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GOVO

" Biel wird er nicht erzählt haben. Ich weiß aber nicht, warum ich einen Verdacht gegen seinen Bekannten aus Mos­fau habe. Es ist sonderbar, daß der nicht verhaftet ist! Wir wollen doch heute abend hinüberfahren, vielleicht gelingt es uns, aus unserem Freunde, dem Pristaw, etwas Näheres herauszuholen."

Wir erfuhren aber nichts, und es fiel uns auf, daß der Pristaw diesmal ziemlich fühl gegen uns war. War es Ein­bildung, oder wußte er etwas? Ich gab Petroff jetzt doch recht, als er meinte, wir sollten schon in den nächsten Tagen abreisen.

Ich erledigte schnell und möglichst unauffällig meine An­gelegenheiten, ließ die Agentur mit allen Geschäften liegen, schrieb anstandshalber einen Brief an den Oberinspektor und teilte ihm mit, daß ich auf unbestimmte Zeit verreisen müsse und bäte, einen Bertreter zu senden. Ein paar Sachen hatte ich schon vorher nach der Gouvernementsstadt geschickt, und in der Nacht reiſten wir mit wenig Gepäck ohne Abschied fort. Petroff fuhr nach Odessa , während ich noch Moskau aufsuchen wollte, bevor ich zu Abramoff reiste.

Hoffentlich hat er nichts über Abramoff und Anna| Barenium die Tabatsseuche. Der Haupttabakspolitiker im Kreml Michailowna gesagt," meinte ich. war Zar Michael Feodorowitsch, der 1634 ein ganz detailliertes Rauchverbot mit schlagenden Gründen in des Wortes wahrer Be deutung losließ. Außer dem Trinken" des Tabats ward auch der Handel damit unter Todesstrafe und Vermögenstonfiskation gestellt. Berbessert" wurde der Ukas durch den nächsten Zaren Alerei Michailowitsch. Darin waren für die verschiedenen Grade der Schuld verschiedene Strafftufen vorgesehen. Knute, Folter, Nasen­schlißen und Nasenabschneiden sollten dazu dienen, die Tabatsjünder zur Einsicht zu bringen. 1690 führte das Tabatsverbot in der Stadt Haarlem , deffen Obrigkeit das Rauchen auf den Straßen und sogar in manchen Teilen der Häuser berboten hatte, zu einem heftigen Aufstand, der durch 700 Mann Militär gedämpft werden mußte; bekannt ist, daß auch im vormärzlichen Berlin das Rauchen auf der Straße verboten war und dieses Verbot zu häufigen Raufereien mit der Polizei Veranlassung gab. Weniger bekannt dürfte sein, daß noch ein Stüd jener vergangenen Rauchpolitik in die Gegenwart hineinragt: Das ist in England der Fall. Auf deffen Boden ist noch heute der Anbau von Tabat bei einer Strafe von 1600 Pfund oder wird heute mit finanztechnischen Gründen verteidigt, weil es leichter 32 000 mt. pro tabattragender Ader untersagt. Dies horrende Geſetz und billiger sei, von importiertem Tabat an der Handelsgrenze Boll, als von einheimischem Tabak im Lande Steuern zu erheben. Als aber das Anbauverbot vor Jahrhunderten- 1652- er­laffen wurde, war das Motiv ein ganz anderes. Da bezweckte das Moskau war immer der Ort, wohin ich zurückkehrte, Gefeß Hochbringen des Tabakbaus und Handels der englischen Senn dort hatte ich die ersten Verbindungen angeknüpft. In- Kolonien in Amerika , aus denen nun längst die Vereinigten zwischen waren einige meiner Bekannten verhaftet, die anderen Maryland waren nicht faul, ihrerseits das Glück noch zu verbessern". Staaten geworden sind. Die Tabatpflanzer aus Virginien und wagte ich nicht sofort aufzusuchen. Ich dachte viel darüber nach, Sie erließen nämlich, um die Preise hochzuhalten, ein Gesek, das wieviel Opfer, Zeit und Energie die Freiheitsbewegung ver- den Tabalbau der beschäftigten Negerjflaven auf 6000 Pflanzen be­langte. Mir schien es, daß man vielleicht mit weniger Ver- schränkte. In besonders ertragreichen Jahren wurde gelegentlich schwendung an Kraft größere Resultate oder genau dieselben erzielen fönnte; eine Geheimdruderei fann nicht lange existieren, dachte ich, die Gendarmen spüren sie auf, und eine Menge Menschen, viel Zeit und Geld find verloren. Wäre es nicht vielleicht vorteilhafter, wenn man die Sachen im Auslande drucken ließe und sie hinüberschmuggelte? Ich wußte wohl, daß es im Auslande ein paar Druckereien gab, wußte aber auch, daß der Schmuggel sehr schwierig sei und eventuell teuer zu stehen komme.

Meine Gedanken fehrten oft zu Anna Michailowna zu­rüd, und ich grübelte darüber nach, ob man nicht mit ihrer Hülfe dort in der stillen Gegend, wo sie sich jetzt aufhielt, eine Druckerei in größerem Stil einrichten könnte. Die Schriften und die nötigen Preffen könnte man billig im Auslande er­stehen und fie geschickt herüberschmuggeln, denn das Material, das man in Rußland selbst erhielt war nicht von. erster Güte und war auch nur unter viel mehr Schwierigkeiten zu be­tommen, als im Ausland. Ich fühlte mich ziemlich unglüd­lich, denn der ganze Tag war ohne Beschäftigung verlaufen; ich mußte mir auch in irgend einer Weise ein Nachtquartier verschaffen, aber mein Baß auf den Namen Michailoff konnte schon wertlos geworden sein, d. h. meine plögliche Abreise aus Petrowka konnte meinen lieben Bekannten, den Pristaw, stubig gemacht und er möglicherweise nach Moskau depeschiert haben.

Es war nur eine Vermutung, vielleicht grundlos, trop Sem wagte ich nicht, in einem Hotel abzusteigen, wo man mich bestimmt nach einer Legitimation gefragt hätte. Ich beschloß daher, den Abend in einem Restaurant zu verbringen und dann in später Nachtstunde eins von den Hotels aufzusuchen, die speziell für Liebespaare eingerichtet sind, und wo man nicht nach einer Zegitimation gefragt wird.

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( Fortseßung folgt.)

Zur Geographie des Tabaks.

Von Dr. J. Wiese.

noch nachgeholfen, indem eine bestimmte Menge Tabat einfach ber­brannt wurde, wie es ja auch die Holländer ähnlich auf den Molukken mit Gewürzen gemacht haben, um einen Preissturz zu verhindern. Als aber alle Verbote der Gewohnheit des Rauchens keinen Abbruch taten und mehr noch, als die europäischen Staatskünstler ben Tabat auch nach der finanziellen Seite zu beachten anfingen, war dieser nicht nur geduldet, sondern sein Anbau in vielen Staaten befohlen und dem lange berfolgten Fremdling das Indigenat er­teilt. Seit dieser Zeit hat sich auch der Gebrauch des Tabats in manchen Ländern stark verbreitet, ebenso seine Kultur immer mehr ausgedehnt, so daß es nur wenige zibilisierte Wölfer gibt, bei denen nicht der Tabakbau eine mehr oder minder bedeutende Rolle spielte. Damit fommen wir zu der so wichtigen und interessanten Frage der geographischen Verbreitung des Tabaks.

Obschon der Tabat zu feiner normalen harmonischen Ent­widelung eines warmen( subtropischen) Klimas bedarf, hat man im Laufe der Zeit doch gelernt, auch unter weit höheren Breiten durch geeignete Kulturmethoden ein allerdings minder wertvolles, aber doch durchaus brauchbares Produkt zu erzielen. So wird in Europa noch auf dem 62., ja 63. Breitengrade Tabak gebaut, während für das in dieser Beziehung ja stiefmütterlich bedachte Amerifa als Grenze der Tabakkultur der 40. Grad nördlicher und 35. Grad süd­licher Breite angegeben wird.

Für die Welt der Raucher erzeugt Amerika , der klassische Erd­teil des Tabatbaues, nach wie vor nicht nur den besten, sondern auch nächst Asien den meisten Tabak, und zwar liefert jedes der drei Glieder des gewaltigen Kontinents je eine wegen ihrer spezifischen Eigenschaften hochgeschätzte und nahezu unentbehrliche Tabakforte. Nordamerika bringt die für manche Zwecke völlig unerfehbaren Virginia- Sentudy- Zabafe hervor, Zentralamerita resp. Westindien den Tabak par excellence; den auf Stuba in der Havanna gebauten Tabat gleichen Namens, und Südmerika bietet den zur Fabrikation mittelguter Zigarrenforten kaum zu entbehrenden Brasil dar. Die Gesamtproduktion Gesamtamerikas beziffert sich nach Kießlings Tabatkunde auf jährlich 300 Millionen Kilogramm.

Die Tabakproduktion Australiens ist mit etwa 3% Millionen Kilogramm unbedeutend, auch die Afrikas , das etwa 50 Millionen Kilogramm produziert, in neuerer Zeit aber der Tabakkultur mehr Aufmerksamkeit schenkt, ist im Vergleich zu der der anderen Erdteile futaum beachtenswert. Dagegen liefert dem Raucherheer Asien große Mengen von Tabak und zwar zum Teil Sorten von hervorragender Güte. Kleinasien , die Levante , liefert unter anderen Sorten den bekannten Samsun , nach einem Bezirk der Provinz Trapezunt so genannt. Als Syriens feinste Sorte gilt unstreitig der sogenannte Lattakia . Der syrische Tabat wird nicht eigentlich dem Fermen tationsprozeß unterworfen, sondern beim Herdfeuer langsam aus­getrocknet und gleichsam geräuchert. Je nach der Farbe, die er zielt werden soll, bedient man sich verschiedener Brennholzarten. In Persien ist der Tabak eines der wichtigsten Kulturgewädje und bildet einen hervorragenden Ausfuhrartikel. Besonders feinen Tabak raucht der Perser aus der Wasserpfeife, er wird hauptsächlich in den Provinzen Schiras , Isfahan , Kaschan , Kum, Netvahand usw. gebaut. Der Tabakbau Vorderindiens ist ebenfalls sehr bedeutend. Der Hinterindier dagegen raucht wenig, faut aber mit Vorliebe Bethel. Nicht bloß alle Stände, sondern auch beide Geschlechter in Borderindien atmen den wohlriechenden Rauch ein, und der Untera fchied besteht darin, daß das Instrument, aus welchem geraucht wird, eine andere Gestalt hat und die Sorte des Tabats, der geraucht wird, ebenfalls eine ganz andere ist. China , wo der Brauch des Rauchens so allgemein ist, daß zur Kleidung des Chinesen vom 8. oder 9. Jahre an eine kleine, seidene Tabakstasche und eine Pfeife gehört, pro­duziert in allen seinen Provinzen Tabak, führt aber nur wenig

Man mag die Rauchfrage oder besser die Frage des Rauchens von einer Seite betrachten, wie man will, fie ist heute, wo die Gepflogenheit des Rauchens so allgemein verbreitet und die Tabats­industrie ein gewaltiger wirtschaftlicher Faktor geworden ist, feineswegs so leicht im Sinne derjenigen Hygienifer zu lösen, die der Rauchgewohnheit den Krieg bis aufs Messer erklärt haben. An Maßregeln aller Art und polizeilichen Berboten jeder Natur, die dem Rauchen, wenn man so fagen darf, den Ast absägen jollten, hat es wahrlich nicht gefehlt. Eine wahre Sisyphustätigkeit hat sich im Laufe der Jahrhunderte abgemüht, das after des Rauchens", die trodene Trumfenheit", wie man früher das Nauchen in Deutsch land nannte, mit Stumpf und Stiel auszurotten. Um seinen Unter­tanen das Lafter auszutreiben, verfügte Sultan Amurath IV., daß ertappten Rauchern die Pfeife durch die Nase zu treiben sei. Mit ähnlichen Radifalmitteln bekämpfte gleichzeitig auch das russische