glöckchen sprengt seine zarte Blütenhülle, und auch am Haselnuß- strauch brechen aus den Knospen rote Sternchen oder Kätzchen.... So ganz unrecht hat also das Volk nicht, wenn es behauptet, am Peterstage, am 22. Februar, fange der Frühling an. In manchen Gegenden Deutschlands findet am Peterstage der Winter gewissermaßen seinen Abschluß, die Geselligkeit der Winterabende ist vergangen, und die Vorarbeiten zum Frühling nehmen ihren Anfang. Am Peterstage klopft man in Westfalen bei Sonnenaus- gang mit einem Hammer an die Eckpfosten der Häuser und Ställe und spriibt: Heraus, heraus, heraus Schlangen aus Stall und HauS, Schlangen und Möllen (Molche). Hier nit verbergen sollen. St. Peter und'die liebe Frau Verbiet euch Haus und Hof und Au. Es ist anzunehmen, daß das Klopfen an die Hauspfosten sich auk die Vertreibung winterlicher Dämonen bezieht, die sich in Haus und Hof eingenistet haben und nun bei beginnendem Frühjahr in feierlicher Weise verjagt werden. Im Vintschgau weckt man(nach R. Reichhardt) am Peterstage den Frühling und nennt diesen BrauchLangaswecken", das ist Lenzeswecken. Knaben hängen sich Kuhschellen an und laufen durch das Dorf, aus vollem HalsePeter Langas" schreiend. Oder sie schleichen sich in die Häuser bis vor die Stubentür und läuten plötzlich mit voller Kraft. Nach diesen Tagen werden die ersten Frühlingsarbeiten aufgenommen. Solch' eine Art Lenzeswecken scheint auch in dem Brauche zu liegen, der in Kemberg und Um- gegend im Schwange ist. Am 22. Februar wirdgepetert". In frühester Morgenstunde ziehen die Kinder von Haus zu Haus, klopfen an die Tür und rufen:Ist denn der Peter noch nicht dagewesen?'' Zum Geschenk erhalten die neugierigen Frager, denen man nirgends Befcheid gibt, Brezeln oder Geld. kleines Feuilleton. Theater. Lessing -Theater:»Die Jungfern vom Bischofsberg", Lustspiel in fünf Alten von Ger hart Hauptmann.(Buchausgabe in S. Fischers Verlag, Berlin .) Ueber den lauten Protest, in dem das Publikum, durch die Leere der sich endlos hinschleppenden Szenen wie durch das töricht provozierende Beifallsklatschen der auf Hauptniann Eingeschworenen gereizt, am Schlüsse der Vorstellung seinen Gefühlen Ausdruck gab, wurde schon berichtet. Daß ein Dichter, der in ernsteni Ringen Neuartiges und Bleibendes geschaffen, Perioden durchlebt, in denen der Strom der Phantasie ebbt, ja versiegt, das ist nichts Wunder- bares. Auch die Größten find vor solchen Schicksalen nicht ge- schützt. Und ebenso ist es begreiflich, wenn die Begierde des Gestaltens auch in Zeiten solcher Depression den, Künstler keine Ruhe läßt, ihn imnier wieder antreibt, in gewaltsamer Anspannung dem erstarrenden Vermögen Leistungen abzuzwingen. Aber man sollte meinen, daß er dann das so Entstandene mit prüfendem Blicke abwägen und da? klare, künstlerische Urteil sprechen kassen und so die Unzulänglichkeiten deutlich erkennen müsse. Haupt- mann hat im Laufe des letzten Jahrzehnts so manches für die Bühne gearbeitet. Aber auch in dem halb Mißlungenen blitzten doch immer Züge tieferer Bedeutung auf, die es verständlich machten, daß er um ihretwillen daS Gebilde trotz aller an- haftenden Mängel lieben konnte und darauf vertraute. Bon dieser Art war auch das Pippa- Märchendrama im Borjahre. Das Schlimmste an dem neuen Stücke ist, daß«S, von jedem Gehalt entblößt, den Eindruck hervorruft, sein Schöpfer köime unmöglich selbst daran geglaubt haben. Wie sollte er, der nach Ibsen den charakteristischsten Dialog geschrieben, er, der bei Lesen, und Zuschauern das Gehör fiir den natürlichen Tonfall der Rede so ausgebildet und verfeinert hat, hier die Rückkehr zum trivialen, breitgeschwätzigen Zeitungsdeutsch nicht selber empfunden haben, von der vulgären Nichtigkeit derHandlung" noch ganz zu schweigen I Und wenn er dennoch trotz alledem sich über das groteske Mißverhältnis, in welchem die Komodie zu allen, seinen früheren Streben steht, sich hätte täuschen können, so wäre eS die Frcundespflicht vom Brahm gewesen, durch Ablehnung dem Stück die peinliche Blamage einer öffentlichen Aufführung zu ersparen. Das Endresultat der fünf Akte ist, daß daS herzlich un­interessante, tränenreiche Fräulein Agathe, eine der vier Schwestern vom Bischofsberg, sich mit einen, noch uninteressanteren Herrn ver- lobt, der dafür aber eigens aus Südamerika herbeikommt und durch hochgradig pathetische Reden gegen die Leruerei auf der Schule alle jugendlichen Herzen erfreut. DaS zu besiegende Hindernis bildet ein pedantisch eigensinniger Oberlehrer, der Ansprüche auf Agathes Dankbarkeit zu haben behauptet, bei einem Familienfest sein Ver- lvbnis mit der Dame proklamieren läßt und dann aus Aerger über eine harmlose Fopperei schnurstracks davonläuft. Nunmehr ge- winnt der wahre Liebhaber den Vorrang und feiert sein grenzenloses Glück durch ein großmächtig knatterndes Phrasenfcucrwerk. Ein polnischer Herr, der für einen Teil der zur Füllung der fünf Akte nötigen Reden aufzukommen hat, fungiert im letzten Auszug als eine Art von Dr. Rank, indem er sich nach Jbsenschem Vorbild in An­deutungen seines nahen Todes ergeht. Eine Pose der Melancholie, die hier ebensowenig wie die gemachte Lustigkeit der Polonaise und des Schlußgesanges der Pärchen irgend welchen Widerhall der Stimmung auslöst. Die grobe unverhüllte Abficht- lichkeit tritt da noch krasser als rn den früheren Szenen hervor. Was Hauptmann ursprünglich vorgeschwebt haben niag, in dem Quartett der Schwestern einen gemeinsamen seelischen Grund­ton in niannigfachen Variationen durchklingen zu lassen, dafür sind kaum Ansätze vorhanden. Die weißen Blusen blieben Hauptnierk- mal der Verwandtschaft. Ein wenig eingehender ist neben Agathe nur noch die Jüngste behandelt, indessen ohne daß die Zeichnung mehr als die hunderte Male schon benutzten Backfischqualitäten bot. Einzig die Geigenkunst der Lux schied sie von ihrer zahllosen Kollegenschaft. Der dem Oberlehrer gespielte Streich mau spiegelt ihm das Vorhandensein verschütteter Altertümer im Schloßgewölbe vor und läßt ihn an deren Stelle einen mit Würsten wohlgefüllten Koffer finden war so umständlich-ungeschickt im Stücke vor« bereitet, daß auch der letzte Rest der Komik darüber verloren ging. Die Aufführung bot einzelne ausgezeichnete Leistungen Bassermann brachte das in sich gefestigte Schulmeister-Selbst- bewußtsein amüsant und dennoch ohne jede karikierende Beimischung zum Ausdruck. Dem polnischen Räsonneur gab Reicher fein ge- schnittene weiche Leidenszüge von ganz individuellem Gepräge und eine mit fremdländischen, Akzent fich einschmeichelnde Stimme. Ida O r l o f f war ein Back stich von urwüchsiger Durchtriebenheit, die Tanzlust Pippas steckte ihr noch in den Gliedern. Für Agathe, das weinerliche Unglückswesen, tat Grete Hofmann, was sich etwa tun ließ, und so fanden sich auch Rittner und Else Lehmann wohl oder übel mit ihren völlig undankbaren Rollen ab. In der Episodenfigur des Vagabunden schuf Marr ein Meister« stückchen drastisch naturalistischer Kleinmalerei. ckt. Neue freie Volksbühne(Schiller-Theaterbl.):Die Teufels- kirche", Komödie in 3 Akten von Adolf Paul. Ueber diese Farce, obstrus abstoßend und anziehend zugleich, kann man zweierlei Meinung sein. Wenn der Verfasser sein philosophisches Glaubensbekenntnis, all seine Gedanken über den letzten Urgrund von Lüge und Wahrheit wir- kungsvoll offenbaren wollte, dann konnte er keine triftigere Folie dafür erfimien, als einen tollen Traum, entrollt auf der Bühne. Sein Teufel ist in noch viel schärferem Grade als Goethes Mephisto eine.Spottgeburt aus Dreck und Feuer". Pfaffen und Lawendel» seelen würden sich vor ihn, bekreuzigen und auch den Dichter zum Teufel wünschen. Er treibt mit ihnen ein gruseliges Komödienspiel. Auch das Bauen, weib hat den leibhastigen Gottseibeiuns im Leibe. Ihr Schrei nach dem Kinde, also nach der Mutterschaft, ist nichts alS Komödie. Es wäre müßig, darüber nachzudenken, ob Paul ein loser Schalk oder ein ernst zu nehmender Sittenprediger sei. Mag drum jeder hinter dem Wortgefecht dieser Höllenkreamreu seine eigenen Gedanken entdecken. Träge Geister aufzurütteln, hierzu ist Pauls Komödie angetan. Nur soll niemand so vermessen sein, diesen religionsphilosophischen Anarchismus zum Kanon seines Sitten- geseyes zu erheben. Die Doppelfignr des Teufels und Kesselflickers hatte in Max Marx einen ihr in jeder Beziehung gelvachsenen Interpreten. Maria Mallinger als Ane war ihm schauspiele» risch ebenbürtig. Den Pastor gab Heinz Schmidt, den AmuS E r n st Bach nach bestem Vermögen. Ein köstliches Kleeblatt wqren die drei Bauern Herbert Paul müller, Hans Zillich und Otto Wald bürg. Dem drastischen Spiel galt wohl der tosende Beifall. e. b. Mufik. Während manche glauben, vor Bach und Händel gebe es keine für uns beachtenswerte Musik, bemühen sich vorurteilslose Musiker nach Aufrechterhaltung des Zusammenhanges der Zeiten. Dem Berliner Volkschor" unter Dr. E. Zander ist neben anderen Ver- diensten auch dieses zuzurechnen. Am Sonntag veranstaltete er einenHeiteren Musikabend". Chorgesänge gab es vier, aus dem IL. bis 13. Jahrhundert. Am interessantesten war wohlDas Echo" vcn Orlando di Lasso , dem so überaus fruchtbaren Komponisten, dessen Name selbst in weiteren Kreisen noch einigermaßen hilft, das 13. Jahrhundert nicht zu vergessen. Aus nur wenig späterer Zeit stammt Gastoldi , von dem ein hübsches erotisches Lied vorgetragen wurde, und ungefähr gleichzeitig mit dem Erstgenannten ist Donati, von dem wir ein Tanzlied zu hören bekamen. Beide Kam- ponisten waren kirchliche Kapellmeister, jener zu Mantua , dieser zu Venedig : beide auch reich an weltliche» Kompositionen, zumal den kunstvollenMadrigalen", i» deren Gattung eben diese drei Stücke gehören. Namentlich Gastoldi blieb noch lange beliebt. Diese Werke nähern sich dem, was wir gewöhnt sind, durch ihre uns nicht mehr sehr fremden Harmonien. Allein noch herrscht bei ihnen eine selbständige Vielstimmigkeit, zumal mittels des Nach- ahmens der einen Stimme durch die anderen; und gegenüber dem oft so Leiermäßigen unserer Musik wirkt derartiges wie eine Be- frciung. Natürlich bedarf es dazu besonders tüchtiger Chor» leistungen. Unser Chor besitzt nicht die glücklichen Materalien, mit denen die vielgenannten großen Chöre ihre weiten Erfolge finden; namentlich ist ihm noch ein Zufluß von Männerstimmen zu wünschen, und die Ueberwindung kleiner Unreinheiten wie Rauhig- keiten bedarf einiger Entwickelungszeit. Abgesehen davon ist es aber geradezu staunenswert, was der Dirigent aus dem vorhan» denen Material geschaffen hat. Die Hauptwirkung des Abends war das Auftreten des Schweden Sven Scholander . Man kann diesen Künstler schwer als