näher einzugehen, kann hier nicht unsere Aufgabe sein. Es mag nur kurz angedeutet werden, daß in manchen Fällen der Aberglaube für die Beurteilung der Straftat irrelevant ist, daß er meistens aber bei der Strafzumessung ins Gewicht fallen wird, sei eZ strafschärfend oder strafmildernd, und daß er unter Umständen in manchen Fällen zur Straflosigkeit des Verbrechers führen kann. Wer sich über dies kulturgeschichtlich und praktisch gleich inter - «siante und bedeutsame Kapitel der volkskundlichen Kriminalistik näher orientieren möchte, der sei auf Löwenstimm:Aberglaube und Strafrecht" fBerlin 18S7) und auf Groß:Handbuch für Unter- suchungsrichter"(Graz 1S04) sowie auf seinArchiv für Kcuninal- anthropologie" sowie die volkskundlichen Zeitschriften verwiesen. kleines femUetcm. Wie kommt man zum Nordpol ? Die Tatsache, daß Robert Pearh seinen mit so großen Mitteln unternomnienen Versuch, den Nordpol zu erreichen, mcht hat durchführen können, hat Fridtjof Nansen veranlaßt, seine gewichtige Meinung über die Möglichkeit dieses Unternehmens und die besten Wege dazu zu äußern. Nach seiner Ueberzeugung würden zwei Expeditionen Aussicht ans Erfolg haben. Als erste Möglichkeit nennt er eine Schlittenexpedition über das PolareiS. Er hält es nicht für unmöglich, vom nördlichsten Landstreifen aus im Schlitten bis zum Nordpol vorzudringen, und wieder zurückzukehren. Nansen verweist dabei selbst auf Peary , als den Mann, der die Vorbedingungen zu solch kühnem Wagnis besitze. Den zweiten Weg, die noch unbekannten Gebiete zu erforschen, erblickt Nansen in dem Zug deS Eises. Man könnte in gleicher Weise ein Schiff m dem weidenden Eise einfrieren lassen, wie es seinerzeit mit demFram* geschah. Insonderheit Pearys Be- obachlungen über das Treiben des Eises gen Norden bringt die Vorteile dieser Methode nahe.Ich halte es daher für das Zweck- mäßigste, ein Schiff durch die Behringswaße zu senden und dies soweit als möglich nordwärts in der Richtung bis zu 1ti(Z 170 Grad westlicher Breite vordringen zu lassen. Das wäre nordwestlich der Küste von Alaska . Dort möge man eS einfrieren lassen, und das Eis wird es mit sich fortnehmen. In diesem Falle können wir mit Wahrscheinlichkeit annehmen, daß es mitten durch die Nordpolregion treiben wird, fernab vom nördlichsten Teil der Framreise, und mitten durch die interessantesten noch unerforschten Gebiete." Theater. Neues Schauspielhaus.Die Hochzeitsfackel". Spiel einer Maicnnacht von Max Dreher. Dreher, der mit seiner urwüchsig behaglichen KomödieIn Behandlung", seinem stimmungsvollen dramatischen GenrebildeWinterschlaf" einst so viel Hoffnungen erweckte, hat schon des öffteren, aber noch nie so schlimm wie in diesemSpiele einer Maicnnacht" enttäuscht. Die Geziertheit des Nebentitels ist bezeichnend für den papierenen affektierten Stil des Ganzen. Die Enttäuschung mußte um so größer sein, da sein letztes Stück, dieSiebcnzchnjährigen" die im Vorjahre vom königlichen Schauspielhause aufgeführte Unglück- licheVenus Amathufia" war wohl nur ausgegrabene Jugend- arbeit, einen neuen Aufschwung des Talents, ein Sich-Zurück- besinnen auf künstlerische Eigenart anzukündigen schien. Reichte die Kraft auch nicht hin, die Handlung in geschlossenem, not- wendigem Fortgang durchzuführen, mengte sich den späteren Akten allerhand bedenkliche Melodramatik bei, so war hier jedenfalls doch ein bedeutsame?, im engen Bühnenrahmen noch nicht behandeltes seelisches Problem angepackt, und die Darstellung, mindestens in den einleitenden Szenen, bot eine Fülle intim-charakterisierender Züge. Wenn es nicht der Theaterzettel bezeugte, man würde nicht glauben, daßDie Hochzeitsfackel" von demselben Verfasser stamme. Dreher kehrt da zum Genre des höfischen Kostümstücks zurück, mit welchem er cS schon einmal in dem mäßigen LustspieleDas Tal des Lebens" versuchte. Aber wenn hier die Kontrastierung der Serenissimuswelt mit den biederen Landleuten des ammenreichen Dorfes es immerhin noch zu ein paar drolligen Effekten brachte, herrscht in dem neuesten Stück von Anfang bis zu Ende die platteste, nur mit der billigen Zukost von Zweideutigkeiten gewürzte Langeweile. Nirgends«n Ansatz zu schlagkräftiger Theaterkomik, von Humor und individualisierender Verinnerlichung ganz zu schweigen. Am interessantesten war das Publikum, das sich den Anschein gab, als amüsierte es sich wunderbar, und regelmäßig, wenn der Vorhang kiel , mit seinem Beifall nicht sparte, Bei aller Armseligkeit der Charakteristik und Erfindung, den gehäuften Unmöglichkeiten dieser Rokokokomödie, hätte sich dem Stoffe dennoch vielleicht eine flüchtige Unterhaltsamkeit abgewinnen lassen, wenn der Dialog durch eine leichte, ironisch-witzig-pointicrende Neinkunst, wie Blumcnthal und Fulda sie bei derlei Experimenten handhaben, belebt worden wäre. Aber nicht einmal dazu hat es gelangt. Drehers kostümierte Herrschaften befleißigen sich der reiz» losesten Prosa und fallen, wenn sie ganz besonders vornehm sein wollen, was noch übler, in einen unausstehlich manierierten Jamben» rhythmus. Irgendwo an einem deutschen Hofe zur Zeit des Sonnenkönigs feiert ein junges Fürstenpaar Ulrich und Barbara Hochzeit: Er, ein edler Jüngling, der das lächerlich-steife, aus Frankreich im- portierte Zeremonienwesen von Herzen verabscheut, sie eins Jungfrau, die, in strengstem Regclzwang erzogen, eifersüchtig be» dacht ist, ja keine der ihr zukommenden Ehrungen sich entgehen zu lassen. Sie läßt sich denFackeltanz", der lebhaft an die am preußischen Hofe übliche Zeremonie erinnert, gerne gefallen. Sie besteht darauf, daß die Hofdamen sie und den Bräutigam im Tanz, schritt bis zum Hochzeitsbett geleiten, um ihr daselbst die Strumpf» bänder zu lösen; auch den Kanonendonner, der dem glücklichen Volke von ihrer ersten Liebesstunde Kunde bringen soll, empfindet dies zarte Wesen keineswegs als peinlich. Darüber kommt es zwischen den Liebenden zum Streit. Ulrich, der schüchterne, schämige Ge- mütsmensch, läuft spornstreichs aus dem Brautgemach und er» zählt dem Schwiegervater, dem Raugrafen, der sich nächtlicherweile im Garten bei den Komödianten amüsiert, brühwarm die ganze Geschichte! Bändelt auch gleich großzügig-offen mit einer hübschen Schauspielerin an! Zuguterletzt jagt ihm der alte Sünder, sowohl um seiner Tochter wieder zu dem verlorenen Ehemann zu verhelfen, als auch aus Liebe zur Sache, das Schätzchen ab; und die P-inzeffin, deren Trotz inzwischen selbstverständlich zur wilden Eifersucht ge- worden, läuft fackclschwingend nach dem Pavillon, wo sie den Un­getreuen im Tete-a-Tete mit der Abenteuerin vermutet. Nmi� hat natürlich Ulrich niemals eine andere gern gehabt, die beiden schönen Seelen finden sich und holen, was die Kanonen meldeten, mit Ver, spätung von ein paar Stunden nach. Dekorativ hatte man das Stück reich und geschmackvoll aus» gestattet. Den Ulrich spielte Harry Waiden, doch ohne daß er an der im Grunde verzeichneten Figur wesentlich etwas hätte reparieren können. Niedlich waren Charlotte Maren und Gisela Schneider in den beiden weiblichen Hauptrollen der Prinzessin und Schauspielerin. dt. Musik. Lortzing -Theater. Inmitten des engen Repertoires, in welchem sich jetzt die Berliner Lpernbühnen bewegen, verträgt nicht bald ein Werk so oftmaliges Hören, wie dieFledermaus" von Johann Strauß . Hat man sich einmal gesagt, daß diese Musik nur wenig aus dem Texte heraus geboren ist, daß es sich vielmehr um eine Uebcrtragung der eigenartigen Tanzmusik des Meisters auf bis Bühne handelt, so findet man in dem, was nun einmal da ge» leistet worden, leicht jedesmal mehr und mehr Schönheit. Das Lortzing -Theater tat recht, seine populären Absichten weiterhin auch durch eine Einstudierung dieses nun fast ein drittel Jahr- hundert alten Werkes zu betätigen. Freitag hörten wir die erste Aufführung. Sie war wohl das beste, was diese Bühne bisher dargeboten hat. Allerdings enthält jene Operette Gesangs- Partien, die einigermaßen vollkommen nur von allerersten Künstlern durchgeführt werden können. Johanna Martin ge- hört noch nicht zu diesen, und die hübschen Kopftöne, mit denen sie nette Koloraturen zuwege bringt, reichen gerade für die etwaS tiefliegende Partie der Adele nicht zu; auch würde es sich empfehlen, in der Darstellung über den Typus hinauszugehen und das Wesen dieser Figur nicht bloß in zappeligen Bewegungen zu sehen. Ge- sanglich besseres leistete Emmy Raabe-Burg als Rosalinde, abgesehen von vorübergehenden Schwankungen und von unaus» gebildetem Dialog. Unter den Sängern sei in erster Reihe Theo G ö r g e r als Notar genannt. Neben seinem schönen Bariton kam am ehesten der sonore Tenor von Willy Schüller als Eisenstein zur Geltung. Emil G r e d e r hatte außer seiner Nolle des Frank auch noch die Regie; und ersichtlich ist dieser seiner Leistung Haupt- sächlich der gute Erfolg bei der wahrlich nicht leichten Aufführung zu danken. Weit besser noch als die Sologesänge erschienen uns die Ensembles. Sind schon die verschiedenen Terzette in diesem Werk von echt künstlerischer Feinheit, so steigern sich die Ansprüche an eine Bewahrung dieser Feinheit im Septette des zweiten Aktes ganz besonders. Dieses gelang denn auch recht erfreulich. Die Direktion tat gut, die Mode nicht mitzumachen, die in die Gesellschaftsszene des zweiten Aktes irgend welche Virtuosen- leistungen einzufügen pflegt. Auch sonst hatte der ganze Abend einen kunstwürdigen Charakter und�gab ohne künstlerischen Ver« lust(etwa d>e Tarstellung des Gerichtsdieners Frosch ausgenommen� auch noch eine erfrischende Unterhaltung. Allerdings tun wir dem Lortzing -Theater am wenigsten eine Ehre an, wenn wir es als eine .Volksoper" hinnehmen. Vielmehr ist es geradeso ein Theater wis andere, mit Preisen, die für wohlhabendere Leute erträglich, aber doch kaum billiger sind, als die im Theater deS Westens . Ohne falschen Schein lassen sich gute Darstellungen am ehesten würdigen; und kommen diese in größerer Anzahl, als es bisher bei jenem�