Mappen der Hausbilderei werden die billigen Wiedergaben derMeisterwerke bildender Kunst einen besseren Platz finden als ander Wand, wo man doch wohl Originale der Griffclkunst undMalerei bevorzugen sollte; wenigstens alle die, die solche Originalekaufen können— es können's die meisten, und es tun die wenigsten.Natürlich schließt dieser Nat die Photographien und Gravurennach guten Meistern nicht von der Wand aus. Wer ein besonderesFreundschaftsverhältnis zu dem oder jenem großen Werke hat unddieses ständig vor Augen zu haben wünscht, der wird auch einenPlatz dafür zu finden wissen. Nur sollte er sich vorher reiflich über-legen, ob auch dem Werke damit ein Dienst geschieht. ES gibtdekorative, bildmäßige, und c? gibt weniger bildmäßige Werke,weniger zumal, wenn ihnen die Farbe fehlt. Die einfarbige Photo-graphie, auch die beste noch, gibt den originalen Farbcnklang derGemälde, sie gibt auch den Strich des Griffels nur ungenau wieder.Wenn wir ein besseres Formen- und Farbengedächtnis hätten, alswir haben, würde uns dieses Mißverhältnis zwischen Original undWiedergabe wohl häufiger zum Verzicht auf solche Blätter fürZwecke des Wandschmucks bewegen, als es heute geschieht. Dagegenwären, vom rein dekorativen Ständpunkt angesehen, moderne Auf-nahmen direkt nach der Natur, seien es Landschaften oder Porträts,schon eher zu verwenden. Denn diese bildmäßigen Photographienhaben mit dem früheren photographischen Kleinkram wenig mehrgemein und können, wie die neueren Ausstellungen zeigten, einrecht hübscher Wandschmuck sein.Wir haben uns mit alledem bereits dem letzten Problem desWandschmucks genähert, einem Problem, dessen Lösung freilich fürdie wenigsten von uns in Frage kommen dürfte: dem Schmuck derWand nicht mehr durch das zigeunernde Staffeleibild am Nageloder an der Bildcrstange, sondern durch das unmittelbar auf dieWand gemalte oder fest eingelassene Wandbild. Da es meist nurnoch in öffentlichen Gebäuden: Rathäusern, Universitäten, Fest-hallen und Theatern angewendet wird, können wn sein Schicksalgetrost den Künstlern überlassen, die mit solchen ide ilen Aufgabender Raumkunst betraut werden. Aber bei den Künst ern fällt mirein, daß auch der einzelne Zeitgenosse, der über die Raumgestaltungseiner neuen Wohnung im unklaren ist, immer gut tun wird, einenKünstler anstatt des Tapezierers um Rat zu fragen. Wir habenja jetzt Raumkünstler genug im Lande, und man sollte sie konsul-ticren nicht anders wie einen Rechtsanwalt oder einen Arzt.Medizinisches.Die Arbeit als Heilmittel. Die BeschäftigungNerven- und Geisteskranker ist zwar schon lange als ein äußerstwertvolles therapeutisches Mittel erkannt worden, jedoch erst inneuerer Zeit zu ausgiebiger Anwendung gelangt. Sowohl inIrrenanstalten als auch in Nervenanstalten sucht man gegenwärtigfür die Kranken eine ganze Reihe nützlicher und unterhaltenderBeschäftigungen zu ersinnen, die in den Nervenanstalten den Zweckhaben, die Wiedergewinnung der Arbeitsfähigkeit zu fördern, inden Irrenanstalten hingegen mehr dazu da sind, die Patientenvon ihren kranken Regungen abzulenken und auf Geist und Körper«vohltätig einzuwirken. Zuerst hat man Kranke im landwirtschaft-lichen Betrieb zu verwenden gesucht, doch jetzt gehören auch stetszahlreiche Werkstätten zu einer wohlausgerüsteten Anstalt. In der„Ocsterreichischen Rundschau" berichtet Dr. Starlinger über dieaußerordentlich günstigen Erfolge, die in der ihm unterstehendennicderösterreichischen Anstalt Maucr-Oehling mit der Beschäftigungs-therapie erzielt worden sind. In der genannten Anstalt beschäftigensich S4 Prozent aller Kranken. Die meisten Arbeiter stellen die anangeborencin Schwachsinn, an erworbenem oder angeborenemBlödsinn und an primärer Verrücktheit Leidenden; dazu kommennoch einige Epileptiker und Alkoholiker. Am arbeitsfähigsten sinddie von Geburt Schwachsinnigen und die Alkoholiker. An Hysterieund Paralyse leidende Personen beteiligen sich nur sehr wenig anden Arbeiten, lieber den Anteil der beiden Geschlechter läßt sichsagen, daß sie dieser Behandlung in gleicher Zahl zugänglich sind.Mit Hülfe der Kranken wird in Mauer-Ochling ein großer Meier-Hof und ein Anstaltsgut bewirtschaftet, alles Gemüse gezogen, dergroße Park gereinigt, alljährlich 20 000 Meterzentner.Kohle verfrachtet, 400 Kubikmeter Holz zerkleinert und fortgeschafft. Dazukommen noch die gewerblichen Arbeiten in den Werkstätten. Neuer-dings wird in der Anstalt auch eine Zeitung herausgegeben, dieausschließlich von Kranken gesetzt und gedruckt und zum Teil auchvon ihnen verfaßt ist. Die Arbeitstherapie hat dazu beigetragen,unter den Kranken Ruhe und Zufriedenheit zu verbreiten, ganzabgesehen davon, daß sie durch ihren erziehlichen Wert das Unter-bringen der Kranken in Familien sehr wesentlich erleichtert hat.Eine Anzahl jugendlicher Schwachsinniger konnte auf Grund ihrerKenntnisse und Fertigkeiten gegen Kost und Wohnung, einige sogargegen geringen Lohn, dauernd untergebracht werden. Wie günstigdie Beschäftigung auf das körperliche Wohlbefinden der Patientenwirkt, ersieht man daraus, daß die Zahl der Erkrankungen undTodesfälle an Tuberkulose von Jahr zu Jahr abnimmt, trotzdemeine stets lvachsende Zahl Kranker in die Anstalt aufgenommen.wird. Ein nicht unerwünschter Nebenerfolg der modernen Anstalts-behandlung liegt darin, daß das Publikum die Scheu vor den An-stalten verliert, wenn es die Kranken in großer Zahl friedlich Feld-und Gartenarbeit tun sieht.Aus dem Tierreiche.Das Ende des Mammuts. Im„Prometheus" lesenwir: Entgegen der früheren Annahme, daß das Mammut nichtmehr Zeitgenosse des Menschen gewesen sei, steht heute aus zahl-reichen vorgeschichtlichen Funden fest, daß daS Mammut auch inEuropa Jagdtier gewesen ist. In der als Solutre bezeichnetenpaläolithischcn Zeit trat das Mammut in Mitteleuropa stark her-vor, seltsam von Aussehen mit seinem zwei Fuß langen Haarkleideund den mächtigen Stoßzähnen, doch nicht viel größer als derheutige indische Elefant. In der jüngeren paläolithischen Zeit, derMadclainezeit, d. h. gegen Schluß der Eiszeit, wurde das Mammutnoch eifrig gejagt, infolgedessen war es bereits seltener geworden.Ueberreste von Mammutmahlzeiten und teilweise vorzügliche Dar-stellungcn des Tieres auf Mainmutelfenbeinstücken und in Höhlen-wänden bekunden das Interesse des vorgeschichtlichen Menschen andem Riesen. Da das Mammut eine kostbare Jagdbeute war,werden ihm die besser bewaffneten nacheiszeitlichen Menschenschonungslos nachgestellt haben und das Tier zuerst aus Mittel-curopa nach Rußland und von da nach dem nördlichen Asien vcr-drängt haben, wo die letzten Exemplare untergegangen sind, undzwar ist das Mammut lveder der zunehmenden Wärme noch derübergroßen Kälte zum Opfer gefallen; denn gegen die Kälte wares vorzüglich geschützt. Zweifelsohne war cS hauptsächlich derMensch, der durch seine rastlose Verfolgung dieses Riesenticr zuinAussterben gebracht hat. Wie Professor Salensky in Peters-bürg berichtet, konnte bei dem jüngsten Mammutfunde im sibirischenDistrikte Kolymsk durch eingehende Untersuchung der im Magen,auf der Zunge und zwischen den Zähnen des Mammuts auf-gefundenen reichlichen und wohlerhaltenen Füttermengen festgestelltwerden, daß sich das Tier fast ausschließlich von Gräsern ernährte,während man auf Grund früherer Untersuchungen bisher an-genommen hatte, daß seine Nahrung vorzugsweise ans Nadeln undZwcigspitzen von Radelhölzern bestanden habe. Unter den vor-gefundenen Nahrungsrestcn konnten einige Gras- und Earerartcnnoch sicher bestimmt werden, daneben auch einige höhere Blüten-pflanzen, so der Quendel, ein auf Heiden und trockenen Wiesen inder ganzen nördlichen Zone verbreiteter Lippenblütler, der imHimalaya bis zu 3000 Meter aufsteigt, ferner der Alpenmohn undder scharfe Hahnenfuß. Es find das durchweg Pflanzen, die auchheute noch in Sibirien wachsen.Humoristisches.— Zur neuen Richtung. Bruno Paul und Tuaillonerhielten Berufungen. Ferner wird gemeldet: Soeben ist die Sieges-Allee auf Abbruch verkauft worden.— In Berlin W.„Ich soll mit den russischen Juden fühlen.als ob's meine Brüder wären, wo ich schon seit zwei Jahren vonBjalostok fort bin?"— Abwehr. Hausfrau:. Und Familienanschluß hättenSie bei uns auch I"Stellesuchendcs Mädchen:«Nein, nein, gnä' Frau,— auf dieWeis' Hab i amal a Kind kriagt..."— Späte Heimkehr.„Wat ick jemacht habe?— Ick habenur die Hohenzollern hochleben lassen— aber weeßtde: et sin soviele 1"(«Jugend.")Notizen.— Der G oethe-Verein widmet seine sechste Ver-anstaltung am Sonntag, den 6. Januar, nachmittag? O'/« Uhr, imSaale der Sezession I o h. S e b. B a ch. Einleitende Worte:D r. Hugo Leichtentritt, Klavier; Josö Vianna da Motta.— B r u n o P a u l ist nach dem„Reichs-Anzeigcr" nunmehrwirklich zum Direktor der Unterrichtsanstalt des K u n st g e w e r b e-museums in Berlin ernannt worden.— D i e Errichtung eines ReichsmuseumS fiirBienenzucht— wie es die Schweiz seit längerer Zeit besitzt—wurde vom Landesverein für Bienenzucht im Großherzogtnm Sachsenbeschlossen. Das Museum soll in, Naturhistorischen Museum zuW e i mar untergebracht werden.— Aufklärung über sexuelle Probien, e will derNat der Stadt Dresden den letzten Jahrgängen der städtischenhöheren Schulen durch Aerzte erteilen lassen. Der Besuch soll frei-willig sein und nur mit Genehmigung der Eltern erfolgen.— Ein großes Doppelfernrohr ist für die Radcliffe-Sternwarte in Oxford geschaffen worden. Das Teleskop besitzt zweiRohre, das eine zum Beobachten mit dem Auge, das andere zumPhotographieren. Beide haben eine Brennweite von fast 7 Metern,doch übertrifft das photographische Fernrohr daS andere in derOeffnung um 5 Zentimeter und besitzt eine solche von 60 Zenti-meiern. Die Anordnung des Experiments ist deshalb besonderspraktisch, weil die Vereinigung des photographischen mit den, gewöhn-lichen Teleskop die Möglichkeit gibt, bei langwierigen photographischenAufnahmen den betreffenden Himmelspunkt inimer wieder genaueinzustellen.Berantwortl. Redakteur: Hans Weber, Berlin.— Druck u. Verlag:Vorwärts Buchdruckerci u.Verlagsanstalt Paul Singer LcCo.,Berlin L>V,