Anterhaltungsblatt des Vorwärts

Nr. 10.

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Dienstag, den 15. Januar.

( Nachdruck verboten.)

Madame d'Ora.

Roman von Johannes V. Jensen. Sall nickte und Evanston   zog seinen Mund ein, gänzlich geschlagen. Sein Blick verfinsterte sich. Aber er schwieg. Hall sah vor sich hin.

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1907

Sehen Sie jetzt einmal her," sagte er zu Mirjam ,,, wir stehen an diesem Ende des Zimmers, wo die Sonne nicht hineinfällt. Aber dort, keine Elle von uns entfernt, scheint die Sonne zum Fenster hinein, Sie können es an der Wand sehen. Wenn hier drinnen mehr Staub wäre, würden wir auch Brücken von Licht sich durch die Luft ziehen sehen. Sehen Sie jetzt."

Er ließ eine große Blase sich auf dem Pfeifenkopf bilden, und als sie rund dahing, in dem schönsten violetten und grünen Spiel, löste er sie mit einer leichten Bewegung los, fie stieg vibrierend in die Höhe, berührte die Decke und zersprang. Sie war weg. Mirjam errötete, sie sah nach der Decke, wollte nicht lachen, mußte aber doch lachen. Auch Hall errötete.

Es werden auf den meisten Gebieten viele Verände­rungen vor sich gehen," sagte er in einem singenden Tonfall, als spräche er nicht zu einer bestimmten Person. Das heißt das heißt, eine Veränderung findet ja niemals statt. Hätte man die Welt von dem Monde aus beobachten können, so würde man bemerkt haben, daß sie einen Grad heller wurde, Aber sehen Sie jetzt," sagte er mit einem erwartungs­als Edinson sie mit elektrischen Lampen versah. Aber die vollen Blick und trat zurück, während er eine neue, feine Menschen sind deswegen nicht anders geworden. Nun ja, Blase aus dem Pfeifenkopf herauswachsen ließ. Er ließ dies hier ist von wesentlich größerer Bedeutung, denn hier, sie los und blies, sobald sie frei war, schnell hinterdrein, so glaube ich, enden wir damit, die Menschen zu verändern, daß sie aufwärts und nach der Seite zu schwebte. Plötzlich fie zu erschließen, zu verrücken, oder wie soll ich mich ausstrahlte sie in allen wunderbaren Farben wie ein Erdball, drücken. ich bin ja im Begriff, ausfindig zu machen, der entzündet wird, aber im selben Augenblick explodierte sie was Stoff ist und wie er in Kraft umgesetzt werden kann. mit einem lauten, scharfen Knall. Ich glaube, ich bin nahe daran, dem Stoff zu Leibe zu fommen

Evanston   lauschte gespannt. Aber Hall schwieg und fenkte die Augen. Seine Züge erschlafften, und er sank ein wenig im Stuhl zusammen. Die Müdigkeit verlieh seiner Stirn und seinem Mund eine solche Schönheit, daß sie ihn an­fehen mußten, ohne zu sprechen. Madame d'Ora   erhob sich leise und legte ihre große, gesunde Hand auf seine Stirn. Er sah langsam auf, aber es währte ein wenig, bis der Aus­druck in seinen Augen sehend ward. Groß und mächtig wie eine Wache stand Madame d'Ora   über ihm. Hall lächelte und erhob sich.

Seht, wie schön die Stadt jetzt ist," sagte er und jab zu den Fenstern hinaus. Die hohen, schmalen Streifen des Simmels zwischen den Turmhäusern waren nicht mehr blau, die Nachmittagssonne stand darüber. Das volle, rote Sonnenlicht fiel in das Laboratorium, beständig wechselnd, weil der Dampf von den Plattformen der Gebäude aufstieg und sich in der Sonne verflüchtigte. Tief unten donnerte der L- Zug vorüber, der Stadtlärm brauste unablässig. Die Brooklyner Brücke hatte sich in einen roten Nebel aus Staub und dem Licht der niedrigstehenden Sonne gehüllt, der Turm­pfeiler drüben auf der Brooklyner Seite ragte luftig im Nebel schimmernd auf. Das Pfeifen der Fähren, das hell und herausfordernd wie von vielen jungen Ungeheuern flang, drang herauf, bald aus der Ferne, bald in der Nähe, auf dem Boden des Flusses widerhallend.

" Ja, es ist schön hier," flüsterte Madame d Ora. Sie faßen eine Weile da und fahen hinaus. Dann sagte Evanston  : Herr Edmund Hall, Sie bemerkten vorhin, daß Sie im Lauf ihrer Untersuchungen auf die Spur gekommen seien, wie dem Stoff zu Leibe zu kommen ist, so drückten Sie sich aus... Gerade in Anlaß einer Frage, die denselben Weg zu weisen scheint, habe ich mir erlaubt, Ihnen zu schreiben." Edmund Hall sah ihn fröhlich an, wartete, daß er fort­fahren würde, Evanston   aber zögerte und sandte Madame d'Ora   einen Seitenblick zu. Sie brach in ein Gelächter aus, das andeutete, daß sie die Wiederholungen wirklich satt habe. " Ich gehe nicht, Herr Evanston  ," sagte sie mit Augen, die vor Malice funfelten. Sie können sich ebensogut darauf einrichten, daß ich nicht wanke-Sie wollten sagen?"

Evanston   sah sie scharf an und bewegte seinen ge­schlossenen Mund. Es waren ein paar zornige Augen. Er aber war stumm. Sie schwiegen alle, Madame d'Ora   sichtlich zufrieden. Als er sich wieder umwandte, bemerkte er, daß Mirjam in der Richtung nach der Tasse mit dem Seifen­wasser hinsah. Er lachte.

Wir vergessen unser Experiment," sagte er und erhob sich. Ich glaube, Fräulein Karekin möchte es gern sehen." Hall untersuchte den Entwicklungsapparat, in dessen Kolben das Gas, das er gebrauchen sollte, siedete, setzte einen Gummischlauch, der damit in Verbindung stand, auf die Spitze der Pfeife und ließ die ausströmende Gasmischung eine Blase pusten. Die erste plate, sonst aber war alles in Ordnung.

,, Sie geriet in den Sonnenweg hinein, den wir nicht fehen können," erklärte Hall und sab Mirjam munter an, die einen fleinen Schreck bekommen hatte und noch mit Ent­setzen in den Augen dastand. Aber sie lachte glücklich, als all das Erperiment wiederholte, und es war das erste Mal, daß er Freude in ihrem Gesicht gesehen hatte. Wieder und wieder ließ er eine schimmernde Blase dahinschweben und ihre Spektralfarben ausfunkeln, indem sie mit einem ihrem Munde, als Hall eine neue Blase fertig stellte, sie wollte knirschenden Knall verschwand. Mirjam näherte sich mit ihrem Munde, als Hall eine neue Blase fertig stellte, sie wollte sie fortpusten. Aber sie zerplatte, und sie stand nieder­geschlagen da, während Hall eifrig eine neue machte. Dies­mal gelang es, und Mirjam war entzückt.

und betrachtete fie, fie runzelte fritisch die Brauen. Madame d'Ora   stand gegen einen Bücherschrank gelehnt

,, Weißt Du wohl noch, als Du mir dies alte Kunststück zum erstenmal zeigtest, Edmund?" fragte sie nachsichtig. Aber es lag ein gewisser Anflug von Schwäche in ihrer Stimme. " Ich glaube, ich muß das Gas ein wenig schwerer machen," sagte Hall unschlüssig, sie steigen zu schnell auf. Wir wollen es einmal versuchen."

Er tiftelte an dem Apparat herum, schraubte und stellte ihn mit seinen geschickten Händen. Mirjam sah ihm im höchsten Grade interessiert zu, sie standen beide über den kleinen Tisch gebeugt, auf dem die Apparate standen, und ihre Köpfe famen ganz nahe aneinander. Als Hall wieder eine Blase machte, war es viel besser, fie stieg nur langsam auf, und sie konnten sie mit größerer Ruhe beobachten, während sie dahintrieb, bis sie die Sonnengrenze überschritt und wie ein schimmernder Himmelskörper sich selber und ihr Wunder von Farben zersprengte.

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Wir bombardieren die Luft hier drinnen mit Schön­heit," sagte Hall sorglos. Er sah zu Madame d'Ora   hinüber, 30g aber unwillkürlich den Blick wieder zurück.

Denn Madame d Ora   stand mit zurückgelehntem Kopf da, ihre Kehle sah so dick aus. Der Ausdruck in ihrem Ge­sicht hatte etwas Geprüftes, Kummervolles. Ihre Augen­lider waren groß aber leblos, und das verriet Boshaftigkeit. Hall tat, als bemerke er nichts und machte neue Seifen­blasen, aber mit seiner fröhlichen Laune war es vorbei. Mirjam hingegen lief immer erregter von dem Spiel hin und her. Da stemmte sich Madame d'Ora   mit dem Rücken gegen den Bücherschrank, so daß er nach der Wand zu schwankte und näherte sich Mirjant.

,, Dein Haar fliegt Dir ja um die Ohren, Dirne," sagte sie mit zusammengebissenen Zähnen. Somm einmal her." Sie langte mit der Hand aus und griff Fräulein Karekin ins Haar. Das junge Mädchen fühlte sich an den Fleck gebannt und machte keinen Versuch, sich zu befreien, noch immer lächelnd, erstaunt sah sie auf. Da ließ Madame d'Ora   den Griff ein wenig nach, hielt sie jedoch noch immer fest, sie bezwang sich ein wenig.

,, Du hättest die Frisur behalten sollen, die ich Dich lehrte," sagte Madame d'Ora  , ohne ihren Zorn beherrschen