heruntergedrückt wird, so entstehen in einer Telephonmcmbrane zunächst die Schwingungen des GrundtmiS. mit dem aber jeder Oberton nach Belieben vereinigt werden kann. Wenn man nun be- denkt, daß ein einzelner Spieler zehn Tasten zu gleicher Zeit in Bewegung zu setzen verniag, das Instrument aber auch von zwei Spielern zu gleicher Zeit benutzt werden kann, so ist die Gelegen- heit zur EntWickelung einer ganz ungewöhnlichen Tonfülle gegeben. Wie ein Mitarbeiter des., Elektrotechnischen Anzeigers" ausführt, wird das Telharmoniuln von 144 Elektrizitätserzeugern gebildet, deren jeder c'iie andere Frequenz besitzt, und zwar zwischen 40 und 40 000 Perioden. Die verschiedenen Töne werden nun durch Kam- binationcn der verschiedenen Frequenzen erzeugt. Zum Antrieb dient ein Gleichstrommotor von 185 Pferdestärken. Ter Ton soll, obgleich jede Taste 7 der erwähnten Generatoren beherrscht, von gleicher Zartheit sein, wie sie nur irgend bei einer Orgel oder einem Klavier erreichbar ist. Das Tastendrett hat der Maschiiienzahl entsprechend 144 Tasten und eben so diele Nclaismagnete. Mangel der Tonreinheit sind durch besondere technische Vorrichtungen voll- kommen ausgeschlossen und jedenfalls auch für ein musikalisch hoch- gebildetes Ohr angeblich nicht wahrnehmbar. Von den erwähnten 144 Magneten kann jeder 11 Stromkreise schließen. Alle Strom- kreise, die zur Erzeugung eines Grundtons verwendet werden, werden durch Sammelschienen zu einem einzigen Stromkreis vcr- einigt und ebenso die zu den Obcrtönen gehörigen Stromkreise. Die Stärke der Ströme kann vom Spieler durch Anschläge, die in der Nähe der Klaviatur angebracht sind, geregelt werden Die Mischung und Güte des durch Niederdrücken einer Taste erzeugten Tr-ns wird durch acht Widerstände bedingt, zu denen aber noch verschiedene sogenannte Ausdruckswiderstände kommen, die dem Ton die„Seele" geben sollen. Indem durch Benutzung der An- schlagswiderstände zu dem Grundton beliebige Obertöne gesetzt werden können, ist es möglich, die Klangfarben ganz verschiedener Instrumente hervorzubringen, wie der Flöte, deS Waldhorns, der Oboe, des Dudelsacks und sogar der Geige. Die Stärke des Tons wird dann ausschließlich durch die erwähnten Ausdruckswiderstände bestimmt. Nimmt man uun an. daß dieselbe Maschinerie statt mit einer einzigen, mit einer größeren Anzahl von Klaviaturen ver- bunden werden kann, so daß jede Klaviatur ein besonderes Jnstru- ment zu vertreten vermag, so erhält man eine Vorstellung davon, daß auch das Telharmonium ein würdiges Produkt„des Landes der unbegrenzten Möglichkeiten" ist. Die Reinheit und Mannig- faltigkeit der Töne ist fo vollkommen, daß sogar gute Musiker einer Täuschung unterliegen, als ob die Töne von verschiedenen Blas- und Streichinstrumenten stammten. Es wird hinzugefügt, daß man mit dem Telharmonium sogar Töne erzeugen kann, die bisher noch nie zu hören gewesen sind; ob daZ auch zu den Vorzügen gehört, müßte man freilich erst durch Erfahrung entscheiden. Besonders merkwürdig aber ist die Behauptung, daß durch das Telharmonium Musik von der Stärke einer Geige oder eines Klaviers gleichzeitig an 1000 verschiedenen Stellen erzeugt werden kann und auf dieser Fähigkeit beruht wohl auch die Bezeichnung des Instruments als Ferubarinonium. Eine derartig« Anlage wird gegenwärtig in New Klork hergestellt. Uebrigens nimmt Dr. Cahill den Ruhm für sich in Anspruch, die Aufgabe, durch elektrische Dynamomaschinen mufi- kalische Töne zu erzeugen, von ihren Anfängen bis zur praktischen Verwertung gang allein gelöst zu haben. Humoristisches. Eisenbahnfibel.(Zur Erlernung der Vereinfachungen im Verkehr.) Der Vater will nach Kottbus. Er hat eine Fahrkarte Berlin�KottbuS . Die Fahrkarte nützt dem Bater nichts. Die Fahr- karte gilt für den Eilzug. Der Eilzug ist schon fort. Der Vater will in den Schnellzug steigen. Der Vater darf eS nicht. Ein Schnellzug ist kein Eilzug. Wenn man schnell ist, eist man nicht. Der Vater hat Eile und will mit dem Schnellzug. Das darf er nicht. Der Vater reißt sich ein Büschel Haare aus. Die Fahrkarte des Vaters hat keinen Längsstrich. Der LängS- strich ist rot. Der Bater braucht Zuschlagskarten. Es gibt Zuschlags- karten mit breiten Längsstreifen. Der Streifen ist gelb. Der Streifen ist manchmal grün. Der Streifen kann auch braun sein. Der Bater geht an den Schalter. Der Vater kauft eine Zu- schlagskarte. Der Vater hat einen braunen Streifen. Der braune Streifen gilt bis Lübben . Der Vater will nach Kottbus. Der Vater hat in Lubbeu nichts zu tun. Der Vater rennt mit dem Kopf gegen die Wand. Der Vater muß eine andere Zuschlagskarte haben. Er braucht einen grünen Streifen. Der Vater will eine Zuschlagskarte bis Kottbus. Eine Zuschlagskarte bis Kottbus gibt es nicht. Der Vater muß eine Zuschlagskarte bis Schleife kaufen. Der Vater will nicht nach Schleife. Der Bater hätte eine Saminelkarte nehmen müssen. Der Vater hat das nicht gewußt. Der Vater wird tobsüchtig. Man bringt den Vater in die Irrenanstalt Der Vater wird vom Wärter totgeprügelt. Der Bater kommt in den Himmel. Die Strecke nach den» Himmel ist über ISO Kilometer. Der Vater braucht hierzu keinen roten Längsstrich und keinen bunten Streifen und keine Sammelkarte. Der Vater frohlockt über diese Vereinfachung. — Droschkenkutscher. Die Wirtin: Kinder, spielt bloß nicht det Verbotene, mir jibt keener'o schwarzen Adler. wenn'S 'rauskommt 1_(„Luftige Blätter.") Lerantwortl. Redakteur: Hans Weber, Berlin ,— Druck u. Verlag: Notizen. — Im CharlottenburgerS ch iller-TH eate rlvird am Sonnabendnachinittag 3 Uhr„Wilhelm Teil" als Jugend- Vorstellung wiederholt. — Adolf Menzel wird in Zukunft in der N a t i o n a l- galerie noch besser vertreten sein. Zwei Pastelle„Hände" tourden erworben, ein Selbstbildnis des Meisters kam durch Geschenk in de» Befitz der Galerie. Das Knpferstichlabinctt wurde durch den Ankauf eines Steindruckes bereichert, der den Schauspieler Ludivig Devrient darstellt. — Staatliche Kunstsubvention. Was bei der staat - lichen Kunstförderung, wie sie heute im Schwange ist, herauskommt, beweist wieder einmal das Ergebnis eines staatlichen Wettbewerbes. Der für das Jahr 1907 auf dem Gebiete der Architektur und Malerei ausgeschriebene Wettbewerb um den Großen Staats- preis im Betrage von 3800 M. zu einer einjährigen Studienreise verlief wegen ungenügender künstlerischer Qualifikation der Bewerber ergebnislos. Das bedeutet eine amtliche Bestätigung dafür, daß der Akademiebetrieb und der bureaukratische Drill keinen Schuß Pulver wert sind. — Heinrich Heine hoffähig? Die Kaiserin Elisabeth von Oesterreich hatte mehr Geschmack, als sonst an Höfen zu finden ist. Auf der griechischen Insel K o rfu hatte sie sich ein durch Natur und Kunst gleich wundervolles TuSculunr, das sie A ch i l l e i o n nannte, errichten lassen. Ihre Erben haben diesen Besitz, von dem es bald hieß, es solle in ein Sanatorium verwandelt werden, bald aber, es werde als Spielbank eingerichtet, an den deutschen Kaiser verkauft. Im Parke deS Achilleion aber steht ein Heine-Tempel mit einem Denkmal de? Dichters, dem sein Vaterland bisher keine Stätte deS Ruhmes vergönnte. Alle guten Patrioten erwarten, daß der ftivole Spötter und ehrsiirchrsloie Sänger auch aus Korku vertrieben werde. Herr Bartels, der Heine moralisck», auch sonst noch um- gebracht hat, möge einen einen Aufruf erlassen. An Erfolg kann eS dabei nicht fehlen. — Die Jubiläumsaus st ellung der Stadt Mann- heim, die den Anlaß der 300. Wiederkehr der Stadtgrüudung be- mitzt, um eine internationale Kunst- und Gartenbauausstellung zu veranstalten, wurde am 1. Mai eröffnet. — Der kastrierte Löwe. An dem Löwen , der auf dem Kriegerdenkmal zu Biebrich an die 30 Jahre lang kriegerische Tugenden symbolisierte, ist nachträglich eine kleine Operation vor- genommen tvorden. Die Tugendbolde, die offenbar durch den An- blick der Mannhaftigkeit an ihre eigenen Schwächen allzu hart er- innert wurden, wußten es durchzusetzen, daß der Stein des Anstoßes weggemeißelt wurde. In dieser Zeremonie liegt ein tieferer Siim, als den Braven wohl selbst klar wurde. Der kastrierte Löwe ist das einzig paffende Symbol deS entmannten Bürgertums. Nur daß der Löwe dabei auch noch überflüssig ist. Die Tierschutzvereine sollten sich des mißhandelten Königs der Tiere annehmen. — Kost bare Geigen. Der kürzlich gestorbene englische Musiker Charles James Oldham nahm für sich den Ruhm in Anspruch, die vier kostbarsten StradivarinSgeigeu in der Welt zu besitzen. Die eine Geige hat der Verstorbene dem Staate hinter- lassen, wenn sich lein Käufer dafür finden sollte, der 00000 M. dafür bezahlt. Sie ist im Fahre 1090 gebaut und wurde 1794 für 1000 Fr. verkauft; 1888 wurden bereits 20 000 M. dafür gezaht. Eine zweite Geige, die Oldham den, Britischen Museum hinterlasien hat, dosiert von 1722, wurde 1830 für 4000 Fr. und einige Jahre später für 2S 000 Fr. verkauft. Außer den vier Geigen besaß Oldham auch ein Cello von 1700, das einzig in seiner Art ist. Eitglische und französische Blätter bellagen eS mit Recht, daß derarsige Meisterwerke des berühmten Geigenbauers verurteilt sind, stumm in ihren kostbaren Kästen zu ruhen, anstatt in den Händen großer Künstler Tausende zu entzücken. Die Manie der englischen Sammler, so hervorragende Instrumente bei sich aufzuspeichern und unter Verschluß zu halten, um nur gelegentlich ein« mal einem Auserwählten einen Bltck darauf zu gestatten, ist„ein stupider Egoismus, der an Wahnsinn grenzt". — Wie aus Pillen und— Dummheit Millionen werden. In London ist vor kurzem Thomas Beecham gestorben, der sich mit den von ihm hergestellten Pillen dank einer ins riefen- hafte gehenden Reklame einMillionenvermögen erworben hat. Welche Summen mit derartigen patentierten Pillen, Salben. Pflastern und Mixturen erworben werden können, davon gibt die Zusammenstellung einer englischen Zeitschrist eine lebhaste Vorstellung. Der luichtigste Faktor des Erfolges ist und bleibt die Reklame. Der Wert und Nutzen der Ware ist beinahe gleichgülsig. Thomas Holloway, der Besitzer der„Holloway Pills and Ointment' hinterließ 1583 bei seinem Tode außer einem großen Jmmobilienbefitz ein Barvermögen von 11927 000 M.; dabei hatte er noch für gemein- nützige Zwecke gegen 40 Mllionen gestiftet. Aber nicht nur mit Pillen kann man eS zu etwas bringen. Der Erfinder der„Con- supsion Cure" George Handyfide aus New Castle, der seines Zeichens ursprünglich ein biederer Schuhmacher war, hinterließ vor zwei Jahren 2 957 000. Nicht schlechter steht eS mit den patentierten Nahrungsmitteln; Fred Boden Benger verdiente sich mit seinem „BengerS Food" mehr als 20 Millionen und durch die auch in Deutschland bekannte„MellinS Nahrung" wurde C. S. Mellin zum mehrfachen Millionär. : Vorwärts Buchdruckerei u.VerlagSanstalt Paul Singer LcCo..Berlin S W.
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24 (3.5.1907) 85
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