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gebrüll erschreckte Bögel dahin. Die Mutter sah den Wolfen nach und beobachtete sich selbst. Ihr Kopf war schwer, und die von der schlaflosen Nacht eingefallenen Augen trocken. Eine sonderbare Ruhe herrschte in ihrer Brust, ihr Herz schlug gleichmäßig, und sie dachte an ganz einfache Dinge.

Ich hab den Samowar zu früh aufgestellt, der kocht über! Laß sie heut etwas länger schlafen. Haben sich beide abgequält.. ( Fortsetzung folgt.)

doch noch: Ja, fell ist schon recht, wegen der Meff," meint fie. fell iſt ſchon recht. gen der Me aber daß es halt doch noch einen Haten hat dabei. Du weißt es dech, daß, wenn man eine Mess aufschreiben läßt, man auch die fann ich zum Kapuziner doch nit sagen: für den Kachelhuber, das Meinung angeben muß, in der sie gelesen werden soll. Da mit er bald stirbt. Dies geht doch schier gar nit!"

noch bist! Da sagft ganz einfach: für den Kachelhuber um eine " Da kann mans halt wieder sehen, wie jung und dumm Du glüdselige Sterbst und und denkst Dir dabei gschwind: aber um eine bebit... Dies gilt nachher grad so viel, als wie

Dus angeben hättest."

Jetzt erst leuchtet es dem Dirndl ganz ein und es beschließt, arist nach dem guten Ratschlag zu handeln.

Eine wunderfame Erbörung.

D

Humoristische Stizze von Lina Leidl. " Schad', daß man sich nit g'scheit sehn kann in dem alten Echerben drin!" bedauert die Berghäusl Moni, die eben damit beschäftigt ist, sich vor einem kleinen, halberblindeten Spiegel ihre schweren, nußbraunen Zöpfe in Kranzesform auf den Kopf zu nefteln. Es wäre auch in der Tat ein zu reizendes Bild gewesen, das ihr ein größerer, weniger beschädigter Spiegel zurückgeftrahlt haben würde und die hochgehobenen, kräftigen runden Arme hätten den passendsten Rahmen dazu gegeben. Grad zum Anbeißen wär es gewesen, das junge, lebfrische Dirndl mit seinem rotbadigen Apfelgesichterl, seinen leuchtenden Kirschenlippen, seinen schwarzen Schelmenaugen und seinem üppigen, von einem grobleinenen Hemd nur leicht bedeckten Busen. Während die Moni noch so in ihre Selbstbetrachtung vertieft ist, fommt ihre Mutter, das Berghäusl­weib, aus dem Ziegenstall in die Stube zurück. " Jezt schau aber, daß Du fertig wirst mit Deiner Haartracht!" herrscht sie das erschrect ineinander fahrende Dirndl an." Dem Kachelhuber mußt doch heut noch Bhüat Gott sagen."

Ach ja, die Moni mußte fich ja auch noch von ihrem Bräutigam, tas war nämlich der Kachelhuber, verabschieden! Das mußte sie freilich heut abend noch tun. Morgen früh war der ja noch gar nicht aus dem Bette, wann sie schon fort mußte. Ueberhaupt, der Kachelhuber..., der will ihr halt gar nicht in den Sinn.

Ich weiß es selber nit, Mutter!" gibt sie deshalb nun auch ihren Bedenken Ausdrud. Wenn ich halt oft so nachfinnier drüber, nachher mein ich doch, es wär g'scheiter, wenn ich gleich den Hans herraten tät und mit zuvor noch den Kachelhuber. Weil es schier gar fein Zusammenstand ist mit uns zwei. Ich bin noch nit ganz 22 und er ist schon bald 73 Jahr alt. Haben uns auch alle Leut ausg'lacht neulich, wie wir miteinander in den Pfarrhof gangen sind zum Einschreiben. Und mir selber, mir wär auch bald das Lachen auskommen. Laut auf hätt ich lachen können, wie uns der Pfarrer eine ellenlange Belehrung über Kindererziehung geben hat und wie er sich ein solches ernsthaftes G'schau ang'macht hat dabei, als wie wenn ihm auch wirklich so g'wesen wär, wie er g'sagt hat."

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Ah was da!" widerredet das Berghäuslweib und schupft ge­ringschäßig die Achseln. Laß halt die Leut lachen und den Pfarrer reden! Die Hauptfach ist, daß Du nit dumm bist. Dein Hans ist ja ein sauberer Bursch und brav ist er auch alles, was wahr ist. Aber damit ist einem halt nig dient. Und sonst hat er nig, fell wirst wiffen. Na und Du? Hast etwa gar Du was? Sage nur grad selber! Ein G'frett wärs, ein notiges.Herentgegen wenn Du jezt noch g'schwind zuvor den Kachlhuber heiratest, nachher gehts gleich aus einem andern Ton. Da sizest Du schon gleich schön warm im Nest drin und der Hans, der kann sich alsdann auch neinfißen zu Dir, wann es einmal so weit ist. Verstehst mich schon, wo ich aus will, gelt?"

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- nit

" Jst schon wahr, ja morgen gehens ja nach Altötting mit dem Kreuz!" nickt der Kachelhuber seiner jungen Braut zu, wie diese ihm den schuldigen Abschiedsbesuch macht. Habs selber schier so halb und halb im Sinn g'habt, das Mitgehn. Aber jetzt seh ich dech, daß ich Abstand nehmen muß davon, weil ich's Gliederreißen fo start friegt hab, weißt. Da tönnt ich nit mitmarschieren im Bett liegen bleiben müssen, dies g'spür ich heut schon. um eine g'schedige Kuh. Werd morgen wieder den ganzen Tag seiner Lamentation macht aber der Alte durchaus teinen hinfälligen Trop Eindruck auf die Moni. Im Gegenteil, wie sie ihren Bräutigam fo für sich betrachtet, kommt ihr der Gedanke: der schaut aber noch gar nit so aus, wie wenn er das Sterben schon bald im Sinn Wunder dürfte sie schier tun. hätte... da dürfte die Mutter Gottes wohl drunter helfen; ein eines geschieht. Hat ja schon öfters ganz wundersame Gebets­Na ja, wer weiß, ob nicht auch huber durch seinen leidenden Zustand an der Teilnahme bei der erhörungen gegeben Schon der Umstand, daß der Kachel­Wallfahrt verhindert wurde, erschien der Moni als eine gute Vor­auch viel wirksamer beten, als wenn sie sich von den trotz seines bedeutung. Da fonnte fie viel freier und unbeengter und daher Alters noch sehr scharf blickenden, dabei auch noch ein bißchen eifersüchtigen Augen ihres Bräutigams beobachtet wußte...

Laß Dir fein ein gutes Bett geben in der Alten Boft", gelt Moni! stört der Alte feine junge Braut aus ihrem Gedankengang, indem er ihr zu dem besagten Zwede ein paar harte Taler einhän­digt. meinem Gliederreißen wieder beffer derweil, nachher fahren wir Wenn Du nachher wieder zurückommst und es ist mit auch gleich zum Notar miteinander. Da sehen wir dann den Ehevertrag auf und da mach ich Dich zu meiner alleinigen Erbin

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die also Liebfoste stimmte ihm mit lebhaftem Kopfniden bei. Da gelt Moni! schlägt er ihr unter zärtlichem Streicheln vor und war sie, oder vielmehr ihre Mutter, so schon so viel wie am Ziele ihrer Wünsche dann.

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Punkt vier Uhr bricht am nächsten Morgen der Wallfahrtszug auf. Paarweise ordnen die Kreuzleut" sich hinter der roten, gold­befranften Kirchenfahne. Anhaltendes, feierliches Glodengeläute und lautes Beten schallt durch die stille Morgendämmerung. Unter die rauhen, bierbäffigen Stimmen des vorangehenden Männer­boltes mischt sich das sanftere, hellere Organ der hinten nachkom­menden Weiberleute. Solange es noch durch die Straßen des Dorfes geht, fucht eins das andere im Schreien zu übertreffen. Die sollen nur alle wach werden über dem Spektakel und sollen auch nimmer einschlafen können, die so auch zu faul sind zum Mit­gehen... Vor dem Wirtshaus zu Reischach, wo man so ungefähr die Hälfte des sechsstündigen Marsches hinter sich hat, löst sich der Bug zu kurzer Rast auf. Des läftigen, formellen Zwanges und Weib den Mann, die Schwester den Bruder, das Dirndl den Buben, mit ihm der peinlich genauen Geschlechtstrennung los, sucht das die Gevatterin den Gevatter. Die Nachbarin schaut, daß sie beim Natürlich verstand die Mont. Sie wußte gar wohl, daß ihre Nachbarn einmal trinken darf... Denn für ein einschich­Mutter mit den letzten Worten auf den baldigen Tod des ihr auf- tiges, achtbares Weiberleut tät es sich nicht gut schicken, wenn es gedrungenen Bräutigams anspielte. Doch konnte sie nicht so auta, an einem solchen Tag. Und die sind sich ihrer Pflicht denn auch sich selber eine Maß Bier taufen tät. Dafür sind die Männerleut bersichtlich sein. Daher stimmte fie auch nur zögernd zu: Sell schon. Aber daß ich halt fürcht, ich bewußt. Die tragen schon Sorg, daß kein Weiberleut verdursten muß. Besonders ein junges, sauberes Dirndl hat kein solches Un­fich nicht lang fümmert, sondern sie hat sich einfach denkt: Ich glück zu befürchten brauchen. Drum hat auch die Berghäusl- Moni werd schon bei einem zu treffen kommen in Gottesnam'!"

Fürcht ich... fürcht ich!" spöttelt das Berghäuslweib. Was gibts denn da leicht zu fürchten? Hättest etwa gar noch ein Be­denken? In einem solchen Fall? 11 Dirndl, Dirndl... tu Dich nit versündigen! Du hast ohnedies mehr Glück wie Verstand. Schau, da ist der Hans wieder ein anderer!.. Der weiß die Sach' feffer zu würdigen. Der will noch gern ein Zeitl zuwarten, hat er g'sagt. Warum? Weil er weiß, daß es nicht allzu lang anstehn fann, bis Du Wittib und wieder frei bist und weil Ihr nachher das schönste Machen habt miteinander auf dem großen, schuldenfreien Kachlhuber Anwesen."

Jit ja alles ganz gut und schön gewesen, was die Mutter da gesagt hat, aber ihre Zweifel hat die Moni immer noch nicht los werden fönnen. Drum hat sie auch die Red, die ihr vorhin so furz­weg abgeschnitten worden ist, wieder aufgenommen:" Daß ich halt fürcht, daß man sich oftmals auch ganz leicht verrechnen kann Die Alten, die sind mitunter die Allerzähesten."

Ach was da! Zum Weltabbrechen kann er doch nit dableiben, der alte Datterer. Mußt halt recht fleißig beten, daß er bald ftirbt! Für was gehst denn morgen mit wallfahrten? Da haft gleich die schönste Gelegenheit dazu. Kannst von mir aus sogar eine Meff aufschreiben lassen bei den Kapuzinern." Nun leuchtet der Moni die Sache schon besser ein. Ein Bedenken hat sie aber

Und richtig! Raum hatte sie einen Fuß in die Gaststube ge= fett, hat ihr auch schon der Hans, der als frommer, tugendfamer Jüngling auch mit wallfahrten gangen ist, mitten aus dem Ge trubel heraus seinen frisch gefüllten Maßkrug entgegen gehalten und hat zu ihr gefagt:" Da, trint, Hochzeiterin, und g'segne Dir's Gott ! Wird Dir auch das Maul schon hübsch troden worden sein vor lauter fleißig beten."

Mit übermütigem Lachen seht die Moni zum Trunke an.. Wohlgemut und neugestärkt gehts nach beendigter Raft in alt­hergewohnter Ordnung weiter. Heißt das, doch nicht so ganz. Es dauerte nun eine schöne Weile, bis die nötige Ruhe und Ordnung wieder hergestellt war. Die Weiberleut haben gar so eine Mordsgaudi bollbracht. Versteht sich, die sind das Bier nicht so gewöhnt gewesen wie die Mannsbilder. Haben es noch dazu ein bißl gach" hineingetrunken und da ist es ihnen halt auch gleich in den Kopf gestiegen. Schier gar nimmer wären sie aus dem Lachen und Rudern herausgekommen, wenn der Pfarrer nicht ganz kreuz­giftig darunter gefahren wäre..