den Markt.
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der Versuch eines Betruges vorliegt. Diefer Ehrgeiz der Chemie ist freilich bedenklich, wenn die Fälscher dadurch neue Mittel in die Hand bekommen, und zwar ist diese Gefahr um so größer, je voll. fommener der Erfolg des Chemikers ist, d. h. je mehr das Kunstprodukt die Eigenschaften des natürlichen befibt. Mit Bezug auf den Honig hat nun die Chemie ihre Arbeit ziemlich vollständig geleistet, indem namentlich durch die Untersuchungen von Professor Herzfeld ein Süßstoff erzielt worden ist, der sich ausgezeichnet zur Bereitung eines fünstlichen Honigs eignet. Der Vorsicht halber mag das Rezept als Geheimnis betrachtet werden; es genüge die Angabe, daß bei einer bestimmten Mischung dieser Stoff nach längerer Erhizung auch die schöne goldgelbe Farbe des Honigs annimmt und sich auch unter denselben Bedingungen wie der Naturhonig verfestigt und wieder verflüssigt. Es fehlt dem fünfts lichen Erzeugnis nun aber noch die Hauptsache, nämlich das eigentümliche Aroma des Honigs, wofür ein Ersak bisher noch nicht gefunden worden ist. Hier tritt alfo jedenfalls der Bienenzüchter in sein bolles Recht, weil auch der Fabrikant eines künstlichen Honigs recht start aromatischen Honig braucht, mit dem er seinem Produkt erst den eigentlichen Geschmack verleihen kann. Die Bienenzüchter find begreiflicherweise dennoch von diesem Fortschritt wenig erbaut und rufen, wie es mit dem schönen parlamentarischen Ausbrud heißt, nach der Klinke der Gefeßgebung, um die Fabritation von fünstlichem Honig entweder sehr zu erschweren oder ganz zu verhindern. Die Chemiker tun sich auf der anderen Seite auf ihre Arbeiten in begreiflichem Stolz viel zugute und wollen die Bienenzüchter zu dem Glauben überreden, daß auch sie von dem künstlichen Honig Vorteil haben werden. Der dazu empfohlene bessern und ihn verdaulicher machen. Außerdem wird gegen den Süßstoff soll nämlich die Qualität auch des Naturhonigs verNaturhonig ein Vorwurf erhoben, der wenigstens zum Teil als berechtigt gelten kann, nämlich daß er vielfach ein zu starkes, oft auch ein nicht angenehmes und nicht zuträgliches Aroma besitzt. So soll der Honig aus den Blüten der echten Kastanie zuweilen geradezu einen abstoßenden Geschmack haben, ebenso der des Spargels usw. Solche Eigenheiten besonderer Sorten, die dem Bienenzüchter gewiß oft Summer und Nachteil bereiten, sollen durch den Zusatz des künstlichen Süßstoffes aufgehoben werden. Vorläufig ist der Gegensatz aber noch nicht geschlichtet, und es wird wohl noch lange Beit dauern, ehe der ehrliche Bienenzüchter mit der Chemie einen Batt wird schließen wollen. Immerhin beträgt die Fabrikation von Kunsthonig in Preußen allein jährlich gegen 60 000 Zentner.
Biehung zu tun hat oder zu tun gehabt hat, ist es begreiflich, daß sich biele berufen fühlen, zur Lösung der vielfachen und oft recht verschlungenen Erziehungsprobleme ihr Scherflein beizusteuern. In ben lehten Jahren wird wieder besonders viel experimentiert. Die Unhaltbarkeit des gegenwärtigen Erziehungssystems mit seinen Schroffen unvermittelten Scheidungen zwischen Haus-, Schul- und Selbsterziehung, wobei jede Erziehungsform für sich wiederum völlig mangelhaft, teilweise unfinnig und unpädagogisch durch Elternhaus und Staat gehandhabt wird, dazu die allgemeine soziale Unruhe und Gärung haben die pädagogischen Neuerer, Experimentierer, Propheten und Narren wachgerüttelt. Die pädagogische Bücher- und Beitschriftenproduktion wirft jeden Tag neue Stöße bon Syftemen"," Methoden", Reformvorschlägen und Kritiken auf Das meiste davon vergeht noch rascher als es entstanden ist; faum, daß sich ein Mensch darum fümmert. Manche Vorschläge enthalten gute Seime, die in einer besseren Gesellschaftsordnung, die Zeit, Intereffe und Mittel für die Erziehung übrig hat, vielleicht ganz erfreuliche Blüten im pädagogischen Garten ergeben werden. Hierzu sind die Landerziehungsheime zu rechnen. Auch dem pädagogischen Eigenbrödler Berthold Otto , dem Begründer der Hauslehrer bewegung, ist nicht abzusprechen, daß seinen Verfuchen und Bestrebungen ein gewisser berechtigter Kern zugrunde liegt. Ctto will von dem Massendrill und dem Zwangsunterricht in den heutigen Schulen nichts wissen, er fühlt ganz richtig heraus, daß dabei die ẞsychologie zu kurz fommt. Er will dem eigenen Wachstum der Kinder Rechnung tragen, der Erzieher soll nur beobachtend neben dem Kinde stehen und helfen wo es notwendig ist oder das Kind felbft es wünscht. Dabei scheidet die heute eine Hauptrolle in der Erziehung spielende Gewalt völlig aus. Das Kind gehorcht zwar, aber nur weil nie mehr von dem Kinde verlangt wird als erforderlich ist. Durch nichts wird so sehr zum Ungehorsam ergogen wie durch leberspannung der Gehorsamsforderung." Otto steigt ganz zum Kinde herunter, verfekt sich in seine Gedanken- und Gefühls welt und versucht vor allen Dingen auch in der Mundart des Kindes zu sprechen. Darin stedt ein gesunder Gedanke, zweiffellos ist diese Methode besser als die heutige schablonenhafte Schul methode, die schon an die ganz Kleinen mit abgezogenen Begriffen herantritt und in einem unendlich nüchternen Ton mit ihnen vertehrt. Aber auch bei Otto überwiegt je länger je mehr die Nüchternheit, auf die Dauer wird auch sein Hauslehrer" ton troden und langweilig. Das kommt wahrscheinlich mit daher, daß Otto selbst das meine schreibt, oder richtiger einem Stenographen diktiert in redseliger, breiter Ausführlichkeit. Unerträglich wird sein Ton besonders, wenn er damit Dichtungen zuleibe geht, und in seinem Ein guter erl. Mein Mann ist wirklich zu gut nüchternen Pädagogendeutsch die poetische Fabel und Sprache übermütig! Gestern war er nach langer Zeit' mal wieder im Wirts setzen will. haus- da hat ihm der Kaufmann ein Achtel Rotwein, ein Zigarren reisender fünf Mille Zigarren und der junge Arzt, der sich kürzlich hier niedergelassen hat, eine Herzkrankheit aufgeschwatt."
Eine weitere Besonderheit Ottos ist seine Vorliebe für die Behandlung politischer, sozialer und gesetzgeberischer und ähnlicher Materien in einer dem Minde verständlichen Mundart. In seinem Hauslehrer" fann er über die Börsenkrisis" oder über die Sozialdemokratie oder über die Reichstagsauflösung mit allem Drum und Dran reden. Otto bemerkt in seinem neuesten Schriftchen mit einer gewissen Genugtuung, daß er sich in diesem Teil seiner Bestrebungen der entschiedensten Förderung der Behörden zu er freuen" gehabt hat. Das leuchtet ohne weiteres ein, wenn man nur einen dieser Artikel gelesen hat; fie triefen von Kaiserbegeiste rung und Deutschtümelei und suchen, wo immer es geht, gegen die Sozialdemokratie mobil zu machen. Aber es ist doch interessant, daß die Behörden nichts dagegen haben, wenn schon mit den Schulpflichtigen Kindern in ganz ungweideutiger Weise Politik getrieben wird, solange diese Politik fich im Rahmen der Regierungstendenzen bewegt. Wenn aber die der Schule entwachfenen Arbeiterjünglinge fich in ihren Organisationen mit politischen Dingen beschäftigen, so donnert die Behörde sofort mit einem grimmigen: Warte, ich werde Euch! dazwischen.
Im übrigen find nach der rein formellen Seite hin auch die Ottoschen Versuche nicht ohne Interesse für uns. Gerade weil die Schule in einer dem proletarischen Elternhause widerstrebenden Weise Politit macht, sollen wir bemüht sein, Wege aufzufinden, die dem Elternhause hier eine wohltätige Gegenwirkung ermöglichen. Die Hauptsache ist, daß Leute vorhanden sind, die intereffante und wichtige politische Dinge in einem für Kinder verständlichen Tone vorzutragen wissen, damit auch die Arbeiterkinder Verständnis für die in der häuslichen Unterhaltung besprochenen Gegenstände gewinnen. Man brauchts nicht gerade so zu machen wie Otto; vielleicht gelingt es vor allen Dingen, einen frischeren Zon zu finden. Aber wenn Otto durch seine Bestrebungen eine entsprechende Produktion im proletarischen Sinne angeregt haben follte, so hat er sich immerhin ein, wenn auch bescheidenes Verdienst
erworben.
h. sch.
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Humoristisches.
sein; für das Geld, was Sie schon verraucht haben, hätten sie sich - Indiskrete Frage. Lassen Sie doch das Rauchen längst ein Automobil kaufen können!"
" Das ist möglich- wo haben Sie denn Ihr Automobil?"
Sehr richtig. So oft ich Sie im Restaurant sehe, trinten Sie Kunstwein, Herr Rendant!" " Ja, da hat man wenigstens etwas Echtes!"
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Notizen.
Die Neue freie Voltsbühne, die jetzt rund 19 000 Mitglieder in 22 Abteilungen in sich vereinigt, hat nunmehr auch Opernaufführungen als reguläre Vereinsvorstellungen in ihren Spielplan aufgenommen und zu diesem Zwed sämtliche Montag- Abendvorstellungen der Lorking- Dper gepachtet. Damit wird der erste Versuch unternommen, auch Abendvorstellungen einzuführen. Die erste Borstellung findet am 30. September, 8 Uhr statt. Zur Aufführung gelangt:„ Die lustigen Weiber von Windsor ". -Für das Kaiser Friedrich- Museum wurden in Aegypten eine Anzahl wertvoller Kunstgegenstände aus byzantinischer Beit erworben: Silber- und Bronzegefäße und Bruchstüde einer sehr schönen dunkelblauen, mit vergoldeten Ornamenten versehenen Glasvase, dazu mehrere holzgeschnitzte Kämme.
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Die drahtlose Telegraphie über den Ozean. Marconi äußerte fich einem Besucher der großen Signalstation in Port Dorien gegenüber sehr zuversichtlich über die Eröffnung des Verkehrs mittels drahtloser Telegraphie über den Atlantischen Ozean , die in einigen Wochen bevorstehen soll. Ich werde in Cape Breton bleiben," sagte er, bis die Station für den Handelsverkehr eröffnet wird, was in etwa drei Wochen der Fall sein wird. Wir haben nur noch einige fleine Proben vorzunehmen, bevor wir beginnen. Eine besondere Eröffnungsfeier soll jedoch nicht stattfinden. Wir werden teine große Affäre daraus machen, fondern ruhig unsere Arbeit auf nehmen. Wir haben alle Hindernisse überwunden und find des Er
Aus dem Gebiete der Chemie. Künstlicher Honig. Künstlichen Honig gibt es feit sehr Tanger Zeit insofern, als es stets ursaubere Hände gegeben hat, die an Stelle des Naturhonigs alle möglichen mixta composita hergestellt und unter falscher Flagge auf den Markt gebracht haben. Etwas ganz anderes aber ist es, wenn die Chemie danach strebt, ein Ersatzmittel für das Naturerzeugnis zu gewinnen und als folges sicher." solches dem Verbrauch zugänglich zu machen, ohne daß auch nur
Berantwortl. Redakteur: Hans Weber, Berlin.- Drud u. Verlaa: Vorwärts Buchdruckerei u.Berlaasanstalt Baul Singer& Co..Berlin SW.