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diefe Worte heraus, aber als sie aus der ersten Verzüdung au sich kommt, läßt sie auch eine Beredsamkeit los, die mit Lautem Geschrei einen Plazregen von Segnungen und Bonnen vom Himmel herunter auf das Haupt der edlen Spenderin beschwört.

Die Generalin entflieht, so schnell sie kann, dem Wort­schwall und den Lobpreisungen, die ihr noch von weitem nachgerufen werden, und langt turze Zeit später glücklich daheim an.

So ganz wohl zumute ist ihr nicht; fie befinnt sich, daß fie ihr Portemonnaie in dem verschenkten Muff vergessen hat, und ärgert sich auch im voraus über das Verhör, dem fie der beiden Dinge wegen von der Kammerfrau unterzogen werden wird.

Die Kammerfrau ist es auch, die auf ihr Schellen öffnet und sie mit der Nachricht begrüßt: Der Herr General find fchon lange zu Hause."

,, Da geh ich gleich zu ihm hinüber," antwortet die Ge­bieterin, gibt rasch Hut und Mantel ab und tritt in das Bimmer ihres Mannes.

Der alte Herr erhebt sich beim Erscheinen der alten Frau. Er ist um ein Weniges fleiner als fie, hat aber etwas un­gemein Energisches; Gang und Haltung verraten den ehe­maligen Kavalleristen.

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Der große, der schwarze, der schöne Wuff." entgegnete Adele, und die Generalin bemerkte trampfhaft lächelnd: Groß und schwarz allerdings, aber schön... daß er schön war, hat ihm wirklich schon lange niemand mehr nach fagen können." Mag er nun fein, wie er will," erklärte der Mann ,,, da muß er sein!" Man muß ihn halt wieder abholen," sprach Adele, die gnädige Frau haben ihn halt liegen lassen in der Gesellschaft, loffen in der wo Sie gewesen sind."

" Ich habe ihn dort nicht liegen lassen."

" Euer Gnaden haben das neulich auch gesagt, wie Euer Gnaden aus dem Theater gekommen sind, und wie ich gesagt habe, das Taschentuch ist nicht da. Und am andern Tag hat's der Logenmeister gebracht."

"

So? hat er's gebracht?... Aber, Adele, warum ver­schweigen Sie mir das?"

Dergleichen haben Sie sogleich zu melden," rief der General, und Adele jammerte:

Wie soll ich's denn melden? Wann denn? Man darf ja nichts reden, weil ja die gnädige Frau immer dichtet beim Ankleiden." Die Generalin biß sich auf die Lippen; es war ihr stets beschämend, wenn ihre Dienerin ihr die Schriftstellerei vor­Kommst Du endlich!" ruft er der Eintretenden ent- warf. Der General runzelte die Stirn, richtete sich steif auf gegen, hat heute wieder schön lange gedauert, die Urschlerei." und sagte zu seiner Frau: Voyez vous?" zur Sammerfrau Mit diesem Namen pflegt der General die Gesellschaften zu jedoch: Besorgen Sie jetzt den Tee." bezeichnen, die lediglich aus Damen bestehen.

" Es waren auch Herren da," entgegnet die Generalin. Beneide fie nicht," murmelt der Gatte und zieht den Tisch, auf dem eine Patience aufgelegt ist, zurück, damit seine Frau auf dem Sofa Plaz nehmen fönne. Er setzt sich ihr gegenüber, stemmt die linke Faust auf den Schenkel und die rechte auf den Tisch und betrachtet die Starten mit scharfen Feldherrnblicken.

Ist wieder boshaft!" brummt er, ist ein rechter Bos­nickel, nein, was das für ein Bosnickel ist!"

Auch die Generalin vertieft sich in die Betrachtung der Karten und fagt nach längerem Nachsinnen: Der Sechser geht."

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Wo ist der Sechser?" fragt der General.

Rechts in der zweiten Reihe."

Der? Ja, der! Ja denden leg ich nicht aus." Warum denn nicht?"

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,, Will nicht."

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Schöner Grund!"

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Warte auf einen schwarzen Fünfer."

,, Deine schredliche Methode! Auf die Art kann die Patience nie ausgehen, nie!"

,, Liebes Kind," entgegnet der General mit männlichem Ernst, nimm mir's nicht übel, Du hast unrecht. Hier handelt es sich nicht um das Einzelne, sondern um das Ganze." Wenn aber das Einzelne den Knotenpunkt des Ganzen bildet?"

Knotenpunkt! Wie Du doch bist! Wie Du doch kindisch bist! Liebe, ich habe allen Respekt vor Deiner Schrift stellerei, aber von Knotenpunkten verstehst Du nichts."

Wer weiß, vielleicht doch... warum sollt ich nicht im Grunde...?"

Die Generalin sprach unsicher und zerstreut, ihre Wangen röteten sich leicht. Zu ihrem Schreden war die Kammerfrau hereingetreten, durchforschte das Zimmer mit spähenden Bliden und nahm von dem eifrigen Abwinken ihrer Herrin Teine Notiz.

,, Rassen Sie es gut sein, Adele, lassen Sie es nur gut sein," sagte diese endlich in einem Tone, in dem die dringende Bitte wie ein kühler Befehl flingen sollte.

Und der General, der längst überlebten Mode huldigend, in Gegenwart der Dienstleute ein ihm nicht ganz geläufiges Idiom zu gebrauchen, fragte:

Qu'est- ce que veut- elle done?"

" Ich suche den Muff," sprach Adele, die gnädige Frau Haben den Muff nicht mitgebracht, und hier ist er auch nicht." Nun, wenn ich ihn nicht mitgebracht habe, kann er auch nicht hier sein," versezte die Generalin. Gehen Sie nur, Adele."

Der treuen Dienerin war diese wiederholte Abweisung ein Stich ins Herz, und ihre tiefe Verlegtheit äußerte sich in der Miene, mit der sie hervorstieß:

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Adele entfernte sich mit dem Schritt einer gefangenen Königin vor dem Wagen eines römischen Triumphators. Der General freuzte die Arme, beugte sich, blidte seiner Frau in die Augen und fragte: Klotilde, was ift's mit dem Muff?" Sie fenfte den Kopf und nach einem um Vergebung bittenden Blick auch die Augen und sprach: " Frik ich habe ihn verschenkt." Frik

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Er fuhr heftig zusammen, sein Geficht drückte Gram aus. Berschenkt!.. hast Du vergessen, daß er von meiner verstorbenen Tante herstammt?"

" Frikjal in dem Augenblic, in dem ich ihn ver­schenkte, habe ich das vergeffen."

" Dann," verseßte der General wehmütig, wäre es zwecklos, Dich jetzt daran zu erinnern. Aber sagen will ich Dir doch, Klotilde: Ich habe im stillen seit langer Zeit auf den Muff spekuliert. Ich hätte mir gern einen Fußsack für meinen Jagdschlitten daraus machen lassen; ich habe es Dir aber verschwiegen aus Delikatesse... Das habe ich getan, Du aber..

"

Die Generalin fiel ihm ins Wort: Mach mir keine Vorwürfe, Bester; ich bin genug gestraft."

Sie war's; er sah es deutlich ausgesprochen auf ihrem Antlig, in dem er seit vierzig Jahren zu lesen gewohnt war, und so erfüllte er denn großmütig ihre Bitte und fragte nur mild:

" Ich möchte aber wissen, an wen Du ihn verschenkt hast." An eine Greifin, lieber Frig, eine unglückliche, hülflose, die vielleicht erfroren wäre ohne ihn...

Papperlapapp!"

" Und für die der alte Muff eine Wohltat ist, die vor­Halten wird bis ans Ende ihrer Tage, ein wahres Lebensgut. So verzeih denn, bester Mann, und wenn Du mir noch etwas zuliebe tun willst..." Klotilde ging aus ihrer elegischen Weise in eine muntere über, griff nach der Hand ihres Mannes, 30g fie rasch an sich und drückte, bevor er's wehren fonnte, einen Kuß darauf, so lege den Sechfer aus." m

Seufzend fügte sich der General dem Wunsche seiner Frau, aber es geschah zum Unheil, denn, wie die scharfsinnigen Kombinationen, die er später anstellte, erwiesen, konnte die Patience vom Moment an, in dem die verhängnisvolle Karte ausgelegt worden war, nicht mehr gelingen. Den Mann ver­stimmte das ein wenig, für die Frau gab es an dem Tage nichts, das imftande gewesen wäre, ihre Heiterkeit zu stören. und als sie zur Ruhe gegangen war und die Augen schloß, da schwebte das Bild eines welfen Greiſenangesichts, von heller Freude verflärt, vor ihr empor, und sie schlief ein, ge­wiegt von Empfindungen, um die die Landgräfin Elisabeth von Thüringen Ursache gehabt hätte, sie zu beneiden.

Am nächsten Morgen würde die Generalin ihres gestrigen fleinen Abenteuers nicht mehr gedacht haben ohne die schroffe Einfilbigkeit, die Adele der Herrin gegenüber beobachtete.­Das wird nicht gut, bachte sie, wird nicht gut, bevor ein um Der General wendete rasch den Kopf und fragte furz: fassendes Geständnis abgelegt ist. Und ich bin es ihr ja Was Muff? mer ist Muff?" fchuldia: habe ich doch eigenmädtia über einen Gecenstand

Aber der Muff ist weg!"