Klaus war der Weichere, in seinen Zügen fing es an »u arbeiten, er machte krause Falten... sein Gesicht war des Weinens nicht gewohnt. Aber er tat es doch, er weinte mitten auf der Landstraße, vor der Buchholzkate, und schlang den Arm um seines Bruders Nacken. Komm mit trüg, Broer,... ick dröm ömmer, ick ga Arm in Arm mit di na Hohenwichel hen." Auch in Hans Pautsens Auge glänzte es verdächtig. Komm, Broer," sagte er und schob seine Hand unter Klaus Paulsens Arm. So gingen sie. » Es kain wie sie beide geträumt und träumend gesehen hatten. Und wenn die Tote auch nicht gerade in der Person 'im Türrahmen stand, sie zu empfangen, so war sie doch bei der stillen Feier, die man in Hohenwichel feierte, zugegen. Nach langer Zeit sah Hans seines Vaters Haus wieder und siehe dal es war alles gut. Wie das Haus so warm im Nebel auf der Höhe lag, die Linden noch immer vor der Tür und die Goldweiden im Knick. Der Nebel sperrte zwar die Aussicht, aber für Hans bedurfte es keiner Sonne zu schauen. Er wußte, vom alten Steinwall am Stall sah man am weitesten. Vor dem Wall fand er eine Hecke, nun war der Wall eigentlich überflüssig. Und es juckte ihm ordentlich in den Fingern, die Erde unten nach den Wiesen hinunter zu karren. Von dem Erbstück, von der alten Lade sah er nichts. Ton dem Erbstück sprach keiner ein Wort. . Am andern Tag nahm Hans seinen Stock...Nun wi ich nach Haus und an Trien und an mein Kind sagen, damit auch sie sich freuen." Wenn es dir recht ist, Hans," entgegnete der andere, -dann gehe ich ein bißchen mit längst." Sie gingen zusammen. Unterwegs sagte Klaus zu seinem Bruder.Es muß doch davon gesprochen werden, Hans. Ich meine von der alten Lade..." Hans nickte. Sieh, Hans, ich Hab' sie nicht mehr. Ich Hab' so gedacht in meinen Sinn. Es ist nicht mehr zu erforschen, was Mutter eigentlich gemeint hat. Und da Hab' ich gedacht, es sei das beste, weder ich kriegte sie, noch du. Und das beste sei, sie wieder nach dem Haus und der Familie hinzugsben, wo sie herge- kommen ist. Da Hab' ich sie nach unserm Vetter Mars Schutt gebracht." Hans sah schweigend vor sich nieder. Klaus faßte seine Rechte. Sag' mir, mein Bruder. Hab' ich recht getan? Das wäre schön, wenn du das meintest. Denkst du aber anders, auch das ist recht und gut. Dann wird dir niemand wehren, an dich zu nehmen, was dein gutes Eigentum ist. Denn das weiß ich. und das ist gewiß: Meines Bruders Hand, Hans Paulsens Hand, legt sich nur auf Sachen, die das Recht ihm zu eigen gegeben hat." Da rief Hans Paulsen:Sprich nicht so töricht, mein Bruder! Jedes Wort, das du sagst, als ob ich nicht einver- standen sein könnte, tut mir weh. Die Truhe gehört dahin. wo du sie hingebracht hast. Und da soll sie bleiben." Das Gespräch fand nicht weit von der Buchholzkate statt: es war still rings umher, nur der Bach schwatzte leise in die Worte hinein. Bei Mars Schutt kehrten die Brüder ein. Die große Dielentür war zu: da lief Klaus nach der Seitcntür(Blang- dör), die nach dem Garten geht, hin. Und Hans wartete. Da wurde das Tor aufgeschlagen, da standen der Vetter und seine Frau, und ein paar Kinder standen herum und führten ihn in das gastliche Haus. Und des Herbstes fahler Echem   lief mit ihm hinein auf die Diele. Und siehe dal in der Hörn, auf dem alten Platz, da stand ehrwürdig die alte vom Urältervater Schutt geschnitzte Truhe. Adlerflügel und Löwenklaucn aus Ecken und Kanten springend, Laubwerk und Blattwerk, die Felder umrahmend. und auf der Vorderseite Kain und Abel   und David und Jonathan. Mit ihrer Kunst und mit ihrer Liebe stand die alte Lade da: der Spruch der Vergebung lief an der unteren Leiste hin: Sobald du denkst, ein Bruder habe etwas gegen dich, geh' hin, versöhne dich! Und dann- zu mir. zu deinem Gottl Die pbonctih. IL Wir haben in dem ersten Aufsatz gesehen, daß eS sich in der Phonetit oder Lautlehre um die Eulstehung der Sprochlaute handelt. Die Lautlehre setzt uns instand, jeden einzelnen« Sprach- laut nach seiner Artikulation zu beschreiben, nahe zusammenliegende und weit voneinander abweichende Laute an eben dieser Artiku» lation zu erkennen und nach ihr zu bezeichnen. Wir haben im Norddeutschen z. B. zwei von denen das eine mit den Lippen und den Zähnen, wie inwahr", das andere aber nur mit den Lippen, wie inSchwester", hervorgebracht wird. Das erste w wird da­her ein labiodentales(Lippenzahnlautj und das zweite ein labiales < Lippenlaut) w genannt. Die Phonetik ist imstande, die beides ganz verschiedenen o in Sohn und Sonne genau nach der Mund- stellung zu beschreiben usw. Es ist so von vornherein klar, daß die Phonetik vor allen Dingen dazu berufen ist, nicht nur unsere Einsicht in das Wesen der Sprache überhaupt zu vertiefen, sondern auch in die Sprach- Wissenschaft selbst fördernd einzugreifen, mag diese nun theoretisch oder nur praktisch betrieben werden. Wer sich eine richtige Vorstellung von dem Wesen der Sprache zu bilden sucht, dem ist die Einsicht in das Wesen der Laute un- entbehrlich: sie sind die eine, die der Außenwelt zugekehrte Seite der Sprache. Ihre andere Seite, ihre mannigfach verfchtungenen Vorstellungen, liegen in dem dunkeln Raum des Unbewußten in der Seele als ein höchst verwickeltes Gebilde. Aus diesem dunkeln Raum fließt das, waS der einzelne an sprachlichen Mitteln zur Verfügung hat, und man könnte sagen, noch etwas mehr, als worüber er unter gewöhnlichen Umständen verfügen kann. Die Hervorbringung der einzelnen Laute geschieht infolge bet Artikulation in den Sprachorganen, sie ist also ein Vorgang, eine Tätigkeit, die bei zwei Sprechenden niemals genau die- selbe ist. Sprechen wir also von einer Gescnntsprache, z. B. dem Deutschen  , so meinen wir damit einen Durchschnitt durch eine kleinere oder größere Reihe einzelner Sprechweisen, ein Durch- schnitt, der. obwtchl keiner einzelnen Sprechweise völlig gleich, dock allen so nahe steht, daß wir ihn als Typus der ganzen Gruppe betrachten können. Also ist jede Sprache nicht als ein Konkretes, sondern als ein Abstraktes anzusehen. Um die Wichtigkeit der Phonetik für die theoretische Sprach- Wissenschaft darzutun, lassen wir eine Aeußerung eines Berufenen, des dänischen Phonetikers Otto Jespersen   mit kleinen Aenderungen folgen: ..Es wird nicht schwer fallen, in den Annalen der vergleicheirden und historischen Sprachforschung viele Fälle zu finden, wo Ge- lehrte durch eine ungenügende Kenntnis der lautlichen Mechanik irre geführt worden sind, oder wo die Kenntnis der in lebenden Sprachen vorhandenen Laute zu früheren, nichi mehr vorhandenen, den Schlüssel geliefert haben würde. Viele Erscheinungen in der Geschichte der Sprachen können mit Hülfe der Phonetik in ein- facher, übersichtlicher Weise dargestellt werden, während die un» phonetische Berracktungsweif« nur oerwickelte Einzelheiten ohne inneren Zusammenhang erblickt. Wahrnehmungen lautlicher Ver» schiedenheiten, die gegenwärtig nebeneinander i» nahe verwandten Mundarten vorkommen, oder z. B. der Art und Weise, wie Kinder die Sprache chrcr erwachsenen Umgebung unvollkommen nach- ahmen, können für das Verständnis der Sprachentwickelungen in früheren Zeiten manchen Fingerzeig geben." Noch unentbehrlicher ist die Phonetik für die praktische An- eignung der Sprachen. Vor der Einführung der Eisenbahnen, Dampfschiffe und Telephone mochte es genügen, wenn man die fremde Sprache nur in ihrer Schriftform kannte, jetzt aber, wo die Zahl der Leute immer' größer wird, die aus diesem oder jenem Grunde im Verkehr mit Ausländern praktischer Sprach- kenntnisse bedürfen, muß man die Sprache sprechen können. Die meisten lernen ein«e fremd« Sprache im Inlande, und wie könnt« eine gute Aussprache auf eine andere Weise erzielt werden, als wenn die Lehrer zu der Einsicht kommen, daß eine ichoiiensche Schulung hierzu unumgänglich notwendig ist. Einer der ersten, der die Bedeutung der Phonetik für die praktische Spracherlernung deutlich erkannt hat, ist der vor ungefähr zehn Jahren verstorbene Professor Gustav Langenscheidt  , der Gründer der Langenich  « idtschen Verlagsbuchhandlung. Er versah seine Unterrichtsbriefe zum Selbstunterricht mit einer leicht verständlichen phonetischen Um- schrift, wonach viele fleißige Menschen die französische   und englische Sprache(und jetzt alle bekannten europäischen   Sprachen) be- herrschen gelernt haben und noch beherrschen lernen. Allmählich hinkten denn auch die Lehrbücher für Schulen in der Berücksichtigung der Phonetik nach, und heutzutage ist jeder Lehrer einer fremden Sprache sich darüber klar, daß er mit den Hauptergebnissen der Phonetik vertraut sein muß, um seinen Unterricht im Schulzimmer praktisch nutzbar machen zu können. Nur der wird ein guter Lehrer einer Sprache sein, wer sich von den Schwierigkeiten, mit denen seine Schüler zu kämpfen haben, selbst eine genügende Rechenschaft geben kann. Wie wäre es ihm sonst möglich, ihnen bei der lleberwindung dieser Schwierigkeiten behülflich zu sein? gerner liegt eS offen zutage, daß die Phonetik für den Unter» richt von Taubstummen nach der Artikulationsmethode von großer Wichtigkeit ist, und nicht minder für die Abgewöhnung von Sprach-