{ft der Kammer hinker der SchwibbogeMvand über dem Keller. Das Glück ist unschuldig und dumm und dreist. Und Neimer war ein Glücklicher. Er ging, und der brave Mond leuchtete ihm. Er ging an den selbstzufriedenen Johannis» beeren vorüber, bei Härder Rickers an der Hauswand längs und bog zweimal um die Hausecke. Vor der Giebelseite an der Wand hingen hübsch geordnet unter dem Dach Reusen und Netze(Härder war ein großer Sonntagsfischer vor dem Herrn), der Mond zeigte ihm alles.Was ist's doch für ein fleißiger, ordentlicher Mann, dein Schwiegervater!" sagte er.Und wie er schnarchen kann. Hör mall" Reimer stand still und horchte. In der Tat: Das ging so an, das konnte so bleiben. An der hinteren Längsseite des Hauses steckte ein großer Kalkquast im niedrigen Dach. Was ist für eine nette Dirn!" lobte der Mond. Mit dem Quast weißt sie, so um Pfingsten herum, das ganze Haus von außen und innen. Du solltest nian mal sehen, wie ihr das steht. Ein buntes Tuch um den Kopf, man sieht nur Augen und Mund und Kinn, Spenzer und Rock alter Jahr» gänge, aber alles nett sitzend, von oben bis unten kalkbespritzt, und in der Hand den großen triefenden Quast." Und hier ist ihr Fensterchen," unterbrach sich der Gute. Wenn du Mut hast, so klopf an!" _ Und Reimer hatte Mut und klopfte an. Er wartete ein Weilchen, es rührte sich nichts. Er klopfte noch mal. Da kam ein tief aus Kissen herausquellendes, furchtsames: Wat is dor?"Dat bön ik man," antwortete Reimer. Du, Reimer?"Ja!"Reimer, weißtDu denn nicht, daß sich das nicht schickt?"Ich will nur was fragen." Wichtiges?"Ungeheuer wichtig."Dann wart, ich komme ans Fenster." Es war stille Nacht, und Verliebte haben scharfe Ohren. Lr hörte allerlei, was ihn entzückte. Ein Bett wurde zurück- geschlagen, die kurzen, rauschenden Töne des Anziehens von Frauenröcken. Das alles vernahm der selige Reimer. Schließlich klang das Fenster leise, der Mond beleuchtete einen verschlafenen, halb verwunderten, halb unwilligen, aber jehr lieblichen Mädchenkopf. Was willst Du, Reimer?" Was fragen." So hörte ich. Aber mitten in der Nacht? Du machst einem Angst. Muß es denn jetzt sein. Ja, es muß jetzt sein." Frag los, ich bebe vor Bange." Das tut nicht nötig, es ist nichts Schlimmes." Aber was, Reimer?" Reimer lachte leise. Ja, Tine, ich habe immer vergesien... ich wollt man fragen... Es kommt mir so wunderlich vor, dajj Du mich so gern hast. Das wollt ich bloß fragen warum?" (Fortsetzung folgt.) Darwinismus und Derzcndcnztheonen. (Ein Rückblick zu Darwins Todestag.) Von Dr. C. T h e s i u g. I. Ein Vierteljahrhundert ist ins Land gezogen, seit Charles Darwin  , Englands größter Naturforscher, auf seinem Landsitze Down bei Beckenham in der Grafschaft Kent   die Augen zum ewigen Schlummer schloß. Ein reiches, glückliches, arbcitsfrohes Leben ging am 19. April 1882 zu Ende. Nur wenigen Bevorzugten war eS gleich ihm vergönnt, unabhängig von allen äußeren Glücksgütern sich ganz und ausschließlich dem zu widmen, wozu Neigung und Können in gleicher Weise trieben. Selten auch gelingt es jemand, der mit so alles revolutionierenden Ideen hervortritt, sich so bald die Anerkennung der Zeitgenossen zu erringen. Ein trauriger Ver- gleich, wenn man sich daneben seines großen Vorkämpfers in der lbstammungslehre, Jean Batiste Lamarcks erinnert, der sein «anzes Leben mißverstanden blieb, fast unbekannt in Blindheit und lrmut starb. Erst heute, bald ein Jahrhundert nach seinem Tode, scheint ihm die lange vorenthaltene Würdigung zuteil zu werden. Darwin   ist der beste Beleg dafür, wie vorsichtig man mit trophezeiungen sein muß. Auf der Schule seiner Vaterstadt hrcwsbury zeigte sich der junge Charles nichts weniger als lern- begierig. Seine größte Leidenschaft war die Jagd, und sein Vater meinte einmal, er tauge nur zu Tändeleien und»erde seiner Zainilie Schande bereiten. Aach   Beendigung seiner Schul» fahre bezog Darwin   die Universität Edingburgh, um hier, dem Wunsche selbes Vater? folgend, Medizin zu studieren. Seine Neigung aber lag auf einem anderen Gebiete, und so beschäftigte er. sich soft ausschließlich mit botanischen und zoologischen Studien. Als er kaum zweiundzwanzig Jahre alt war, wurde ihm durch Vermittelung seines Lehrers, Professor Henslows, die Stelle eines Naturforschers auf dem englischen KriegsschiffeBeagle  " ange- boten, das zu einer langen Sächienreise um die Welt ausgerüstet werden sollte. Mit Freuden griff Darwin   zu, und am 27. De- zember 1831 verließ er an Bord desBeagle  " Europa  , um erst fünf Jahre später dorthin zurückzukehren. Diese Reise sollte für sein ganzes späteres Leben entscheidend werden, und er bezeichnete selbst die Fahrt" als das wichtigste Ereignis seines Lebens. Ein reiche? Material an Tieren und Pflanzen war die Ausbeute der Reise. Zahlreiche geologische und zoologische Arbeiten von denen hier nur die Werke überden Bau und die Verbreitung der Korallenriffe", überdie Geologie Südamerikas  " und die treff- lichen Cirrhipedien-Studien genannt sein mögen, machten feinen Namen in weiten Kreisen bekannt. Das wichtigste aber war, daß auf dieser Reife zum erstenmal seine Ansichten über die Eni- stehung der Arten erwachten, ein Problem, dem die ganze Kraft seiner späteren Arbeiten gewidmet war. Gelegentlich seines ein- monatlichen Aufenthalles auf dem westlich von Südamerika   unter dem Aequator gelegenen Gallapagos-Archipel fand Darwin   hin- reichend Zeit, die dortige Tierwelt zu studieren. Es fiel ihm dabei auf, daß jede der kleinen Inseln ihre eigenen Arten hatte, die wohl einander nahe verwandt, aber doch gut zu unterscheiden waren. Besonders die Vögel der einzelnen Inseln, Spottdrosseln, Finken usw. waren sehr charakteristisch, und es entstand bei Darwin   der Gedanke, sie möchten vor langen Zeiten durch Stürme von dem amerikamscheo Festlande auf die verschiedenen, durch brelle MeereS  - ftraßen getrennte Eilande herübergeweht sein, sich hier eingelebt und allmählich zu neuen Arten umgewandelt haben. Von nun an verließ ihn dieser Gedanke keinen Augenblick. Nach England zurückgekehrt, lebte Darwin   auf feinem Gute Down ausschließlich seinen wissenschaftlichen Arbeiten. Er war ja in der glücklichen Lage, als freier Forscher, durch keine staatliche Stellung oder Erwerbstätigkeit abgelenkt, sich nur dem Ausbau seiner Ideen widmen zu können. Zu dem hohen Ziele, das er sich gesteckt hatte, war aber auch die ungeteilte Kraft seiner starken Persönlich- keit notwendig. Unermüdlich und ohne je das Ziel aus dem Auge zu verlieren, war Darwin   bemüht, Tatsachen auf Tatsachen zu häufen, ein gewaltiges empirisches Material herbeizutragen, um so einen gesicherten Baugrund für seine Anschauungen über die Entstehung und Umwandlung der Arten zu schaffen. Es ist fast unbegreiflich, auf wie vielen Einzelgebieten Darwin   gleichzeitig forschend tätig war und mit wie zahlreichen Menschen er in wissen- schaftlicher Korrespondenz stand. So schaffte er still und emsig an dem großen Bau, nur gelegentlich teilte er Freunden die Resultate seiner Forschungen mit, ohne sich durch ihre Bitten be- wegen zu lassen, sie jetzt schon der Oeffentlichkeit zu übergeben. Erst nachdem sein Werk durch zwanzigjährige Forschungen vorbereitet war, erst im Jahre 1859 erschien seine größte SchöpfungSZon der Entstehung der Arten durch natürliche Zuchtwahl". Man kann sich heute kaum noch eine rechte Vorstellung von dem Aufsehen, das dieses seltene Buch nicht nur in England, nicht nur in wissenschaftlichen Kreisen, nein in der gesamten gebildeten Welt hervorrief. Man stand verblüfft, erstaunt, wie dor etwas ganz Neuem. Am besten wird die allgemeine Stimmung durch die Worte gekennzeichnet, welche der bekannte Zoologe Bronn seiner deutschen Uebersetzung des Werkes voranstellte:'Wie wird Dir, lieber Leser, nachdem Du dieses Buch gelesen Haft?" Es war als hätte die Wissenschaft ganz ihre eigene Geschichte vergessen. Denn größtenteils waren die Ideen, die Darwin   hier entwickelte, durch- aus-nicht absolut neu. Hatte doch bereits mehr als»in Menfcheqaller vorher Darwins Großvater, der Dichter und Forscher Dr. Erasmns Darwin  , vor allem aber Jean Baptiste Lamnrck in klarer Weise die Abstammungslehre, die EntWickelung der heute lebenden Tier- Welt aus einfachsten Vorfahren gelehrt. Neu war nur die kausale Begründung der Deszendenztheorie durch Darwin  , neu die Fülle des Beweismaterials, die hier mit Bienenfleiß und erstaunlichem Scharfsinn zusammengebracht war. und gegen die es einen be- gründeten Widerspruch kaum noch geben konnte. Anfangs mit Erstaunen, bann mit schrankenloser Begeisterung aufgenommen, machten die Lehren des genialen Forschers in kurzer Zeit ihren Siegeszug durch die Welt. Ja es gab eine Zeit, da die überwiegende Mehrzahl aller namhaften Zoologen überzeugte Darwinisten waren. In der Tat erscheint ja auch die Zucht- wahllehre so klar, ihre Mittel sind so einfach und einleuchtend und katm eine andere Theorie gewährt eine solche Einheitlichkeit der Naturbetrachtung. Wie auf zede Ueberschätzung, so folgte aber auch auf diese kritiklose Annahme der Darwinschen Zuchtwahllehre oder Selektionstheorie eine Reaktion, und es gab Forscher, welche die Wirksamkeit der von Darwin   aufgestellten Entwickelungsfaktoren schlechthin leugnen, den Darwinismus für den größten Irrtum des Jahrhunderts erklären.(Driesch.) Erst heute gelangt man . allmählich, nachdem die Parteileidenschaft verrauscht ist denn auch dieobjektive" Wissenschaft ist nicht frei von dogmengläubigen und fanatischen Jüngern zu einer gerechten und kritischen Würdigung der Selektionstheorie, und neben ihren unzweifelhaft guten werden auch die schwachen Seiten immer schärfer hervor-