Noch ungleich größer ist die durch das Abschmelzen der südpolaren EiSmassen im südlichen Eismeer erzeugte Eenergie, Aus der Pflanzenwelt. I s l ä n d i s ch e s M o o s. In den norddeutschen Heiden. Wie auch auf dem mageren Boden unserer Hochgebirge wird zwischen Heidelbeergewächsen und Steinen in großen Mengen ein bescheidener Bürger des Pflanzenreiches angetroffen, eine Flechtenart, die fälsch- licherweise als Moos, isländisches Moos, bezeichnet wird. In lappiger, blattartiger Gestalt überzieht es mit seinem olivenfarbenen Körper den Boden; ohne sich besonders hervorzudrängen, nimmt es mit den bescheidensten Plätzen fürlieb. Man muß es suchen. In großen Massen gedeiht diese Flechte in Island  , und dort dient sie auch als Zusatz beim Brotbaclen i desgleichen wird von den Isländern aus diesem Gewächs eine Art Grütze bereitet. Die hmiptsächlichste Werwendung findet das isländische Moos fedoch zum Stärken und Npprettiercn von Gewebestoffen. Die Flechtenstärke läßt sich leicht als gallertartige Masse durch einfaches Abkochen gewinnen. Die Arznei- künde schätzt diese Flechte als ein vorzügliches Mittel gegen allerlei Luugenübel. Der Hauptbestandteil der verschiedenen Brusttee-- arten ist jedesmal isländisches MooS, das auch Lungenmoos oder Lungenflechte genannt wird. In den schlesischen Bergen der Glatzer Gegend wird' die Pflanze eifrigst gesammelt. Frauen und Kinder kämmen mit kleinen Handreche» den lederartigen Flechtenkvrper aus dem Heidcgestrüpp heraus und verkaufen die Pflanzen dann sackweise an die Aufkäufer. Der botanische Name dieses Gewächses lautet Ootrarm islandica. Eine andere Flechtenart, die gleichfalls isländisches Moos ge- nannt wird und die unter dieser Bezeichnung seit einigen Jahren einen lebhaften Handelsartikel für Blumengeschäfte und Kranz« Kindereien bildet, ist eine Cüaäiuia- Art. Ob es sich dabei� uin Clacloiim ranginifera, die Renntierflechte, handelt, sei dahingestellt. Diese Pflanze unterscheidet sich von der ersteren wesentlich. Ihr Bau ist strauchartig, sehr verästelt und aufrecht wachsend; die Farbe ist ein silbriges Grau. Der Körper ist ungemein hygroskopisch, daL heißt er nimmt leicht viel Wasser auf und fühlt sich dann weichfilzig an. Getrocknet ist der Körper sehr spröde, er läßt sich dann leicht zerbröckeln. Was die Blumengeschäfte von diesen Pflanzen verarbeilen, das kommt über Lübeck   aus Schweden   in den Handel. Dieselbe Pflanze, oder wenigstens eine ähnliche Art gedeiht auch in unseren Heiden, doch bleibt sie hier niedriger und die Farbe ist schmutzig grau zu nennen. Darum ist die bei uns heimische Pflanze für das Blumengeschäft auch wertlos, auf keinen Fall kann sie'mit dem aus Schweden  kommenden isländischen Moos konkurrieren. Was von! dieser Pflanze in den Heiden unserer Niederungen gedeiht, sso beispielsweise in Schleswig-Holstein  , kann die Nenntierflechte nicht sein, denn diese soll nach Angabe der Botaniker nur in den höheren Gebirgen anzu- treffen sein. Es muß sich also um eine verwandte Art handeln. Das im hohen Norden die Hauptmaste der Vegetation ausmachende RenntierinooS bildet wegen seines hohen Gehaltes an Flechtenstärke oft die.einzige Nahrung des Nenntiers. Humoristisches. In einer am Landgericht X..anhängigen' Zivilsache   hatte eine Partei Beschwerde zum Oberlandesgericht eingelegt und deren Erledigung als äußerst dringend dargestellt. Kaum hatte der Bericht- erstatter deS Oberlandesgerichls das Aktenstudium begonnen, da ent- deckte er oh Entsetzen! auf Blatt S   eine Bleistiftzeichnung, ein Münnlein, das seine Entstehung nur dem Spieltrieb und der Respektlosigkeit eines.Vorderrichters' verdanken konnte. Das Ver- brechen schrie zum Himmel. Eiligst wurden die Akten ans Land- gericht zurückgesendetbehufs Berichterstattung, wie es komme, daß sich auf Blatt ö der Akten ein Männlein befindet.' Der Landgerichtsrat, dem die Berichterstattung übertragen wurde, erkannte sich selbst als den Uebeltäter, aber statt seine Schuld zerknirschten Herzens zu bekennem nahm er einen Radier­gummi, und bald.liefen' die Akten wieder ans Obergericht aus .mit dem Beifügen, daß sich auf Blatt 6 der Akten lein Männlein vorfindet". Der strenge Zensor am hohen Gericht traute seinen Augen kaum: das Männletn auf Blatt ö war verschwunden! Wütend setzte er sich hin und schrieb aus das letzte Aktenblatt: Beschluß. Gehen die Akten von kurzer Hand zurück an da? K. Land- gericht 3£. behufs schleunigster Untersuchung und anheriger Bericht- erstatwng, wo daS Männlein auf Blatt ö der Akten geblieben ist.' Schneidigkeit in Tirol. Wirt lzu einem Fremden, der sich darüber beschwert, daß er mit seiner Familie keinen ordent« lichen Platz bekommt): Aber ich bitt' schön, an dem Tisch da hat doch a jed's von Eahna Platz genua. Fremder: Es ist vollständig unjehörig, von mir und meiner Familie den Ausdruck zu jebrauchen: a jed's. Wisten Sie, mit wem Sie cS zu tun haben? Ich bin der dritte Staatsanwalt von Kötzschen- broda. Verstanden? Eh? l.Jugend.') Stotize». Das Kokottendrama scheint berufen, dem Verbrecher- und Detektivdrama unseligen und immer wieder erneuerten An- Berantwortl. Redakteur: Hans Weber, Berlin. Druck u. Verlag: edenkenS Konkurrenz zu machen. Vielleicht erleben wir eS noch, atz beide den Bühnenmarkt unbestritten beherrschen. Vorläufig freilich ist das sensattonelle Verbrecherstück noch über- legen. Ein rührseliges Machwerk, daS in einer trostlosen Verballhornung des leider zu den verbreitetften Büchern Deutschlands   zählenden.Tagebuches eines Verlorenen' besteht, wurde am Sonnabend im Zentral-Theater einem nicht ganz unsachverständigen Publikum vorgeführt. Wir haben keinen Anlaß, uns'mit diesem Mißbrauch eines Werkes, das immerhin psychologisches Interesse bot. weiter zu beschäftigen, und begreifen es nicht, daß Margarete Böhme  , die Verfasserin des.Tagebuches", diesem Bearbeiter zu dieser Verarbeitung die Erlaubnis geben konnte. Oder mußte sie notgedrungen gute Miene zum Sensationenversuch machen, der erfreulicherweise nicht recht gelang? Bonn   braucht jedenfalls die Konkurrenz dieses Kokottendramas in seinem keuschen Theater, für das er ein neue? Detektivstück er- sonnen hat, nicht zu fürchten. Brief nlarkenkapital. Wie groß das in Brieftnarken« sammlungen angelegte Kapital ist, dürfte manchen in Erstaunen setzen. Eine englische Zeitung schätzte es nämlich auf 20 Millionen Mark, deutsche.Fachleute' schätzen eS auf den doppelten Bewag. ES gibt einzelne Sammsimgen, die auf mehrere Millionen Mark ge- wertet werden, eine Pariser   zum Beispiel auf S Millionen Mark, eine Leipziger wird aus l Million Mark geschätzt. Aesthetische Werte spielen bei diesem Sport keine Rolle, nur der SeltenheitS- und Spekulationswert entscheidet. Gar mancher betreibt diesen Saminel« spart rein zu kapitalistischen Zwecken. Er spekuliert in Briefmarken, wie ein anderer in Effekten. Die Chancen scheinen nicht schlecht: manche Marken haben in einigen Jahren ihren Preis verzehnfacht. Vielleicht empfiehlt noch einmal ein Menschenfreund daS Brief« markensammeln als neue Lösung der sozialen Frage. Wie aus einer ehrenwerten Hand eine ver- brecherische wurde. Cesare L o m b r o s o hat die Lehre vom Verbrecher nach der anthropologischen Seite ausgebaut, indem er einengeborenen Verbrecher" konstruierte. Nicht das soziale Milieu sondern die angeborenen Eigenschaften, die sich auch äußer« lich in bestimmten Merkmalen nachweisen lassen sollten, so am Schädclbau, sollten das entscheidende sein. Diese Lehre ist in ihrer Einseitigkeit wisteuschaftlich nicht haltbar. Zu ivelchen Blamagen sie unter Umständen führen kann, zeigt ein Vorfall, besten Opfer Lombroso   selber wurde. Lombroso  fühlte den Drang, zu der Affäre des Kindermörders Soleilland, der vor einigen Tagen in Paris   zum Tode verurteilt wurde, das Wort zu ergreifen. Unter der sensationelle» UebcrschriftDer faunische Mörder und die Anthropometrie' brachte ein Pariser   Blatt zwei Photographien der rechten und linken Hand deS Mörders und be- richtete, daß Bertillou die Hände des.Monstrums' gemessen und aufgenommen habe. Die Aufnahmen kamen Lombroso   iu die Hände, und er begann sie zu studieren. Das Ergebnis seiner Forschungen legte er in einem Briefe au eine Pariser Zeitung nieder. Auf Grund genauester Untersuchungen hat Lombroso   herausgefunden, daß die Rechte so starke Entartungserscheinungen aufweist, daß eine krank- hafle Veranlagung SoleillandS unzweifelhaft sei. Lombroso  fand Linien, die ein charakteristisches Merkmal für Epilepsie. Idiotie und Verbrechertum sein sollten. Im Gegensatz zu den französischen   Gelehrten, die einstimmig die ZurechnungS- fähigkeit SoleillandS bestätigt haben, vertrat Lombroso   die Uu- zurecknungsfähigkeit des Mörders. Der italienische Gelehrte konnte freilich nicht ahnen, daß er dabei das Opfer der Sensationspresse geworden war. Denn diese Hände, aus denen er die krankhafte ver- brecherische Veranlagung SoleillandS so unzweideutig und un« anfechtbar festgestellt hat, waren gar nicht die Hände deS Mörders; sie stammen von zwei höchst ehrenwerten, braven Arbeitern, deren Hände Bertillou vor zehn Jahren zu Studienzwecken photographiert hatte. Um einen zudringlichen Reporter loszuwerden, hatte Bertillou, der Vorstand des anthropomewischen Bureaus, ihm die Photographien gegeben, und diese avancierten nun zu den Händen des jüngsten Sensationshelden der bürgerlichen Preste Frankreichs  , des Mörders Soleilland. Der größte Tunnelbau, den die Geschichte der modernen Technik kennt, wird in der nächsten Zeit bei Marseille  in Angriff genommen werden. Diese Stadt soll mit der Rhone  durch einen Kanal verbunden werden ein Werk, das für das wirtschaftliche Leben von ganz Südfrankreich   von größter Bedeutung ist. Zwischen der Stadt und dem Strom erheben sich aber die ziemlich hohen Hügel von R o v e, durch die ein Tunnel gebohrt werden muß. Die Länge de? unterirdischen Wasserlaufs wird 7KiIometer befragen. An Länge wird dieser Tunnel von anderen übertroffen, aber nirgends war bisher die Mäste des zu entfernenden Erdreichs so groß. Der Tunnel wird, um zwei Schiffe nebeneinander passieren zu lassen, 22 Meter Breite bekommen. Die Höhe wird 14,20 Meter betragen. Im ganzen werden 2 ISö 000 Kubikmeter Erde weggeschafft werden müssen. Beim Simploutunnel, der mit seinen 21 Kilometer Länge alle anderen übertrifft, betrug die Erdmenge nur 1038 400 Kubik« meter, da seine Breite nur 8,40 Meter, seine Höhe 6 Meter ist. Der Marseiller   Kanal soll in 7 bis 3 Jahren fertiggestellt sein. Seine Kosten werden auf 7S Millionen. die deS Tunnels auf 34,/i Millionen veranschlagt. ; Vorwärts Buchdruckerei u.VerlagSanstaltPaul Singer L-Eo.. Berlin   31V.