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Wirst Du noch lange fnurren? Hast mir schon genug großen Stiles nach. Braucht der Gouverneur Geld, fo Bes auftragt er feine Juden" mit der Beschaffung. Meist zugefett, fönntest jest aufhören." Der Kleinrusse streckte auf dem Fußboden beide Füße finden sich auch an den Halteplägen der Karawanen eine oder feitwärts vom Samowar aus und sah ihn an. Die Mutter mehrere Judenfamilien, die mit dem Privilegium, dort zu wohnen, das des Handels verbinden. Ein großer Teil der marokkanischen stand in der Tür und hatte den Blick freundlich und traurig Juden liegt dem Handwerk ob, das sie mit Geschicklichkeit handauf Andrejs runden Nacken und seinen langen gebogenen Hals haben. In Milnas z. B. ruhte der gesamte Kleinhandel und das geheftet. Er warf den Kopf zurück, stüßte sich mit den Händen Kleingewerbe in ihren Händen." Butile reiht sich an Butike, oft geauf dem Fußboden, fah die Mutter und den Sohn mit etwas nügt auch eine aufgespannte Matte, um eine Werkstatt zu etablieren, geröteten Augen an und sagte halblaut: wo sie dann den ganzen Tag mit großer Emsigkeit hocken und sich selten von ihrer Arbeit stören lassen. Schuhmacher und Schneider, Schmiede, Tischler, Gold- und Silberarbeiter, Seidensticker usw. sind fast ausschließlich hispanische Juden." Obwohl in einer Gesamtzahl von zweifelsohne 80-100 000 über das Land verbreitet, genießen sie nach dem Gesetze des Koran teine bürgerlichen Rechte und sind als Schuggenossen lediglich geduldet.
Ihr seid gute Menschen... Ja!"
Pawel beugte sich nieder und ergriff seine Hand. Berr mich nicht!" rief der Seleinrusse dumpf. wirfst mich um.
Du
Was schämt Ihr Euch?" sagte die Mutter schwermütig. Solltet Euch einen Auß geben... Euch fest umarmen, fest.
"
Willst Du?" fragte Pawel.
Meinetwegen," erwiderte der Kleinrusse und erhob sich. Aber Pawel sant auf die Knie und sie umarmten sich schweigend einen Augenblick. Zwei Seelen und ein Gedanfe, der in beiden gleichmäßig brannte und sie mit dem Gefühl tiefer Freundschaft erwärmte.
Ueber das Gesicht der Mutter flossen Tränen der Erleichterung. Sie trocknete sie und sagte verwirrt:
" Frauen weinen gern... vor Stummer und vor Freude stets weinen sie!..."
Von ihrem schenen Auftreten in den Straßen der Stadt sticht ihr Benehmen in der Mellah wesentlich ab. Hier tragen sie nicht nur das Selbstbewußtsein des wohlhabenden Mannes zur Schau: sie fleiden sich in reiche Gewänder, und zumal die Frauen tragen sehr wertvolle, reich in Gold gestickte Kleider, alte Erbstücke, die feit Jahrhunderten in derselben Familie fich befinden", sowie große Stücke Gold- und Silberschmuck. Maffen von Gütern sind in der Mellah aufgehäuft, um die den ganzen Tag ein lautes Schachern und Handeln geht. Die gedrückte Stellung schlingt ein Band der Gemeinsamkeit um alle und die Bereitwilligkeit, sich gegenseitig zu unterstützen, ist groß; ,, nie wird man einen Juden völlig zugrunde gehen lassen." Die jüdischen Frauen tragen das Gesicht unverschleiert, doch bedecken sie den Kopf mit einem seidenen Tuch, um die Berücke zu verhüllen, die sie vom Tage der Verheiratung an tragen müssen, da ihnen bei der Hochzeit das Haar abgeschnitten wird. Die Vermählungsfeierlichkeiten tragen ein altes absonderliches Gepräge. Jm Hause der Eltern auf einem Bette sigend wird die Braut von ihren Verwandten geschmückt im Beisein einer großen Anzahl geladener Gäfte. Sit fie aus dem hohen, mit Gardinen verhüllten Bett hinausgetragen Die Vorgänge, die sich während der letzten Tage in feinen worden, so muß fie die Augen ständig geschlossen halten. die Perücke Hafenstädten abspielten, haben Marolto in den Vordergrund des Alte Frauen legen ihr dann den Kopfput an, Interesses gerückt. Die Erbitterung der Eingeborenen richtete sich und eine Menge hoher schmaler, aus goldener und fülberner Zwischendurch erheben die
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( Fortsetzung folgt.)
nicht nur gegen die Europäer, sondern auch gegen die Juden. Filigranarbeit bestehender Bylinder. Weiber bon Zeit zu Beit ein eigentümliches Geschrei,
des Landes in allem wesentlichen noch heute zu.
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Marotto steckt noch in jenem Zustand von Halbkultur, der ungefähr während die Schwestern und die Freundinnen der Braut dem entspricht, welchen unser Mittelalter aufzuweisen hatte Dann wird die Braut Damit ist auch die soziale Stellung der dortigen Juden annähernd unter Gesängen Tamburins schlagen. bemalt. Die Augenbrauen werden geschwärzt, die beiden gekennzeichnet. Wir legen im folgenden die Schilderungen des mit Wangen Auf der Reise nach TimForschungsreisenden D. Lenz zugrunde. je einem großen roten Flecken versehen und der übrige Teil des Gesichts weiß gepudert. Ist diese buktu, das seit Heinrich Barth ( 1854) fein Europäer mehr betreten hatte, durchzog er( 1880) Maroffo von Norden nach Süden in seiner Stundenlang währende öffentliche Ausschmückung vollendet, so ganzen Ausdehnung. Seine Schilderingen treffen auf die Bustände tragen einige Männer die Braut auf einem Stuhl aus dem Haus ihrer Eltern in das des Bräutigams, wobei die Jugend beiderlei Geschlechts laut lärmt und fleine Wachskerzen in den Händen hält. Zur Zeit unseres Reisenden war die arabische Bevölkerung in Tanger Am nächsten Morgen findet dann die eigentliche Uebergabe der bereits völlig abhängig von der christlichen, die nahezu die Hälfte Braut an ihren zukünftigen Mann statt. Bei streng orthodoren der Stadtbewohner ausmachte und der die Mohammedaner„ Verdienst und Arbeit verdankten". Daher wohnten hier auch die Juden mit Juden soll noch ein weiterer Brauch bestehen. Der Mann darf an den übrigen Ortsinsassen untermischt, wie sie überhaupt in den Küsten - dem der Feierlichkeit folgenden Morgen mur furze Zeit mit seiner städten unter dem Schutz der Konsuln größere Freiheit genoffen und Frau allein sein. Dann wird diese in ein Bad geführt und in das genießen. In den Städten des Innern ist dies nicht der Fall. Sie Elternhaus zurückgebracht. Erst nach weiteren vierzehn Tagen kommt hausen dort in einem besonderen Quartier, der Mellah, die wie der der junge Ehemann in den unverkümmerten Besitz seiner Gattin. europäische Ghetto seit der zweiten Hälfte des Mittelalters- abends durch Nach dem Koran besteht in Marokko noch das Gesetz, das das besondere Tore geschloffen wurde. Einzelne Mellahs schildert der Reisende Binsnehmen verbietet. Um so größer ist, wie das auch im euroals ausgedehnt, aber mit engen, schmutzigen, übervölferten Straßen. päischen Mittelalter der Fall war, das Privilegium des Juden auf Ausgesaugt von den Großen, verachtet vom Bolle, führt der Jude diesem Gebiet. Die Rücksichtslosigkeit bei ihren gewinnbringenden das Dasein eines harten und zähen Kampfes. Es gibt für den Handels- und Wuchergeschäften, ihr fefter Zusammenhalt und die strengen Gläubigen Marokkos nichts Verächtlicheres als das Wort moralische Unterstützung, die sie sich gegenseitig gewähren, ihr Jhudi, eine Verachtung, die in allen Kreisen der Bevölkerung hervor Familienleben, das trotz der engen, schmutzigen Quartiere anscheinend tritt, so daß sich der ärmste Laftträger oder Negersflave für un- glücklicher ist, als das der reichen Mauren mit ihren Harems, wedt Haß und Neid. endlich höher stehend hält, als einen Jsraeliten." Außerhalb der Sklaven und Eunuchen: all dies Mellah erscheint der Jude in dürftigster und schmutzigster Kleidung. Trogdem genießt der Jude in ruhigen Zeiten einer relativen denn er will den Schein des Reichtums vermeiden, um nicht Sicherheit von Person und Eigentum; was ihm die Mächtigeren die Habsucht zu weden. Schen und gebückt schleicht er nehmen, bringt der Wucher reichlich wieder ein, und selbst die ärgsten längs den Häusern hin und meidet vorsorglich die Straßen, in denen Härten der Judensteuer, die von dem Aeltesten des Quartiers auf fich eine Moschee befindet. Jenseits der Tore seines Quartiers die einzelnen Familien umgelegt wird und für die die Mellah solidarf er, ob Mann, ob Frau, nur barfuß sich blicken lassen. Es darisch haftet, lassen sich durch Geschenke an die bestechlichen Beamten macht einen merkwürdigen Eindruck, alte echt biblische Gestalten mit mildern. Anders aber verhält es sich, wenn die religiöse Leidenschönem Kopf, oder Frauen, deren Männer ein Vermögen von schaft des Mauren erwacht. Lenz erzählt einen Vorfall, der sich Hunderttausenden haben, die Pantoffeln unter der Dichellaba ver- während seiner Anwesenheit in der Hauptstadt zutrug. Ein Jude borgen, sich ängstlich durch die maurischen Bazare drängen zu sehen." batte irgend eine Affäre mit einer maurischen Frau, mag es fich Und doch ist der Jude trotz seiner äußerlich gedrückten Lage in um einen Streit, eine Liebesgeschichte oder sonst etwas geMarotto unentbehrlich. Für die Mächtigen ist sein Reichtum eine handelt haben, was sich nach dortigen Ansichten ein Jude gegenstets sprudelnde Quelle, aus der sie mit vollen Händen schöpfen. über einer Gläubigen nicht erlauben darf". Ein Angehöriger nahm Ohne den Juden würde Handel und Wandel ins Stocken geraten. sich der Frau an und setzte den Juden zur Rede. Es tam zu einem Ein sehr großer Teil des Handels ruht in ihren Händen, be- heftigen Streit, in dessen Verfolg der Jude den Mohammedaner er sonders der Import und der Export. Viele der Jhudi sind daher schoß. Er wurde nebst einem Verwandten gefangen gesetzt und trotz wohlhabend. Neben dem regelrechten Handel aber treibt der marof- der Berufung auf einen europäischen Konsul der wild erregten Volkstanische Jude umfangreiche Buchergefchäfte, was naturgemäß den menge ausgeliefert, die ihn während der Nacht zu einem schauerlichen Haß der ärmeren arabischen Bevölkerung gegen ihn steigert. Denn Autodafe schleppte. Die Beteiligung des Volkes hieran war eine diese lebt in sehr dürftigen Verhältnissen, und tommt jemand in der außerordentliche und die ärmsten Leute gaben ihre letzten Stüde Flus Bedrängnis zum Juden, so mußt dieser die Notlage in der Mehrzahl Kupfergeld her, um so das ihrige zur Verbrennung eines berder Fälle in rücksichtsloser Weise aus. Auch Pfandleihanstalten haßten Juden beizutragen. werden vielfach von Juden gehalten; sie werden besonders von Bei Kultfesten, namentlich bei den Umzügen der religiösen arabischen Frauen in Anspruch genommen, die ihren Schmud Orden, bleiben die Tore des Judenviertels geschlossen und ohne versezen. Daneben geht der Jude dem Geldvermittelungsgeschäft Lebensgefahr würde kein Jsraelit sich auf die Straße wagen. Unser