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Heilige Mutter Gottes von Altötting !" hat sie mit andächtig gefalteten Händen gefleht." Schau, ich bin jett extra so weit herkommen zu Dir, damit ich Dir mein Herz ausschütten fann. Dafür mußt mir aber auch jetzt ganz g'wiß drunter helfen, daß ich den Hans bald heiraten kann!" Hat sich doch schöner angehört, wenn sie grad um dies bitt hat, als wie wenn sie g'sagt hätt: laß den Kachelhuber bald sterben! Und die Muttergottes, die wird es ohnedem wissen. Die wird nicht verlegen sein drum, wie sie es machen soll, damit fie und der Hans baldigst zusammentommen
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Endlich find fie alle mitsammen glüdlich in der Wallfahrts-| Bart und die blauen Augengläser, was er erst zu seiner Verkleidung firche angelangt und der Berghäusl- Moni ist es dank ihrer nötig hatte. fräftigen Ellenbogen gelungen, sich ganz vorne in der Nähe des Siehst es, ich hab mich doch noch aufg'rafft und bin auch noch Gnadenaltares einen guten Platz zu erobern. wallfahrten gangen. Heißt das, wallfahrten g'fahr'n bin ich mit der Eisenbahn.. Hat fich auch g'lohnt, die Wallfahrt- hähähähä! Die Muttergottes hat mir die Augen aufgeh'n lassen aturat noch zu der rechten Zeit.- Mehr werd ich Dir jest wohl nimmer zu sagen brauchen, gelt, nein?" schließt der Alte mit einem bedeutungsvollen Blick auf des Dirndls treuen Begleiter. Nein, mehr brauchte er wirklich nimmer zu sagen. Die Moni hatte, nachdem sie sich vom ersten Schrecken etivas erholt hatte, den Braten sofort gerochen. Also hatte sie sich doch nicht ge täuscht vorhin? War es doch dem Kachelhuber seine Stimme, die ihr im Kloster so bekannt vorkam? Und mein' liebe Frau dann hat er es ja auch mit angehört, in welcher Meinung fie ihre Messe aufschreiben hat lassen!!- Jezt ist's erst ganz gefehlt gewesen! Wie sie aber auch so dumm und so unvorsichtig sein hat ein alter Krauterer von der Eifersucht plagt wird, er auf können! Sie hätte sich's doch schier denken können, daß, wenn so allerhand Schliche verfällt, und hätte ihr Verhalten danach einrichten können... Hätte ihre Sache schlauer anpacken können schon, sie muß in den Innfluß' neinspringen vor lauter Gift und Nein, nein, nein gemeint hat sie im ersten Augenblick Scham. Weil sie aber dann der Hans gar so schön und so gut zu trösten verstanden hat, ist sie dann doch wieder anderen Sinnes geworden. Hat fie sogar der Uebermutsteufel noch gepadt gekommen und ihrer Mutter erste Frage die gewesen ist: Und wie sie am nächsten Tag von der Wallfahrt zurückhast Du nachher recht fleißig bet', Moni, damit Dir die Muttergottes drunter hilft, daß Du Dein'n Hans bald heiraten kannst?" ich bet', Mutter, und Erhörung hab ich auch schon g'funden: da hat das Dirndl lachenden Mundes gesagt: Fleißig hab heut in drei Wochen haben wir Hochzeit, ich und der- Hans."
Wie die Moni dann mit den übrigen Andächtigen die Gnadenstätte verlassen hat, da ist ihr so frei und so leicht gewesen ums Herz, als ob ihr Gebet schon Erhörung gefunden hätte... Dem Rat ihres Bräutigams folgend, hat sie sich dann in die Alte Post" verfügt, um sich daselbst eine gute Nachtherberge zu fichern. Und wie sich was schicken will: hat auch der Hans da fo zufällig" ein Unterkommen gefunden. Und weil es sich grad so schön geschickt hat, haben sie sich gleich an einen Tisch hingesetzt miteinander. Und weil an dem Tisch schon so viele Leut dort gesessen sind, haben sie hübsch eng zusammenrüden müssen. So eng, daß der Hans für seinen rechten Arm gar keinen anderen Blah mehr gefunden hat, als daß er ihn der Moni um die Mitte rum gelegt hat. Und weil in der großen Wirtsstube vor lauter viel Wallfahrer ein solches Getrubel und ein solches Geschrei gewesen ist, daß man sein eigenes Wort nicht verstehen hätte können, drum haben sie sich alles in die Ohren fagen müssen. Und weil der Hans lauter so dumme Schnaxen dahergebracht hat, darum ist die Moni alleweil blutrot worden im Gesicht. Und weil und weil Na, das beste ist gewesen, daß niemand aufgemerkt hat, auf sie zwei. Daß alle anderen Paare auch zu sehr mit sich selbst beschäftigt gewesen sind, als daß sie Beobachtungen hätten anstellen fönnen. Bloß da drüben, so ein paar Tische von ihnen entfernt, hat so ein einschichtiges, altes Männlein gesessen mit blauen Augengläsern und schwarzem Schnurrbart, und hat sich anscheinend recht lebhaft für fie interessiert...
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Nach eingenommenem Imbiß sind der Hans und die Moni mitsammen fort. Haben sich die Stadt noch ein wenig anschauen wollen, ehe es Nacht worden ist. Das alte Männchen ist auch aufgebrochen und ist, auf seinem Hackelsteden gestützt, den Beiden in geringer Entfernung nachgehumpelt. Wie wart ein bißl heraußen!" sagt die Moni zum Hans, wie sie eben am Kapuzinerkloster vorbei kommen. Ich möcht grad g'schwind a Mess' aufschreiben lassen."
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Sie verschwindet im Klostergebäude, während der Hans vor demselben stehen bleibt. Das inzwischen näher gekommene alte Männchen humpelt auch ins Klofter. Der große, fable Raum, in dem ein vor einem Schreibpult stehender Kapuziner die Meßaufträge entgegennimmt, ist vollgepfropft von Wallfahrern. Jedes hat sein eigenes Anliegen und vertraut dies dem Ordensmann an. Endlich, nach langem, ungeduldigem Warten kommt auch die Moni dran. Für wen und nach welcher Meinung?" lautet die gewohnheitsmäßige Frage.
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Leise und zaghaft kommt es von des Dirndls Lippen:" Für den Josef Kachelhuber um eine glüdselige Sterbstund."
Laut, deutlich wiederholt der Kapuziner beim Niederschreiben jedes einzelne Wort.
Und für mich schreibens gleich ein Lob- und Dankamt auf, für dies, daß ich noch zur rechten Zeit sehend worden bin!" beauftragt ihn nun das alte Männchen mit schier ganz froh lockendem Tone.
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Wie ist der Name?" Braucht keinen Namen schreibens nur für eine gewisse Person!" Damit wirft der anscheinend sehr Erregte einen Taler auf das Pult und verschwindet schleunigst.
Die Moni hat eigentlich gar nicht recht aufgepaßt auf das Männchen, nur die Stimme ist ihr fast ein wenig bekannt vorfommen. Schier wie wenn es dem Kachelhuber die seine gewesen wäre. Hinterher hat sie aber dann lachen müssen über eine solche Mutmaßung. Wär ja ein Ding der Unmöglichkeit gewesen, daß es ihr Hochzeiter sein hätte tönnen. Der ist ja gar nicht mit dem Kreuz" gangen, ist daheim zutiefest im Bett drin gelegen. Und überdies hat der ein glattrasiertes Gesicht gehabt, währenddem das kleine Mannl einen schwarzen Schnurrbart g'habt hat, soviel fie flüchtig seh'n hat können. Und Augengläser hat der Kachelhuber auch keine getragen, blaue schon gleich gar nicht, weil er doch noch ganz g'funde Augen gehabt hat. Drum hätte er auch, abgesehen von allem anderen, keine Ursach gehabt, ein Dantamt für seine wiedererlangte Sehkraft aufschreiben zu lassen, wie dies tas Mannl tan hat
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„ Ja, ja schau mich nur an, Moni! Ich bins schon!" 5lingelt der alte Stachelhuber boll tüdischer Schadenfreude seiner jungen Braut zu, die ihn mit weit aufgerissenen, ungläubigen Augen anstarrt. Er hat sich ihr eben, als sie sich bei Einbruch der Dunkelheit mit dem Hans wieder in der Alten Post" eingefunden hatte, vorgestellt. In seiner wahren Gestalt, ohne den falschen
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Kleines feuilleton.
„ Na,
Die Papierkörbe. Sie wollten da draußen im äußersten Zipfel der Riesenstadt schon immer hoch hinaus. Das kleine, häßliche Entlein, das gern ein schöner, stattlicher Schwan werden wollte, hatten fie fich zum Vorbild genommen. Und so trugen sie denn die Nasen schon von jeher einen guten Zoll höher, als die Herren Vettern aus den Nachbargemeinden. Natürlich taten das nur diejenigen, die es fich leisten fonnten: die Alteingesessenen, die Herren Handwerksmeister, die Beamtenschaft und das Spekulantentum. Die kleinen Leute hatten, wie anderswo, das Maul zu halten und Steuern zu zahlen.
Dafür arbeiteten aber auch die Hochnäsigen unausgesetzt an der Sebung" der Gemeinde. Sie ließen sich die unglaublichften Kontrakte von den großen Verkehrsgesellschaften der benachbarten Riesenstadt ans Bein binden, um durch Verlängerung der einen oder anderen Straßenbahnlinie den Bodenpreis ein wenig zu erhöhen oder sonst einen kleinen Vorteil in die eigene Tasche gleiten zu lassen. In der Gemeindevertretung war man immer splendider geworden, hatte im Laufe eines Jahres bereits einen neuen Nachtwächter eingestellt und drei Kehrbesen, zwei Schaufeln und eine Bedürfnisanstalt bewilligt. Die lettere, die aus Bequemlich sogar vom Bürgermeister in höchsteigener Person eingeweiht feitsrücksichten am äußersten Ende des Ortes errichtet worden, war
worden.
Papierfeßen zu Leibe gehen. Man hatte manche geheime Sibung Jetzt wollte man den auf den Straßen luftig umherflatternden in der Gemeindevertretung mit der Beratung über diese Angelegenheit ausgefüllt. Erst wollte man einen staatlich geprüften Lumpensucher in den kommunalen Dienst stellen; bann zeigte man Lust zur Erbauung eines Krematoriums für überflüssiges Papier. förben in den belebtesten Ortsgegenden empfahl. Man einigte sich Schließlich aber siegte die Jdee, welche die Aufstellung von Papier auf sechs Papierkörbe die eigentlich besser hätten Papierfästen genannt werden können, denn sie bestanden ganz aus Holz. Damit der Wind oder frebelhafte Menschenhände diesen Papierbehältern nichts anhaben könnten, wurden ihre Füße einen Meter tief in den Erdboden versenkt, und dieser fest und glatt mit Steinen bepflastert.
Jest war der Ort wieder um eine Sehenswürdigkeit reicher. Alles bestaunte die grün, gelb und rot bemalten Rästen, die wie Riesenfürbisblüten an den Straßeneden über Nacht erblüht waren. Die Großen gingen mit lächelnder Ehrfurcht an ihnen vorüber. Die Kinder aber faßten sich an den kleinen, schmutzigen Händen und tanzten einen übermütigen Ringelreihen um das neue Spielzeug, das ihnen eine hochwohllöbliche Gemeindevertretung beschert hatte. Die aber war selbst stolz auf ihr Werk und beauftragte ein Mitglied der Baukommission mit der ständigen Inspizierung der sechs Papierbehälter.
Nachdem so die erste Neugier ihr Mütchen an ihnen gekühlt, führten die sechs Papierkörbe fortan ein beschauliches Leben. Der Regen wusch ihren die dünne Farbe von den Holzivangen und der Wind wehte die ersten gelben Blätter raschelnd um ihre vergrabenen Füße. Alles Mögliche bekamen die sechs Papierkörbe zu sehen, nur fein Papier. Das trieb sich nach wie vor in den Straßen herum, awängte fich flatternd in die Maschen des Draht