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besonderen Namen erhalten, die wie das Radium eine genügend lange Lebensdauer haben, um in einer hinreichenden Menge aus geschieden und durch gewöhnliche chemische und physikalische Mittel auf ihre Eigenschaften untersucht werden zu können. Den Namen Jonium hält Rutherford für ebenso ungeeignet wie den Namen Actinium und fähe lieber Bezeichnungen wie Paradium, Bikradium und dergleichen. Daß man nicht mehr lange mit solchen Be­zeichnungen wie Radium Alpha, Be.a, Gamma usw. wird wirt­schaften wollen, ist allerdings begreiflich.

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Geographisches.

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-Ausstellung jüdischer Künstler und jüdischer Altertümer. In der ersten Novemberhälfte wird in der Galerie für alte und neue Sunst", Wilhelmstr. 45, eine Ausstellung von Bildern und Skulpturen jüdischer Künstler statt­finden, der sich auch Werke der synagogalen Kunst und Erzeugnisse neueren jüdischen Kunstgewerbes anreihen werden. Die Berliner Ausstellung wurde von dem Verein zur Förderung jüdischer Kunst organisiert. Sie umfaßt hauptsächlich Werke ausländischer jüdischer Künstler, die man in Berlin selten zu sehen Gelegenheit hat. Frau Rosa Bertens wird bei der Eröffnung des Gast­Der Plan der zweiten Südpolar- Expedition spiels des Hebbel- Theaters im Zentral- Theater am 16. No­bon Charcot. Der Südpolarforscher Jean Charcot hat in der rember in der Hauptrolle von Shaws Frau Warrens Gewerbe" November- Sihung der Berliner Gesellschaft für Erdkunde neben Fauftreten. der Schilderung feiner von 1903-1905 unternommenen Expeditio Das Ungeheuer, Jon Lehmanns Satire, wird nach dem Grahamland den Plan seiner neuen Expedition ent- nach Polizeigeschmack fastriert, im übrigen aber in Freiheit dressiert widelt, die nach demselben Gebiet gerichtet sein und im nächsten am 12. November im Neuen Theater vorgeführt werden. Jahr angetreten werden soll. Das Grahamland ist ein Teil der Eine Gedenffeier für Georg Engels findet fogenannten West- Antarktis, die ziemlich genau südlich von der Sonnabend, den 9. b. Mts., nachmittags 14 Uhr im Luftspiel­Eudspite des südamerikanischen Festlandes liegt und bereits der hause statt. Schauplatz verschiedener wichtiger Expeditionen gewesen ist, darunter -Heijermans neues Drama, Erlösung", ein Lebens­Der Reisen der Belgica" von de Gerlache und der Antarctic" von und Traumspiel in zwei Aften, wurde bei der Uraufführung in Nordenskjöld . Als Zeitpunkt für die Ausreise der zweiten Er- Amsterdam am letzten Sonnabend von argem Mißgeschick be pedition Charcot ist der 15. Juli nächsten Jahres feftgefeßt worden. troffen. Eine Darstellerin brach Arm und Rippen und fonnte nicht Das für sie bestimmte Schiff wird gegenwärtig auf einer Werft weiterspielen. Auch sonst gab es allerlei Zwischenfälle, so daß der von St. Malo erbaut und wird den hübschen Namen Bourquoi- Abend verloren schien. Die unter günstigeren Verhältnissen erfolgte pas?"( Warum nicht?") führen. Das Fahrzeug wird eine Länge wiederholung am Sonntag erzielte jedoch einen außerordentlich bon 41 Metern, eine Breite von 10 Metern, eine Wasserverdrängung starten Erfolg. von 800 Tonnen und eine Maschine von 550 Pferdekräften besigen und 30 Leute an Bord nehmen. Unter dieser Besatzung sind neun Gelehrte und Offiziere und 21 Mannschaften. Die voraussichtliche Dauer der Expedition ist auf 2 Jahre bemessen. Der Zwed ist die Erforschung eines möglichst ausgedehnten Teils des anarktischen Festlandes, gleichzeitig mit dem Versuch, dem Südpol möglichst nahe zu kommen. Auf Grund dieser Absicht hat Dr. Charcot mehrere Arten von Automobilschlitten konstruieren lassen, die während dieses Winters in den Alpen erprobt werden sollen. Der Schlitten, der sich am meisten bewährt, soll dann für die Expedition aus geführt werden. Da der von der Expedition gewählte Teil der Anarktis die größten Schwierigkeiten bietet, muß mit der Mög­lichkeit gerechnet werden, daß das aufgestellte Programm nicht voll­ständig ausgeführt werden kann. Diese verschiedenen wissenschaft. Lichen Aufgaben, die fich im Südpolargebiet darbieten, find aber zahlreich und mannigfaltig genug, um der Expedition die Sicher heit zu gewähren, in jedem Fall eine reiche Ernte an Beobachtungen mitzubringen. Die voraussichtlichen Kosten dieser neuen Reise werden auf 600 000 Mt. angegeben, eine Biffer, die außerordentlich gering erscheint. Dr. Charcot hat sich außerdem mit den Leitern der ähnlichen Expeditionen, die gegenwärtig von anderen Ländern ausgerüstet werden, ins Einvernehmen gefeßt, damit in diesem friedlichen Wettbewerb eine gewisse Uebereinstimmung der Ziele und wissenschaftlichen Methoden herbeigeführt werde. Eine ähn­liche Vereinbarung hat schon bei der letzten antarctischen Cam pagne stattgefunden und wesentlich zum Erfolg dieser Reisen für die Förderung der Wissenschaft beigetragen.

Humoristisches.

Nach dem Haager Kongreß. An sechzehn Wochen faßen fie. Was tat das liebe Federvieh? Es saß vergnügt und nagelfest In feinem gut gewärmten Rest. Es legte manches runde Ei

Mit vielem Gadern und Geschrei, Doch immer ward es offenbar, Daß jedes ohne Dotter war. Ist das noch eine Hühnerzucht So ohne Resultat und Frucht? Bedenfet, was die Herde fraß, Indessen sie so lange fag! Die Koften waren fürchterlich. Und gab bas teure Vieh von sich Nur Vogelmist und Hühnerdred­Ich finde, das hat feinen Zwed.

Peter Schlemiht.

- Treibjagd. Bei der nächsten Jagd werde ich nur Arbeiter aus meiner Fabrit verwenden, die werden doch wenigstens nachher auf Kosten der Krankenkasse behandelt."

Beteranenfürsorge. Ich bitt' recht schön um eine Kleine Unterstügung." Was, schon wieder? Wir haben Ihnen doch erst voriges Jahr Ihr Holzbein frisch streichen lassen." ( Simplicissimus.")

Notizen.

- Eine Delacroig Ausstellung wurde im Kunst falon Paul Caffirer eröffnet. Es find an 50 Bilder und Studien von diesem Meister, der die europäische Malerei des 19. Jahr hunderts fo start beeinflußt hat, zu sehen.

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- Ein Kinderstiefel- Wettbewerb wird auf der im nächsten Jahre in Berlin stattfindenden Fachausstellung der Schuh­und Lederindustrie veranstaltet. Da viele Mißbildungen und Er frankungen des Fußes, wie Blattfuß, Klumpfuß. Behenverfrümmung, Spizfus, auf verfehltes Kinderschuhzeug zurückzuführen ist, kommnt diesem Wettbewerb eine fozialhygienische Bedeutung zu. demie Goncourt haben am Donnerstag den durch den Tod Die Akademie Goncourt . Die Mitglieder der Aka­Huysmans freigewordenen Platz neu befeht. Gewählt wurde Jules Renard , dessen Leidensgeschichte eines Knaben Poile bearbeitung auch dem deutschen Publikum bekannt geworden ist. de Carotte " in der von Hoffmannsthal überseßten Bühnen­Anläglich dieser Wahl hat der" Temps" einige interessante De fails über die Entstehung und die Funktion der Akademie Gon court mitgeteilt. Dieses Institut trägt den Stempel der Fronde literarischen Testament, der ihr Stiftungsbrief ist, hat Edmond de gegen die offizielle französische Akademie an der Stirne. In seinem Goncourt verfügt, daß die Mitgliedschaft erlischt, sobald ein Mit­glied sich in die Académie Francaise wählen läßt. An der Spike der in seinem Roman Die Unsterblichen" die Gesellschaft der der von ihm entworfenen Mitgliederliste stand Alphonse Daudet , Bierzig verhöhnt hatte. Als sich die Akademie konstituiert hatte, ar Daudet allerdings nicht mehr am Leben. Eine andere Be ftimmung lautet: Um der Gesellschaft anzugehören, ist es not­wendig, daß man Schriftsteller ist, aber weiter auch nichts. Weder Grandseigneurs noch Politiker finden Aufnahme." Die Zahl der Mitglieder ist auf 10 festgesetzt. Sie erhalten eine Jahresrente von 3000 Francs der Stifter hatte 6000 Francs bestimmt, aber seine Erben wehrten fich in einem fostspieligen Prozeß gegen die Ausfolgung des Kapitals und verleihen alljährlich einen Preis von 5000 Francs für ein literarisches Wert. Die Wahl neuer Mitglieder geht ganz formlos vor sich. Eine offizielle Bewerbung gibt es nicht. Auch diesmal versammelten sich die Akademiker in dem Boulebardcafé, wo sie beim Diner ihre gewöhnlichen Sigungen" abhalten.

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-Seelenzöpfe". Am Allerseelentage und in der unmittelbar darauf folgenden Zeit, in manchen Gegenden auch um die Weihnachts- und Neujahrszeit, werden, wie wir in der Köln . 8tg." lesen, in vielen Teilen Deutschlands eigentümlich geformte Gebäde angefertigt, die aus zopfartigen ineinander verschlungenen Teigsträngen bestehen und in Bayern und Desterreich den wunder lich anmutenden Namen Seelenzöpfe" führen. Die wenigften der Leute, die dieses Gebäd genießen, ahnen wohl, daß sie dabei einem in die graue Borzeit zurückreichenden, auf uralt- heidnischen Vor stellungen beruhenden Brauche folgen. Diefe Zopf- und Fechtgebäde find, wie namentlich der treffliche Kenner der Boltsalterilmer Dr. Höfler in Tölz nachgewiesen hat, nichts anderes als die lezte schwache Spur uralter Totenopfer, die in der ganzen indogermanischen Welt wie auch in anderen Stulturkreisen verbreitet waren und zum Teil noch heute find. Um die Totengeister zu versöhnen, wurden besondere aber ihre Frauen zum Opfer gebracht; später trat an den Abgeschiedenen ursprünglich Teile ihrer Habe, Waffen, inse die Stelle der Frau selbst ein Teil ihres Körpers, und natürlich der am leichtesten abtrennbare, das Haar. Gebräuche, die nur als Nach flänge jener alten Totenopfer zu verstehen sind, find sowohl im deutschen Mittelalter wie bei den Persern, den Aegyptern und den flawischen Völkern, ja selbst in China nachweisbar. Das Christen tum hat diese uralte Sitte und Vorstellung, wie so viele andere, übernommen und nach Möglichkeit mit dem neuen Glauben in Ein flang gebracht; daher treten heute diese Bopfgebäde lediglich in der Beit der altes Totenfefteam Allerfeelentage und in der Weih nachtszeit auf.

Berantwortl. Redakteur: Hans Weber, Berlin.-Druck u. Verlag: Vorwärts Bucheruderei u.Berlagsanstalt Paul Singer& Co..Berlin SW.