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Bedeutung ist ein anderes Erzeugnis seiner Tätigkeit, nämlich die I die Schuld an den Selbstmorden. In mehr als ½ der Fälle waren Burke, die sich über ganz Kautasien und selbst über seine Grenzen hinaus verbreitet hat. Die Burke ist ein Kleidungsstück von der Form eines ärmellosen, dreiedigen großen Ueberwurfes, der am Hals zusammengehatt wird, bis zu den Fersen reicht und absolut regendicht ist. Ihre Außenseite ist zottig wie ein Schaffell, aus deffen Wolle sie gewebt wird, und meist von schwarzer Farbe. Die Burke ist so groß, daß sie den ganzen Körper eines Reiters und noch den ganzen Rüden des Pferdes bis zur Schwanzwurzel be­deckt und mit einer nicht Kälte und Nässe durchlafsenden Decke umgibt. Aus demselben Stoffe werden auch Futterale für die Flinten angefertigt.

Das westliche Kaukasien oder Georgien ist die fast unbestrittene Domäne der schönen georgischen Raffe( 1 200 000 Stöpfe) geblieben. Zu ihr gehören die Mingrelier, die Gurier, die Imeritiner, die Grusiner. Alle diese Stämme gehören der griechisch- orthodoxen Kirche an. Sie sind meist arm und bebauen ihr Land, das von der Natur reich gesegnet ist. Sie sind heiterer, sorgloser Gemüts­art, freundlich, gastfrei, stolz und tapfer, allerdings auch prahlerisch und faul. Die Mingrelier, 215 000 Stöpfe start, find die schönsten Repräsentanten nicht nur des georgischen Boltsstammes, sondern der menschlichen Rasse überhaupt. Sie wohnen im Osten von Boti ( am Schwarzen Meer ); eine große Anzahl von ihnen ist aber auch in das Innere, auf Tiflis zu, gewandert. Die Jmeritiner sind die Georgier des oberen Beckens des Rion. Sie sind ein sanges­kundiges Volk und tragen zum Unterschied von allen anderen Rautafiern( bei denen wir die Papache in verschiedenen Formen und Größen vorfinden) keine Kopfbedeckung. Auch baut der Jmeritiner sein Haus mit einem spißen Dach, während bei den meisten Raufafiern flache Dächer gebräuchlich sind. Ihre nahen Verwandten sind die Gurier, die das Tal des Tschorah bewohnen und sich im Süden auf dem türkisch gebliebenen Gebiete aus­dehnen, wohin viele nach der Annexion der Gegend von Baku aus­gewandert sind; sie sind stark mit Armeniern, Russen und Tataren bermischt. Dasselbe ist der Fall bei den Grufinern, deren wohl­geformtes Geficht mit den blizenden Augen und scharfgeschnittenen Zügen den Eindruck strößender Gesundheit macht. Die große Borliebe für reichlichen Weingenuß, sagt Roßmäßler , verleiht ihnen eine Gefichtsfarbe, wie sie auch an den Bewohnern anderer Weinländer bemerkbar ist. Der Grusiner ist für die Handlungs­geschäfte nur selten geeignet, seine Lieblingsbeschäftigung ist die Landwirtschaft und Viehzucht, namentlich der Weinbau. Der Grusiner ist nicht nur Weinproduzent, sondern gleichzeitig Wein­fonsument in größtem Maße. In Kachetien z. B., dem gesegneten grusinischen Weinlande, spielt für den sich vermietenden Arbeiter die tägliche Wein- und Brotration eine wichtigere Rolle als der bare Lohn. Der Bau der Häuser weicht im öftlichen Grusien eigentümlich von Westgrusien ab. Der Ostgrusier sucht stets für sein Wohnhaus, das er aus Mauerwerk oder Balten, ja selbst aus mit Lehm beworfenem Flechtwert aufführt, einen oberirdischen Standpunkt aus, während im westlichen Landesteil in der Regel eine Abgrabung einer Berglehne die fertige Rückwand des Hauses bildet, so daß es nur mit der Vorder- und den Seitenwänden sichtbar ist.

Russisch- Armenien, von dem Arares und seinen Nebenflüssen bewässert, wird von Armeniern( 975 000 Seelen), Kurden und Tataren bevölkert, die Seite an Seite leben. In Kautasien ist ihr Hauptwohnsitz das Erimansche und Jelisawetpolsche Gouvernement, fie fommen aber auch im Batuschen und Tifliser Gouvernement in bedeutender Kopfstärke vor. Die Armenier haben durch ihren Handel, ihre Industrie und ihre großen geistigen Fähigkeiten ent­schieden das Uebergewicht. Aeußerlich nur wenig vom Tataren in Kleidung und Lebensart unterschieden, treiben sie neben Ader­bau und Viehzucht einen ausgedehnten Handel mit nicht immer redlichen Mitteln. In Obstbau, Bienen- und Seidenraupenzucht leisten sie Erhebliches. Auch als Handwerker, zumal als Maurer und Steinmetzen, find sie geschätzt.

Furcht vor Strafe, vor dem Gramen, Scham über Nichtversehung die Beweggründe zum Selbstmord. In 10 v. H. der Fälle war Geistesstörung , nerböse Ueberreizung der Grund, bei vielen war erbliche Belastung und Alkoholismus der Eltern nachweisbar. Die Verständnislosigkeit der Eltern muß in den Fällen als mittelbare Veranlassung des Selbstmordes eines Kindes angesehen werden, wo ein Mißverhältnis zwischen der Begabung eines Schülers und den Anforderungen der Schule besteht. Der Ehrgeiz der Eltern zwingt das Kind zu einer Ueberanstrengung. Oft bestehen auch Fehler im Charakter des Kindes, die ihm ein ruhiges Arbeiten unmöglich machen und nicht durch autoritative Maßnahmen zu be seitigen sind. Es handelt sich in diesen Fällen um jene unglücklichen Kinder, von denen es heißt, daß fie könnten, wenn sie nur wollten. Daß es Menschen gibt, die eben nicht wollen können, wird über­sehen. Dem Menschen find wie für seine intellektuelle Auffassungs­fähigkeit, so auch in seinem Willensleben Grenzen gesteckt. Gerade willensschwache Personen sind den Einflüssen der Umgebung und der Lektüre besonders zugänglich, deshalb kann bei ihnen eine krant­hafte Neigung leicht verschlimmert werden. Daß die ungünstigen Einflüsse immer in den großstädtischen Verhältnissen begründet wären, fann nicht behauptet werden; auch in den kleinsten Städten begegnet man ihnen häufig genug. In einer nicht unbeträchtlichen Zahl der Fälle sind es die Zustände im Elternhause, Truntsucht, den Tod treiben. Es ist eine sehr betrübende Erkenntnis, daß viele Streit zwischen den Ehegatten, eheliche Untreue, die die Kinder in der kindlichen Selbstmörder durch rechtzeitige Erkennung der Sach­lage und sowohl durch ärztliche als auch durch pädagogische Maß­nahmen hätten gerettet werden können.

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Musik.

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Mit immer volleren Segeln scheinen wir in das Ausstattungs­wesen der großen Oper hineinzufahren und werden vielleicht bald dort angelangt sein, wo man vor einem Jahrhundert war, und von wo aus Richard Wagner seine anderen Wege gegangen ist. Am meisten Gelegenheit zu dieser Betrachtung hat uns in der letzten Zeit unsere Komische Oper" gegeben. Allerdings macht sie es nicht genau so, wie seiner Zeit die Spektakeloper mit ihren Feeerien. Hauptsächlich kommt ihre Bemühung darauf hinaus, die Bühne wie das Gemälde einer Sezessionsausstellung zu behandeln. Der einheitlichen Farbenstimmung, mag sie nun aus roten Tönem oder aus Schwarz mit Silber bestehen, wird das meiste geopfert. Nun tam ein besonderes Ereignis: das Gastspiel des romanis schen Bayreuth ". Wir meinen damit die Fürstliche Oper von Monte Carlo . In jener Spielstadt hat der Fürst von Monaco zu seinen wissenschaftlichen Interessen auch das an einer möglichst verfeinerten Fürstenoper, wie sie seit etwa seit 1600 der Musik­geschichte ein besonderes Gepräge gibt, hinzugefügt. Aehnlich wie in Bayreuth wird dort nur während zweier Monate des Jahres gespielt, mit Solisten, die den ersten Kräften der Pariser Oper usw. entnommen sind, während Orchester, Chor und Ballett zum Zwecke gründlicher Einstudierung eine ganze Saison hindurch arbeiten und vorarbeiten. Wie wir hören, besteht dort eine verhältnismäßige Ausgleichung der durchschnittlich hohen Honorare insofern, als teine Nun Gage so wie anderswo unter eine annehmbare Höhe geht. hat sich die gesamte Truppe samt ihren Einrichtungsstücken usw. aufgemacht, um in unserem alten Opernhaus ein Gastspiel zu geben, zum Teil mit einigen Neuheiten. Eröffnet wurde es Donnerstag mit einer Aufführung der" dramatischen Legende" von Hector ( alles in französischer Berlioz:" Fausts Verdammung Sprache). Mit dem in solchen Fällen üblichen höfifchen Prunke nahm die Vorstellung vor einem gespannten Publikum ihren Anfang und vor einem, wenn nicht gerade abgespannten, so doch etwas un­Gerade dieses Stück hörten sicher gestimmten Publikum ihr Ende. wir vor kurzem in unserer" Komischen Oper". Um so intereffanter die Vergleichung! Am Schlusse scheint das Publikum nicht recht gewußt zu haben, ob das Stück schon zu Ende sei. Die lebte Szene besteht in einer Erhebung Margaretens durch Engel zum Himmel. Dem entsprach auch die Ausstattung dieser Szene in der Komischen Oper". Dies mal aber ging es, wie bei so vielen Kunstleistungen unserer Zeit: Wunderschön, aber die Hauptsache fehlt! Kein Gretchen stieg empor; dagegen gab es ein Stadtbild und mehrere Balletteusen zu sehen, die in ihren Flugapparaten hin und her flogen, und manchmal Schülerselbstmorde. Zu den beklagenstvertesten Erscheinungen auch aneinanderstießen. Aehnlich ging es nun mit der Ausstattung des sozialen Lebens gehören die Schülerselbstmorde. Neulich hat im übrigen Verlaufe der Oper. Gegenüber den Sezessionsszenerien Eulenburg im Verein für Schulgesundheitspflege über dieses Thema jenes anderen Hauses trieben wir hier mehr auf den Wellen der gesprochen, und zwar legte er feinen Betrachtungen das Material altgewohnten Ausstattung. Unsere Komische Oper" legt viel Wert zu Grunde, das im Kultusministerium über diese Selbstmorde ge- darauf, ihre ohnehin kleine Bühne noch möglichst zu verbauen. Dort fammelt wird. Allerdings berücksichtigen die Atten nur 284 Fälle, hingegen wird der ohnehin riesige Raum noch möglichst frei gehalten in denen es sich um Schüler höherer Lehranstalten handelt. Die und mit Prunkstücken überladen, die nun einmal mindestens un­niederen Schulen sind aber viel stärker an der Gesamtzahl der wahrscheinlich sind. So kommen die dramatischen Stimmungen am Selbstmorde beteiligt als die höheren. In den Jahren 1880-1903 wenigsten günstig heraus, die darstellenden Bewegungen am betrug die Zahl der Schülerselbstmorde in Preußen 1152, davon günstigsten. Dazu allerdings eine ganze Reihe von solchen Bügen, entfielen 812 Fälle auf die niederen Schulen und 340 auf die höheren. die dem Publikum mindestens schwer verständlich sind; und schließ= Das männliche Geschlecht war unter den jugendlichen Selbstmördern lich eine wahre Höllenfahrt" mittels einer wilden Jagd von Deko­viermal so oft vertreten wie das weibliche, auch scheint die Neigung rationsbildern und anscheinend auch an willkürlichen Ergänzungen zum Selbstmorde mit dem Alter zuzunehmen. Das Verhältnis der Berliozschen Musit. Ganz besonders interessant aber erschien der Schüler über 15 Jahre und denen unter 15 Jahren war nämlich 4: 1. Wenn man von Schülerselbstmorden spricht, so soll damit nicht gesagt sein, daß immer die Schule die Kinder veranlaßt, Hand an sich zu legen. Weit häufiger ist das Haus dafür verantwortlich au machen. Mangel an Verständnis feitens der Eltern trägt oft genug

Kleines feuilleton.

es uns, daß wohlgefällige und einheitliche Farbenstimmungen zu­ftande tamen, ohite so mie in der Komischen Oper" als die Haupt­fache herausgearbeitet zu werden. Alles in allem: der monegassische" Direktor Raoul Gunsbourg holt aus dem von ihm selbst eingerichteten Stüde troh seiner wenig dramatischen Anlage doch