mit lautem Bad eine Litanei rezitierte und der Ponomarj(Glöckner) iäuttliche Glocken des Kirchturmes in Bewegung seyte, so daß zwischen den gemessenen Schlägen der grohen Glocke das bunte Ge- viminel der kleinen«nd kleinsten Glöckchen in melodischen Bariationen die Lust durchzitterte. Gläubig pries das Volk die Allmacht Gottes. Hunderte von Frommen drückten den» Popen ein Geldstück in die Hand, damit er sür das Heil ihrer Seele bete. Der Djatschok aber verkaufte an diesem Tage ganz anstergelvöhnlich viel Wachskerzen, welche bald vor den Heiligenbildern ihr Licht erstrahlen liegen zur Ehre dessen, der durch das Wunder an Otetz Grigorij dem Volke eine solch große Gnade erwiesen.» Der Pope aber hielt nun noch eine lange Rede, in welcher er das Volk belehrte, daß eS Sünde sei die Kirche zu vernachlässigen und sich gegen die geistlich« und weltliche Obrigkeit aufzulebneu. Und die Bauern. geblendet von dem soeben geschehenen Wunder, fielen gläubig auf die Knie nieder und baten Gott um Vergebung ihrer Sünden. �nzivischen aber flog die Taube empor und verschwand bald in dm Lüsten. Als das Volk fich endlich verlaufen hatte, rief der Pope feinen Djatschok zu sich und fragte ihn: Aber sag mal, wie hast Du die Geschichte eigentlich an- gefangen?" Filipp lachte aus vollem Halse. Gospodi!"(Herrgott) rief er ans,das ist doch so leicht. Sie wissen doch, Batjtischka, daß ich auf dem Kirchturme einen Tauben- schlag eingerichtet habe. Diese weiße Turteltaube ist nun sehr zahm und, ganz frühe, wenn niemand es merkte, brachte ich das Analoy aus der Kirche und streute Weizenkörner darauf. Da Hab ich denn das Tierchen in ein paar Tagen so gut abgerichtet, daß es, wenn ich eS ans dem Taubenschlage heraus lasse und das Analoy auf dem Platze steht, sofort herunter fliegt und sich darauf hinsetzt. Das ist doch so einfach I Aber jetzt, Batjuschka, bitte ich um meine Ssorokolvuschka, die ich mir doch redlich verdient habe, denn der heilige Geist war doch ganz tadellos!" Der Pope zog, als er an sein Versprechen gemahnt wurde, die Augenbrauen zusammen. »Weißt Du. Filipp," sagte er.ich habe Dir die Flasche Schnaps versprochen, wenn Du ein wirklich gutes Wunder ausdenkst. Das, was Du mit der Taube gemacht hast, kann ich auch. Dafür ist eine Flasche viel zu viel. Außerdem hast Du heute ein so gutes Geschäft gemacht, daß Du Dir eine Ssorokowuschka selbst kaufen kannst und damit basta I" Die Kunde vom Wunder verbreitete sich inzwischen mit Blitzes- schnelle in der ganzen Umgegend. Auch der Archijer i(Erzbischos) erfuhr davon und beschied der: Popen zu sich, um sich Über den Fall Aufklärung geben zu lassen. Ich flehte zu Gott und er schickte die Taube." beteuerte der Pope und als der Prälat ihn fragte, ob er das Wundkr wiederholen köime, da entgegnete er selbstbewußt:O gewiß. Wladyka(Titel eines hohen Geistlichen). Gott hilft denen, die seine Wege wandeln und zu ihm flehen I" »Nun, so werde ich am nächsten Sonntag in Eurem Dorfe sein," entgegnete der Seelenhirt,und wenn alles sich so verhält, wie �aS Volk erzählt, so bekommst Tu zum Lohn ein Sticharj"(besonderes Kennzeichen, welches ältere, verdiente Geistliche erhalten und auf dem Ornate tragen). Der Pope Ivar überglücklich. Zu Hause teilte er dem Djarschok mit, daß der Erzbischos ihn besonders gnädig empfangen habe und schärfte ihm ein. ja da- für zu sorgen, daß der heilige Geist am Sonntage auch hübsch pünktlich sei. Der Djatschok sagte, er würde sein möglichstes tun, aber nur, wenn er jetzt die damals versprochene Flasche Schnaps erhalten würde. »Hol Dich der Teufel, Du sollst fie haben," sagte der Pope , in- dem er ihm den versprochenen Lohn gab. Und nun machte Filipp sich sofort wiederum an die Dressur seiner Taube. Vor lauter Freude, daß alles so schön glückte, trank er aber mehr als gewöhnlich. Das konnte er sich ja auch erlauben, denn am bevorstehenden Sonntage konnte er mit einer ganz außer- gewöhnlichen Einnahme rechnen! Als der Sonntag herangerückt war, hatte sich eine unabsehbare Menschenmenge versammelt, denn die Kunde, daß das Wunder in Gegenwart des Archijerei wiederholt lverdcn sollte, hatte noch mehr Gläubig? herbeigelockt als das erste Mal. Die feierliche Stunde rückte heran und Otetz Grigorij begann sein Gebet, welches er dieses Mal mit ganz besonderer Inbrunst rezitierte. Aber waS war das? Trotz dreimaliger Wiederholung der Bitte erschien keine Taube und der Archijerei blickte den Popen strenge an, während aus der Menge hier und dort fich ein unter- drucktes Lachen hören ließ. Herr Gott", flehte der Pope voll Herzensangst, indem er zum Kirchturme emporblickte, wo der Djatschok bei seinen Tauben sich aufhalten mußte,Herr Gott, senke Dich auf uns nieder in Gestalt einer unschuldigen Taube, ich will auch ein Gelübde tun. Dir doppelt so viel zu opfern, als das vorige Mal l" Da zeigte sich plötzlich der Djatschok im Timnfester.Batjuschka, Batjuschka", rief er mit vor Trunkenheit lallender Stimme,es ist nichts mehr zu macheu! Ich habe heute ein bißchen zu viel hinter die Binde gegossen und in meinem Dusel die Türe zur Turmtrepl' ausgelassen und da ist dann das Unglück das große Unglä. passierr. Den heiligen Geist hat die Katze gefressen und nur d;; Federn hat das verfluchte Vieh übrig gelassen!" Da wußten plötzlich alle, wie das große Wunder zustande gt kommen war, und der Pope mußte machen, daß er aus dem Dorf herauskam. Uebrigens gab ihm der Archijerei bald eine andere, entfernte Diözöse, gab ihm aber den Rat, zukünftig vorfichtiger zu sein. E" sei zwar sehr nützlich mal dem Bolle zu zeigen, daß eS noch Wundei gäbe, man dürfe aber auf keinen Fall den heiligen Geist von eine- Katze fressen lassen. Denn dadurch müßte der Unglaube wachsen und das sei gerade in der jetzigen Revolutionszeit besonders gesähr- lich sür Zar und Baterland. kleines feirilleton. Das Opiumverbot in China . Die Opiumfrage ist durch ein kürzlich erlassenes Dekret des Kaisers von China , in dem die Ver- Wendung dieses Narkotikums streng verboten wird, wieder auf die Tagesordnung gebracht worden. Der Erlaß verbietet jede Einfuhr von Opium aus dem Auslande und unterbindet die heimische Pro- duktion. Der Anbau von Mohn soll nach und nach eingeschränkt werden und innerhalb von zehn Jahren soll das Opium überhaupt aus demReiche der Mitte" verschwinden. Widerspenstige Beamte. die dieses traurige Laster nicht bei fich ebenso ernsthaft wie bei anderen bekämpfen, sollen abgesetzt werden. Es wird also diesmal anscheinend Ernst gemacht. Seit einiger Zeit hört man ja auch in Europa inimer dringlicher von der Opiumfrage sprechen. Der Genuß dieses betäubenden und die Gesundheit unterwühlenden Mittels ist aus dem Orient auch zu uns gedrungen und das Laster greift immer mehr um sich. Es herrscht in den französischen Kolonien, hat bereits in der französichen Marine verhängnisvolle Folgen gehabt. Opiumhöllen sind in allen Hafenstädten und be- sonders zahlreich in London ; in den Bereinigten Staaten herrscht das Laster in ausgedehntem Matze, und Gesetze zur Einschränkung des� Konsums werden vielfach vorbereitet. Aber ob die Chinesen selbst, deren Land der wichtigste und ausgedehnteste Herd des Opium» Verbrauchs ist, auf die verklärenden Träume des Opiumrausches verzichten werden, das ist sehr zweifelhaft. Ein Umstand schon, den inLa Nature" der langjährige französische Gesandtschaftsarz� Dr. Ernst Martin in Peking mitteilt, beweist deutlich, bis zu welchem Grade das Opium für die Chinesen selbstverständlich geworden ist. Im Westen Chinas braucht der Reisende überhaupt kein Geld; Geld wird durch Opium ersetzt und alle Kosten der Reise und des Unter- Haltes werden damit bezahlt. Die Studenten, die nach Peking kommen, um hier ihr Exametl zu machen, bringen die zum Auf- enthalt in der Hauptstadt notwendigen Mittel in Gestalt von Opium mit. Jahrhunderte hindurch hatten die Chinesen das Opium nur als ein medizinisches Heilmittel verwandt. Dann aber nahmen sie in einer Zeit, die genau festzustellen schwierig ist, die Gewohnheit an. es zu rauchen und zu essen. Die chinesische Regierung erschrak über die furchtbaren Folgen dieses Opiummißbrauchcs und ver- suchte das Laster zu unterdrücken, hatte aber wenig Erfolg damit. Ihr mußte besonders daran gelegen fein, die Einfuhr von außen zu verhindern. Die indische Kompagnie, die in dem Laster der Chinesen sogleich eine Quelle beträchtlicher Handelsvorteile gesehen hatte, strebte mit allen Kräften danach, den Opiumhandel immer mehr auszubreiten. Es wurde ein eiftiger Schmuggel betrieben und immer mehr Opium drang in China ein. Die Strafen hatten keinen Erfolg und selbst der Tod schreckte nicht die sanatischen Opiumrauchcr. Da entschloß sich China im Jahre 1839, einen ent- scheidenden Schlag gegen die englischen Händler zu führen. Ein kaiserlicher Erlaß vom 5. Januar 1849 unterdrückte den Handel mit dem Ausland völlig, und ein Gesetz erklärte, daß jeder Opium» Händler im chinesischen Reiche, je nach seinem Range, geköpft oder erdrosselt werden sollte. Große Ladungen Opium im Werte von fast 49 Millionen Mark wurden konfisziert und der englische Handel aus das empfindlichste geschädigt. Da begann England den Opium- krieg; mit bewaffneter Hand erzwangen die Söhne Albions die Forlführung dieses sür sie so einträglichen Verkaufs; China wurde besiegt und zu dem Vertrag von Nanking genötigt, nach dem nun die Höhe der englischen Einfuhr noch gewaltig stieg. Die Zu- nähme des Opiumvttbrouchs wurde auch noch gesteigert durch die immer mehr sich ausbreitende einheimische Produktion und durch die Einfuhr aus Persien und der Türkei . Im Jahre 1991/5 hatte der Werl des aus Indien in China eingeführten Opiums. di>i Summe von 106 Millionen Rupien erreicht, eine Zahl, die dir Einfuhr von 1993/4 noch um 2 Millionen überstieg. Würde eS der chinesischen Regierung nun wirklich glücken, die Verwendung von Opium wirklich aufzuheben, so würde das vor allem einer. schweren Schlag für den indischen Handel bedeuten. Sobald wir� man jedenfalls im himmlischen Reiche auch nach des Kaiser - dringlichem Befehl nicht mit dem Opiumrauchen aufhören. Do Boll, das in die öffentlichen Opiumhäuser geht, weiß, daß du Reichen in ihren Häusern prächtige Opiumzimmer haben, in dein sie sich dem Genuß des Krautes hingeben, und daß hohe und höchste Beamte leideuschaftlich diesem Laster fröhnen. Die Japaner habe