Parodie einer Wahl auszuführen...* Die Abgeordneten waren faknsch durch die Präfekten ernannt, so daß naive Seelen fragten: »Wozu uns erst noch die Mühe machen, diese Deputierten zu wählen. täte die Regierung nicht besser, sie sofort selbst zu ernennen? 1" Aber die Regierung wollte eben einen verschlelerten Absolutismus', dav der Schleier durch Wahtproteste zerrissen werde, war so leicht nicht zu befürchten. Die Wahlprüfungen spielten für gewöhnlich im gesetzgebenden Körper keine große Rolle. ES liesen nur in vereinzelten Fällen Wahlproteste ein; solche einzureichen erschien eben als finnlos. wo die ganze Masse der Abgeordneten auf dieselbe Artgewählt" worden und also daran inter- essiert war, allemal für Gültigkeit zu stintmen noch dem Grund- satz, daß eine Krähe der anderen kein Auge aushackt. Wenn aber einnial ein Wahlprotest emlief und ernstlich erörtert wurde, so kanten saubere Sachen zutage. Ein interessantes Beispiel ist die Prüfung der Nachwahl, die am 18. Dezember 18S9 in einem bretonischen Wahlkreis, dem 3. Wahlkreis von Jlle et Vilaine, Fougeres   und Vitro, stattgefunden halte. Deren bisheriger Abgeordneter war der Rat beim kaiserlichen Gerichtshof zu Rennes  , Herr Le Beschn de Cbampsavin gewesen. Er hatte sich in der Kammer tadellos als kaiserlicher Mameluk betätigt und rechnete darauf, wieder als offizieller Kandidat präsentiert zu werden. Aber nun tauchte ein anderer Reflektant auf, dem seine höhere Amtsstellung den Borrang gab. Herr v. Dalmas, Unterchef im Kabinett des Kaisers, hatte den Ehrgeiz, für den freigewordenen Wahlkreis zu kandidieren, und wurde natürlich ohne weiteres zum offiziellen Kandidaten proklamiert. Der von ihm ausgestochene Le Besch» nun wollte aber nicht ohne weiteres auf das schöne Mandat und die 15(XX) Fr. Diäten verzichten und trat darum als unabhängiger Kandidat auf. Wenn er sich auf seine persönlichen Konnexionen im Wahlkreise und seinen lokalen Einfluß als Bretons verließ, so mutzte er fich verlassen sehen. Die Masse der Beamtenschaft und Klerisei arbeitete mit Hochdruck für Dalmas. Der Erzbischof von Rennes.   der den» bis- herigcn Abgeordneten persönlich nahe stand, wagte es doch nicht. ihn zu unterstützen, sondern verstieg fich bloß bis zur Neutralität. Das übrige Pfasfentum aber predigte von der Kanzel, daß wr Herrn von Dalmas stimmen, soviel bedeute, wie für die Ver- größerung der Kirche stimmen. Der Präfekt von Jlle et Vilaine gab als Wahlparole aus, kein Kandidat sei so. wie Herr v. Dalmas, geeignet, den Kaiser bei der Vollendung der von ihm zum Wohle deS Volkes begonnenen Werke zu unterstützen, und wer gegen diesen Kandidaten stimme, der stimme gegen den Kaiser. Noch emen ganz anderen Ton stimmte der Unlerpräfekt von FougöreS an, als er die offizielle Losung nach unten weilergab. Er erließ am Tage vor der Wahl an sämtliche Maires seines Arrondifiemenls ein Rundschreiben. worin er fie zunächst daran erinnerte, daß die Abstimmung gleich nach der ersten Messe eröffnet werden dürfe. Er gab ihnen aus. im Bureau die nötige Anzahl von Stimmzetteln vorrätig zu halten, die Herrn v. Dalma's Namen tragen, aber keine anderen es ist wichtig. daß sichere und intelligente Personen. mit Stimm- zetteln versehen, die den Namen Dalmas tragen, an den Eingängen deS Wahllokals aufgestellt werden und die so gut gesinnten.Wähler Ihrer Kommune vor dem Irrtum und der Lüge behüten. Während der beiden Tage deS SkruliniumS wird Ihnen militärisch« Hülfe zur Verfügung stehen." Nach diesen nicht mitzzuverstehenden Finger- zeigen läßt der Wahlmacher die drei Kandidaten Revue paineren: Herrn v. DalmaS, Herrn Le Besch», Herrn Dreo. DalmaS wird als Repräsentant des Prinzips der Ergebenheit gegen die Regierung. des Gesetzes, der Ordnung angepriesen, der vermöge seiner Stellung allein die Interessen des Arrondiflements wirksam wahrnehmen könne.«Herr Droo repräsentiert die Republik  , den Sozialismus, das Elend" faltisch war Dräo ein ganz gemäßigter bürgerlicher Republikaner   i in dieser Eigenschaft macht der Unterpräsekt chn für die 45 Proz. Zuschlag zur Grundsteuer verantwortlich, wodurch sich die bürgerlichen Republikaner 1843 bei den Bauern so verhaßt ge- macht hatten..Zwischen diesen einander entgegengesetzten Kandidaten steht die Kandidatur des sehr ehrenwerten Herrn Le Beschu. die aber dem Jnteresie der Ordnung und der bedrohten Gesellschaft weichen muß." Zum Schluß fordert Herr Thil   die MaireS auf, zu veranlassen", daß in Masse für den RegierungStandidaten ge­stimm» werde, und durch solches patriotisches Verhalten gleichzeitig der kaiserlichen Regierung und dem allgemeinen Jnteresie zu dienen. Die MaireS schrieben fich diese Einschärfungen natürlich hinter die Ohren und entfalteten einen wüsten Wahlterrorismus. Die Stimmzettel der unabhängigen Kandidaten gelangten fast nirgends zur Ausgabe, so waren die zur Verteilung bestimmten Leute ein- geschüchtert worden. Der Brigadier der Gendarmerie leitete diesen Teil der Agitatton. Wenn trotzdem ein Wähler mit dem Stimm- zettel für Le Beschu zur Urne ging, so bedrohten ihn die Dalmas- schen Stimmzettelverbreiter:Ziehen Sie fich keine Unannehmlich- ketten zu. nedmen Sie einen Sttnimzettel von uns. der Herr Maire will keinen anderen in der Urne haben." Ein Maire vergewisierte sich defien höchst einfach, indem er selbst für alleseine" Wähler abstimmte. Dies wie alles andere wurde vor der WahlprüfungS- kommisfion durch Zeugenaussagen bewiesen. Als Zeuge erschien u. a. der Präsident des Generalrats des Departements, der Senator de Lariboiffiöre. und sagte aus, daß m seinem Salon der Präfett einem Maire für Wahldienste versprochen habe, die Erncnnimg seines Sohnes zum Generalsekretär zu bewirken. Ein solcher Terror,-5 muS habe im Wahlkreise geherrscht, daß die Utk» abhängigen Wähler nicht zu stimmen gewagt hätten. Die Beamte» hätten gezittert, ein Botenmeister sei suspendiert, ein Totengräber abgesetzt worden. Unter solchen Umständen wurde Dalmas natür» lich mit großer Mehrheit gewählt. Der Wahlproiest kam von Le Beschu. Der Berichterstatter über die Wahl machte sich sein Amt leicht: er erklärte, nach seiner Ueberzeugung habe Le Beschu nur protesttert aus Groll darüber, daß er nicht von der Verwaltung u isters tiitzt worden sei. DaS mochte schon stimmen. machte die Dabnassche Wahl aber natür« lich nicht gültiger. Einer der Minister wies auf die erdrückende Majorität bin und sagte über die Beeinflussung«»? Ließe man das allgemeine Stimmrecht ohne Leitung eine Beute lokaler Leidenichasten werden, so könnte daraus eine große Gefahr erwachsen." Die Kammer verwarf den Antrag aus Einleitung einer Untersuchung und erklärt« die Wahl für gültig: allerdings bloß mit 123 gegen lüg Stimmen.' Diese Minderheit handelte eigentlich ganz unlogisch: ihre Mitglieder verwarsen durch ihr Votum dosielbe System, wodurch sie selber zu ihren Mandaten und Diäten gekoinnt«» waren, eben die Präfekienwahlen. kleines feuilleton. Schlachtschisfkatastrophen. Tie Zahl der Schlachtschiff» katastrophen. die im Jahre 1873 mit dem Untergang des ersten modernen Turinschiffes, des englischen PanzersCaptain", be­gannen, hat sich in den letzten Jahren in beängstigender Weise ver- mehrt und ist nun wieder durch da» traurige Schicksal derJena  " um einen markanten Fall vermehrt worden. Sind doch in den letzten zwei Jahren nicht weniger als vier große Panzerschiffe ersten Klasse mitten im tiefsten Frieden vernichtet worden; da die Gesamtzahl derartiger Fahrzeuge die Zahl 230 nicht übersteigt. so ist das Verhältnis der Verluste außerordentlich groß. Zudem hat fich die Art der Unglücksfälle in den letzten zehn Jahren ge« ändert, denn die früheren Katastrophe» der Panzer wurdet» durch Zusammenstöße oder durch den Mangel an Stabilität verursacht. während jetzt geheimnisvolle und plötzlich eintretende Explosionen die Existenz der Ozeanriesen gefährden. Der englische   Panzer Captain", der die Reihe der Unglücksfälle eröffnet, ging iui Sep- tember 1873 im Golf von Biscaya   unter. Er kreuzte bei nebligem Wetter mit der Kanalflotte, als ein furchtbarer Sturm das Schiff erschütterte, zum Kentern brachte und fast 600 Offiziere und Matrosen in die Tiefen des Meeres hinabzog. Tie lieber- lebenden erzählten, wie plötzlich ein furchtbarer Ruck das Schiff erschütterte, wie es sich dann schnell tmmer tiefer auf die Seite legte und alle Leute an Bord mit angehaltenem Ateni warteten, ob eS wieder heraufkommen und sich von der schrecklichen Er» schütterung erholen würde; doch eS erholte sich nicht, drehte sich langsam um und ging unter. Fünf Jahre später wurde der eng» tische PanzerBanguard". während er mit der Kanalflcite kreuzte. in einem dichten Nebel auf dem irischen Meer durch denEisernen Herzog" gerammt. DaS Wasser strömte rasch ein. und das Schiff konnte nicht mehr gerettet werden; jedoch wurde die Mannschaft in Sicherheit gebracht, bevor derBanguard" versank. Das nächste Schlachtschiff, das auf See verloren wurde, war der deutsche Große Kurfürst". Er kreuzte mit dein deutschen Geschtvader bei Dover  , als er von einem anderen deutschen Panzer, dem..Konig Wilhelm", im Mai 1873 gerammt wurde. TerGroße Kursürst" wurde etwa Mittschiffs mit schrecklichem Krachen und furchtbarer Erschütterung getroffen, die Panzerung brach, wie wenn sie eine Apselfinenschale �gewesen wäre, und eine ungeheure Wasserflut strömte in das Schiff ein. Der Kapitän machte den verzweifelten Versuch, das Schiff in flaches Waffer zu bringen, aber kaum fünf Minuten nach dem Zusammenstoß ging eS mit fast 333 Mann seiner Besatzung unter. TerKönig Wilhelm" hatte ebenfalls schweren Schaden erlitten und war auch in großer Gefahr gewesen. Vielleicht der schrecklichste und tragischste unter all diesen Unglücks- fällen war der Untergang des neuen SchlachtschiffesViktoria" im Jahre 1893. DieViktoria" war das Schlachtschiff deS AdmiralS Tryon. des Kommandeurs der Mittekmeerflotte, und war cm einem Manöver beteiligt, bei dem die Schiffe, die in zwei Linien fuhren, nach innen drehen und gegeneinanderfahren jollten. Als dieses Manöver an dem Unglückstage anbefohlen wurde, protestierte der Kapitän Bourke. wie englische Blätter erzählen, vergebens gegen diese gefahrvolle Uebung. Um 3 Uhr 28 Minuten ncichimttagg wurde das Signal gegeben, auf daS hin die beiden führenden SchlachtschiffeViktoria" undCamperdown" beidrehten, und die Linien begannen, sich gegeneinander zu bewegen. Drei Minuten nach dem Signal war es allen klar, daß ein Zusammenstoß drohte. aber es verging noch eine Minute, bevor das Signal ertönte. das die Gefahr bekannt gab und das Schließen der Schotten befahl. Mit einem lauten knirschenden Krach, der weit durch die Luft dröhnte, bohrte fich der Rammsporn deSEamperdown" in den Bug derViktoria" und stieß das Flaggschiff einige siebzig Fuß oder mehr im Wasser zurück. Vergeblich waren die Anstrengungen, die man machte, um dieVittoria" zu retten. Die Ingenieure und Heizer blieben unten im Schiff auf ihren Posten und die Maschinen arbeiteten noch weiter, um wenn möglich in seichtes Wasser zu gelangen. Die übrige Mannschaft wurde an Deck ge» rufen und in Linie an her Backbordseite aufgestellt. Als sich aber