Des Meeres Salz im grauen Haar» Verwittert von Müh' und Not, Verlieh er den Weg nach Osten hin» Der nie ihm Frieden bot. Auf Reisen ostwärts schwand dahin Seiner fugend Morgenschein. Nun will er gen Westen im Abendrot Der Schmied seines Glückes sein. Und einsam schwebt wie in Wolken der Mond Sein Schiff auf hoher See, Matrosen blicken hin und her. Ob keiner Land erspäh. Sie sehen nichts und glauben schon, Dem Abgrund geht es zu, Wo der Erde   Rand hinabwärtö stürzt Sie all in Grabcsruh. Sie stürmen drohend auf ihn ein Und schreien ihm zu wie toll: .Kehr um ans Land, wenn unser Schif, Nicht hier versinken soll!" »Drei Tage gebt mir," erwidert ex still, Wenn dann das Land nicht erscheint, Dann will ich sterben von Eurer Hand, Wie es Euch gut erscheint." Und glühend sinkt die Sonne schon Drei mal ins öde Meer, Da dunkelt aus der goldnen Glut Ein schwacher Umritz her, Das ist das Land, das er gesucht. Und als sie jubelnd schrein, Da ist nur einer, der nicht jauchzt Und ernst bleibt wie ein Stein. Denn als er das rettende Eiland fand, Versank zugleich sein Traum, Denn wieder in das Unendliche Schob sich ein irdischer Raum. Und ob du das Land gewonnen hast, Schiffbruch erlitt dein Herz, Und über dich schwoll wie der Wogen Last Der ewige WeltenschmcrzI Unselig ist. daß Weh und Begehr Nicht Frieden finden kann, Er gleicht der Woge auf dem Meer, Die sinkend fällt und steiget an. Es gibt keinen Gott in der tosenden Flut, Kolumbus  , du allein« Durftest Schöpfer einer neuen Welt In deinem Weltschmerz sein. Mitten im Singen kam es Madame d'Ora   zum Be- wußtsein, was ihr vorgeschwebt hatte, als ihr dies Lied ein- gefallen war, nämlich das} sie es ja an jenem Tage gesungen hatte, als sie mit Edmund am Strande draußen auf Long Hsland saß. Sie senkte die Stimme und sang leiser, sommer- licher, sie vertiefte sich so wie damals in die innige, sangbare Einfachheit der alten Melodie, wiederholte mehrere von den Versen, kehrte zu ihrer Stimniung von Endlosigkeit zurück... allmählich floß sie über von der Erinnerung an den schönen Tag und wandte sich um und sah Edmund an. Sie der» stummte, die Töne auf dem Harmonium erstarben. Denn Edmund Hall stand dort mit einem so leichenblassen und onderbar entkräfteten Gesicht, daß sie glaubte, er müsse um- inken. Er starrte leer vor sich hin, seine Nasenlöcher weiteten ich, zitterten, und doch lächelte er, als söge er einen süßen. chwermütigen Dust ein... Im selben. Augenblick, als Madame d'Ora   inne hielt. raffte sich Edmund mit einem Ruck zusammen, der aussah wie eine letzte Kraftanstrengung. Sie wollte aufstehen und zu ihm hingehen, er aber stützte sich auf seinen Tisch und blieb dort stehen, und sie sah, daß er sich schnell wieder erholte. Eld war in das Kabinett hineingegangen, jetzt stand sie Plötz- Zich vorne an dem Tisch und ließ ein leises Zwitschern hören: Jetzt seht!" Und sie richtete ihre klugen, stummen Augen auf Edmund Hall, als wolle sie ihn mit ihrem Blick in unaussprechliche Dinge einweihen. Sie sahen alle auf den Eimer. Das Weiße Leinen, das Eld darüber ausgebreitet, hatte sich eine halbe Elle in die Höhe gehoben, als sei etwas darunter. Eld ging hin und nahni es weg. Der Eimer war voll großer Feuer- Zilien. Ahl" ertönte es im Kreise.Ah, seht doch, Hab Dank, liebe Eld!" (Fortsetzung solgt.) (Nachdruck verboten.) ScbWmgungen. Neue Gedichte von Karl Henckell  (Bard, Marquardt u. Co.. Berlin  ). Eine hymnisch gestimmte Poetennatur ist Karl Henckell  . Organisch gliedert sein neues VerSbuch sich den Bnchzeugen seines bisherigen Schaffens«in. LebenSatem ist dieses Schaffen, ein Geben, das so natürlich und selbstverständlich ist wie alles Ineinander-- überwandeln und Umzcugen von Stoff und Wärme und Kraft. Die Welt mit ihrem unendlichen Spenden löst gesteigertes Lebensfüblen aus, das voll Gläubigkeit und Dankbarkeit den hellen Augenblick der Gegenwart immer als den Berwirklicher erhoffter Zuknnstsfreuden und als Verkünder werdender Weltherrlichkeiten ausschlürft. Das wesentliche dieses neuen Buches von Henckell   ist. daß neben zwar nur einigen, aber doch in Ton, Schwingung und Bild stark heraustretenden Gedichten, die aus revolutionärer Zeit- stimmung stammen und wild und groß ihr Menetekel an die Wand der Gegenwart hinglühen. Gedichte voll hellster Sonnenfrcude an den nie sich erschöpfenden Schönheitsoffenbarungen aller Natur umher stehen, und daß in allem ein so jauchzendes LebenSbcjahen ist. ES gibt für dies Gefühl viele. viele AuSdnicksinöglichkeiten, Henckell   ist keineswegs der einzige Lyriker der Lebensbejahung. Aber er ist der Mensch. in dem das Gefühl eben dann in der höchsten Steigerung zu rhythmischem Schwingen und seiner wortmeisternden lyrischen Gewalt emportreibt, wenn es ergriffen wird von den Antrieben dieser Herzkraft alles Seins, in dein sich ein Werden regt: der Lebensbejahung. Hier ist der Schlüssel, wie es kam, daß Henckell   einmal als der feurigste Dichter des kämpfenden Proletariats empfunden werden konnte. Von dem Henckell der Amselruse und des Dioramabuches tremit uns nicht nur eine Zeit von zwei und anderthalb Jahrzehnten: zwischen damals und heute liegt daZ wichtigste junger LebenSent- wickelung. Wernicht dem verderblichen Stillstehen inneren Werdens verfiel, der kann als ein Mann, der die Vierzig überschritt, nicht derselbe sein, der er als Jüngling von zwanzig Jahren war. Aber den Reichtum eines Lebens wird man auch danach bemessen, ob Jmrg- erworbenes als lebendiger Besitz auSdauert. Jubelnde Kämpfer« zuversicht, wütender Groll, grimmige Schmerznot füllt Henckellö Jugendbücher an, und das erste ist flammend geblieben und das andere ist nicht in weltflüchtiges Verzweiftln umgeschlagen, sondern ist entwickelt zu männlicher Kraft, die aufrecht und mit geradeaus gerichtetem Auge sich vor daS Furchtbarste der Gegenwart stellt und eS in der grausigen Wirklichkeit seines Eindrucks mit der plastischen Bildkroft des Dichterwortes festzuhalten sucht. lieber daZ schneeweiße Leichenfcld Eine Riesenhyäne heult und bellt... Nur dieS eine Gedicht:Die Hyäne  " zeugt von Rußland  . Alle Greuel losgelassener Bestialität, zusammengetürmt zu einer blutigen symbolischen Scheußlichkeit, hat ausbäumender Abscheu im Wortbilde zu packen gesucht. Etwas Kolossales, Entsetzliches soll vor den Augen geschehen. Auf eine riesige Leinwand, vor der die Menschheit Platz hat, ist es mit erbarmungslosem Realismus hingewühlt. Nicht in rednerischen Worte» entlädt sich die empörte Erregung, sondern in künstlerischem anschaulichen Gestalten, das zugleich des DichterS Empfinden in jeder Zeile lebendig pulsieren läßt. ES ist wahr, der wortwirbelnde Uebernnit von ehedem springt und überschlägt sich nicht mehr so toll, die Satire redet sich nicht groß auf und wirft auch den Kopf mit den glimmenden Augen nicht mehr so bissig und bißsicher herum, mehr eine Neigimg zn vergnüglichem Scherzen mischt sich bisweilen ein. Aber das Pathos des jungen Henckell, also daS soziale Pathos, hat nichts eingebüßt: in seiner Wucht ist ein Dröhnen von langschwerem Nachhall, die Wucht scheint gesättigter, und diese Wirkung hängt zusammen mit dieser von jungen Schwächen besser freigewordenen künstlerischen Gewissenhaftigkeit, die da weiß: nur der wird als starker Dichter empfunden, der Gefühltes fichtbar zu machen und also gleichsam durch das Auge dem Gefühl der Mit- menschen zuzutragen versteht. Der Vläme Emile Verhaeren   ist ein solcher Dichter: mächtige Quadern sind seine sozialen Gedichte, und für Henckell? Kunst bezeichnend ist die Kraft des RachgestaltenS, die sie an VerhaerenS Sturm auf dem Meer erweist. Reben diese Nach- dichtung setzt Henckell dann das eigene Gedicht Fron- bauern(ein Bild von LaermanS gab die Anregung): \n seiner Art ist eS ganz anders als VerhaerenS' Gedicht, vielleicht auch stammt es gar nicht auS jüngster Zeit, aber das Bild des LebenS ist deutlich: keine Zeile, die nicht den Bild- eindruck durch eine vorstellbare Einzelheit vervollständigte und in seiner trostlosen Düsterkeit verstärkte. Und dann daS Gedicht, Der Riefe: Aus dunklen Tiefen Tagempor, Sonnenhungrig Ringt ein Riese. Seine Schläfen triefet» von Schweiß. Mühsalheiß Durch's Trümmertor,