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Bon Auber und von Nikolai im orging Theater aufge führt werden. Ein Broschürchen führt in das wichtigste ein; die Einleitung über Spielopern  " fönnte allerdings etwas weniger fubjektiv sein. Nach der ersten von diesen Aufführungen, die am Sonntag stattgefunden hat, sehen wir der Fortsetzung und einem regen Besuche mit Freude und mit einer warmen Empfehlung des Unternehmens überhaupt entgegen. Das hindert allerdings nicht, die Bedenken auszusprechen, die sich uns diesmal aufdrängten. Die Aufführung des Lorkingschen Bar und Zimmermann" war zum Teil so mäßig, daß die Freie Volksbühne" alles Recht besitzt, bon der Direktion des Theaters, mit der sie diese Aufführungen bereinbart hat, entweder eine größere Sorgfalt oder einen Schaden­erfaz zu verlangen. Ersichtlich hatte sich die Regie teine Mühe ge­geben. Wer weiß, ob dem als Gast bezeichneten Fredy Busch auch nur eine ordentliche Probe gewährt worden war, die diesen Besizer einer gut Ihrischen kleinen Tenorstimme vor einer Störung des großen Sertettes bewahrt haben würde! Daß die musterhafte Vornehmheit der Töne, welche Bruno Wolter inmitten der Romit seines Bürgermeisters bewahrte, nicht jeglichem Sänger eigen fein fann, wissen wir; dafür aber muß dann ein umso Strafferes Zusammenarbeiten entschädigen. Oh sich dieses jemals in Nachmittagsvorstellungen genügend erreichen lägt?

Mineralogisches.

Metallbäume. In jedem Mineralien- Kabinett findet man Proben von natürlichem Silber, das eine eigentümliche baum­ähnliche Gestalt befißt. Ferner find jedem aufmerksamen Beobachter bie gleichfalls baumartigen Zeichnungen auf Gesteinsoberflächen be­tannt, die man danach auch wohl mit dem aus dem Griechischen entlehnten Namen Dendriten bezeichnet. Die Anordnung der Teil­chen eines Metalls zu solchen an die Pflanzenwelt erinnernden Formen kann auch künstlich hervorgerufen werden. Länger bekannt find dahinzielende Experimente mit Blei und Silber, die in baum­ähnlicher Gestalt aus Lösungen von essigsaurem Blei bezw. falpeter­faurem Silber durch Hinzufügung eines start orhdierbaren Metalls erhalten werden können. W. Holb weist jest in der Physikalischen Beitschrift" ausführlich nach, daß ähnliche Versuche mit eindrucks­bollen und belehrenden Ergebnissen auch mit einer Anzahl anderer Metalle angestellt werden können. Man nimmt dabei einen schwachen elettrischen Strom zu Hülfe, der durch eine Lösung eines Metall­Salzes hindurchgesandt wird. Mit Blei, Silber und Zinn fommen baumartige Bildungen einfacher Art zustande. Wahrhaft prachtvoll aber wird die Erscheinung bei Benuhung eines Cadmiumsalzes, twobei ein wunderschöner Baum mit höchst zierlicher Verzweigung entsteht. Auch Kupfer und Zink   lassen sich benutzen, und die Zint­bäume zeichnen sich durch die glänzend weiße Färbung ihrer Zweige. aus. Schwerfällig bleibt das Eisen, das bei dem Versuch einer Baumbildung nur plumpe und unansehnlich schwarz gefärbte Ge­stalten hervorbringt. Holtz hat ferner gezeigt, daß man den elek­trischen Strom auch ganz entbehren kann, indem man einen dicht mit Papier umtidelten Binkstab in die Salzlösung hält. Uebrigens be­ginnt die Bildung des Baumes in diesem Fall erst nach etwa einer Stunde und ist nach 24 Stunden bis zur Länge von etwa 3 Zenti­metern vorgeschritten.

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Humoristisches.

Jubiläumskalender. In Griechenland   plant man die Feier des 2400 jährigen Jubiläums der Schlacht bei Marathon, in Sachsen- Weimar   die Feier des 700 jährigen Jubiläums des Sänger­trieges auf der Wartburg  .

In unserer jubiläumsarmen Zeit muß man, wie man sieht, schon Jahrhunderte und Jahrtausende zurückgehen, um Veranlassungen zu Gedenkfeiern zu finden. Als weitere einer Feier würdige Gedenk­tage schlagen wir bor: Den Einsturz der Mauern von Jericho  , die Grundsteinlegung des Turms von Babel, den Tag der Reinigung der Ställe des Königs Augias, die Einnahme von Troja durch die Griechen, den Tag der Einweihung der Götterburg Asgard, die Eröffnung der Zertiärformation, die Erfindung des Regenbogens, den Tag der Trennung des Mondes von der Erde, den Todestag des lezten Sauriers, den Geburtstag des ersten Tuberkelbazillus.

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Notizen.

Eine neue Berliner   Voltsoper gedenkt der Gründer des Lorking- Theaters Direktor Mar Garrison in der Pots Das Theater foll 1600 Siz damerstraße 72 u. 72a zu erbauen. pläge enthalten und am 1. Oftober 1908 eröffnet werden. Von Frank Wedekind   wird in der nächsten Saison in den Kammerspielen des Deutschen Theaters   ein neues werk: Musit" aufgeführt werden.

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Goethe verballhornt. Unsere Klassiter sind für viele der bewährten Pädagogen und Sittlichkeitsnachtwächter gerade gut genug, von ihnen verbessert und umgedichtet zu werden. Zu Nutz und Frommen der Jugend, und zur allgemeinen Ergößung. Gar Be achtsames und Fürtreffliches haben die Herren Dietlein, Rektor, und Dr. Schumann, Regierungs- und Schulrat, auf diesem immer noch fruchtbaren Terrain geleistet. Goethes liebes Schweizer  . lied" hat es ihnen angetan. In dem von den Waderen herauss gegebenen Lesebuche, wie es in der Halleschen Bürgerschule eingeführt ist, bekommt Goethe auf allen Gebieten Sprachbehandlung, Kom position, Sittlichkeit die Zensur V. die Zenjur V. Das ins Schulmeisterdeutsch übersetzte Goethesche Lied, dem die ganz unmoralische legte Strophe abgeschnitten wurde, heißt jetzt" Sommerlied" und sieht so aus: Auf'm Bergli bin ich gefeffen, Hab' di Vögli zugeschaut! Hab'n gesungen, hab'n gesprungen, Hab'n Nestli gebaut.

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Jm Gärtli bin ich gestanden, Hab' die Immli zugeschaut; Hab'n gesummt, hab'n gebrummt, Hab'n Belli gebaut.

Auf die Wiese bin ich gegangen, Sah die Sommervögli an: Hab'n gesogen, hab'n geflogen, Gar schön hab'ns getan.

Die ganze Ueberlegenheit der p. p. Umdichter tritt zutage, wenn man das Original daneben hält:

Uf'm Bergli bin i gefässe, Ha de Vögle zugeschaut; Hänt gesunge, hänt gesprunge, Hänt's Näftli gebaut. usw.

Auf die Gefahr hin, als Jugendverderber verkeert zu werden, wollen wir auch den Schluß wieder in sein Recht einsetzen:

Und da fummt nu der Hansel, Und da zeig' i em froh,

Wie fie's mache, und mer lache Und mache's au so.

Das Ernst Haedelmuseum. Das Phylogenetische Museum, eine Sammlung von Naturgegenständen, Präparaten, Bildern und anderen Unterrichtsmitteln, welche dem größeren Publikum die Bedeutung und das Wesen der Phylogenie oder Stammesgeschichte erläutern soll, jener Wissenschaft, die Ernst aedel 1866 in seiner Generellen Morphologie", auf Lamard und Darwin   weiter bauend, als selbständigen Zweig in der Ent widelungslehre begründet hat, soll noch in diesem Jahre in Jena  verwirklicht werden. Die Gemeindebehörden haben nunmehr den einstimmigen Beschluß gefaßt, als Baugrundstück ein städtisches Areal in der Nähe des von Haeckel geleiteten Zoologischen Justituts un entgeltlich zur Verfügung zu stellen.

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Mit

Die Einnahmen der Pariser Theater. jedem Jahre wachsen die Einnahmen der Pariser Theater; bas legte Jahr hat ihnen in der neun oder zehn Monate dauernden Spielzeit eine Zimahme von fast 1/2 Millionen Frant gebracht! Im Jahre 1906 haben die Pariser Schauspielhäuser im ganzen 43 209 584 Fr. gegen 41 933 968 im Jahre 1905 und 40 025 502 im Jahre 1904 an Bruttoeinnahmen erzielt. Die höchsten Einnahmen erreichte die Große Oper mit 3 190 608 Fr.; aber die Opéra Comique   ist im letzten Jahre mit 2539 609 Fr. nicht weit hinter ihr zurückgeblieben, sie hat fast jeden Abend das Maximum erzielt.

Eine einzigartige Sehenswürdigkeit wird die für 1913 in Berlin   geplante Weltausstellung aufweisen. Sie betitelt sich Der Tezte Baum des Tiergartens". Um diesen zu erhalten, hat sich eine Gesellschaft für beschränkte Abholzung" gegründet. Man will den letzten Baum durch Glasumkleidung und-Ueber bachung aufs sorgfältigste pflegen und schonen. Der Standort dieses Wunders, wie es eben einzig mur Berlin   aufweisen kann, befindet sich zwischen den Denkmälern des 3877. Vorfahren der branden­Eine jüdische Kolonie in Dber Aegypten. burgischen Markgrafen und des 2578. Urahnen des letzten Draniers. Der Archäologe Clermont Ganneau   ist von einer Expedition nach der

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Jm Kadettenhause zu P. führte der Divisionspfarrer im Religionsunterricht folgendes aus:" Die weise Vorsehung des Schöpfers erstreckt sich bis ins Kleinste. Deshalb sehen beispielsweise auch die Flöhe schwarz aus, auf daß sie auf der weißen Wäsche gleich zu entdecken sind."

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Der Gastwirt. Der Fürst von Monaco   hat'n schwarzen Adler jekriegt und mir ham se sechs Monat injesponnen wejen Dul­bung von Flücksspiel; id fag ja immer, der Prophet jilt nischt im Vaterlande!"

( Jugend").

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Infel Elephantine am nördlichen Ende der ersten Katarakte des Nil, gegenüber Affuan, zurückgekehrt, wo er eine Reihe von be merkenswerten Entdeckungen gemacht hat. Er hat eine große Zahl Töpferwaren mit aramäischen Inschriften gefunden, die das Vor­handensein einer jüdischen Kolonie um das fünfte Jahrhundert v. Chr. auf dieser Insel beweisen. Aus den Funden geht auch hervor, daß sich in dem jüdischen Viertel der Stadt ein Heiligtum des Jehovah befand, dessen Spuren der Forscher bei späteren Ausgrabungen auf zufinden hofft. Außerdem wurden eine Menge Gegenstände aller Art gefunden, die den verschiedenen Epochen der ägyptischen Geschichte angehören.

Berantwortl. Redakteur: Hans Weber, Berlin  . Drud u. Verlag: Vorwärts Buchdruckerei u. Verlagsanstalt Paul Singer& Co., Berlin   SW.

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