so oft für die Ideale der Menschlichkeit in diesem Kriege sein Wlut eingesetzt hatte, bemächtigt. Eine innere Stimme sagte ihm: „An diesem Tag wirst Du sterben." und obwohl er Ruhe bewahrte und seine Truppen zur Schlacht ordnete, wollte dieser innere Dämon nicht schweigen. Schurz war den ganzen Vormittag zur Untätigkeit verdammt, nur in einzelnen Scharmützelgefechten wagte er sich vor und geriet vor eine feindliche Batterie, die in kurzen Zwischen- räumen ungesehen aus' sicherer Stellung Granaten schleuderte. „Ich war zu Pferde mit meinem Stabe, als plötzlich vor mir dicht eine Granate niedersauste...DaS ist die eine, die trifft." sagte ich zu mir. Da fiel sie auch unter meinem Pferde nieder, das einen wilden Sprung beiseite machte, zerschmetterte einem anderen Pferde die Vorderbeine, schlug dann in einen Erddamm und explodierte, ohne jemanden zu verletzen. Die Wirkung war plötzlich wie ein elektrischer Funke, alle hmben Ahnungen warc« verschwunden. Ich hatte niemals wieder eine solche Stimmung...." Schurz wurde während des folgenden Kampfes dem General Sherman, dem tüchtigsten, in seiner feurigen Lebhaftigkeit faszinie- rendsten General nach Grant, beigegeben und musite der Eni- scheidungsschlacht in der Reserve von weitem zusehen. Dichte Wolken, laute Schreie drangen herüber, allmählich legte sich die wilde Aufregung und mit dem Schatten der Nacht fiel Ruhe auf das Schlachtfeld. Schurz hatte sich mit seinen Offizieren in banger Erwartung zum einfachen Mahle gesetzt. Da gesellte sich zu ihnen ein Doktor, ein recht einsilbiger Herr.„Wo kommen Sie her?" „Bon Chatanooga."„Was war denn das mit dem furchtbaren Lärm?"«Es wurde gefochten."„Wie??"„Ja, am Missionary Ridge."„Also die Unsrigen sind soweit vörgedrungen. Etwas lebhafter, Doktor!"„Ja, sie haben gesiegt, sie warfen die Hüte in die Höhe und jubelten."„Dann sind also die Rebellen geflohen?" „Ich denke," sagte der Doktor ruhig. So erfuhr Schurz den großen Sieg von Missionary Ridge. Techuisched. Die Wasserfackel. Ueber ein neues BerteidigungZ- »Nittel im Seekriege wurde auf der diesjährigen Versammlung der schweizerischen naturforschenden Gesellschaft von Dr. Schumacher- Kopp berichtet:„Ueber die Wasserfackel" oder„torch© marine". Eine Wasserfackel besteht aus einem metallischen Zylinder, der Ealciumcarbid enthält, das ja wie bekannt mit Wasier zusammen- gebracht das mit hellleuchtender Flamme brennende AcetylengaS liefert. Außerdem enthält der Zylinder noch in Röhren ein- geschichtetes Phosphorkalium, auS dem sich bei Bereitung mit Wasser ein selbstentzündliches Gas, PhoSphorwasserswfs, ent- wickelt, der daim das Acety len zur Eni flammung Bringt. Der amerikanische Oberst Wilson in Philadelphia halte sich schon im Jahre 13S8 ivährend des spanisch-amerikanischen Krieges mit dem Problem beschäftigt, diese Wasserfackeln weit hinaus ins Meer zu schleudern, ohne jedoch diese Schwierigkeiten völlig lösen zu können. Man hätte sonst die Wasserfackeln schon bei der Blockade von Santiago verwendet. Jetzt ist es gelungen, eine Kanone zu konstruieren, die die Wasserfackeln 3000 Meter weit zu schießen gestattet. Die Panzerschiffe schießen im Falle eines Krieges einen Kranz von Wasserfackeln um sich, der das Herannahen von Torpedobooten genau zu beobachten erlaubt, ohne daß das Panzer- schiff selbst durch die jetzt üblichen Scheinwerfer seinen Standort dem Feinde anzeigt. Die Wasierfackeln haben verschiedene Größe und Brenndauer. Ihre Lichtstärke liegt zwischen 100 und 3000 Kerzenstärke und die Brenndauer zwischen 00 Minuten und drei Stunden.. Doch auch für friedliche Zwecke ist die Wajserfackel bernsen. wertvolle Dienste zu leisten, so besonders bei Retlungsarbeiten. Durch bloßen Wurf des Rettungsgürtels wird die Wasserfackel mit inS Wasier geschleudert und erleuchtet mit ihrem hellen Licht weite Wasierflächen und zeigt dem Schiffbrüchigen den rettenden Gürtel. Das Lickt ist so intensiv, daß es bis aus fünf Seemeilen sichtbar ist. Da die Wasserfackel weder durch Sturm noch. durch Wasser ausgelöscht werden kann, so ist ein Versagen völlig ausgeschlossen. Auch der Preis dieses„torobs marine" ist kein hoher, sodaß emer all- gemeineren und vielseitigeren Verwendung nichts im Wege steht.— Humoristisches. Idyll aus der Schweiz . Müller, der«Chef der internationalen Polizei in Maroklo":«Kruzitürken, da werd i doch »nei Schöpple stehe lasse und a mal nach Marollle fahre, um Ord- vung zu stifte I" — Zukunftsbild aus der dritten Duma. Da die Abgeordneten dem Wunsche der Regierung, sich die Hälse ab- zuschneiden, nicht nachgekommen sind, wird hiermit die Duma durch Allerhöchsten Erlaß aufgelöst. — Vor dem Amtsgerichte eines kleinen pfälzischen Städtchens waren zwei Eheleute, Bauern, unter der Anklage eines Futterdieb- stahls erschienen. Nach vergeblichen Bemühungen, die hartnäckig Leugnenden zu überführen, wandte sich der Vorsitzende des Gerichts plötzlich an sie mit den Worten:«Sie find aber doch in der frag- lichen Nacht zusammen am Tatort gesehen worden, und Sie(sich zur Länrin wendend) sollen dazu geleuchtet haben." „Mer barre so gar kä Licht debeU" war die prompte Antwort, der rasche Aburteilung folgte.(«Jugend.") Not«;«». -- Für den. Salon der Humoristen"(Paris ), der am 12. Oktober im Hause der Berliner Sezession eröffnet wird, find die Bilder, Zeichnungen. Plakate usw. der Pariser Ausstellung bereits im wesentlichen hier eingetroffen. Die originelle Spielzeugplastii Caran d'Aches wird besonders gut vertreten fein. — Der Komponist HanS P f i tz n e r hat einen Ruf. von 1908 an das Straßburger Konservatoriuni zu leiten, angenommen. — Ein Denkmal Otto v. GnerickeS(geb. 1602), der als Bürgermeister von Magdeburg die Gesetze des Luftdrucks erforschte und u. a. die Luftpumpe sowie eine Elektrisiermaschine erfand, wurde auf dem Platze der alten Hauptivache in M a g d e» bürg enthüllt. — Die Theaterzensur in Dänemark . Die Zensur, die in Dänemark sonderbarerweise erst infolge deS.liberalen" Re- gierungswechiels von 1001 wieder zur Blüle kam, hat dieser Tage unter den dänischen Literaten eine außergewöhnliche Aufregung hervorgerufen. Die Ursache war das Aufführungsverbot deS Schau- spiels«Karen Bornemann" von Hjalmar B e r g st r ö ny das im«Folleteatcr" in Kopenhagen gegeben werden sollte. Der Zensor fand das Stück.obicon", obwohl eS eine durchaus ernste Arbeit ist, frei von jeder Schlüpfrigkeit. Ein gut Teil von JbsenS Dramen und von deutschen Sliicken, u. a. SudermannS«Heimat", könnten in Dänemarknichtanfgekührt werden, falls derZensor sie mitdem- selben Maße messen wollte wie.KarenBorneutann". Wie in der. Heimat' handelt es sich in diesem Drama um das natürliche Recht eines ledigen Weibes auf Liebe und Liebesgenuß. Karen, die Tochter deS Theologieprofeffors Bornemaim hat in Paris mit einem Bildhauer zusammengelebt. Der Vater weiß nichts davon, wohl aber die mehr freigesinnte Mutter. Nun lebt Karen wieder in dem frommen und sittenstrengen Elternhaus. Da hält der Hausarzt um ihre Hand an, ein Mann mit freiheitlichen Anschauungen. Als sie ihm ober von ihren» ehemaligen Verhältnis in Paris erzählt, halten seine fteiheit- lichen Grundsätze nicht stand; er zieht sich zurück. Nim kommt jener Bildhauer aus Paris zurück. Der Vater erfährt alles und schilt Karen eine Dirne. Sie verteidigt das Recht auf freie Liebe. Die Mutter steht aus ihrer Seite. Eine ziveite Tochter ist wahnsimng geworden, weil sie den Mann nicht erhielt, den sie lieb hatte. Das weiß die Mutter, und der Arzt hat sie in dieser Ueberzeugimg bestärkt. Es tut Karen sehr leid, daß sie ihrem Vater, den sie hochschätzt. Weh bereiten muß. Aber ehrlich mußte sie auch ihm gegenüber ihre Meinung sagen. Der«Verband dänischer Dramatiker" hat in einer Resolntton schaffen Protest gegen das Aufsiihrungsverbot, wie gegen das ganze Zensuffystem erhoben. Das Drama selbst ist nun als Buch er- schienen. In der Presse hat bis jetzt keiner gewagt, daS Borgehen des Zensors zu verteidigen. Henrik Pontoppidan hat in „Politiken " das Wort ergriffen und sagt zum Schluß:„Die Heuchelei, die in dieser Sache zu Worte gekommen ist, sie ist über- Haupt daS häßlichste daran."' — Eine Gesellschaft für gerich t Ii che Medi zin hat sich unter dem Titel einer italienischen Medicolegaleu Geiell- schaft in Italien gegründet, mit ihrem Hauptsitz in Rom . Der be- rühmtcste Vertreter dieser Wissenschaft mtter den Italienern Cesare Lombroso wurde zum Ehrenpräsidenten gewählt. Als Ziele der Gesellschaft werden die Entwickelung eines«wahren und gesunden mcdikofozialen ntedikosozialen Gewissens", die Förderung wissen- schastlicher Untersuchungen über medikolegale Gegenstände und die Aufklärung der öffentlichen Meinung über solche Fragen bezeichnet. Der neue Verein hat sofort die Schaffung von Anstalten eingeleitet, die zwischen Gefäitgnisseu und Irrenhäusern stehen und solche Ver- brecher atifnehnien sollen, die iveder diesen noch jenen mit Recht überwiesen werden können. — Eine Höhlenwohnung des vorgeschichtlichen Menschen ist bei G r a v e s e n d in England zufällig entdeckt worden, als der Boden für den Bau eines Hauses ausgeschachtet wurde. Einer der Arbeiter stieß dabei auf einen Schacht, der weniger als 1 Meter unter der Oberfläche begann und über 15 Meter senk- recht in die Tiefe fühffe, wo er nach Durchbohrung einer 1 Meter dicken Kalkschicht in eine große künstliche Höhle mündete. Bei näherer Untersuchung stellte sich heraus, daß die Höhle durch eine roh auS festem Kall gehauene Wand in zwei Zimmer geteilt war. — Die Walfischfänger behaupten zuweilen, daß die Wal - fische immer seltener werden. Diese Ansicht wurde jüngst widerlegt durch den Kapitän der Brigg„Sullivan", der nach einer Walfisch« fahrt von 27 Monaten im nördlichen und südüchm MlanUscpet! Ozean in New Bedford , Massachusetts (Vereinigte Staaten ), ein- getroffen ist. Er sagt, während feiner ganzen Praxis als Walfisch- sitnger habe er nicht so viele Walfische zu Gesicht bekommen, als auf seiner letzten Fahrt. Die„Sullivan" konnte 3800 Fäffer mit Tran füllen und alles bisher Dagewesene wurde übertroffen, als man einmal innerhalb fünf Tagen so viele Walfische erlegte, daß man 875 Fässer Tran gewann. Verantwortl. Redakteur: Hans Weber, Berlin.— Druck u. Verlag: VorwärtsBuchdruckerci u.VerlagSanstaltPaul Singer«t Ea. Berlin S'.V.
Ausgabe
24 (25.9.1907) 186
Einzelbild herunterladen
verfügbare Breiten