Geschlechtshäuptlinge, die mehrere Frauen hatten, so dah die- jenigen, die sich zur Verfertigung solcher Arbeiten am besten eig- ncten, die nötige Muße fanden. Fast noch bewundernswerter find die schönen Federwebereien und vor allem die Federmosaiken, die derart hergestellt wurden, daß nach vorher aufgezeichneten Mustern auf Holz oder Felle zu- geschnittene bunte Papageienfedcrstückchen aufgeklebt wurden, und zwar in solcher Reihenfolge und Abwechselung, daß bestimmte Ornamente entstanden. Einzelne Stücke zeigen eine Farben- Wirkung, wie sie durch keine Malerei zu erreichen ist. Außerdem find in einigen Schränken noch verschiedene Mumien und kleinere Grabbeigaben aus Pachacamac(Nr. 33, 35, 38) und aus Jca(54, 57 und 58) ausgestellt: kleine geflochtene Körbchen, geschnitzte Figuren, Holzbecher, Farben, Spindeln, Halsketten, Nadeln, Bronze-Meißel und-Aexte, Steinmörser, Beutel, San- dalen. Kämme, Flöten, Löffel, Ohrpslöcke, Armbinden, Stirn- binden usw. In den Schränken 35 und 57 befinden sich auch einige Ouipus"(Schriftschnüre), die den Altperuanern als Ersatz für die Schrift dienten. Während die Indianer Zcntralamerikas bereits für ihren Bedarf eine Art Bilderschrift erfunden hatten, war den Altperuancrn die Verständigung durch Schriftzeichen un- bekannt. Sie halfen sich durch Schriftschnüre: lange Schnüre, von denen fransenartig kleinere Schnüre in verschiedenen Farben herabhingen. Jede Farbe hatte ihre besondere Bedeutung. In diese Schnüre wurden verschiedenartige, große und kleine, Knoten geschlagen, von denen jeder ebenfalls seine eigene Bedeutung hatte. Dadurch war es möglich, bestimmte Gedankenbilder, bestimmte Vor- stellungen auszudrücken und dem Entfernten zu übermitteln. Vielleicht vei�teht sich die Leitung des Museums für Völker- kund« dazu, häufiger solche Spezialausstellungen, die gleichermaßen dem künstlerischen und kunstgewerblichen wie dem ethnologischen Interesse dienen, zu arrangieren. Die reichen Sammlungen des Museums enthalten so viel Vorzügliches, das in seinen engen, übermäßig vollgepfropften Räumen gar nicht zur Geltung kommt und wenig Beachtung findet. Wenn die Direktion von Zeit zu Zeit einen Teil dieser Schätze, nach geographischen Gesichtspunkten und' kulturellen Entwickelungsstufen geordnet, in hellen, großen Räumen ausstellen und zu diesen Spezialausstellungen leichtver- ständliche und billige Kataloge heraüs'geben wollte, würde sie sich allgemeinen Dank verdienen. H. C. » « Zur ästhetischen Würdigung der altperuanischen Kunst schreibt unser Kunstreferent: Fünf spezielle Gebiete sind eS, auf denen wir die kunstgewerb- liche Tätigkeit dieses alten Kulturvolkes bewundern müssen: die Metallarbeiten, die Holzschnitzereien, die Arbeiten in Ton, die Stoffe, die Federmosaiken. Die Metallarbeiten zeichnen sich durch die breite, flächige Behandlung aus. Dadurch tritt die Schönheit des Materials(Gold und Silber) gebührend in den Vordergrund, das so am besten wirkt. Nur zuweilen ist leicht ein Muster in das Metall gehämmert. Die Glätte, das matte Leuchten der Flächen unterstützt die Feinheit des Eindrucks. Wo eine be- sondere Form geprägt wird, wie in den Bechern, die menschliche Köpfe nachahmen, ist durch groteske Verein- fachung ein besonderer Stil erreicht. Bei den Tongefätzen überrascht die prinntive Kraft. Die Form, die oft menschliche Figuren nachahmt, ist rundbauchig, mit Bogenhenkeln und erscheint uns ftemd. Die Darstellung ist oft reich, bewahrt aber meist einen stilisierten Flächencharakter in den Figuren, so daß ein solches, viel- gestaltiges Muster oft dekorativ-ornamental wirkt. Eigenartig sind im Gegensatz zu diesen hellroten Gefäßen. die Erzeugnisse aus Trujillo, die schwarz gehalten sind und oft mit einer eigentümlichen Pfeif- Vorrichtung versehen sind, die bei Hineingießen von Wasser funktioniert. Die Holzschnitzereien fügen sich meist sehr fein dem Ge- brauchsstück an. Webestäbe, Ruder haben am Kopfende eine reiche Verzierung, die den Griff in eine Fülle reizvoller Schmuckmotive auflöst i durchbrochene, gekreuzte und vertiefte, geometrische Muster. Aber auch figürliche Darstellungen, Menschen, Vögel, finden sich und oft hebt die farbige Bemalung, die zum Teil erhalten ist, noch den Eindruck. Am höchsten stehen die Stoffe und die Federmosaik- arbeiten, denen sich die Flechtarbeiten anreihen. Die Stoffe zeichnen sich durch tiefe Farbigkeit aus.. Meist ist als Grund ein dunkles Orange bevorzugt. Aber auch ganz helle Stücke finden sich. Alle diese Arbeiten haben eine Feinheit in der Farbe und im Ornament, die uns zuweilen ganz modern anmutet. Stoffe von einer Schönheit, die uns erst zeigen, wie sehr wir in dieser Be- ziehung Barbaren geworden sind. Wie diese uns unbekannten Künstler eine Fülle von Ornamenten in die Fläche einordnen, das ist vorbildlich. Im Geometrischen   wie im Figürlichen, im Jmpresfiomstischen wie im Stilisierten sind diese Künstler gleicher- weise Meister. Auf einigen Stücken erreichen sie durch äußerst spar- same Verwendung(auf dunklem Grund des Gewebstoffes schmale. farbige Kanten) die reizvollsten Effekte. Und der große Gobelin, der in derselben Art auf mattbraunem Grunde in regelmäßiger Folge hellere Vierecke eingewebt zeigt, auf denen dekorative Vögel zu sehen sind, eröffnet ganz neue Möglichkeiten. Am eigentümlichsten muten uns jedoch die Federmosaiken an. Für das heiße Klima der gegebene Schmuck. Das Material ist durch die heimische Vogelwelt gegeben. Die alübendste Sonne zieht die Farben nicht aus. Mit diesen kleinen Federn, die so dicht an- einandergefügt sind, daß mau glaubt, einen festen Stoff zu sehe», sind wahre Wunder an Schönheit und Glanz geschaffen. Ganz impressionistische Effekte, die aber zugleich dekorativ wirken, da meist auf prächtiger, gleichfarbiger Fläche nur ganz, sparsam ein Ornament eingefügt' ist. Tiefblau, hellgelb, dunkelgrün, sattrot, das sind die Farben, die zu ganz einzigartigen Gebilden zusammengebracht sind. Auf einigen Fächern sind diese Federn zu besonderem Zwecke verwandt. Ein langer Griff, mit dunkelbrauner Wolle umwickelt, trägt ein breites Büschel orangefarbener Federn. Ein anderer Fächer zeigt einen schöngeflochteneu Korbstiel, an dem matte, blaugrüne Federn sitzen. Die eigene Schönheit dieser Technik kommt hier besonders elndrucks- voll zur Geltung. Diese Sannnlung ist zum ersten Male ausgestellt. Erfreulicher- weise sieht man jetzt mehr das Künstlerische in diesen Dingen. Unser eigenes, heimisches, sich mehr und mehr entwickelndes Kunst- gewerbe hat uns den Geschmack daran gegeben. Keine hohe Kunst, alles praktische Gegenstände. Und das Kunstgewerbe wird künftighin den größten Gewinn aus der Betrachtung dieser fremden Schvpsungen ziehen können. kleines f einUeton* Von der türkische» Zensur. Lustige Geschichten und Streiche von der türkischen   Zensur erzählt Herr de Persignac in der französischen  ZeitschriftLa Revue". Schon an der Grenze droht dem Fremdling eine furchtbar strenge Musterung der Zollbehörden. Wenn man nicht I. Klasse fährt, wird man viele Stunden lang in dem Bureau auf- gehalten, und selbst den Reisenden l. Klasse, der den Besuch des Zollbeamten in seinem Coups empfängt. kann nichts vor der nachdrücklichsten Revision schützen. Der Graf hatte bereits die peinliche Prozedur überstanden, als der Blick des Zollbeamten auf einem dicken Buche haften blieb, einem Handlexikon, der einzigen Lektüre Persignacs. Der Türke ergriff sogleich den dicken Walzer, blätterte ihn mit großer Ge- schwindigkeit bis zu dem Buchstaben T durch, verweilte hier einen Bugenblick und klappte dann das Buch zu. Daraus zog er mit triumphierender Miene ab, indem er ein paar Blätter in der Hand zusammenknüllte. Als der Graf nachsah, waren die von der Türkei  handelnden Seiten herausgerissen. Einem Deutschen   wurde ein in eine deutsche Zeitung gewickeltes Huhn, das er als Proviant mit sich führte, konfisziert, weil keine deutschen   Zeitungen nach der Türkei   eingeführt werden dürfen. Aber auch jenseits der Grenze fühlt sich der Fremde beständig in die Netze der Zensur und Beaufsichtigung verstrickt. Sie folgt ihm überall hin, selbst ins Bad und in das Schlafzimmer, denn in der Türkei   ist der Zensor der einzige Herr, und jedes Ding ist ein Gegenstand seiner Aufmerksamkeit. Alle Befehle gehen von demMearis Nezareti", dem Minister des öffent- lichen Unterrichts aus, der also etwa dem preußischen Kultusminister entspricht. Dabei find die Zensoren von der größten Unbildung und der entsetzlichsten Langsamkeit.Bakschisch", das ist das Zauber- wort, das allein die Wege der Zensur verkürzt. Aber häufig hilft auch der Bakschisch nicht, und dann ist das einzige Mittel ein Freund im Mnisterium. Dann ist es möglich, daß man ein Manuskript, dessen Zensurierung sonst sechs Monate er- fordert, in drei Monaten erhält; aber wie oft kommt es auch vor, daß Ferien sind, daß Manuskripte und Bücher verlegt werden und daß man sehr, sehr lange warten muß. Jedoch noch länger warten muß der, der aus den kühnen Einfall käme, in der Türkei  eine Zeitung zu gründen. Er bedarf dazu eines kaiserlichen Fermans. Hat er sehr einflußreiche Leute bei Hofe zu Freunden, etwa einen Oberkämmerer oder einen Leibeunuchen, dann dauert's nur drei Monate, aber sonst? Es gibt Optimisten, die ein ganzes Leben lang auf einen solchen Ferman warten. Eine Anzahl Armenier, die im Jahre 1885 ein BlattDer Abend" gründen wollten, haben 20 Jahre lang darauf gewartet und warten noch heute darauf. Der Zeitungsgründer bedarf aber außer des Fermans noch zahlloser anderer Privilegien, die er erst nach Jahren erlangt. Verboten ist ihm, sich überhaupt in anderer als lobender Weise mit der geheiligten Person des Padischah'zu beschäftigen; tausend Förmlichkeiten hat er einzuhalten. Ein Blatt, das stattseine Majestät, der Kaiser von Deutschland  " abgekürzt schriebder Kaiser  ", erhielt einen sehr strengen Verweis. Ein anderes Blatt, das um die Erlaubnis gebeten hatte, einen Berichterstatter während des letzten griechisch-türkischen Krieges beim Heere zu haben, erhielt folgende Antwort:Ja, aber um nur die Siege der kaiserlichen Armeen zu telegraphieren." Medizinisches. Die Krämpfe der kleinen Kinder. Nichts fürchten die Mütter bei ihren Kleüien mehr als die Krämpfe, nicht einmal so sehr wegen ihrer Gefährlichkeit als wegen des schrecklichen An- blicks, den ihre Lieblinge in diesem Zustande bieten. Ein kleines Wesen, das vorher noch gesund und munter war, höchstens etwas getrauert" hatte, wird plötzlich von Krämpfen befallen: die Augen sind starr nach oben gerichtet, nur das Weiße ist sichtbar, die Hände ballen sich, Arme und Beine verdrehen sich und schlagen hin und her, der ganze Körper krünimt sich und wirft sich in die Höhe, der Unterkiefer acht aus und ab und Schaum tritt vor den Mund.