Anterhaltungsblatt des Vorwärts
Nr. 12.
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Donnerstag, den 17. Januar.
( Nachdrud verboten.)
Madame d'Ora.
Roman von Johannes V. Jensen,
1907
sondern erklärte weiter, wie man die Seance mit einem von Herrn Evanston gemachten Vorschlag beschlossen habe, der darauf hinausging, den vornehmsten Vertreter der Wissenschaft, Edmund Hall, sofort von der Sache zu benachrichtigen. Aber leider... und nun kam noch einmal die ganze Ge. schichte mit dem Telephonieren und so weiter. Aber es hinge beiwohnen wolle und wann ihm das passe. Wenn sich jemals nur von Edmund Hall ab, zu bestimmen, ob er der Sizung eine Gelegenheit geboten habe, die Wissenschaft zu überzeugen, die sich dem Spiritismus gegenüber so skeptisch verhielt, so läge fie jetzt vor.
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Ein Mann in langschößigem Frack und mit einem seelenvollen Gesicht öffnete, Samuel R. Mc. Carthy felber. Er hatte eine sanguinische Stimme, ein unruhiges und herzliches Auftreten, er flog mit lebhaften Gebärden in seinen Zimmern umher, redete, als habe er sie, Hall eingeschlossen, viele Jahre gekannt. Eine Dame, die im Gesicht Aehnlichkeit Stimme zu einem improvisierten Gebet über. Als er Amen Mc. Carthy erhob den Kopf und ging mit kräftiger mit ihm hatte, infolge jener gemeinsamen Abschleifung, die gesagt hatte, schwieg er wirklich. fie war eine fleine, entzückte Person, die ihre Gäste flüsternd Rarefin richte?" sagte Hall. die Ehe mit sich führt, wurde als Frau Mc. Carthy vorgestellt, gesagt hatte, schwieg er wirklich. ,, Gestatten Sie, daß ich einige Fragen an Fräulein „ Sie spricht nur deutsch, desund mit verliebten Augen begrüßte. Mc. Carthys Wohnzimmer sah so aus wie die Wohnung wohlhabender Leute im wegen muß ich Sie um Verzeihung bitten, falls" allgemeinen, überfüllt mit Möbeln und schlechten Nipps- feuchtem Blick in permanenter Glückseligkeit, ,, D, wir verstehen deutsch !" rief Frau Mc. Carthy mit Und sie gegenständen; an den Wänden hingen religiöse Bilder und richtete einen deutschen Satz an Mirjam, die ihn verstand ein Harmonium vermehrte das Gedränge der Einrichtung; und Lebenszeichen von sich gab. eine eigenartig kalte Luft erzählte, daß hier im Hause keine Kinder waren.
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" Fräulein Karekin, wußten Sie, daß Sie die Fähigkeit besaßen, die gestern abend bei Ihnen entdeckt wurde?" fragte Hall.
Mirjam hauchte ein Nein und richtete sich mit einer etwas unglücklichen Miene auf.
Haben Sie niemals etwas gesehen oder gehört, was andere Leute nicht sahen oder hörten?"
Dann fragte Hall vorsichtig:
Edmund Hall setzte sich, vorbereitet auf eine Welt von seligem Geschwäß. Und sie ließ nicht auf sich warten. Herr Mc. Carthy brauchte nicht erwärmt zu werden, hatte es nicht nötig, zu untersuchen, mit wem er sprach, er schien nur eine fließende Rede fortzusetzen, die ihr Kommen unterbrochen hatte. Er mußte bedauern, daß es ein ungünstiger Abend sei, um so mehr mußte er das bedauern, als er nach Ver- fie den Kopf. Sie dachte nach, schüttelte aber wieder den Mirjam sah unschlüssig vor sich hin, schließlich schüttelte abredung mit Herrn Evanston Edmund Hall aufgefordert sie den Kopf. Sie dachte nach, schüttelte aber wieder den hatte; aber trop fortwährenden Telephonierens, worüber Stopf, als Hall fie fragte, ob es in ihrem Heim nicht„ geſpuft" er mit Hinzufügung von Nummern, Bemerkungen über die habe. Sie wußte auch nichts davon, daß fie als Stind eine Unzuverlässigkeit der Zentrale und aller ihm entgegen- Krankheit gehabt hätte. Hall richtete eine Reihe anderer getretenen Widerwärtigkeiten sich des längeren und breiteren Fragen an sie, was sie in der Schule gelernt, welche Menschen erging, war es ihm nicht gelungen, den Kreis zusammen- fie gefannt habe, aus welcher Gegend von Armenien sie sei zutrommeln. Nein, es war unmöglich gewesen. Ungefähr und so weiter, und auf das alles antwortete Mirjam frisch, die Hälfte, das heißt die halbe Zahl der Mitglieder, die zu mehr und mehr befreit. kommen pflegten, hatten versprochen, sich einzustellen, da aber die übrigen behindert waren, so daß doch nichts aus der Sigung werden konnte, hatte er die anderen wieder telephonisch abbestellt, unter fortwährenden Scharmützeln mit der Zentrale. Leider also, und Herr Mc. Carthy vertiefte sich in eine neue Serie von Erklärungen, hin und wieder von seiner Frau unterbrochen oder in die Bahn zurückgeführt, indem sie sein Gedächtnis unterstützte, hinsichtlich der Telephonnummern und der Zeitbestimmung, wann er geflingelt und Antwort erhalten hatte. Edmund Hall saß in Gedanken versunken da und suchte in allen seinen Taschen herum, eine Gewohnheit, die ihm eigen war, wenn ihn etwas quälte. Dies brachte ihm eine Frage von Evanston ein, ob er etwas vermisse, und ein Umberfliegen von Mc. Carthy nach Bigarren, Streichhölzern und Gott weiß was. Mc. Carthy konnte eine Gedankenverbindung nicht überspringen, das sah Hall ein, deshalb saß er geduldig und vorsichtig da, um die Lage durch Unterbrechungen nicht zu verschlimmern. Endlich fam Mc. Carthy zur Sache: Mirjam und die Sigung am vorhergehenden Abend. Es ging aus seiner ungeheuren weitläufigen und fröhlichen Darstellung hervor, daß sich Mirjam als Medium fast aller Grade entpuppt hatte, sie hatte einen Tisch in der Luft tanzen und schweben lassen, hatte Geisterfchrift hervorgezaubert und in halb bewußtlosem Zustand in verschiedenen Zungen geredet. Das alles hatte Herr Mc. Carthy indessen schon früher gesehen, aber Fräulein Karekin hatte schon bei der ersten Sigung hervorragende Fähigkeiten in bezug auf Materialisation" gezeigt.
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Hier entfaltete Mc. Carthy einen Bogen Papier , den er während der ganzen Zeit in der Hand gehalten hatte, und verlas ein von den sämtlichen Mitgliedern des Kreises unterschriebenes Attest, das darauf hinausging, daß man es folgten Datum und Ortsangabe- eine wolfenartige, scheinbar beseelte Formation sich hatte bilden und wieder in der Luft verschwinden sehen vor einem Vorhang, hinter dem sich Fräulein Karekin in lethargischem Schlaf befand.
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Herr Mc. Carthy ließ das Papier sinken und sah Edmund Hall an, schweigend, als sei es jetzt an der Zeit, daß dieser etwas sagte. Er wartete jedoch nicht auf eine Antwort,
Hatten Sie Geschwister, Fräulein Karekin? Wollen Sie uns etwas von Ihrer Familie erzählen?" daß Mirjam leichenblaß wurde. Sie faß ganz starr da, und Er bereute, es, denn die Wirkung seiner Frage war, die weitgeöffneten Augen flammten vor Entsetzen. Auch der Mund öffnete sich, ein grauer Schatten breitete sich von der Stirn über das Gesicht, als stürbe fie. Plötzlich bog sie sich zusammen und verbarg den Kopf in ihrem Schoß, die Arme drüber legend, und sie vernahmen einen tiefen, sonderbar dumpfen Laut in ihrem Halse, während sie zu Boden glitt. Sie faßen alle vier einen Augenblick wie gelähmt da. Dann eilt Frau Mc. Carthy mit lauten, ängstlichen Rufen herbei und beugt sich über Mirjam, die in einem Snäuel an der Erde liegt, aber sie weiß sich auch nicht zu helfen, und Herr Mc. Carthy fliegt in eine Ecke des Zimmers und wieder zurück und nach der Tür und wieder ins Zimmer. Edmund sitt da und betrachtet die Gestalt am Fußboden, die sich in schwachen Zuckungen regt.
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Weg da!" sagt Evanston barsch zu Frau Mc. Carthy, und er nimmt Mirjam auf die Arme, hält sie in der Höhe seiner Brust, während er sich nach einem Ort umsieht, wohin er sie tragen fann. Mirjams Augen standen weit offen, Hall sah ihren Blick, der nicht dem eines Menschen glich.
Hierher," sagte Frau Mc. Carthy weinend und lief voraus, hinaus an die Treppe. Evanston trug Mirjam nach oben in die Schlafzimmer, und während Frau Mc. Carthy bei ihr blieb, kam er wieder herunter und setzte sich mit fühler Miene auf seinen Stuhl.
Ich dachte nicht, daß die Erwähnung von Fräulein Karetins Eltern so stark auf sie wirkte," sagte Edmund Hall nach einer Weile. Wie erhielten Sie Kenntnis von dem Unglück, Herr Evanston , und wissen Sie, welchem direkten Eindruck Fräulein Karekin ausgesetzt gewesen ist? Es muß sie sehr erschüttert haben."
Ich weiß nichts weiter, als was mir von einer anderen Armenierin im Zwischendeck mitgeteilt wurde, die neben Fräulein Tarekin schlief und sie im Schlafe jammern hörte,