208 herrschenden Hauptrolle versucht wurde. Wenn die Kannner- spiele an eine Neueinstudierung herangingen. wozu zunächst keine besondere Veranlassung vorlag, so mußte man doppelt gespannt sein. Vor allem, weil Frau E h s o l d t s eigenartiges Talent sich hier in einem Lichte zeigen konnte oder sollte. Die hervorragende Darstellerin des Perversen, Dämonischen und halb Pathologischen mußte in der Hedda Gabler in der Tat manche Seiten finden, die ihremFach" entsprachen. Und diese setzte sie in stärkste Wirklichkeit um, aber sie vergaß darüber das andere, das in dem Halbweib ebenso mächtig ist und nach vollem Ausdruck verlangt. Katzenartig, dämonisch-boshast, eine kalte, höhnische, rein negierende Natur, die nur zerstören möchte, war diese Hedda, aber ihr fehlte die große Sehnsucht nach Schönheit, das Fascinicrend-Weibliche, das alle Männer in den Bann schlägt, das Jinponierend-Stolze des Wesens, das sich über alles Gemeine und Kleine des Lebens erhaben dünkt. Durch bloßen Intellekt und durch noch so starren künstlerischen Willen läßt fich Hedda Gabler nicht erzwingen. Das Experiment versagte, ließ kalt, erregte nicht ein Fünkchen Sympathie, ohne die auch die stolz über- legene Generalstochter auf der Bühne nicht leben kann. Noch eine zweite Enttäuschung bot Hermann Bahrs Regie. Friedrich K a y ß l e r blieb uns den verlumpt genialen Eilert Lövborg schuldig. Viel zu herb, zu verkniffen, ohne den inneren Dämon gestaltete er ihn. Die Herdentiere, die schließlich den Sieg davon tragen, weil sie im Leben die Aufgaben finden, denen sie gewachsei« sind, käme«« {(Ut heraus, der Gemütsmensch TeSman, den Herr von Winter- tein aber doch gar zu outriert pedantisch spielte, und die Tante Tesmann sEmilie Kur z). Die aufopfernde zugleich über das kleine Ich erhebende Kraft der Liebe in Frau Elvsted zu verkörpern, konnte Lucie Höflich nicht glücken. Der äußere Rahmen deS Stückes war von Eduard Münch entworfen. Zweifellos sehr gewählt, ja nach unserem Empfinden gesucht. Wir haben keinen Zweifel darüber, daß diese grellen Farbenakkorde tblane Wand, schwarze Vorhänge mit roten Kreuzen) Hedda Gablers spöttische Kritik herausgefordert hätten. Von feinster »nalerischer Wirkung«vor der Durchblick in das hintere Zimmer, der Ausblick in die herbstliche Landschaft und der leise verdämmernde Abend. Medizinisches. Die operative Heilung gewisser Geistes- st ö r u n g e n. Es kommt öfters vor, daß infolge einer Kopf- Verletzung, sei es durch einen Fall obet einen Stoß, geistige Störungen auftreten. Aus der Art der psychischen Ausfall, oder Hemmungserscheinungen kann.der Arzt oft erschließen, welche Teile des Gehirns durch- die- Köpfverletzüng Schäden genommen haben. Oeffnet man die Schädeldecke, so wird eine geschickt ge- stellte Diagnose gewöhnlich bestätigt, und nicht/selten gelingt eS durch einen opertativen Eingriff, den abnormen Geisteszustand des Kranken zu heben. ImLancet" berichtet Bernhard Holländer von der Heilung eines SSjährigen Arztes, der infolge von zwei Kopfverletzungen an Niedergeschlagenheit und Wortblindheit, d. h. an einer Unfähigkeit, trotz normaler Augen, Schriftzeichen zu lesen, litt. Im Jahre 1898 hatte er von einem Pferde einen Fußtritt auf die rechte Seite des Kinnes erhalten und klagte seither über starke Kopfschmerzen und neuralgische Schmerzen. Ein Jahr später stürzte er von einein Rade und schlug»nit der rechten Seite des Kopfes auf das Pflaster, ohne das äußerlich eine Verletzung wahr- nehmbar gewesen wäre. Folgeerscheinungen dieses Falles waren sehr heftiges Kopfweh, das jegliche geistige Arbeit unmöglich machte und eine ausgesprochene Aenderung seiner psychischen Verfassung. Er wurde erregbar, stark niedergeschlagen, hatte Selbstmord- gedanken, litt außerdem an Hartleibigkeit, anhaltender Schlaf- losigkeit und einer Störung der Empfindungsfähigkeit des linken Armes. Im Frühjahr 1905 traten Symptome von Wortblindheit auf, auch machte sich eine vorübergehende Lähmung der rechten Gesichts- und linken Körperseite bemerkbar. Die Depresfion und die Kopfschmerzen verstärkten sich und wichen keiner medizinischen Behandlung. In der Annahme, daß die Bestimmung des Ortes der erkrankten Hirnteile auf Grund der psychischen Symptome möglicherweise gelingen und daß eine Operation ihm Heilung ver- schaffen könnte, kam er nach London . Im Oktober 1906 wurde die Operation vorgenommen. Als die Haare abrasiert worden waren, wurde hinter dem rechten Ohr eine zwei Zoll lange Narbe sichtbar. Nun wurde die Haut von der Ohrspitze bis zum Hinterhauptshöcker abgehoben, was nicht leicht gelang, da das Gewebe der vernarbten Stelle den Knochen fest anlag. Dann wurde der Schädel geöffnet. Es erwies sich, daß der Knochen über der Schcitelwindung des Ge- Hirns verdickt und verhärtet war, während die normaler Weise zwischen den Schädclplatten vorhandene schtvanvmigc Masse fast ganz verschwunden war. Die harte Hirnhaut lag dem Knochen fest an. Als der Knochen entfernt wurde, drang sie aus der Oeffnung hervor,� wies aber keine Pulsation auf, obgleich der Puls des Patienten kräftig war. Als sie kreuzweise angeschnitten wurde, floß eine klare Flüssigkeit aus. Das Gehirn selbst war aber un- beschädigt. Nun wurde die harte Hirnhaut wieder zusammen- genäht und die Knochenhaut darüber gebreitet, während die Knochen selbst nicht an ihre Stelle gelegt wurden. Ein Ableitungsröhrchen wurde drei Wochen- lang in der Wunde belassen. Während dieser Zeit litt der Kranke immer noch an Depression und Neuralgie. Als aber die Wunde sich schloß, verschwanden sämtliche Krank- heitssymptome. Mitte November war die Wunde völlig geheilt. Im Februar fühlte sich der Patient durchaus wohl und konnte in jeder Beziehung als normaler Mensch betrachtet werden,»--- Humoristisches. Das neue Programm. Schutz dem Handwerk I Schutz der Börse I Schutz den Bauern hier im Lande I Schutz den braven Bergarbeitern! Schutz dem breiten Mittelstandel In dem helfenden Gewimmel Sind wir längst schon die Gewitzten, Und wir beten bloß zum Himmel: Gott beschütze die Geschützten! �Telegramm. Hofbericht: Der Hund von BaSkerdille wurde& la suits des KorpS der Kriegshunde gestellt. Verfassung. Wie man vernimmt, sollen künftig die Wahlübergriffe des FlottenvereinS im Keime erstickt werden. Auf der Höhe der Zeit..Liebe Frau Müller, ich würde so gerne abends einmal in das Konzert oder in das Theater gehen, doch mit Rücksicht auf mein Baby ist mir dieS gar nicht möglich." .Aber, Verehrteste, da gibt es doch jetzt ein so einfaches Mittel, um ohne Sorge um das Kmd das HauS verlassen zu können, ich lasse das meinige dann einfach chloroformieren." (.Lustige Blätter".) Notizeu. Das Kleine Theater bereitet zwei satirische Grotesken bor : Christian Dietrich GrabbeS Lustspiel.Scherz, Satire. Ironie und tiefere Bedeutung" und A r t u r SchnitzlerS Marionettenspiel.Zum großen Wurstel", die als Glossen auf zwei durch ein Jahrhundert getrennte Perioden der deutschen Literatur in einem organischen Zusammenhange er- fcheinen sollen. DaS Lessing-Theater wird im April ein Gastspiel in der Amsterdamer Schauburg absolvieren. DaS kleinste Vögelchen Europas ist das Gold- Hähnchen. Eines von ihnen wiegl knapp 4 Gramm, also gehen etwa 250 auf daS Kilogramm und erst etwa IS 750 Stück haben das Gewicht eines ausgewachsenen Straußen. Selbst ein Zaunkönig ist ach ReumannS Wägungen durchschnittlich um daS Gewicht von 110 Gerstenkörnern schwerer als ein Goldhähnchen. ShawS.MrS. Warrens Gewerbe" ist in Amerika nun doch gegeben worden; am letzten Sonnabend ging das Stück im New Dorker Manhattan-Theater in Szene. Die Aufführung ist im vergangenen Jahre von den amerikanischen Behörden verboten worden, und die Schauspieler, die darin auftreten wollten, wurden einfach arrettert. Nun haben die amerikanischen Sittlichkeitswächter sich anscheinend beruhigt, und so ist die Premiere ohne jedwede Auf- regung vor sich gegangen. Eine gescheiterte Expedition. Dem englischen Dampfer.Turakina" ist es gelungen, elf Leute von der Besatzung der.Cathrine", deS norwegischen SüdpolarschiffeS, von einer einsamen Insel, auf die fie verschlagen waren, zu retten; die Geretteten sind jetzt, wie auS Melbonrne gemeldet wird, in Hobart aus Tasmanien eingetroffen. Die.Cathrine" war an einer der CrozetSinseln, gegen 1000 englische Meilen nördlich der Kerguelen, gescheitert. Die überlebenden Entdecker wurden übrigens in guter Verfassung aufgefunden; ihr Gesundheitszustand war ausgezeichnet; von Pinguinen. Seehunden und Blbatroßeiern hatten sie sich ernährt und von den Beständen deS NahruiigSmitteldepotS, das vor 27 Jahren auf jenem Eiland einmal errichtet worden ist. Bei der Ankunft in Hobart nahm fich der norwegische Konsul sofort der Schiffbrüchigen an und versah sie mit Kleidern. Unter den Geretteten befindet sich auch der Leiter der Expedition, der Naturforscher Bull. Er erzählt. das Eiland, auf das sie verschlagen worden waren, wäre in natur- wissenschaftlicher Hinsicht außerordentlich intereffant. Er fing aegen 00 Albatrosse, an deren Beinen er versiegelte Nachrichten befestigte, in denen er um Hülfe bat. Dann ließ er die Vögel wieder fliegen. in der Hoffnung, daß ein Zufall diese Botschaften zu Menschen ge- langen lassen würde. Eine Erfindung zur Verhinderung von Garderobedieb st ählen. Ein dänischer Mechaniker, Jensen- Overgaard, hat fich, wie die dänische Presse nieldet, einen Apparat patentieren lassen, der den Paletotmardern das Handwerk legen soll. Eine Reihe Kleiderhaken, die mit dem Apparat versehen ist. hat äußerlich nichts Auffallendes an fich. jedoch ist über jedem Halen ein Nummernschild angebracht, das der Eigentümer der Garderoben- stücke, wenn er sie aufhängt, abnimmt und aufbewahrt..Will man die Garderobeilstücke wieder vom Haken herunternehmen so muß man erst das richtige Nummernschild an seinen Platz stecken. Ge- schieht das nicht, so ertönt eine elektrische Alarmglocke, die sofort kundgibt, daß ein Unberufener sich die Sachen aneignen will. Berantwortl. Redakteur: HauS Weber, Berlin. Druck u. Verlag: Vorwärts Buchdruckerei u.VerlagsanstaltPaul Singer LrCo..BerlinSW.