und nicht minder dem Physiologen zur Anstellung physiologischchemischer Versuche dienen. Trotz dieser verhältnismäßig gutenErhaltung aber sind wir über die äußere Erscheinung des Mammutvielleicht noch nicht ganz ausreichend unterrichtet. So frappierendehemals die Kunde wirkte, daß das Mammut sich, zum Unterschiedevon den anderen Elefanten und zum Schutze gegen die nordischeKälte, einen dichten Haarpelz zugelegt hatte— so bemerkenswertwird auch eine andere, beinahe komisch anmutende Schutzvorrich-tung gegen Kälte am Mammutkörper sein, nämlich eine— Afterklappe. Es ist vielleicht noch erinnerlich, daß vor einigen Jahrendie Nachricht von einem aus dem Eise am Ufer der Beresowka her-vorgekauten Mammutkadaver die Blätter durchlief. Der Fundwar in mehrerer Hinsicht interessant, so z. B. durch den Nachweis,daß das Tier mitten im Fressen in eine Eisschlucht gestürzt und anden Verletzungen gestorben ist und dann einfror, noch mit Futter-restcn im Maule und Magen, die uns Aufschlüsse über die Pflanzen-decke und das Klima der Mammutzeit geben. Ueber den Schwanzdieses Tieres berichtet nun Professor A. Brandt näheres im„Bio-logischen Zentralblatt".Der Schwanz des Mammut gleicht nicht dem uns bekanntenpeitschenförmigen Elefantenschwanz, sondern er ist erstens kürzer,und zweitens ist seine obere, der Schwanzwurzel benachbarte Partiederartig verbreitert, daß man sie am ehesten mit dem aufgeblasenenNacken einer Brillenschlange vergleichen kann. Oberseits mit einerderben, Wohl auch behaarten Haut bekleidet, ist dieser verbreiterteTeil des Schwanzes auf der Unterseite zart behäutet und zugleichmit Fett weich ausgepolstert und derartig geformt, daß er sich vor-züglich in die Rinne zwischen den beiden Hinterbacken hineinlegt.Er deckt auf diese Weise, wie der Name Afterklappe besagt, die nichtganz kleine, 28 Zentimeter im Durchmesser betragende, hintereKörperöffnung und stellt offenbar eine wichtige Wärmeanpassungvor.Diese Afterklappe des Mammut wird auch noch für den Kultur-Historiker von Interesse sein. Im Paläontologischcn Museum des„Jardin des plantes" hebt man bekanntlich eine im Perigord an derDordogne gefundene Elfenbeinplatte auf, die eingeritzte Zeich-nungen vom Mammut aufweist und eins der schönsten Zeugnissekünstlicherer Betätigung des vorweltlichen, spätdiluvialen Menschenrepräsentiert. Man hat zwar die Echtheit dwses wertvollen kultur-historischen Dokuments mitunter angezweifelt, und tatsächlich hättenja die richtig dargcstellten-kleinen Ohren, die lange Behaarung undwas sonst für das Mammut charakteristische Eigenschaften sind, auchauf einer ziemlich geschickten, verständnisvollen Fälschung beruhenkönnen. Aber ganz abgesehen davon, daß recht wenig Grund zurAnnahme einer Fälschung vorhanden war und die Echtheit desFundstückcs vielmehr durch ähnliche Funde aus anderen Gegendennahegelegt wurde, kann Professor Brandt aufs deutlichste zeigen,daß der vorweltliche Graveur auch den Schwanz des Mammutsmit der charakteristischen breiten Afterklappe unverkennbar wieder-gegeben hat.Dies merkwürdige Organ war also schon dem Menschen derEiszeit aufgefallen und wurde vielleicht sogar von ihm nicht weniggeachtet. Professor Brandt meint nämlich, der Mammutfcttschwanzfei wahrscheinlich auf jenem Bilde übertrieben groß dargestellt, undgibt der Vermutung Raum, der Künstler habe sich durch gastrono-mische Sympathien leiten lassen, wie ja auch heutzutage derSchwanz des Fcttsteißschafes bei manchem M>lke hohen kulinarischenWert besitzt.Humoristisches.— Der Schenkkellner vor dem Allerhöchsten.Bei dem Begräbnis eines Privatier?, ehemaligen Schenkkellners,hielt der Geistliche(der Herr Pfarrer von der Au) eine Grabrede,die dem Gegenstand seiner Betrachtimg durchaus angemessen war.Zlinächst wies er darauf hin, daß der Verstorbene die heiligenSterbesakramente in würdiger Weise empfangen habe und fuhrdann fort:„Wenn man einen hohen Herrn besuchen will, so ist eSnötig, sich würdig darauf vorzubereiten, und jeder wird das auch tun.Umsomebr aber ist eine Borbereitung nötig, wenn man Vörden aller-höchsten Herrn treten muß; und dieser Vorbereitung hat der Ver-storbene Genüge geleistet durch wiederholten Empfang der heiligenSterbesakramente. Ist er so würdig dahingegangen, so kann man auchvon seinem Leben nur Gute? sagen. Man liest schon in der heiligenSchrift: Speiset die Hungrigen, tränket die Durstigen l Nun, er hatdie Durstigen getränkt— als Schenkkellner; hoffen wir nur, daß erihnen auch das richtige Maß gegeben hat N(„Münchener Post'.)— DaS verkannte Parfüm. Dame:„Die beiden Zimmerwill ich also für die Sommermonate nehmen. Ich sehne mich schonnach reiner Bergluft.' Bäuerin:„Das glaub' ich; die abscheulicheStadtluft hängt Ihnen ja am ganzen G'wand."— Verführerisch. Direktor de« Flohtheaters(zur Zu-schauerin):„Treten Sie etwa? zurück, Fräulein; mein erster Lieb-Haber hat schon ein Auge auf Sie 1"— VomKasernenhof. Unteroffizier:„Einjähriger, grinsenSie nicht so ironisch wie ein Abstinenzler, dem der Doktor das Bierverbietet."(„Meggendorfer Blätter.')Notizen.— Eine neue Operette:„Der fidele Bauer", deren TextViktor Leon beisteuerte, während die Musik von Leon Fallstammt, erzielte bei der Uraufführung in Mannheim starkenErfolg. Die Autoren kündigen an, daß sie die Wiener Operette neubeleben und echte Theaterstücke und echte Menschen aus die Bühnebringen wollen. Was daran ist, wird man wohl diesen Winter inBerlin nachprüfen können.— Die Tonkünstlerversammlung, die in Dresdentagt, beschloß, die nächstjährige Versammlung in München abzu»halten, eine Herausgabe der Gesamtwerke von Liszt bei Breitkopfu. Härtel zu veranstalten und für die soziale Besserstellung derOrchestermusiker einzutreten.— Der Schwachsinn des Weibes. Eine russischeStudentin wurde an der Berliner Universität zum Doktor derMedizin promoviert.— Der verbotene Sinclair. Auf Beschluß des Amts-gerichts B e rlin-Mitte hin wurde die Beschlagnahme von Sinclairsneuester Schrift industrial Republio" in der englischen Aus»gäbe angeordnet. Es sollen darin Beleidigungen des deutschenKaisers enthalten sein, die in der dentschen Ausgabe fehlen. Einliberales Blatt hatte die Aufmerksamkeit darauf gelenkt.— Deutsche Höflichkeit. Ein„höherer Beamter" be»schwert sich in einer Zuschrift darüber, wie unhöflich der Deutsche inseinem eigenen Lande von der Obrigkeit behandelt wird. Er ver-weist aus die Trinkhallen zu Ems, in denen eine Tafel kategorischerklärt: Nicht auf den Boden spucken, während in der danebenstehenden englischen und französischen Uebersetzung eine vielhöflichere Formel angewendet ist.„Diese verschiedenartigen Auf-schristen auf den Schildern in einem deutschen Bade, das unterköniglich preußischer Verwaltung steht, müssen besonders auf denausländischen Kurgast einen höchst merkwürdigen Eindruck machenund bei ihm gar den Glauben erwecken, daß der Deutsche eine„Bitte' nicht verstehen, wenigstens ihr nicht nachkommen würde, sodaß für diesen ein Verbot nötig sei. Jeden Deutschen müssen daherjene Aufschristen peinlich berühren. Mit Rücksicht hierauf und danicht der geringste Grund vorliegt, dem Deutschen weniger An-stand als dem Ausländer zuzutrauen, erscheint es geboten, diebezeichneten Aufschriften abzuändern und auch für die deutscheSprache die Form der Bitte anzuwenden."Wir können den Aerger des Zartbesaiteten begreifen, meinenindes, daß in unsere patriarchalisch-halbbarbarischen Zustände, dieAngehörige zivilisierter Nationen als vorderrussische bezeichnen, eintrügerischer Schein der Höflichkeit schlecht hineinpaßt. Jede Kulturhat ihre Formen, und wir haben die Obrigkeit, die da befiehlt.— Ein Aufstieg im Himalaja. In London sind nähereNachrichten über einen erfolgreichen Aufstieg zum Trisul-Gipfel inGarhwal-Himalaja eingetroffen, den Dr. Longstaff im Juni aus-geführt hatte. Nach mehreren Tagen des Anstiegs während einessehr schlechten Wetters gelangten die Reisenden zu einer Höhe von16 75V Fuß, in der sie ein Lager aufschlugen. Am 12. Juni brachDr. Longstaff um 5 Uhr in der Frühe mit seinen Führern aus, umden Trisul-Gipfel zu ersteigen. Um Mittag waren die Bergsteigerzu einer Höhe von 20 500 Fuß gelangt. Der Aufstieg ging auf10 Zentimeter tiefem Neuschnee verhältnismäßig leicht vor sich: aberes herrschte eine grimmige Kälte. Nach Ueberwindung eines letztensehr steilen Abhänge? wurde der Gipfel in einer Höhe von23 406 Fuß(7134 Meter) erreicht. Der Abstieg war sehr mühsam;ein eisiger Wind hob den Schnee auf und trieb ihn durch dieKleider. Kurz nach 7 Uhr abends kamen die kühnen Bergsteiger zuihren Gefährten zurück.— Duma heißt der russische Reichstag, der ebenso wie derdeutsche, wenn er unartig ist, einstweilen nach Belieben auseinander-gejagt wird. Mit dieser geineinsamen kläglichen Eigenschaft ist dieVerwandtschast aber noch nicht zu Ende. Denn wir haben das Wortauch in der deutschen Sprache, wo eS nur ein wenig anders ge-kleidet ist und nicht mehr selbständig verwendet wird. ES ist dieEndsilbe tum in Eigentum, Königtum usw., die im Althoch-deutschen tow, tuom lautete und„Tat, Urteil, Meinung, Gericht"bedeutete. Im Englischen kommt es in der Form ckoom(spr. dum)noch selbständig vor und ist— Erkenntnis, Gerichtsurteil. Eigentlich bedeutet das russische duma: Gedanke, Meinung, dann Wetter:Gesamtheit von Personen, die Meinungen über etwas austauschen:also: Rat.— N o w oj e W r e m j a. Jede? dieser beiden russischen Wörterwird auf der ersten Silbe betont. In dem ersten ist unschwer da?deutsche„neu", da? lateinische novus= neu zu erkennen; demzweiten liegt ein Stamm vart— oder vert— zugrunde. Zu vergleichenist da? sanskritische vart- man— Bahn, das lateinische vsrtsr»(— wenden; vgl. engl, to turn= wenden und werden), das deutschewerben und die Gegen-wart. Noivoje Wremja bedeutet: neue Zeit.Es ist der Name einer reakttonären Zeitung iu Rußland, die ausdiesem Grunde wohl besser:»Alte Zeit" hieße.Berantw.Redakt.: Carl Mermuth, Berlin-Rixdorf.— Druck u. Verlag:Vorwärts Buchdruckerei u.VerlagsanjtaltPaul Singer LcCo.. Berlin