allein. Und da ist ihre Klasse. Sie sprechen erst nicht, sie musternsich. Eine zeigt der andern eine Kette oder Schleife, macht aufihren feinen Hut aufmerksam, auf neue Stiefel.„Hast Du auchwelche gekriegt?" Die Uhr dort oben zeigt noch fünf Minuten vorder bestimmten Zeit, aber es ist schon durch Zählung erwiesen, daßalle da find. Und dann rollen die elektrischen Wagen mitden Plakaten„Bestellt" heran und es ist zwar ein buntesGekrabbel, aber doch größte Ordnung beim Einsteigen.Und wie fie nun alle nebeneinander gereiht find, froh und vergnügt,atmet Erna hastig.„Wie schön I wie schön!" flüstert sie AnnekenMüller zu, die in der Gemeindeschule neben ihr fitzt und ein nettesMädchen ist, was Großmuttchen und Muttchen auch glauben. Dannein Zeichen. Singen sollen sie, sobald der Wagen zu fahren an-fängt. Jetzt!„Der Mai ist gekommen, die Bäume schlagen aus."Ein Bißchen quietschiger als sonst, denkt Erna. Es ist aberherrlich! Viele Leute drehen die Köpfe nach all den fröhlichenKindern.-„Na, Erna, was soll's nun sein? gib Du mal ein Lied an!"sagt Fräulein Lorenzen, die ihr gegenüber sitzt. Sie ist ganz schnellmit der Antwort da:„Wer ist der beste Hirte? das ist der goldneMond I"„Das wollen wir bis zur Nachhausefahrt aufheben, mein Kind.Sag Du eins, Tina Genzell"Die ist ein langaufgeschofienes Mädchen mit einer hartenStimme und vielen großen Sommersprossen. Sie grinst mit dembreiten Munde und antwortet:„Ja man fährt gemütlich auf diePferdebahn."„Das Lied kennen die Andern wohl kaum", wehrt FräuleinLorenzen.„Doch, doch!"—„Ich kenn's von Batern I"—«Von mein'ngroßen Bruder." schwirrt es durcheinander.Fräulein Lorenzens Lippen verziehen sich, wie wenn sie lachenwollte, dann ist fie aber gleich wieder ernst. Und nun fallen siealle frisch mit ein:„Ueb immer Treu und Redlichkeit." Dazwischendenkt Erna an den Jungen aus dem dritten Stock, daß er Natur-forscher werden will. Was das wohl ist? Weim sie allein nebenFräulein Lorenzen steht, will sie fragen. Die weiß alles. Und siesollen immer nur fragen, hat fie auch gesagt. Der Herr Rektorweiß natürlich noch mehr, meint Anneken Müller, denn darum ist erHerr Rektor.(Schluß folgt.)kleines f ciullcton.Eine„Luftrcisc" in Deutschland vor 12« Jahren.„Wer dieEntdeckung der Luftballon: mit erlebt hat, wird ein Zeugnis geben,welche Weltbewegung daraus entstand, welcher Anteil die Luft-schiffer begleitete, welche Sehnsucht in so viel tausend Gemüternhervordrang, on solchen längst vorausgesetzten, vorausgesagten,immer geglaubten und nimmer unglaublichen, gefahrvollen Wan-dcrungen teil zu nehmen; wie frisch und umständlich jeder ein-zclnc Versuch die Zeitungen füllte, zu Tagesheften und KupfernAnlaß gab; welchen zarten Anteil man an den unglücklichenOpfern solchen Versuche genommen. Dies ist unmöglich selbst inder Erinnerung wiederherzustellen... Als der alte Goetherückblickend diese Worte schrieb, war die Zeit über die ersten Ber-suche der Luftschiffer bereits zur Tagesordnung übergegangen; diekühnen Pioniere, Charles, die Brüder Mvntgolsier, Pilätre deRoziers und Blanchard waren vergessen, und die Menschheit hattesich von neuem damit abgefunden, an den Erdboden festgebannt ihrLeben fortzufristen. 125 Jahre später schafft die Technik eineWiederholung der öffentlicken Erregung; in Berlin und in Parisdurchqueren lenkbare Luftschiffe die Atmosphäre, aber diesmalfinden die Winde die kühnen Eindringlinge in ihr Reich bessergerüstet. In diesem Augenblick, wo die Allgemeinheit mit wach-sender Erregung die neuen Siege im Kampf um die endgültigeEroberung der Lüste verfolgt, ist eine Schilderung eines Auf-stiegs aus der ersten Jugendzeit der Aeronautrk nicht ohne Reiz.Aus Regensburg ist uns eine fesselnde Broschüre vom Jahre 17L7erhalten, der Gustav Frehtag ein besonders anziehendes Kapitelin seinen Bildern aus der deutschen Vergangenheit widmete, die„Ausführliche Beschreibung der 28. Luftreise, welche Herr Blan-chard den 12. November 1787 zu Nürnberg unternahm und glück-lich vollzog. Mit vier Kupfcrtafeln begleitet." Die interessantekleine Schrift gibt ein anschauliches Bild von der Begeisterung, mitder der berühmte französische Luftschiffcr in Deutschland begrüßtwurde und von den großen festlichen Veranstaltungen, mit demder Rat von Nürnberg den Aufstieg vorbereitete. Von allenSeiten strömten die Fremden herbei, Illuminationen, Pechpfannenloderten durch die festlichen Nächte und der Rat sorgte eifrig, daßes den Gästen an Unterhaltung und Vergnügen nicht mangele.„Endlich kam der 12. November heran; es war ein festlicher Tag.Schon ein paar Tage vorher wurde beschlossen, keine Rathssessionzu halten, welches sich niemand zu erinnern weiß. Die mehrstenGewölber und Läden wurden nur früh oder garnicht eröffnet.Bey den drei Kirchen zu St. St. St. Lorenz, Sebald und Egidienwurden starke Wachen postiert, die beständig mit Patrouilliren ab-wechselten, und drei Thore blieben ganz verschlossen. Schon umThorauffchluß begaben sich eine Menge Menschen auf den Ort desSchauspieles, auf welchem in gewisser Entfernung viele Hütten undZelte errichtet wurden, worin alle Sorten von-Getränken undSpersen zu haben waren; in einigen derselben befanden sich auchMusikanten, und alles schien eine große Feyerlichkeit anzukündigen.Als gegen neun Uhr durch drei Böller das Zeichen zum Füllen desBallons gegeben wurde, befanden sich schon viele tausend Menschenauf dem Judenbühl, und nun kamen durch den HeroldsbergerSchanz-Posten und durch jenen beim Schmausen-Gartcn einsolcher Strom von Fußgängern, reutenden und fahrenden Per-sonen auf den Platz zu, daß derselbe bis zum letzten Signal einunabsehbares Feld von Menschen vorstellte." Die Witterung war„erwünscht", und zwar in demselben Sinne, wie heute für dielenkbaren Luftschiffe, die Luft bewegte sich kaum zum Bemerkensüdwestlich. Ausführlich wird geschildert, wie Herr Blanchard ge-schuftig schon von 1 Uhr morgens an beim Füllen des Ballonstätig war, und„mit einer solchen Munterkeit umhereilte, als ober bei der vergnügtesten Gesellschaft im Tanz begriffen wäre."Und dann„stieg er mit aller Gegenwart des Geistes, welche chnnie zu verlassen scheint, getrost nach höheren Regionen auf. Mansagt, er habe, wie er vor jeder Auffahrt zu tun pflegte, den Tagvorher kommuniziert". Es war etwa �12 Uhr, als zum Zeichender Abfahrt vier Böllerschüsse gegeben wurden und Trompeten.und Paukenschall ertönte..Majestätisch und sanftschnell war desAcronauten Emporschweben über den Verschlag heraus; er winkte,das an seine Gondel befestigte Seil loszulassen, und erlitt dabeynicht die geringste Erschütterung. Mit bangem Entzücken undfrohem Staunen über dies herrliche Schauspiel, war eine solchefeyerliche Stille verbunden, als ob kein lebendiges Geschöpfe aufdem großen Platze sich befunden hätte. So wie bei der schönstenWitterung der Rauch als eine Säule emporsteigt, so gerade stiegauch die von des Tages Helle erleuchtete und durchsichtig schci«nende Kugel mit dem nach sich ziehenden Luftschiffer auf. Vonder Höhe eines Thurmes warf er Papiere auf die Zuschauerherab..." Laut tönendes Vivatrufen und Händeklatschen scholldem entschwindenden Lustschiffer nach, als er mit zwei Fahnendie ihm Nachsehenden und die Stadt salutierte. Etwa eine halbeStunde vom Ort der Auffahrt hatte er die größte Höhe, erreichtund stand etwa 4800 Fuß über der Meeresfläche.„Von dieser ge-waltigen Höhe ließ der muthige Luftsegler den Fallschirm mitdem Hündchen herab, welcher so langsam niedersank, daß darüberfünf Minuten verflossen, bis das aeronautische Thierchen bei Thonan der Erlanger Straße auf einem Samenfeld wohlbehalten zurErde kam." Nach etwa dreiviertel Stunden sah man den Ballonziemlich schnell beim Boxdorfer Wäldchen herabsinken. Herbei»eilende Bauern ergriffen das herabhängende Seil, da sie aber„nicht französisch verstunden, so gab es eine artige Scene: Er riefihnen immer zu: en b�5, en bss, sie sollten niederziehen, um dieGondel zur Erde zu bringen; die Bauern hingegen meinten, siesollten das Seil auslassen, und waren just auf dem Punkt, solcheszu thun, als ihnen die anderen dazu kommenden Leute bedeuteten.sie müßten niederziehen und die Gondel mit den Händen er»greifen, sonst flöge das Ding wieder in die Höhe. In der Thaterstaunten sie über die Maßen, daß sie anstatt zu tragen, wie sieglaubten, unter sich drücken mußten." Von der jubelnden Mengeumringt, kehrte Blanchard zurück; er wurde„stehend in seinerGondel mit dem über ihn schwebenden und noch nicht entkräftetenBallon, welcher jetzt, da etwa der vierte Teil Luft herausgelassenwar, die Gestalt einer Birne hatte, nach der Stadt gezogen." Manspannte seinem Wagen die Pferde aus und„zog nach englischerSitte den kühnen Acronauten im Triumph daher durch die ganzeLänge der Stadt bis zum rothcn Roß. Im Schauspielhause aberwurde an diesem Tage ein„auf die Feyer der BlanchardischenLuftreise verfertigtes Ballet, betittelt:„Das Fest der Winde" ge-geben, wobei) das Opernhaus gedrängt voll war. Nach dem Schau-spiel giengs zur Tafel und Mascarade wieder ins rothe Roß,welche sich früh den 13. endigte..."Astronomisches.Wolken und Wetter auf fremden Planeten.Auch die anderen Planeten außer der Erde haben vermutlich ihreAtmosphäre, nur vom Monde ist eS ziemlich gewiß, daß er keineGashülle um sich hat, und das mag auch bei den kleinen Begleiternanderer Planeten, beispielsweise bei den Mars- und Jupiter-monden, der Fall sein, jedoch sind diese Himmelskörper zu weitvon uns entfernt, als daß sich bei ihrer geringen Größe genaueFeststellungen darüber machen ließen. Die interessanteste Atmo-sphäre hat jedenfalls der Jupiter, auf dessen Oberfläche sich ineinem großen Fernrohr Zonen und Flecke verschiedener Farbenunterscheiden lassen. Nun darf man sich keineswegs vorstellen, daßdiese Planetenatmosphären wie bei unserer Erde aus demselbenGasgemisch bestehen, das wir Lust nennen. Ohne Zweifel abergibt es auf dem Jupiter Stürme und vielleicht auch Regen undSchnee, wenngleich letztere möglicherweise nicht aus Wasser, sondernetwa aus flüssiger oder fester Kohlensäure bestehen. StändigeStürme werden auf dem Jupiter, wie der spanische AstronomSola in den„Astronomischen Nachrichten" behauptet, durch sehrkleine unsichtbare Monde veranlaßt, die den Jupiter in geringerEntfernung umkreisen. Diese vermuteten Trabanten, die auch mitdem schärfsten Fernrohr noch kein Menschenauge gesehen hat, ver-Ursachen gewissermaßen Flutwellen in den oberen Schichten derJupiteratmosphäre, wie unser Mond auf den Ozeanen der Erde.Diese Stürme finden aber nur in den äquatorialen Zonen desJupiter statt, und das ist den Astronomen auch sehr lieb, weil siesonst keine Möglichkeit hätten, die Zeit der Umdrehung des Planeten