»Ob wir uns denn nu im Leben wiebersehn?* fragte Schmidt schwermütig, als sie so im Kühlen saßen. .Ja. ial Der Kriech I Der dämliche Kriecht seufzte ein zweiter.»So jemütliche Leute, die Oeftreicher! Js's nu nich schade, daß wa nich beisammenbleiben können?" Wahr is I" bestätigte Pader. und die beiden anderen Schwaben nickten. Indem kam ein tschechischer Bauer des WegeS. Er führte einen Wagen mit zwei Kühen und erschrak gewaltig, als er die Soldaten im Busch erblickte. Bleich hing er an der Lettleite und glotzte um die Wette mit feinen Kühen. Korporal Enzinger hatte das zehnte Dienstjahr hinter sich und onnte fich natürlich, wie alle alten Soldaten armeeslavisch der- ständigen. Er begann auch gleich ein Gespräch: He, guten Tag dobar danl14 rief er kroatisch und setzte ruthenisch fort:Kuta wy idschotsohe Wohin des Weges?" Polnisch slovenisch-- tschechisch alles durcheinander, bis der Bauer endlich Laut gab und genug erzählte. Und was tat der treulose schwäbische Schlaufuchs Enzinger? «Brider," sagte er,»indem, daß bei Aich Praisen alles hin is Oes seid's g'schloga so g engen mir z'ruck." Sprach's und mar­schierte mit seinen Leuten auf und davon I Als die arme Hegerin spät am Abend heimkehrte, traute fie ihren Augen nicht: alle Zivilkleider ihres seligen Mannes hatten ihr die verdammten Soldaten gestohlen! Vierzehn Tage später waren Enzinger, Pader und Pfirter nach mannigfachen Fahrten und Fährnisien glücklich bei ihrem Regiment. Sie erzählten dort, sie kämen aus preußischer Gefangenschaft und hätten sich selbst ranzioniert. Sie wurden viel beftagt und an- gestaunt. Der Herr Oberst ließ fich fie zum Regimentsrapport vor- führen und klopfte jedem besonders aus die Schulter. kleines f emllctoii* Ein Gang durch das zerstörte Eafablanca. Von der Ver- Wüstung Cafablancas und dem furchtbaren Blutbad, das sowohl durch die Geschosse der Franzosen als durch die Blutgier der plündernden Araber angerichtet wurde, gibt der bekannte englische Korrespondent Charles E. Hands eine erschütternde Schilderung. Ich durchwanderte heute(Sonnabend) die Stadt und die Um- gcbung. Selbst San Francisco nach dem Erdbeben bot nicht ein solches Bild des Schreckens; denn dort war bei Vernichtung allen Eigentumes doch nicht jener furchtbare Eindruck von menschlichen Leiden, Armut, Tod und Mord vorherrschend, wie in dieser un- glücklichen maurischen Stadt. Mich begleitete ein französischer Marine-Offizier, der während des großen Ausbruches des Moni Pelee in Martinique gewesen war. Auch er mutzte gestehen, daß Casablanca unendlich gräßlicher gewesen. Mit Ausnahme des kleinen Distriktes, der innerhalb der Schutzzone der kämpfenden Konsulate lag, ist die Stadt zwar nicht völlig zerstört, aber aus- geplündert, ausgeraubt und ausgemordet. Keine Wut entfesselter Elemente, keine Explosion, kein Lavaausbruch, kein Erdbeben kann solche Verheerung anrichten, wie hier die Menschen. Denn während die Geschosse der Schiffe auf die Stadt niederhageltcn, plünderte Raubgesindel die wehrlose Bevölkerung, und die wilden Araber mordeten und raubten, was ihnen in den Weg kam. Voll Ent- setzen floh die Mcnye vor den einschlagenden Granaten, aber die in die Stadt eindringenden Araber setzten der Flucht eine un- überwindliche Schranke. Wieder zurück eilte die fassungslose Menge und geriet dann in das Feuerbereich der spanischen Frei- willigen. Wieder fortstürzend wurden sie von anderen Flüchtigen gedrängt, stürzten und wurden von der Masse tot getreten. In der ganzen Stadt bin ich umhergegangen, aber außerhalb der von den schwachen, am Montag gelandeten Truppen beschützten Teile fand ich kein einziges Haus, keinen Laden, keine Wohnung, weder bei Mauren noch bei Juden, weder bei Reich noch bei Arm, die nicht völlig verwüstet wären. In Trümmern liegt alles Haus- gerät, Töpfe und Teller, Stühle und Spiegel bunt durcheinander. Es scheint, daß bei den Arabern Plündcrungslust und Zerstörungs- Wut um den Vorrang stritten. Durch die Häuser wälzten sie sich, alles vernichtend und überall Beute witternd. Man sieht, wie sie allerlei Gegenstände mitschleppten und sie dann wieder fortwarfen, weil irgend etwas anderes Wertvolleres sie anlockte. In mehreren Straßen rieselt das Blut leise dahin, in den Treppenhäusern sieht man es unheimlich herabtröpfeln und Lachen bilden. In den hinteren Stadtteilen haben die französischen Granaten weniger Verheerung angerichtet, als die Kugeln der Araber und die Messer der Mörder. In den Körpern, die leblos und blutüberströmt in den Gassen umherliegen, stecken noch die Messer. Mit Aexten sind Schädel zerschmettert worden, pulvcrgeschwärzte Leichen mit großen runden Schußwunden, an den Rändern verbrannt und versengt, bezeichnen die Arbeit der arabischen Waffen. Viele der Getöteten sind selbst«raber, große, sehnige, braune Riesen. Untereinander begannen die Plünderer zu wüten, einer mordete den anderen um der reicheren Beute willen, und als die franzosischen Ver- stärkungen landeten, entstand unter den Flüchtlingen ein furcht- bares Gemetzel, ein jeder stach den Vordermann nieder, um schneller flüchten zu können. Im jüdischen Viertel mußte ich erschütternde Dinge hören. Taufende von Juden waren schon am Morgen kn? Land hinaus geflohen. Was für Entbehrungen sie auch erduldet haben, sie sind die Glücklicheren gewesen. Furchtbar wüteten die Räuber unter den Zurückgebliebenen. In einem Hause in der Mellatz, dem Judenviertel, wurde eine zabl-ciche Familie, einer nach dem andern hingeschlachtet; nur zwei Angehörige blieben am Leben. Araber waren eingedrungen und verlangten zu wissen. wo das Geld verborgen sei. Der alte Jude erklärte, er besäße keines. Das Haus wurde durchstöbert, ein wenig Geld gesunden und dem Alten daraufhin mit einem Torschlüssel der Schädel zer- schmettert. Dann packten sie die weinende Frau; sie beteuerte, nicht zu wissen, wo das Geld verborgen sei. Man durchsuchte fie, fand in ihr Kleid eingenäht eine klein Summe Geldes und schlitzte ihr nun den Leib auf. Alle Angehörigen wurden so hingemordet. Nur ein Säugling und ein fünfzehnjähriges Mädchen, das ohn- mächtig geworden war, blieben verschont. Ueberall in der Melloh klingt einem das gleiche Jammern entgegen. Schmutzige alle Männer zerreißen ihre langen Gewänder, heulende Weiber miß- handeln verzweifelt sich selbst und schreien klagend das Weh um die hingemordeten Angehörigen über die Straße. Die meisten Einwohner haben tagelang gehungert; und jetzt erst wagen sie sich aus ihren Schlupfwinkeln, stehlen sich verängstigt im Schatten der Mauern dahin und suchen in den Trümmern verwüsteter Läden nach einigen kümmerlichen Bissen Nahrung. Aber der schrecklichste Anblick erwartet einen an dem Haupttor der sogenannten neuen Umwallung. Hier sind bereits hohe massive Mauern errichtet, aber Häuser sind noch nicht erstanden. Hierher scheinen die Araber ihre Beute zunächst geschleppt zu haben. Als die Flotte ankam und das schwere Bombardement der äußeren Stadt begann» begann eine wilde, zügellose Flucht. Aber der Weg hinaus ins Land führte nur durch ein einziges Tor an der Südseite, und gerade hierhin richtete eines der Schiffe einen furchtbaren Granat- regen. Förmlich zu Hügeln häufen sich hier die Leichen und über- all bedecken die weißen Burnusse der Toten den blutgetränkten Boden. Allein an dieser Stelle wurden mehr Menschen getötet. als im ganzen Stadtinnern. Ueber Haufen von Waren, Zucker, Seide, Wolle und Gewändern ausgestreckt liegen hier die Toten mit verzerrten Gesichtern und verglasten Augen. Nicht alle sind als Opfer der Schrapnells am Platze geblieben; eine große Anzahl von ihnen wurde in der Panik totgetteten oder in der wilden Er- regung niedergeschlagen. Juden umschleichen geschäftig und schweigsam diese Stätte und durchsuchen die Leichen nach Wert- gegenständen. Zwei englische Damen, die arabisch sprechen, haben auf Verlangen der französischen Behörden die Häuser der an- gesehendsten maurischen Familien besucht, um sich nach der Sicher- heit der Frauen zu erkundigen. Was sie erfahren haben, ist nicht recht bekannt geworden; aber die vornehmen Marokkanerinnen brachen in Tränen aus, küßten die Füße der Besucherinnen und flehten verzweifelt um Schutz. Die Damen kamen bleich und zitternd von ihrem Gang zurück und wollen die entsetzlichen Ge- schichten, die sie hören mußten, nicht wiederholen; die zerfetzten, blutigen Ohren, die sie dort sahen, wo die Araber, die Heiligkeit des Frauengcmaches schändend, eingedrungen waren, um Schmuck und Wertsachen zu rauben, gehören noch zu den mildesten. In der neuen Umwallung sah ich selbst die Leichen von einer Anzahl junger, schöner, maurischer Frauen umherliefen, die alle durch ein einziges Schrapnell fielen. Es ist nicht möglich, den Wert des zer- störten Eigentums abzuschätzen; zehn Millionen sind eine minimale Schätzung. Sollen alle bie zerstörten Häuser wieder aufgerichtet werden, so mögen viele Jahre darüber hingehen, wenn Casablanca überhaupt so wieder ersteht... Musik. Bonden Münchener Fe st spielen. Dieseidene Plebs" oder die große Welt, in der man sich mit Geschmack langweilt und mit Würde amüsiert, hat seit einigen Jahren eine sensattonelle Station in ihrem internattonalen sommerlichen Reiseprogramm mehr. Zu Baden-Baden , Ostende , Chamounix, Trafoi, Karlsbad , Nordernet) und Bayreuth ist München gekommen. Vielmehr ein Platz im öden, kahlen Jsar-Athen , wo noch vor wenigen Jahren die Polizisten Razzien auf arme Teufel veranstalteten, die in den Zicgelöfen Bogenhausens, im Volksmund genannt Ziegelhausen , nächtigten. Ein Platz, wo heute durch wildeste Terrainspekulatton kunstbeflissencr" Gründer, unter Anführung Ernst von P o s s a r t s großstädttsche ZinSkascrncnim Sezessionsstil" und a la Wodan dekorierten Fassaden emporgeschossen sind und den Eingang bilden zum Kern ber Sache: dem Prinzregenten- Theater, der zweiten deutschen Wagnerreformbühne. Die Fan« faren vom lieblichen Festspielhügel Bayreuths fanden ein mächtiges Echo am Jsarstrand. Nach 80 Jahren freilich erst, nachdem die erste Gelegenheit, Wagner ein nattonales Fcsttheater nach Sempers Plänen am hohen Jsarufer zu errichten, dank der ulttamontanen Hofbräu- Philister erfolgreichem Hetzen glänzend verpaßt war. Immerhin liegt ein ethisches Moment im Prinzregenten-Theater: es verkünbet mit Nachdruck, daß ein universaler Kulturgedanke niemals an den Ort seines zufälligen Ausganges gebunden ist, daß der Geist eines großen Mannes ungeachtet aller monopollüsternen Familicnpolittk überall da lebendig und vollkommen werden kann, wo die Summe künstlerischer und ökonomischer Lebensbedingungen für sein Werk sich vereinigt findet. Es gibt kein Monopol in der Kunst. Eine halbe Stunde vor dem Beginn der Vorstellung. Mit Equipagen, Droschken. Automobil. Tran, bahn einige demokratisch