studierte ich Englisch und' Französisch. Fch Halle mir einfranzösisches und ein englisches Buch geben lassen nebst einemWörterbuch und las nun frisch drauf los. Sprechen kann ichfreilich nicht, verstehen und übersetzen aber alles, und dasgenügt für meine Zwecke."»Zwei Jahre haben Sie im Gefängnis verbracht?" riefjch aus.„Ja, das ist doch nichts besonderest" meinte Abramoff.„Als ich hineinkam, war ich noch ganz gesund. Das Ge°fängnisleben hat aber meine Nerven angegriffen, und unseregemeinsame Arbeit, dieses ewige Hin- und Herreisen hatmeine Gesundheit ganz zerrüttet. Aber im Auslande in allerRuhe,— da werden wir bald wieder gesund werden! Siesind ja auch nicht mehr ganz frisch. Jch freue mich, daß wireine Zeit in aller Ruhe verleben können. Schade nur, daßAnna Michailowna nicht mit uns sein wird l Wer weiß, viel-leicht kann sie später nachkommen."In Smolensk suchte ich jenen Bekannten des uns be-freundeten Stationschefs auf. Wir mußten hier ein paarTage bleiben.„Mein Freund," sagte ich,„fährt allein. Jchbleibe hier. Jch habe noch verschiedene Sachen zu erledigen."Da ich zu ihm vollkommenes Vertrauen hatte und erschon öfter Revolutionäre über die Grenze gebracht hatte,kam ich mit Abramoff zu dem Entschluß, ihn jetzt zu verlassenund nach Moskau zu reisen.„Es ist besser," meinte Abramoff,„Sie sprechen per-sönlich mit unserem Verleger. Arbeit müssen wir haben, sonstkönnen wir im Auslande nicht existieren. Und das Hin- undHerschreiben nimmt viel Zeit weg. Stellen Sie dem Ver-leger vor, daß wir beide Arbeit viel nötiger brauchen, alsLeute, die in Rußland leben dürfen. Wir müssen ja auchdaran denken, daß eventuell noch Anna Michailowna herüber-kommt, und dann sind wir unser Drei."(Fortsetzung folgt.)(Nachdruck verboten.)Das Ziel unterer Reifeim Sleltenraum.i.Bewegung ist alles, Ruhe nichts! Auch das Sinnbild des Un-veränderlichen, das Firmament, das uns einen Tag wie am an-deren erscheint, dem nur wenige Gestirne Eleniente der Bewegungbeigesellen, ist in steter Bewegung begriffen. Wie in einem Bienen-(chwarm fliegen die Sonnen durcheinander; mit riesenhaften Ge-chwindigkeiten, wie wir sie nur der Maßzahl, nicht der Anschauungnach aus den Himmelsräumen kennen! Allerdings nehmen wir dieseBewegungen nur mit den feinsten und vollkommensten Hülfsmittelnder modernen astronomischen Meßtechnik wahr, daniit aber un-zweifelhaft; ja, wir kennen die Größe der Bewegung durch sie ziem-»ich genau.Mit dem bloßen Auge bemerken wir davon nichts! Warumaber der Vergleich mit dem Bienenschwarm?— Nun, weil die Sachein Wirklichkeit dieselbe ist. Nur sind die Maße etwas verschieden.Und unser Standpunkt verzerrt den Vergleich nur so stark, daß ihnunser Augenschein nicht bestätigen will. Bei dem Bienenschwarm.sehen wir die Bewegung und das Durcheinanderfliegen, weil er dichtund uns nahe genug ist. Die Sterne aber sind im Weltenraumetrotz ihrer uns schon bekannten riesigen Anzahl— die bereits in dieHunderte von Millionen geht— nur dünn gesät. Jede dieserSonnen hat einen weiten Spielraum, in dem sie ihre Physische Kraftauszuleben vermag. Aus diesem Gründe werden auch die unge-heuren Geschwindigkeiten unserem Auge nicht sichtbar. Mag einStern auch noch so schnell durch den Makrokosmos fliegen, seineEntfernung von seinem Nachbar ist so ungeheuer groß, daß sie fürunser Auge selbst in Jahrhunderten nicht verändert erscheint!Unsere Meßtechnik aber ist seit langem schon so weit ausgc-bildet, daß sie solche Bewegung zu konstatieren vermag. Und mitjedem Jahre, mit jedem Neubau eines modernen Riesenteleskopsschreitet sie weiter fort. Ueberhaupt besteht der Gewinn der Wissen-schaft bei dem Bau großer Fernrohre nicht darin, daß man mit ihnenso viel mehr sieht, so viel Millionen Sterne mehr» die Planeten soviel größer usw., sondern die Vergrößerung der Genauigkeit desMaßes ist es, was den Gewinn ausmacht. Das hat für uns vielmehr zu bedeuten, als man gemeinhin denkt. Jeder wird zweifels-ohne einsehen, daß es von eminenter Wichtigkeit ist, über unsereStellung im Universum, über unser Reiseziel im Weltraum undüber dergleichen Dinge im klaren zu sein.Aber die Wichtigkeit der Aufgabe wird fast noch übertroffendurch ihre Schwierigkeit! Wie sollen wir Feststellungen machen,wenn alles sich bewegt?— Wenn wir die Bewegung eines Vogels inder Luft feststellen wollen, so müffen wir sie auf einem festen Punktoder aus mehrere beziehen, sonst schweben ja unsere Feststellungen(selbst in der Lust! Wir stellen also die Flugrichtung in jedem Mo-Bunte fest Md ihre Geschwindigkeit etwa in bezug auf unserenStandpunkt, der fest ist.— Wollen wir diese Methode auf die Sterneanwenden, so sitzen wir sogleich ratlos da. Denn worauf sollen wirdie Bewegung der Sterne beziehen? Wir wissen, daß unsere Erdeund ihr Mond sich um die Sonne bewegt, ebenso wie der ganzeandere Anhang der Sonne, die Planeten, die periodischen Kometenund was es sonst noch alles gibt. Wollen wir die Sternbewegungenvielleicht auf die Sonne selbst b�z-ehen? Da sind wir aber ebensoschlecht dran. Denn die Sonne ist weiter nichts als der vielen Mil-jionen Sterne des Weltraumes irgend einer! Auch sie muß sich be-wegen. Und sie bewegt sich auch! Das können wir zweifelsfreinachweisen.Wäre ein Stern am Firmaments in Ruhe, so würde er unsinfolge der Sonnenbewegung bewegt erscheinen, und zwar wärediese scheinbare Bewegung derjenigen der Sonne gerade entgegen»gesetzt. Das gibt es aber nicht, kein Stern befindet sich in festerStellung; alle bewegen sich! Beobachten wir also an Sternen Eigen-bewegungen, so müssen wir stets bedenken, daß diese sich aus zweiBewegungen sich zusammensetzen: aus der Bewegung des betreffendenSternes und derjenigen der Sonne insgesamt mit der Erde. Dabeikönnen wir allgemein als Regel aufstellen, daß diejenigen Sterne,denen wir uns zu nähern scheinen, auseinanderrücken, daß fernerdiejenigen, von denen wir uns entfernen, aneinanderrücken, wiewir das auch sofort an irdischen Gegenständen beobachten können.Von den Sternen, auf die wir uns gerade zu oder fort bewegen,können wir durch den bloßen Anblick und Messung mit den mecha-nischen Mitteln des Fernrohres keine Bewegung ermitteln; das ge-statten uns glücklicherweise aber andere Methoden, deren Erörterunguns hier zu weit führen würde. Die Feststellung genüge, daß eSmöglich ist.Macht man nun die Annahme, daß die Bewegung der Sterneregellos vor sich gehe— bisher tat man das allgemein—, daß alsokein Stern irgendeine Bewegung bevorzuge, so werden sich die Be-wegungen in ihrer großen Masse und im Mittel für uns aufhebenund man hat so eine Möglichkeit, die Bewegungsrichtung der Sonnefeststellen zu können.Um es gleich mitzuteilen: die Annahme, daß die Bewegung derSterne regellos vor sich gehe, trifft nicht zu; vielmehr haben dieUntersuchungen von Kobold und Kapteyn in den letzten Jahren er-geben, daß die Eigenbewegungen der Sterne tatsächlich gewisseRichtungen bevorzugen.Die genannte Annahme ist aber fiüher oft benutzt worden zurFeststellung der Bewegungsrichtung der Sonne. Der große AstronomHerschel fand, daß die Sterne um ein gewisses Himmelsgebiet her-um von einander zu fliehen scheinen. Dieses lag in dem Stern-bilde des Herkules, einer ausgedehnten Sternkonstellation, die inden späten Abendstunden über dem östlichen Horizont emporsteigt.Danach hätte also die Sonne mit ihrem ganzen System, wozu auchwir mit unserer Erde gehören, eine Bewegung, die auf das Stern«bild des Herkules zu gerichtet erscheint.Die von Herschel und dem Astronomen Prevost für ihre Untersuchungen benutzten Grundlagen wurden stark angezweifelt; dieArbeiten Argelanders und anderer aber haben die ErgebnisseHerschels nahezu bestätigt. Der bedeutende amerikanische AstronomNewcomb nimmt als wahrscheinlichstes Ergebnis der zuverlässigstenBestimmungen des Apex— so heißt der Zielpunkt der Sonnen-bewegung— einen Punkt im Sternbilde der Leier an, etwa 4' vondem hellsten Sterne dieses Bildes, der Wega, entfernt.Damit ist die Frage noch keineswegs endgültig erledigt. Dennes liegen bei der Bestimmung des Apex so viele Annahmen zugrunde,deren Gültigkeit noch nicht feststeht, daß neue Arbeiten die Datenfür seine Lage noch erheblich verändern können. Der AmerikanerComstock in Madison, Staat Wisconsin, hat z. B. von 216 schwachenSternen, die in der Nähe hellerer Sterne stehen, Ortsveränderungenkonstatiert, die allerdings in 67 Fällen von Bahnbewegungen her-zurühren scheinen. Die übrigen 149 Sterne bewegen sich dagegenin ganz anderem Abstand von uns als ihre hellen Nachbarn, undihre Bewegungen hat Comstock benutzt, um die Bewegung der Sonneim Verhältnis zu diesen jedenfalls sehr weit entfernten Sternen undzugleich deren durchschnittliche Entfernung zu bestimmen. Der Ziel-Punkt der Sonnenbewegung liegt hiernach in 399' Rektaszensio» und-(-54° Deklination, oder umgekehrt: diese 149 Sterne besitzen gegendie als ruhend angesehene Sonne eine gemeinsame. Trist auf denPunkt 129° Rektaszension und— 54° Deklination.Diese Richtung weicht merklich ab von derjenigen, die auS denSystemen der helleren Sterne abgeleitet wurde. Aber auch dieseletzteren besitzen, wie aus den Untersuchungen von Kobold. Kapteynund Eddington immer deutlicher hervorgeht, keine einheitliche Be-Wegungsrichtung. Unter den Sternbewegungen find offenbarmehrere Strömungen vorhanden, mehrere sich kreuzende Stern»scharen.— Leider ist die Anzahl der von Comstock für seine Unter»suchungen benutzten Sterne nicht groß; die Abweichung von ihrerTrift ist daher vielleicht nur scheinbar.Auch die Geschwindigkeit der Sonnenbewegung hat man ausden Eigenbewegungen der Sterne zu ermitteln versucht. Die damiterzielten Ergebnisse aber lassen sehr viel zu wünschen übrig. Auchhier wieder gibt es Methoden, die sogenannten spektroskopischen, dieeine genauere Ermittelung dieser Größe zulassen. Die spektro-graphisch erzielten Resultate in bezug auf den Apex stimmen mitden von Newcomb auf Grund der Eigenbewegungen der Fixsterneerzielten in der Rektaszension gut überein, in der Deklination abernicht. Doch hier kann noch durch erweiterte Untersuchungen viel«?verbessert werden,