wurde mit Gewinnst ausgeliehen, Steuern muhten entrichtetwerden, nicht in Münze, sondern in natürlichen Produkten, wieKorn, Oel, Datteln u. a. Auch Angaben über die Gehälter, welchedie Priester des Tempels und die Beamten der dazu gehörigenWarenmagazine erhielten, finden sich auf den Täfelchen. Es istaus den Angaben ersichtlich, daß jede Menge der abgeliefertenNaturprodukte einen ganz bestimmten feststehenden Wert hatte.In den meisten Fällen wird von den babylonischen Rechnungs-fuhrern bei den bezahlten Steuern der Zweck angegeben, für densie bezahlt wurden. Die eine Tafel teilt mit, daß eine bestimmteMenge Korn für den Unterhalt des Priesters und der Tempel-dicner abgeliefert wurde. Auch die Stadt, von der die Steuerngezahlt wurden, ist bei den einzelnen Rechnungen immer angegeben.Der Tempel von Nippur erhielt danach Tribute von allen um»liegenden Ortschaften in Korn oder Vieh. Viele von den Täfelchcnenthalten Berichte über Geschäftsabschlüsse von Privatpersonen undwerfen ein interessantes Licht auf Leben und Treiben der Bewohneroieser uralten Stadt. So wird z. B. ein Fall erzählt, bei dem einBürger, der ein den Göttern wohlgefälliges Opfer vollbringenwill, durch gerichtlichen Beschluß sich ins Gefängnis setzen läßtan Stelle eines Priesters, der wegen Nichtbezahlung seiner Schuldenin Haft genommen war. Rechtsstreitigkeitcn aller Art werdendurch den Spruch der Täfelchen entschieden. Bei Entzifferung derInschriften fielen Professor Clay kleine Einschnitte auf, die äugen-scheinlich mit einem spitzen Instrument am Rande bei Eintragungenvon Bezahlungen angebracht waren. Er erklärt diese Einschnitteals die Kontrollzeichcn der Leute, die die Zahlung machten. Inden meisten Fällen aber wurde zum Abschlutz des Geschäftes undzur Kontrolle das Siegel verwendet, und zwar wurden meistensdie Täfelchcn in eine versiegelte Umhüllung eingeschlossen. DieseVersiegelung der Tontafel entspricht der Unterzeichnung einesmodernen Vertrages. Das Siegel gehört dem in der Urkunde er-wähnten Empfänger einer bestimmten Summe oder auch dem, derdie in Rede stehende Rechnung bezahlt. Dadurch, daß das Täfelchennoch von einer Hülle umschlossen war und auf dieser Umhüllungdas Siegel eingedrückt wurde, war jeder Betrug unmöglich. Häufigfindet sich auch an Stelle eines Siegels ein in den weichen Tonmit dem Daum eingedrücktes Zeichen, wodurch der Besitzer deutlichmarkiert wurde. Demnach hätten, so meint Clay, die alten Ba-bhlonier bereits die Wichtigkeit der Fingerspuren erkannt, die manheute wieder als ein untrügliches Mittel der Identifizierung preist.Medizinisches.Pererblichkeit der Schlaganfälle. In den kxtzicnJahren hat die Vererbungsthcorie nicht nur in bezug auf diegeistigen und seelischen Eigenschaften eines Menschen, sondern auchauf die anatomischen Bedingungen mehr und mehr Fortschrittegemacht. So lenkt jetzt Prof. Dr. Raymond in„I.c?rogreslVlödicsr die Aufmerksamkeit darauf, daß es eine Vercrblichkeitin bezug auf eine ungünstige Ausbildung der � Gefäßwände undderen Brüchigkeit gibt. Nun wissen wir aber, daß bei den Gefäßenim Gehirn Muskeln in der Gefäßwand fehlen, die in den übrigenTeilen des Körpers einen gewissen Widerstand leisten, wenn derBlutdruck zu groß und daS Gefäßrohr ausgedehnt wird. Leiderwird immer noch von den Aerzten und auch von den beteiligtenFamilien selbst auf die Gefahr, wenn sich ein derartiger Zustandin ganzen Generationen forterbt, zu wenig geachtet. Es ist des-halb unzweifelhaft ein Verdienst von Raymond, daß er daraufhinweist. Wir geben unseren Lesern den Rat, nachzuforschen, obsich in ihrer Familie wiederholt Schlaganfälle nachweisen lassen,die ja bekanntlich durch das Bersten eines Gefäßes im Gehirnentstehen, was zu Zerstörung der Gehirnsubstanz an den Stellender Zentren für die Bewegung und damit zu Lähmungen führt.—Es ist ein Irrtum, wenn man meint, daß sich bei einer solchenerblicken Uebertragung keine Vorbeugungsmittel anwenden lassen.Sie sind vielmehr gerade hier am Platze und bestehen vor allenDingen in einem regelmäßigen Leben, sowie in einer reizlosenund vernunftgemäßen Diät bei möglichster Einschränkung vonFleisch, und Flüssigkeitszufuhr. Im großen und ganzen'ann derArzt das empfehlen, was auch bei der Arteriosklerose(Adern-Verkalkung) empfohlen wird, nur daß in diesem Falle die Ver-Hältnisse weit günstiger liegen, weil die betreffenden Familien.Mitglieder gewarnt sind und schon von Jugend an die nötigenVorschriften befolgen können.—Humoristisches.— Justizreform.Wer einem Paare ein Asyl gewährt,Das längst in treuer Liebe sich gehört,Wer es erkennt, hier sind NaturgewaltenVon Menschenkräften nimmer aufzuhalten,Der soll in Zukunft nicht mehr jenen KrallenDes Strafgesetzes, wie bisher, verfallen.Doch wer Parteien mit dem Zaunpfahl winktUnd sie durch Lockspruch zu der Paarung zwingtPartei'«, die nie das gleiche Ziel bekennen,Wie Feuersglut und Wassersflut sich trennen,Die zu verschied'nen Idealen schwör»«.Die nie und nirgend zu einand' gehören,Der treibt, das ist so klar wie zwei mal zwei,Im Sinne des Gesetzes— Kuppelei.Lerantwortl. Redakteur: Hans Weber. Berlin.— Druck u. Verlag:— Welträtsel und Weltfragen. Pogrome, Blut«vergießen, eingeäscherte Gehöfte, Militärmassakers in ganz Rumänien.Welche lyrischen Gedichte wird Carmen Shlva aus diesem Anlaßverfassen?— Hat sich Barth die.Nation' oder hat sich die„Nation' denBarth abnehmen lassen?— Braucht Berlin noch in Monte Carlo zu spielen, wenn MonteCarlo in Berlin spielt?(.Lustige Blätter'.)Notizen.— Operndiplomatie. Der Monte Carlo- Opernspektakel,der mit Kunst so gut wie gar nichts, um so mehr aber mit jenergeheimnisvollen Diplomatie zu tun hatte, um die sich die Völkerglücklicherweise nicht mehr kümmern, hat auch die teutfch- und gut-gesinnte Kritik aus dem Häuschen gebracht. In der„TäglichenRundschau' erbost man sich nicht schlecht, ohne natürlich die richtigeAdresse zu nennen. Die imperialistische Kunstpolitik, für die dernationalgesinnte Deutsche jetzt den letzten Rest seiner eigenen Ueber«zeugung— seinen kunstkritischen Geschmack— pflichtschuldigst zuopfern hat, wird dort also charakterisiert:„Was wird heute nicht alles ausgetauscht unter den Völkern!Mit höflichen Redensarten fing's an. Dann kamen die Orchester,die Kinder, die Professoren, und nun also auch ganze Theater. Daswird gemanagert mit einer unheimlichen Behendigkeit, daS ziehtdurch die Welt wie ehedem nur wandernde Tenore, und das allessucht nicht etwa seinen eigenen Vorteil, nein: das„verbrüdert dieVölker'. Geht die Geschichte im nämlichen Tempo noch eine Weilefort, dann erleben wir's vielleicht, daß zur Probe auch einmalRegenten ausgetauscht werden. King Eduard als Zar all-7Reußen, der Zar Kantönlipräses, der Sultan als Norweger, derMikado in Washington, Roosevelt Fürst von Monaco— die Sachekann recht unterhaltsam werden. Und die Zeilenbarden werden unSvon Fall zu Fall berichten, daß nun endlich der ewige Frieden an-gebrochen sei und ein Volk die Vorzüge des anderen zu schätzenwisse. Wie sagt man doch mit Hutten:„Es ist eine Lust, zu leben I'Der gute deutsche Bürger wird sich um die versteckten Protesteeiniger Äunstenthusiasten nicht allzu viel kümmern. Fragen derKunst und Kultur werden nicht im Wolkenkuckucksheim, sondern aufdem Boden der realen Wirklichkeit entschieden. Den Absoluttsmusund die Klassenherrschaft wollen oder dulden und sich dann überseine naturgemäßen Folgen beschweren, ziemt jener unheilbarenNaivität, die in Kunstkreisen nicht ausstirbt.— Wilhelm Weitling und daS ErfinderloS. Inder„New Dorker Volkszeitung' wird eine interessante Episode ausWeitlings Leben erzählt. Nachdem der alte Kommunist Mitte derfünfziger Jahre seine Agitation in New Dork aufgegeben hatte, worfer sich in seinen Mußestunden auf allerlei Erfindungen in seinemGewerbe. Er konstruierte u. a. eine Knopflochmaschine, die zugleichStickmaschine war und er ließ sich diese seine Erfindung patentieren.Die Nähmaschinenfabrikanten jener Zeit, noch nicht die reichenMillionäre, die sie später wurden, hörten von der WeitlingschenErfindung und suchten den Erfinder auf, um ihn um Ueber-lassung seines Patents zu ersuchen. Sowohl Howe«ls auch Singerkamen selbst damals zu Weitling, aber nicht allein, sondernin Begleitung von Experten, die sich die Erfindung an«sahen, ihre Besonderheit merkten und sie für Singer nach-ahmten. Singer brachte die Weitlingsche Erfindung auf denMarkt. Als Wcitling nun Protest erhob und mit gerichtlicherKlage drohte, erklärte sich Singer bereit, dem Erfinder fünf-hundert Dollar zu zahlen. Weitling weigerte sich, diese gering«fügige Summe anzunehmen und verlangte das Zehnfache der-selben, nämlich fünftausend Dollar. Die Sache zog sich hinund Weitling starb darüber. Vorher aber hatte er seiner Frau nochdas Versprechen abgenommen, nick« weniger als die von ihm ver-langten fünftausend Dollar von Singer anzunehmen. Das zahlteSinger trotz der eingeleiteten Verhandlungen nicht. Die Witwe Weit-lings konnte wegen' Mangel an Mitteln eine Klage gegen die Näh-Maschinenfabrikanten nicht durchführen und sie mutzte eS geschehenlassen, daß der Fabrikant sich die Früchte der Geistesarbeit ihre?Mannes zu Genmte führte.— Kunst auf Bahnhöfen. Den dänischen Staats-bahnen sind vom Reichstage auf Antrag des Ministers für öffentlicheArbeiten 16 000 Kronen zur Ausschmückung der Wartezimmer undKorridore der Bahnhöfe mit Photogravüren, Steinzeichnungen,Radierungen, guten Photographien usw. zugewiesen worden. Manwill hauptsächlich Reproduktionen nach Werken dänischer Künstler an-kaufen und die gerahmten Bilder von Zeit zu Zeit zwischen denStationen auswechseln.Bei uns ist nian auf den Bahnhöfen bescheidener. Man verbietetunbeliebte Organe und fördert die Kunst durch die bekannte Bahn-lektüre. Gute Bücher bekommt man in keiner der behördlich kon-zesstonierten Bahnhofsbuchhandlungen.Vorwärts Buchdruckerei u.VerlagianstaltPäul Singer 8cCo..BerlinLW.