„Der bei der Haussuchung bei uns war. macht die Sache besser, einfacher." stellte die Mutter einen Vergleich an.„Man sieht sofort, daß er ein Hund ist." „Es sind alle gar keine Menschen, sondern eine Art Hammer, die die Leute dumm schlagen. Instrumente, mit denen unsereins bearbeitet wird, damit wir für den Staat tauglich hergerichtet werden... Sind sehr passend dafür — tun alles, was von ihnen verlangt wird, ohne viel zu denken und zu fragen, wozu es nötig ist." „Hat noch dazu einen Bauch!—" „Ja, ja! Je feister der Bauch, je dreister der Gauch.. ... Endlich gestattete man ihr den Besuch; und eines Sonntags saß sie schüchtern in einer Ecke der Gefängniskanzlei. Außer ihr waren in dein schmutzigen engen Zimmer mit niedriger Decke noch einige, die ebenfalls jemanden besuchen wollten. Sie waren sicher nicht das erste Mal hier und kannten sich: träge und langsam entspann sich zwischen ihnen eine leise und wie Spinngewebe klebrige Unterhaltung. „Haben Sie gehört?" sagte ein starkes Frauenzimmer mit welkem Gesicht, die eine Reisetasche auf dem Schoß hielt. „Heute bei der Frühmesse hat der Dirigent einem Chor- knaben wieder ein Ohr eingerissen..." Ein bejahrter Mann in der Uniform eines verabschiedeten Militärs hustete laut und bemerkte: „Die Chorknaben sind immer solche Galgenstricke!" In der Kanzlei lief geschäftig ein kleiner, kahlköpsiger- Mensch mit kurzen Beinen, langen Händen und vorspringen- dem Kinn umher. Er redete unaufhörlich mit zitternder Stimme: „Das Leben wird immer teurer, davon werden auch die Menschen schlechter... Rindfleisch zweiter Güte kostet vier- zehn Kopeken, das Pfund Brot wieder zweieinhalb." Es kamen graue, ganz gleich aussehende Sträflinge in schweren Lederschuhen. Wenn sie in das halbdunkle Zimmer traten, blinzelten sie. Einer trug klirrende Ketten an den Füßen. Alles wickelte sich seltsam und unangenehm einfach ab. Alle schienen sich längst an ihre Lage gewöhnt zu haben, und die einen saßen ruhig da, die anderen paßten träge auf, die dritten aber besuchten korrekt und müde die Sträflinge. Das Herz der Mutter zitterte vor Ungeduld und sie blickte erstaunt iiber diese Einförmigkeit verständnislos ihre Umgebung an. (Fortsetzung folgt.) Oer Garten cles Laiibenboloniftcn. Au g n st. So sehr anch Prietzke sein Gedächtnis anstrengt, er kann sich nicht entsinnen, jemals einen so nassen Sommer als den gegenwärtigen erlebt zu haben. Das will schon etwas besagen, wenn auch Prützke entschieden noch nicht zu den sogenannten ältesten Leuten gehört, die so ziemlich einmal in jedem Jahre gegen den Ausspruch des Rabbi Ben Akiba , datz alles schon dagewesen sei, Stellung nehmen, indem sie etwas erleben, was angeblich noch nicht dagewesen ist. Im »nassen Dreieck" ist man ratlos, die Gärten drohen zu ersaufen und das Wasser läuft von selbst aus den Brunnenlöchern heraus. Prietzke hat der beginnenden Sintflut bisher ziemlich teilnahmslos zugesehen, denn seine Parzelle liegt am höchsten im nassen Dreieck, und während die Parzellen der beklagenswerten Mitkolonisten schon längst ersoffen find, stand bisher bei ihm alles gut. Nach den letzten Regengüssen mutzte Pritzke aber feststellen, datz nun auch bei ihm die Kartoffeln iin Boden zu faulen beginnen, und das wurmt ihn natürlich. Ein trockener und heitzer, also normaler Hochsommer, der allerdings an unsere Arbeitskraft Anforderungen stellt, uns zwingt, den Pumpenschwengel Abend für Abend tüchtig zu rühren und die Kulturen ausgiebig zu bewässern, ist einem zu nassen Sommer ent- schieden vorzuziehen. So manche Gewächse des Gemüsegartens be « dürsen zu gutem Gedeihen hoher Wärme, wie Bohnen, Tomaten, Gurken und Kürbisse, andere, wie Zwiebeln, Karotten und Kartoffeln, neigen bei übergroßer Nässe zur Fäulnis, deshalb ist es von so großer Wichtigkeit, bei Auswahl der Parzelle einem höher gelegenen, grundwasserfr'eien und durchlässigen Boden stets den Vorzug zu geben. Auf so beschaffenem Terrain habe ich meine Kulturen an- gelegt, die überreichen Niederschläge ziehen hier tadellos ab, die Obstbäume stehen schöner als je zuvor, manche Sorten sind über und über mit Früchten bedeckt und auch Gemüse- und Blütenpflanzen genügen höchsten Anforderungen. In diesem ganzen Sommer habe ich meine Gießkanne nur dann hervorgeholt, wenn eS sich um das Angießen frisch bepflanzter Beete handelte. Am schäd- lichsten wirkt die übergroße Nässe in schwarzem Moorboden, der das Wasser fast wie ein Schwamm aufsagt und sauer wird, während reiner Sandboden durchlässig wie ein Sieb ist. Seien nun aber die Verhältnisse günstig oder nicht, stets und unter allen Umständen ent» wickelt sich das Unkraut der reichlicher Bodenfeuchtigkeit zu einer Ucppigkeit, die es uns unbehaglich macht. Wo man Unkräuter über- Hand nehmen läßt, da gebe man nur jede Hoffnung auf befriedigende Ernte auf. Unkräuter wie Melde, Beschreikraut(Erigeron canadense) und Franzosenkraut(Galinsoga parviflora) ersticken bald alle Kulturpflanzen, saugen den Boden aus und erscheinen im folgenden Jahre zu Tausenden und Abertausenden, wenn wir sie nicht rechtzeitig vertilgen. Die beiden zuletzt genannten Arten stammen ans der neuen Welt, die den Gartenfreund auch mit manchem Schädling aus dem Tierreiche»beglückt" hat. Der Entwickelung tierischer und pilzlicher Schmarotzer ist ein nasser Sommer nicht günstig. Die Rosen sind in diesem Jahre frisch und wüchsig, wie selten zuvor, von Meltau und Rost, die uns in trockenen Jahren oft alle Freude an ihnen verleiden, ist kaum irgendwo eine Spur zu entdecken, doch leiden weiße, gelbe und rosa» farbige Rosenblüten unter den häufigen Niederschlägen; sie faulen vielfach als Knospen. Wo sich Anfänge der genannten Pilzkrank» heiten zeigen sollten, da bestäube man die Pflanzen bei Hellem. sonnigem Wetter mit'Schwefelblüte. Schädliche Raupen und Blatt- läuse, die im Vorsommer in so bedenklicher Weise auftreten, haben der ewigen Nässe nicht stand halten können. Unter allen meinen Blütenpflanzen machen mir in diesem Jahre meine wohlriechenden Wicken, die sogenannten in Südeuropa heimi» schen spanischen Wicken(Lathyms odoratus) am meisten Freude. Ich hatte rechtzeitig im Februar und April auf diese anspruchslosen Schlingpflanzen aufmerksam gemacht. In England, wo die Blumen» liebhaberei in höchster Blüte steht, hat man diese Wicken zu hoher Vollkommenheit gebracht; sie sind dort die Orchideen des»kleinen Mannes", d. h. des Arbeiters und Handwerkers, der sie„Lrvosti ?sa", süße Erbsen nennt, aber auch in den Gärten der Reichen haben sie Bürgerrecht. Ich habe mir auS England die übrigens sehr billigen Samen der zwanzig besten Sorten kommen lassen nnd diese im März kreis- förmig um Birkenreiser gelegt, die in den Boden gesteckt waren. Nach vierzehn Tagen gingen die Samen auf, und die Erbsen täuschend ähnlich sehenden Pflänzchen begrünten bald die kohlen Reiser. Im Juni begann daS Blühen, und seitdem schneide ich wöchentlich hunderte der mit je zwei bis vier Blüten besetzten Blumenstiele. Je mehr man schneidet, um in so reichlicherer Fülle erscheinen neue Blüten. Nur wenn man das Schneiden unterläßt, so daß die Samenbildung beginnt, so erschöpfen sich die Pflanzen. Während ich diese Zeilen schreibe, steht ein gewaltiger Strauß süßer Erbsen vor mir auf dem Schreibtisch; vor sechs Tagen habe ich diese Blüten geschnitten, noch immer prangen sie in tadelloser Frische und erfüllen das ganze Zimmer mit einem äußerst angenehmen und seinen Wohlduft. Es sind sogenannte Schmetterlingsblumen, wie wir sie von Bohnen. Erbsen, Goldregen, Ginster und anderen kennen, aber die Blüten aller dieser Pflanzen stellen sie durch ihren Duft, die Größe und die wechselvollen, zarten Farben in den Schatten. Prächtig sind die reinweißen, die cremegelben. rosafarbigen feuerroten, purpurroten, schwarzrotcn, violetten und ge- streiften Sorten. Wer diese Wicken in meinem Garten sieht, ist be» geistert von ihrer Schönheit, und obwohl ich jedem Besucher einen Strauß mit auf den Weg gab. ist von einer Abnahme des Flores noch nichts zu spüren. Von der Saat bis zum heutigen Tage haben mir die süßen Erbsen noch keine nennenswerte Arbeit gemacht; ich habe sie nicht einmal bewässert, nur hier und da eine losgelöste Ranke angeheftet, eine der über IV4 Meter hohen Blütensäulen, wenn die Reiser die Last des Blütensegens nicht mehr trogen konnten, durch Stäbe gestützt und die Beete durch Behacken unkrautfrei ge- halten. Hauptsache ist frühe Saat. Wo kein Schaden durch Mäuse zu be- fürchten ist, da lege man die Samen schon im Oktober sonst im Februar, spätestens anfangs März. Versuchsweise habe ich noch anfangs Juni eine zweite Aussaat gemacht, doch gelangen die Pflanzen nicht mehr zum Blühen. Die süßen Erbsen sind einjährige Pflanzen, die alljährlich erneut ausgesät werden müffen. Wer sein Gartenhäuschen oder seine Laube mit ausdauernden Schlinggewächsen beranken will, dem empfehle ich. namentlich flir östliche und südöstliche Lage, Schlingrosen und Waldrebe. Die schönste und reichblühendste aller mir bekannten Schlingrosen ist die Sorte Leuchtster» mit einfachen, starke Trauben bildenden, rosa- farbigen Blüten. Ich selbst habe die nach Osten gerichtete Vorder- stont meines Gartenhauses vor drei Jahren mit Wald- reben(GIsrnatis) bepflanzt, die nun alles, bis unter das Dach berankt haben. Seit anfangs Juli ist die ganze Front mit Tausenden von Blüten bedeckt. Die großblumigste Sorte tst Komana mit ganz hellblauen, sternförmigen Blumen von je 13 Zentimeter Durchmesser. Etwas kleiner und dunkler in der Farbe sind die Blumen von Xerxes , deren Blumenblätter auf der Rückseite je ein Heller Mittelstreifen ziert. Dunkelblau blühen die Sorten.JaoKmanrii und intregifolia Durandi, letztere nur vierblättrig, in der Form einem eisernen Kreuze gleichend, und purpur- rot die Sorte Vslutina purpurea. Es sei noch bemerkt, daß die edle Clematis nicht auS Samen oder Stecklingen gezogen werden können, sie werden unter Glas aus Sämlinge der bei uns wild- wachsenden Art, den sogenannten Hexenzwirn(CIsmatis vitalba), veredelt. Für direkte Südkage ist echter Wein die beste Be- kleidung. Meinen mit der Vorderfront nach Süden gerichteten Schuppen, der etwa 6 Meter lang und 8 Meter hoch ist, habe ich
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24 (3.8.1907) 149
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