handelte.— Ihr sehnlichster Wunsch war der, daß wenigstens dieReichen im Tode nichts vor ihr voraus haben sollten, und so spartefie ihr ganzes, langes Leben lang, bis sie endlich die Summe zurAusführung ihrer Idee beisammen hatte.— Es war auch die höchsteZeit, denn sie war schon ziemlich alt dabei geworden— und es warder größte Triumph und die größte Freude ihres Lebens, als end-lich ihr Grabmal fertig und aufgestellt war.— Nachdem es aufgestellt war, tanzte fie noch freudig um das Denkmal herum, freutesich, daß sie noch am Leben war und sang dazu. Die freudige Auf-regung griff die arme Alte derart an, daß sie bald darauf verschied.Und in 24 Stunden war sie für immer mit ihrer Marmorkopie ver-einigt. In 24 Stunden müssen in Italien alle Leichen beerdigtsein.—Abseits von diesen oft protzigen und geschmacklosen Grabmälernder reichen Leute sehen wir die Massengräber der Proletarier, zu-meist durch kleine Holzkreuze bezeichnet; ein verhältnismäßig kleinerPlatz für eine so große Stadt, wie Genua. Erkundigt man sichnäher, so wirds einem bald klar, warum der Platz so klein ist. DieLeichen werden nämlich schon nach 5 Jahren wieder ausgegraben!—Ein großer Haufen unverwester Knochen, und Holzteile der Särge,vermengt mit verdorrten Blumen, abseits hinterm Kirchhof, ließmich das Rätsel lösen.— Wenn dann ein größerer Haufen vevrwesender Proletarierknochen beisammen war, so wurde er denFlammen geweiht. Zusammen mit dem noch gesunden Holz derSärge, die in dieser trockenen Gegend langsamer verfaulen, prassel-ten die Flammen zum Himmel empor und die Ueberreste gingenin Rauch auf, keine Spur hinterlassend von denen, die noch vor fünfJahren in der Mitte der Ihrigen sich des Lichtes erfreut hatten.Die einzigen Denkmäler, die sie sich setzen konnten, setzten sie sichin den Herzen ihrer Lieben und Mitmenschen!—kleines Feuilleton.Die epidemische Genickstarre. Die Genickstarre hat ihren voretwa 3 Jahren begonnenen Zug durch unser Land immer noch nichtbeendet. Fast täglich liest man von einem erneuten Auftreten,das bald hier, bald dort die Gemüter in Aufregung setzt. Diesumsomehr, als über die Krankheit selbst meist unklare Vorstellungenherrschen. Ist sie doch in ihren Erscheinungen dem Volke nichtso bekannt als manche andere, weil sie immerhin eine seltene Krank-heitsform ist. Sie trat überhaupt erst im Anfange des vorigenJahrhunderts auf und hat sich bei uns nur wenige Male in stärkererWeise bemerkbar gemacht. Viele Krankheiten fuhren ihren Namenvon einer besonders bei ihnen hervortretenden Erscheinung, so derTyphus von der auffallenden Benommenheit des Kranken, derScharlach von dem scharlachroten Ausschlag. So auch die Genick-starre. Die auffallendste Erscheinung ist hier die vorhandeneSteifigkeit und Starrheit des Nackens, wodurch der Kopf stark nachhinten übergebeugt ist. Diese Erscheinung findet sich allerdingsauch bei anderen fieberhaften Gehirnerkrankungen. Da aber dieGenickstarre, um die es sich hier handelt, ansteckend ist und meistepidemisch auftritt, so nennt man sie zum Unterschied von anderenGenickstarren die„epidemische Genickstarre". Wie alle ansteckendenKrankheiten befällt die Genickstarre mit Vorliebe jüngere Personen,besonders Kinder in jedem Alter. Es liegt ihr eine Entzündungder weichen Häute des Gehirns und des Rückenmarks zugrunde,die ihrerseits durch gewisse Krankheitskeime hervorgerufen wird.Diese Keime werden von Mensch zu Mensch übertragen. Aufwelche Weise aber die Ansteckung geschieht, wie die Keime in denKörper gelangen, das ist bis jetzt mit Sicherheit noch nicht fest-gestellt worden. Mir machte es stets den Eindruck, als ob dieKeime durch frische Wunden oder Riffe am Körper in diesen unddann auf dem Wege der Lymphbahnen an die erwähnten Stellengelangten. Die Krankheit selbst beginnt meist ziemlich plötzlichmit Frieren, Frösteln oder gar mit einem Schüttelfiost, währendgleichzeitig die Körperwärme in die Höhe geht, sich also Fiebereinstellt. Als wichtige Anzeichen treten dann bald heftiger Kopf.schmerz und meist auch Erbrechen auf. Der Kopf nimmt jenecharakteristische Haltung ein, die eben als Genickstarre bezeichnetwird. Bei dem Versuch, den Kopf zu heben, fühlt der Krankeeinen starken Widerstand, der durch die Zusammenziehung derNackenmuskulatur bedingt ist. Zum Glück für die Kranken beginntdas Bewußtsein bald sich zu trüben bezw. ganz zu schwinden. DieAugen sind offen, doch der Blick ist leer. Nichts von dem Geschehenum den Kranken kommt ihm zum Bewußtsein; er nimmt überhauptnichts mehr wahr, denn auch das Gehör versagt fast ganz seinenDienst. In diesem mehr oder weniger besinnungslosen Zustandwirft sich der Patient hin und her, fährt öfters mit der Hand nachdem Kopfe, als ob er dort etwas fortnehmen wollte, und nichtselten stößt er einen gellenden Schrei aus, der für die Umstehendenerwas Fürchterliches hat. Flüssige Nahrung und besonders Wasser,das man dem Kranken in den Mund bringt, schluckt er unwillkürlich,und so läßt sich die Ernährung meist eine Zeitlang auftecht er-halten. In manchen Fällen treten dann im weiteren VerlaufKrampfanfälle hinzu, die stets auf einen schlimmen Ausgang hin-weisen. Sie häufen sich und nach 2— 4 wöchiger Krankheitsdauer,während der scheinbare Besserungen nicht selten sind, tritt unterallgemeiner Erschöpfung der Tod ein. Glücklicherweise ist derVerlauf nicht immer so schlimm. Die genannten KrankheitS-erscheinungen gehen auch häufig allmählich zurück, vor allem mäßigtsich das Fieber. Die Sinne werden wieder klar und es erfolgt,allerdings meist erst nach langem Krankenlager, Genesung. Dochmachen sich auch dann lange Zeit die Spuren der Krankheit be-.werkbar. Unter anderem bleibt eine große Gedächtnisschwäche, diesich aber allmählich auch bessert. So hatte ich einen Patienten,der nach einem sehr ernsten und langen Verlauf der Krankheitfast seine ganze Vergangenheit vergessen hatte und dem die ge-wohnlichsten Dinge wie Tisch, Stuhl und dergleichen in ihrer Be-zeichnung fiemd geworden waren; selbst die Namen seiner Ge-schwister waren ihm entfallen. Der Zustand besserte sich aber,und der junge Mann gelangte wieder in den Vollbesitz seinergeistigen Kräfte.Nicht immer ist das Krankheitsbild so, wie es eben geschildertwurde. Häufig tritt die Krankheit ganz plötzlich, und zwar vonvornherein unter Krämpfen auf, und alle übrigen Anzeichen stellensich sofort ein. Vor allem steigt das Fieber rapid, und schon nachkurzer Zeit erfolgt der Tod. So sah ich eine junge Frau plötzlichvon der Krankheit unter Krämpfen und Bewußtlosigkeit befallenwerden, und schon nach 24 Stunden hatte der Tod ein blühendesLeben dahingerafft. Ein Kind im zarten Alter von 3 Jahrenerlag der tückischen Krankheit unter denselben Erscheinungen garschon nach wenigen Stunden. Doch sind das immerhin Ausnahmen,und viele Fälle, das sei zur allgemeinen Beruhigung betont, gehenin Genesung über. Mitunter macht sich die Krankheit auch nurganz geringfügig bemerkbar und ist mit etwas Kopfschmerzen,Mattigkeit und geringem Fieber abgetan. Solche Fälle verlaufenmeist außer der Kontrolle des Arztes und fehlen daher in derStatistik. Andernfalls würde sich die Sterblichkeit nicht aus etwaM v. H. beziffern.Was weiterhin die Krankheit für die Menschheit weniger ge«kährlich werden läßt, ist die Tatsache, daß die Ansteckungsgefahrdurchaus keine große ist. Die Uebertragung erfolgt lange nichtso leicht wie z. B. bei Typhus, Influenza u. a. Auch sind nursolche Personen gefrhrdet, die in unmittelbarer Nähe und Be«rührung mit einem Kranken stehen. Daher kommt es, daß meistensnur Glieder derselben Familie oder Hausgenossen von der Krank-heit befallen werden. Und selbst hier kann eine Uebertragungnicht so leicht stattfinden, wenn vor allem beobachtet wird: Händerein und sorgfältiger Schutz und Behandlung aller Wunden, vorallem keine Verletzungen und Risse. Dr. Emil König.Theater.Kleines Theater.(Ensemblegastspiel des WienerBürgertheaters.).Das Kuckucksei", Wiener Volksstückin vier Akten von Oskar Fronz. Während Barnowskh mitseinen Kräften ein Gastspiel in Wien absolviert, ist in die Räumedes Kleinen Theaters das Wiener Bürgertheater eingezogen. Siespielten am Dienstag ein von ihrem Leiter Oskar Fronz verfaßtesWiener„Volksstück", das üblicherweise die weitgehendsten Ansprüchean die Anspruchslosigkeit des Publikums stellte. Die Ausfuhrungzeigte, an dem Maßstab sonstiger Volksstücke gemessen, eine gewisseGlätte und Abgeschliffenheit, sie vermeidet die grellsten Effekte und,sucht einen äußeren Schein von Motivierung aufiecht zu erhalten.Doch diese etwas sorgfältigere Appretur geht Hand in Hand mitvölliger Inhaltsleere. Den Figuren fehlt jede Spur volkstümlichfrischer Eigenart. Gleichgültige Schablonen werden hin und hergeschoben mit dem erfreulichen Erfolge, daß nach den verdächtigbreit ausgemalten Pikanterien einer Souperszene die Zuschauer sichschließlich an dem Sieg der Tugend erbauen können. FräuleinFanny ist gar kein Kuckucksei, wie ihr betrübter guter Pflegevaterein paar Augenblicke annahm, im Gegenteil, sie macht, nach denVersicherungen des letzten Aktes, seiner Erziehung alle Ehre. IhreUnschuld zeigt sich zuerst in der märchenhaften Arglosigkeit, mit dersie im Hause einer reichen Tante— einer Kupplerin, die bereitsdie leibliche Tochter von Fannys Pflegevater zugrunde gerichtet hat— die kostbaren Geschenke des„Herrn Direktor' entgegennimmt.in der Herzensreinheit, mit der sie sich ganz nach Belieben traktierenund poussieren läßt. Aufgeschoben ist nicht aufgehoben. Als derwiderwärtige Patron den höchsten Grad von Deutlichkeit erreicht,holt sie alle versäumte sittliche Entrüstung um so kräftiger nach,und wird dabei von ihrem Bräutigam, einem ehrlichen Arbeiter.der prompt in dem entscheidenden Moment herbeistürzt, wirksamunterstützt. Sie läuft zu dem verlassenen Pflegevater in dasdürftige Zimmerchen zurück und überzeugt, von ihrer eigenen Tadel»losigkeit aufs innigste durchdrungen, wie den Alten so auch denLiebhaber, der sie beim Tete-a-Tete mit dem Direktor überraschte.Einer glücklichen Ehe steht nichts mehr im Wege. Die toten Szenenwurden von den österreichischen Gästen mit großer Verve undLebendigkeit gespielt. In erster Reihe standen Vally vonB r e n n e i S, die der tugendhaften Fanny Charme verlieh, undPhilippine Russek in der Rolle der kuppelnden Tante. Rechtgut war M i l l m a n n als Pflegevater in dem ersten Akt undAnton Berger in der kleinen Episodenfigur des Franzi. DenDarstellern, nicht dem Stücke galt der Beifall. dt,Humoristisches.— Gute Gelegenheit.„Der StaatSuwnn spricht:„Nächstens ist FriedenStag;Da werd' ich mich schön bluuüeren im Haag IDa kann ich's verderben mit dem und mit dem