Anterhaltungsblatt des Vorwärts
Nr. 162.
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Die Mutter.
Donnerstag den 22. Auguft.
( Nachdruck verboten.)
Noman von Magim Gorki. Deutsch von Adolf Heß.
In das Fenster spielte ein junger Sonnenstrahl. Die Mutter streckte ihm die Hand hin, und als er sich hell auf die Hand legte, streichelte sie ihn leise mit der anderen Hand und lächelte nachdenklich und freundlich.... Dann stand sie auf, nahm das Rohr vom Samowar ab, wusch sich und begann fich eifrig zu befreuzigen und mit bewegten Lippen leise zu beten. Ihr Gesicht war hell, und die rechte Braue schob sich langsam bald in die Höhe, bald sentte sie sich wieder.
Das zweite Pfeifen flang heiser, nicht so zuversichtlich, und in dem tiefen, feuchten Ton zitterte etwas. Der Mutter schien die Pfeife heute länger als je zu rufen.
Im Bummer ertönte die hell klingende Stimme des Kleinrussen.
H
Bawel! Hörst Du! Sie ruft Einer von ihnen tappte mit bloßen Füßen auf den Fußboden, und jemand gähnte behaglich.
Der Samowar ist fertig!" rief die Mutter. Wir stehen auf!" antwortete Pawel vergnügt. Die Sonne geht auf!" sagte der Kleinrusse.„ Und Wolfen ziehen. Die sind heute überflüssig, die Wolfen..." Und er trat zerzaust, aber vergnügt in die Küche. Guten Morgen, Mütterlein. Wie habt Ihr geschlafen?" Die Mutter trat zu ihm und sagte leise: Andrej, geh Du doch neben ihm!"
Natürlich!" flüsterte der Kleinrusse.„ Solange wir zusammen find- gehen wir überall neben einander... Das laßt Euch gesagt sein!"
Was flüstert Ihr da?" fragte Pawel. Wir? Nichts, Pawluschka."
Sie sagt mir, ich soll mich sauber waschen! Die Mädchen guden nach mir!" erwiderte der Kleinrusse, in den Flur tretend, um sich zu waschen.
„ Steh auf, erheb dich, Arbeitervolk!" sang Bawel leise. Der Tag wurde immer heiterer, die vom Winde getriebenen Wolfen stiegen immer höher. Die Mutter holte das Tagesgeschirr und dachte kopfschüttelnd, wie die beiden an diesem Morgen sonderbar scherzten und lachten, wo doch mittags ihrer Gott weiß was wartete. Dabei war sie selbst auch ganz ruhig, fast bergnügt.
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1907
Nein, bleib einstweilen lieber zu Hause!" erwiderte Andrej. Warum der Polizei unnötig auffallen? Du bist ihr ziemlich genau bekannt!"
"
Ueber und über strahlend, mit roten Flecken auf den Wangen, kam Fedja Mafin gelaufen. Voll Unruhe und Freude verscheuchte er die Langeweile der Erwartung.
„ Es geht los!" begann er. Das Volf rührt sich! Man drängt auf die Straße, die Gesichter sind scharf wie Beile... Am Fabriftor haben die ganze Zeit über Wiessowtschifow, Wasia Guffew und Samoilow Reden ge halten... haben eine Menge Arbeiter zur Umkehr bewogen! Kommt, es ist Zeit! Schon zehn Uhr!..."
die
„ Ich gehe!" sagte Pawel entschlossen.
shr sollt sehen," prophezeite Fedja,„ nachmittag steht ganze Fabrik auf!"
Und er lief fort.
,, Brennt wie ein Wachslicht im Winde!" rief die Mutter ihm nach, stand auf, trat in die Küche und begann sich anzukleiden.
,, Wohin wollt Ihr, Mutter?"
,, Mit Euch!" sagte sie.
Andrej blickte Bawel an und zupfte feinen Schnurrbart Pawel ordnete mit einer schnellen Handbewegung sein Haar und trat zu ihr hinaus.
"
nichts!
Mutter, ich sage Dir nichts Abgemacht, Mutter?"
fag Du mir auch " Ja, ja.. Christus sei mit Euch!" murmelte sie.
XXVIII.
Als sie auf die Straße trat und das feiertägliche Summen von Menschenstimmen, das unruhige, erwartungsvolle Rauschen in der Luft hörte, überall in den Fenstern und in den Torwegen Gruppen von Lenten sah, die ihren Sohn und Andrej mit neugierigen Blicken begleiteten erschien in ihrem Auge ein Nebelbild, das hin und her tanzte, die Farbe beränderte, bald durchfichtig grün, bald trüb grau war. Man begrüßte fie, und in dieser Begrüßung lag etwas fungen auf. Sonderbares. Ihr Ohr fing abgerissene, halblaute Bemer
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Da sind die Heerführer
"
" Wir wissen nicht, wer bier Heerführer ist..." ..Aber ich sage ja nichts Schlimmes!..
"
An einer anderen Stelle schrie jemand auf dem Hot
erregt:
Die Polizei nimmt sie fest... fie gehen zugrunde!" Hat sie schon einmal gehabt!
Eine freischende Frauenstimme sprang erschreckt aus einem Fenster auf die Straße.
sind ledig denen ist alles egal..." Sei doch vernünftig, bis Du etwa ledig, was? Die
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Den Tee tranf man langsam, um die Ungeduld zu unterdrücken. Und Pawel rührte wie stets sorgfältig den Zucker im Glase um, streute vorsichtig Salz auf sein Stück Brot einen Knust, den er so gern mochte. Der Kleinrusse bewegte seine Füße unter dem Tisch hin und her er fonnte sie nie sofort bequem unterbringen und als er sah, wie an der Decke und der Wand ein Sonnenstrahl entlang lief, er- Füße hatte und als Krüppel jeden Monat von der Fabrik eine Unterstützung erhielt, streďte er den Kopf zum Fenster hinaus und rief: ,, Wlassow ! Sie dreben Dir dafür den Hals um, Du Schuft, sollst sehen!"
zählte er:
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,, Als ich ein Junge von zehn Jahren war, wollte ich die Sonne in einem Glase fangen. Ich nahm das Glas, schlich mich heran und schwapp! gegen die Wand! Zerschnitt mir die Hand und bekam dafür Prügel. Als ich die eingesteckt hatte, ging ich in den Hof, sah dort die Sonne in einer Pfütze und trat mit den Füßen nach ihr. Ueber und über mit Dred besprigt, bekam ich wieder Brügel.... Was sollte ich tun? Ich schrie also der Sonne zu: Tut mir gar nicht weh, roter Teufel, gar nicht weh!" Und streďte ihr immer die Bunge aus.... Das tröstete mich."
Warum schien sie Dir denn rot?" fragte Pawel lachend. Uns gegenüber wohnt ein Schmied, der hatte ein rotes Geficht und einen roten Bart. War ein lustiger, guter Mann, dem sah meiner Meinung nach die Sonne ähnlich..." Die Mutter hielt nicht länger an sich und sagte: " Ihr solltet mal darüber sprechen, wie Ihr geht!" it alles gesagt!" antwortete Pawel.
Ueber abgemachte Dinge spricht man nicht mehr!" meinte der Kleinrusse weich." Falls man uns alle festnimmt, fommt Nikolai Iwanowitsch zu Euch und sagt Euch Bescheid. Er wird Euch in allem helfen."
Gut!" sagte die Mutter mit einem Seufzer.
Wir sollten auf die Straße gehen!" schlug$ ẞawel vor.
Als sie an Sosimows Hause vorüberkamen, der keine
Die Mutter schrak zusammen und blieb stehen. Dieser Stuf erweckte heftige Wut in ihr. Sie blidte in das aufgedunsene dicke Gesicht des Krüppels, der schimpfend den Kopf versteckte. Sie beschleunigte ihre Schritte, holte ihren Sohn ein und ging dicht hinter ihm her.
Er und Andrei hatten scheinbar nichts bemerkt; die Rufe, die sie begleiteten, nicht gehört. Sie schritten ruhig dahin und sprachen laut von einfachen Dingen. Jetzt hieli Mironow fie auf, ein bejahrter und bescheidener Mann, den alle wegen seines nüchternen, anständigen Lebenswandels verehrten.
Arbeitet Ihr auch nicht, Danielo Iwanowitsch?" fragte
Pawel.
Nun,
Meine Frau steht dicht vor der Niederkunft. und solcher Tag. ist doch unruhig." Mironow blidte die Genossen scharf an und fragte leise:
Kinder, hr wollt dem Direktor wohl einen Standal machen, ihm die Scheiben einschlagen?"
Wir sind doch nicht betrunken!" rief Pawel