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Mit einem Wort, die plastischen Darstellungen der beiden läglichen Verfall. Daß diefer eintreten mußte, war angesichts ihres auf Brüder erweckten bei dem Zuschauer, man wußte selbst nicht die Bermittelung von Boefte und Leben durch die Religion gestellten wie und wodurch, die Verstellung eines heiteren Kunstwerkes, Prinzips selbstverständlich, da weder jene noch dieses sich in dog­übergossen von dem Licht eines romantischen Clair- obscure: einer Art Traumes in der Manier Shake- speares: einer Art Sommernachtstraumes", zu welchem fie die gymnastischen Boeten waren.

( Fortfckung folgt.)

Jofef von Eichendorff  .

Bon Ernst Kreowski.

in Staat und Gesellschaft

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Mondbeglänzte Zaubernacht, Die den Sinn gefangen hält. Die deutsche Romantik: das Suchen nach der bauen Wunderblume"! Politische Reaktion und Relig.onsschwärmerei: Beides Schwestern, die einander stügen. Nur in einer Zeitepoche, in der das Individuum nichts, der Staat alles galt, wo alles politische Denken durch die Knute des Absolutismus aus den Girnen bertrieben war: nur da konnte auch die Romantik erblilhen. Ja, vielleicht war sie ein logischer Proteft gegen die heillose Stagnation oder auch ein Krankheitsprozeß, den die Nation erst durchschreiten mußte, um allmählich zu gefunden. Krankhafte Furcht und Sehnsucht zuvörderst. Der Umsturz der Gesellschaftsordnung durch die große französische   Revolution jagte dem ohnedies versflavten deutschen   Bürgertum Angst und Schreden ein. Hier waren Schiller, der leidenschaftliche Kosmopolit, und Goethe, der große " Heide  " Gegenstand heimlichen Grauens und Entfehens. Aus dem vermeintlichen Chaos der Weltzustände glaubten sich die jüngeren Dichtertalente in den Schoß firchlicher Gläubigkeit flüchten zu müffen. Nicht bloß die Menschheit, sondern auch die Kunst und Dichtung konnten nach ihrem Dafürhalten nur erlöst werden durch die Religion. Der Mystizismus des Mittelalters erlebt seine Wieder geburt. Schleiermacher   arbeitet

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un 1798

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an der Wieder­

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matische Lehrbegriffe einzwängen lassen. Mit den Berfallzeitlern befannte er sich bis an fein Lebensende( 26. November 1857) zu der aber wollte Eichendorff   nicht das mindeste zu schaffen haben. Wohl romantischen Richtung, jedoch nur jener Beriode, als Novalis, Friedrich Schlegel   und Görris die Führung hatten. Ja, er war so sehr jüngerer Romantiker, daß er die spätere Entwidelung ganz und gar berkannte, für sie die seltsamsten Gründe fuchte. Nicht weil die Romantit an und fülr fich schon eine gewaltsame Konstruktion und darum auf die Dauer zeugungsunfähig war, sondern weil die Epis gonen ihre Führer zaghaft verlassen und für den Katho lizismus, auf dem sie geboren, nach willkürlichen Religions­Surrogaten gehascht hatten, mußte fie, nach der Meinung Eichendorffs, zu Grabe gehen. Als Beispiel für seine Be der Hermanusschlacht" und hauptung bezeichnet er Heinrich Heinrich von Kleist, den Dichter des Käthchens von Heilbronn  ". politischen und sozialen Zustände zugrunde ging. Nein, nur der Eichendorff weiß nichts davon, daß Kleist an der Erbärmlichkeit der aufgeregten und unglücklichen Zeit allein Trost und Haltung ber­Mangel an religiöser Ueberzeugung, die in einer Teihen konnte, hat den größten Dramatiker der Romantik zur Rat­loftgleit, Zerriffenheit und endlich zum Selbstmord gedrängt".... Dag die Romantik, troy kleift, des Repräsentanten ihrer Nachtſeite", weder die vorhandene Bühne zu erobern, noch sich eine neue zu schaffen vermochte, wußte Eichendorff sehr wohl. Aber das komme schreibt er daher, daß eben die obengedachte Vermittelung", von Boesie und Leben durch die Religion in den Romantikern felbft noch keineswegs vollendet war. Daher ihr beständiges Spiel mit der Ironie, die allen Glauben antränkelt, diefes ungewisse baschen nach Surrogaten, nach einer fublimierten Kunstreligion, nach einem geläuterten" Statholigismus." Schließlich aber spiegle fich in der Poesie das innere Leben einer Nation, deren potenzierter Ausdruc sene immer nur sein tönne. Daraus folgert nun Eichendorff  : nichts anderes als der religiöse und fittliche Abfall im Leben hat Belebung der Religion. Tied studiert den Jakob Böhme   mit großer Protestantismus für alles Unheil in der Welt verantwortlich. Die den Verfall der Poefie verschuldet". Ganz besonders macht er den Inbrunst. Bei Novalis  , dem eigentlichen Gründer der Romantik, Reformation gilt ihm durch ihr Prinzip der revolutionären Eman gibt ein persönliches Erlebnis, der frühe Tod seiner Braut, den gipation der Subjektivität, welche die Forschung über die Kirchliche Anstoß zu völliger Abkehr vom Leben. Eine einfache, mächtige Autorität, das Individuum über das Dogma fest", als Duelle der Straft schreibt er im April 1797 an Friedrich Schlegel   ist in Berfahrenheit der deutschen Literatur. mir zur Befinnung gekommen. Meine Liebe ist zur Flamme ge- Eichendorff   glaubt, in ihr auf den höchsten Stufen ihrer Ent­Der deutsche Geist fand, wie worden, die alles Jrbische nachgerade verzehrt". Das Stiften einer widelung fein Genüge und feine Ruhe. Die Romantiker über­neuen Moral und Religion liegt sowohl Novalis  , als Friedrich nahmen es, die unbefriedigte und hungernde Nation mit wahrhafter Schlegel u. a. im Geblüte. Beide begegnen fich in dem Versuche Soft zu versehen; aber fie faßten ihre Aufgabe, die zur Hälfte eine einer Univerfalmethode des Biblifierens" d. h. fie find eins darin, ethische war, vorzüglich nur als ästhetische und nahmen für die daß die Bibel die literarische Zentralform und also das Jbeal fichtbare lebendige Kirche oft nur die poetische Symbolik derselben, jedes Buches sei aber mit mannigfachen ganz be timmten Bedingungen und Unterschieden. eine neue christliche Mythologie. Das religiöse Element löfte fich Auch das Journal, endlich ganz von der Phantafie, aus deren Berklüftung wird völlige der Roman, das Kompendium, der Brief, das Drama usw. Berrissenheit und endlich zerplagt diese Romantit wie eine prächtige sollen in einem gewissen Sinne Bibel fcin und das bleiben, was ihr Name und sein Geist bezeichnet und umfaßt." Böbel lacht, und die Gebildeten reiben sich von der Blendung doch Rakete nach furger Beleuchtung der nächtlichen Gegend. Alles denken und dichten mündet darauf hinaus, durch die kirchliche die Augen und gehen gleichgültig wieder an ihre alten Ge Religion eine neue Stunftreligion zu schaffen oder vielmehr diese verkündigen zu helfen; denn kommen und siegen wird sie auch ohne mich" ruft Fr. Schlegel aus. Um der eigenen Zeit zu entrinnen versenkte man fich tief in den Geist des Klassischen Hellenentums ivic des christlich- feudalistischen Mittelalters; das brachte manchen Gelvinn. Galt es doch zu oberst bem Aufspüren einer neuen Stunftreligion, und wir erkennen hieran, wie echt diese Sehnsucht war. Wollen wir fie aber recht verstehen, so wird es notwendig sein, auf Richard Wagner   hinzutveisen. Erst ihm war es beschieden, das Ideal einer wahrhaften Kunstreligion, die nichts gemein hat mit firchlicher Dogmatit, in seinen alle Kunstzweige harmonisch verschmelzenden Bort Tonbramen aufzurichten. Wagner vermochte dies, weil er ein valles umspannender Wertschöpfer war. Die Romantiker dagegen bestrebten sich wohl, um mit Novalis  zu sprechen, Ideenschöpfer auf dem Papier" all fein, wie ja Schlegels Athenäum" oder ein ähnlicher die Er und literarhistorischer Schriften über den deutschen Roman des Bohl hat er fich- gana abgesehen von einer Auzahl ästhetischer richtung eines literärischen, republikanischen Ordens, einer echten 18. Jahrhunderts, das Drama usw. auf allen Gebieten der Poefie Kosmopoliten- Loge" betreffender Plan Novalis Hardenbergs be verfucht; er schrieb Romane und Novellen, darunter Dichter und weift; aber es mangelte ihnen die kunstschöpferische Kraft. ihre Gesellen", eine Art Schlüffelerzählung, und Sie versuchten sich auf allen Gebieten der Poefie; fie sammelten die eines Laugenichts"; aber es schwebt da alles in Mondschein und entlegensten Denkmale des deutschen Geiftes; sie dokumentierten eine Rebelduft, die unsicher gezeichneten Gestalten und Charaktere mit erstaunliche Fruchtbarkeit als lleberfcher aller fremdländischen einbegriffen. Literaturschätze und erschlossen alle möglichen Quellen der Bildung: Parodie und Gesellschaftsfatire. So travestiert er in der Tragödie: Als Dramatiker zeigt Eichendorff   gute Anfähe zur allein die so inbrünstig ersehnte Sunfireligion vermochten sie nicht Meierbeths Glück und Ende" die Schwärmerei für Walter Scotts herbeizuführen. Ihr ägender Kritizismus, ihre gallige Ironie zer- Romane und verspottet in einem dramatischen Märchen, nach Tiedschem flörte ihre eigene Schaffensfähigkeit. Und was dieser Berneinung Muster: Krieg den Philiftern!" gewisse Auswüchse oder Torheiten nicht gelang, das vollbrachte vollends die Verftrickung der Phantafie im staatlichen wie bürgerlichen und fünstlerischen Leben. Auf die in romantische Ideale sowie die Interjochung des in lauter Frage, wer ein Philifter sei, gibt Eichendorff   folgende Definition: fonfessionelle Konflikte und frömmelnde Gefühlsduselei vergrabenen

Gemüts.

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In die Borzeit der Romantik, richtiger in die ersten Stürme der franzöfifchen Revolution, fällt nun die Geburt des Freiherrn b. Eichendorff( 10. März 1788). Was aber ausschlaggebend für ihn sein sollte, das waren doch seine während der Heidelberger  imd Hallenfer Studentenzeit geknüpften Beziehungen zu Clemens Brentano  , Achim   v. Arnim, Josef Görres und anderen Die romantische Richtung ließ ihn nicht mehr los; er blieb ihr letter Mitter. Er jah aber nicht bloß ihre Blütezeit, sondern erlebte auch ihren

schäfte.

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Der

wahre, entgegen. Sein Bekenntnis faßt er zusammen in den Worten: Dieser falschen Romantil fett Eichendorff num die feinige, die E8 sei eine der Schule entwachsene Romantik, die bas verbrauchte mittelalterliche Rüstzeug ablegt, die katholifterende Spielerei und mystische Ueberschwänglichkeit vergessen und aus den Trimmern jener Schule nur die religiöse Weltansicht, die geistige Auffaffung der Liebe und das innige Verständnis der Natur fich herübergerettet hat." Gegen diese Auffaffung läßt sich schwerlich viel einwenden. Daß fie trotzdem etwas einseitig ist, wenn wir fie nämlich an der heutigen Entwickelung der sozialen Anschauung meffen, ist felbft verständlich. Aber auch schon Eichendorff felbst wurde diese Be schränkung gefährlich. Die Schrulle der Romantiker abzuschütteln, gelang ihm nicht.

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Sieh, ein Philifter

Das ist Dir so' n Vieh illustre,

Aus dem Leben

Gar nichts versteht er und viel liest er, Spottwenig trinkt er und viel ist er, Kurz: so ein fchofler, fabler, trifter

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Recht possierlich ninunt fich auch des Bürgermeisters Rede im großen Ratsaal der Philifter" aus.

Eichendorffs eigentliche Bedeutung ist aber weder in feinen Dramen, noch in seinen Even und Novellen zu erbliden, fondern in