ist e» im Norden so warm, das> sie dann dorthin zurückkehren können. Dabei gehen fie auch im Winter nur so weit südlich, daß daS erreichte Klima ihnen genügt und vermeiden überflüssige Aus- dehnungen der Wanderschaft. Nun hat man festgestellt, daß diese Vögel jetzt bei weitem nicht mehr so weit nach Süden gehen wie früher, ja manche, die aus höherem Norden kamen und früher süd­licher hinflogen, verbleiben jetzt schon den Winter über in unseren Breiten. Daraus könnte man vielleicht den Schluß ziehen, daß m unseren geographischen Breiten eine Wärmezunahme besteht, und wenn die Meteorologie das noch nicht feststellen konnte, liegt eS vielleicht nur daran, daß rationelle meteorologische Beobachtungen überhaupt noch nicht lange genug angestellt weroen, um eine Ber- gleichung des gegenwärtigen KlimaS mit dem früheren zu ermög- lichen. Aber mit der Zeit wird auch die Meteorologie hierüber Aufschluß geben können H. G. Kleines f euiUeton« Theater. König I. Schauspielhaus:.Der letzte Funke*. Lustspiel in 3 Akten von Oskar Blumenthal   und Gustav Kadelburg  . ES war kein Geistesfunke, dieser letzte; immerhin erschien er nicht so matt und lebensmüde wie Blumenthals ge- reimte Rembrandtkomödie oder sein.Glashaus*. Die Ziele waren näher gesteckt, der Ehrgeiz,Lebensweisheit" zu markieren, gründ- lich abgestreift. Die Langeweile blieb sozusagen mehr latent, man spürte sie beim Hören nur von weitem, dann freilich um so beut- licher in der Erinnerung, im Nachgeschmack der Leere. Nur ein paar Szenen, die bei aller UnWahrscheinlichkeit doch Ansätze zu wirklicher Komik enthielten und von Vollmer mit prächtig be- haglichem Humor ausgestattet wurden, bilden in dieser Hinsicht eine Ausnahme. Sie waren es auch, die bei der Aufführung im wesentlichen den Erfolg entschieden. Ein unverbesserlicher Spieler, Schuldenmacher, Schürzen- jäger, dem diese ritterlichen Tugenden den Beinamen des ewigen Leutnants eingetragen haben, wird von einem Verwandten aus der Gattung jener angenehmen Theater-Kommerzienräte, die sich mit ganz besonderer Vorliebe anpumpen lassen, zu dauerndem Logier- besuche nach der Provinz geladen. Fern von Berlin  , so rechnet der geduldige Spender, wird und muß ja die mangelnde Gelegen- heit de» Geldausgebens auf den werten Freiherrn erzieherisch wirken eine Spekulation, die gründlich fehlschlägt. Voll heiterer Unverfrorenheit kommt der betagte Habenichts auf seinem neu- gekauften Automobile angerattert und steckt, anstatt bekehrt zu werden, auch noch die Hausgenossen mit seiner Unsolidität an. Dort trifft er auch mit seiner Frau, die, um wieder zu heiraten, die Ehescheidung plant, zusammen, staunt, wie hübsch sie aussieht, und macht sich, neuvcrliebt, daran, sie wieder zu erobern. Wie immer im Lustspiele, triumphiert deS Bonvivants bekannte Un- widerstchlichkeit. Im Handumdrehen ist der letzte Funke zur Flamme angefacht. Der Freiherr hat die Gattin wieder und mit ihr zugleich ein Rittergut. Das Lustige in dem konventionellen Rahmen ist die Figur des guten, dem Freiherrn wie dessen Frau in gleicher Biederkeit ergebenen Kameraden Lutz, der plötzlich vom platonisch schwärmenden Hausfreund ein paar Momente lang zum auserwählten Heiratskandidaten aufrückt. Die Regungen dieser bescheidenen Seele, die bei dem Avancement ihr schönes Gleich- gewicht verliert, brachte Vollmer, den flüchtigen Umriß mit dem Reichtum seiner schauspielerischen Phantasie erfüllend, in drolligster Anschaulichkeit heraus. Das Ensemble griff elegant und sicher ineinander. Herr Keßler gab dem Freiherrn   einen Aus- druck kindhafter Vergnügtheit, der das Abstoßende der renommistisch faden Redensarten beträchtlich milderte, Kraußneck war das verkörperte Wohlwollen in Kommerzienratsgestalt. Die kleineren Rollen waren durch Herrn Boettcher, Fräulein A r n st ä d t und Frau Willig gleichfalls sehr gut vertreten. 6t. Im Münchener   Schauspielhause erzielte die Ur- aufführung von Bernhard Shaws sozialer Komödie: Heuchle r" nur eben einen freundlichen Erfolg. Das Stück wurde 18W unter dem Titel iviclowers houses in London   zuerst aufgeführt und war damals für Gesellschaft und Kritik, was sein ironischer Untertitel sagt,ein unerfreuliches Stück". Shaw gibt darin in witzvoller Diktion eine scharfgeistige Psychologie des Kapitals in seiner zwiefachen Macht. Für die Ethiker ist das Kapital in jeder Form und jeder Erwerbung sündhaft, für die Gesellschaft ist es direkt entsündigend. Wer Geld hat, gilt als Gentleman, sofern er nur nach außen den bürgerlichen Moralkodcx nicht verletzt. Der Mictstyrann, der an das hungernde Elend seine Spelunken quadratmeterweise für' teures Geld abgibt, führt natürlich ein schimpfliches Gewerbe, aber ist das schließlich schimpf- licher, als wenn der Gentleman aus bestem Kreise Hypotheken auf diesen Zinshäusern hat und von deren Rente seine Ehrenmann- Position stützt? Also resümiert Shaw, ihr Stützen der Gesellschaft, solange nur das Kapital Euer Rückgrat stützt, solange seid ihr alle untereinander gleich. Der noble Rentner ist der gleiche Parasit am Proletariat, wie der unnoble Spelunkenbcsitzer oder die Bordell- mutter. Leider versteht Shaw nur, Gesellschastsbegriffe mit kühlem Spott niederzureißen und keine neuen Werte aufzubauen. Den Begriff des wahren Gentlemans ist er schuldig geblieben ««fit. Wiederum ist dem Berliner   Musikleben ein neuer Konzertsaal zugelegt worden. In eben demselben Gebäude, daS den von un» neulich beschriebenen Blüthner  -Saal enthält, wurde' ungefähr gleichzeitig ein kleinerer Raum eröffnet, nach einem bekannten Konservatorium Klindworth-Scharwenka-Saal be» nannt. Er gehört zu den kleineren und intimeren Räumen, un- gefähr von der Art des Bechsteinsaales. Der kleine erste Rang erhebt sich über dem rückwärtigen Teile des Parketts. Mit Aus- nähme der Chornische sind nur ebene Flächen vorhanden; die Decks kaffettiert; d,e Wände in Rechtecke geteilt, deren Bespannung in Lila den Weih- und Silberton deS Ganzen anmutig ergänzt. Eine gute Akustik ist damit von vornherein gegeben. Es war weder philosemitisches noch antisemitisches Interesse» das wir als eine Gelegenheit zu einem Besuche dieses Saales den ersten Vortragsabend(Sonntag) vom Verein zur Förderung jüdischer Kunst ausgewählt haben. Mit Recht konnte man unbekanntes Neues erwarten. Zum Teil ist diese Hoffnung auch nicht getäuscht worden. Man weiß ja bereits, daß die altjüdische Musik, zumal ihre von einzelnen Instrumenten begleiteten Teuipelgesänge. ke>neswegs unbedeutend waren und in christlichen Gesängen weiter lebten oder noch weiterleben. Dagegen weih man allerdings auch, daß es mit den meisten heutigen Synagogen- gesängen nicht weit her ist. Bogumil Zepler, unser bekannter Operettenkomponist, führte in einem dem Programm des Abends eingefügten Vortrag u. a. an, daß Jgnaz Brüll, von dem auch Proben zu Gehör gebracht wurden, von einer spezifisch jüdischen Musik unserer Zeit nichts wissen wollte; was unter solchem Namen geleistet werde, sei Anpassung an europäische   Musik oder An- Passung dieser an jüdische Bedürfnisse. Nun hat uns der ganze Abend insofern ein wenig enttauscht, als er ohne genaue Be- zeichnung vielleicht gar nicht als jüdischer erkannt worden wäre. Entscheidend waren Volkslieder in jenem Jüdischdeutsch des öst» lichen Europa  , das keine gering« Rolle spielt, literarisch eifrig ver- treten wird und uns vor Jahren sogar in einer jüdischen Opern« gesellschaft vorgeführt wurde. Das war alles interessant, zum Teil ergreifend; beispielsweise wird man die schlichte Vertonung vonDes Müllers Tränen" mit dem RefrainDie Räder drehen sich, Die Johren gehen sich" nicht sobald wieder vergessen. Und auch der Humor kam zu seinem Rechte, beispielsweise mit der Ver- wunderung eines Fuhrmannes über die Eisenbahn. Aber der ein» förmig schwermütige Zug von all dem könnte uns auch als slawische Eigenart vorgeführt werden. Recht geben darf man jenem Förderungsvereine jedenfalls; es liegt eben tatsächlich eine an- scheinend gar nicht ärmliche Welt von redender Kunst des Juden» tums vor, deren Unkenntnis uns nicht ehren könnte. Vielleicht .würden wir eine vorhandene Eigenart besser erkannt haben, wentr uns der Verein in seinem(ohnehin überlangen) Konzerte mehr bis etwaige Achnlichkeit neuester und ältester jüdischer Musik vor- geführt hätte. Die Vortragenden leisteten alle Gutes. Den größten Erfolg hatte allerdings der Rezitator Robert Koppel  » zumal mit der anschaulichen und glaubwürdigen HumoreskeDie Militärgestcllung". Eine Rezitationskunst, wie sie nicht sobald lvicder zu hören ist! sz. Ethnologisches. Chinesische Ehegesetze. Der Chinese heiratet jung, meistens tritt er vor vollendetem 20. Lebensjahre in die Ehe. ES kommt nicht selten vor, daß Knaben von 13 Jahren mit Mädchen von 14 verheiratet werden. Liebe knüpft im Reiche der Mitte selten den Bund fürs Leben, sondern fast immer der Wille der Eltern, gegen den es keine Auflehnung gibt. Die Hochzeit muß im Laufe desselben Jahres stattfinden, in dem die Brautgeschenke ausgetauscht werden. China   besitzt kein Bürgerliches Gesetzbuch, aber die Ehe ist dort überlieferten Vorschriften unterworfen, die so gut wie Gesetze sind. Der Chinese darf nur eine legitime Frau haben, Nebenfrauen dagegen kann er nach seinem Belieben in seinen Haus- halt aufnehmen. Verlobungen dürfen nicht ohne wetteres aufge- hoben werden. Wenn ein Vater die Hand seiner schon verlobten Tochter einem anderen verspricht und dafür von dem rechtmäßigen Bräutigam zur Verantwortung gezogen wird, muß er sich zur Strafe auf 70 Hiebe mit dem Bambus und auf die Zahlung einer entsprechenden Entschädigungssumme gefaßt machen, ebenso der zweite Bräutigam, wenn er wußte, daß das junge Mädchen schon versagt war. Die gegenseitigen Geschenke werden in solchen Fällen für den Staatsschatz beschlagnahmt. Natürlich treffen dieselben Strafen den Vater des Bräutigams, wenn er den schon für die Ehe seines Sohnes abgeschlossenen Vertrag bricht und für ihn eine bessere Partie" aussucht. Die Ehe ist, wie Ernest Lehr in seinem BucheLe manage, le divotee et, la Separation de corps dans les principaux pays civilises" behauptet, in China   verboten zwischen Personen, die denselben Namen haben; zwischen Ver- wandten bis zum vierten Glied« in gerader Linie und bis zun» dritten der Seitenlinie. Ein Mann darf auch nicht seine Schwägerin, nicht einmal die Schwester seines Schwagers heiraten. Wer diese Vorschriften unbeachtet läßt, läuft Gefahr, sehr schwer» bestraft zu werden. Jede Ehe, di« im Widerspruch mit ihnen ge» schlössen ist, hat keinerlei Gültigkeit. Es ist bei Strafe von hundert Bambushieben verboten, während der dem Tode des Vaters oder der Mutter folgenden vorschriftsmäßigen Trauerzeit Hochzeit z» feiern. Die Ehe bleibt jedoch gültig, wenn gegen die tlebev- lieferung verstoßen wird. Ein öffentlicher Beamter darf bei Strafe von 80 Bambushieben oder einer entsprechenden Gtldsühne nicht