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Folge von plastischen Stellungen feines graziösen, nun er- I Mit einer Sonderlingsnatur, von den Bogen des Lebens um­löften und befreiten Körpers, die Harmonie, das Einnehmende spült, beschäftigt fich auch Leonhard Schridel in feinem schöner menschlicher Bewegungen: die Schönheit des Mensch München  .)" Dieser Schustermeister Martin Uhlemann ist ein Roman:" Der goldene Stiefel".( Albert Langen  , lichen in den antifen Statuen wiedergab. Dann, seine Violiae ergreifend, während das wieder hell Auch er stemmt sich gegen eine neue Kultur, deren ver ganz naher Verwandter von Hirschfelds Wirt von Veladuz. aufflammende Gas dem Bublifum andeutete, daß die düsteren meintliche Segnungen ihm einen Fluch bedeuten. Dort Phantasien und Träume der Nacht vorüber, der Tag er- wurde ein Mensch durch die Fremdenindustrie, hier ein Mensch schienen sei, spielte der Kobold im Verein mit Gianni ein durch die Maschinenindustrie aus dem Gleise gebracht und auf Stück auf den Instrumenten, das gleich der leisen Symphonie Heimatlichem Boden entwurzelt. Dieser heimatliche Boden war für eines schönen Sommermorgens tönte, gleich dem klingenden Riefeln von Quellen, die unter moofigen Baumwurzeln murmeln, und dem flüsternden Kosen der Blümchen mit dem Sonnenstrahl, der den Tau von ihren feuchten Lippen füßt. ( Fortsetzung folgt.)

Neue Erzählungsliteratur.

Meister Martin das Kleinhandwerk. Ein goldener Stiefel prangte brachten es zu bescheidenem Wohlstand. Aber da kam nach ehernen über seiner Tür, im Hause arbeiteten Meister und Gesellen und Gefeßen das Maschinenzeitalter herauf und das Rad der Ent­widelung zermalmie Meister Martins Kleinbetrieb. Den Ruin einer Handwerkersfamilie durch den Großbetrieb schildert das Buch. Gegenüber der Fabrikproduktion war aller Fleiß Meister Martins umsonst, denn er war, wie Hirschfelds Wirt auch, ein unglücklicher Nachkomme des Hebbelschen Tischlermeisters Anton, einer jener halsstarrigen Eisenköpfe, die mit zähem Festhalten am Alten fich Ein guter Roman foll uns bewegen wie eine gute Musik, deren dem Neuen nicht anzupassen vermögen. Nicht allein aus der alt­Afforde zusammenfließen zu einer brausenden Sinfonie, in der wir baterischen Langsamkeit, vor allem aus der Ehrlichkeit ihrer Natur untergehen und wieder auftauchen, geläutert und befruchtet, von Glückes, den goldenen Stiefel, vom Hafen nimmt, bricht auch seine heraus. Und als der bedrängte Meister das Wahrzeichen seines einem Glauben erfüllt und reingestimmt in innerer Harmonie. Was für eine Mujit aber wird in unseren neuen Romanen gemacht? Ichte Widerstandskraft zusammen. Auf dem Speicher seines ge­Allenfalls, daß man für eine Stimmungen sorgt und fleine Pfändeten Hauses erhängt er sich. Der Pfarrer aber sprach an Gefühle weckt. Hier ein paar zahme Kampfatforde, dort ein länd- feinem Grabe: Er verstand seine Zeit nicht." Diese Tragit, wie licher Reigen; hier eine gefünftelte Bravour- Arie, dort eine ein guter Mensch an Zuständen, die er nicht begreift, die aber mit schmetternde Lärmfanfare; schüchtern ein vereinzelter inniger Klang das Zerschellen eines braven Mannes an äußeren und inneren unerbittlicher Grausamkeit sich entwvideln müssen, zugrunde geht, aus Herzenstiefe, ab und zu ein Spottvogellied und zwischendurch feindlichen Gewalten, schildert Schridel mit wehmütiger Ein­das blecherne Geräusch der bloßen Unterhaltungsmusik. Aber die große Sinfonie des Lebens, das große Orgelbrausen des Mensch- dringlichkeit, ergreifend gerade in der Kunstlosigkeit der Form und heitsliedes vom Ringen und Bollbringen tönt nicht an unser Ohr. herangebildet hat. Ein schwermütiges Ried im Volkston, in das mit einer einfachen flaren Sprache, die sich an Keller und Hesse Wie die herrlichen Anfangstakte der fünften Sinfonie von Beethoven   von Ferne das Sterbeglödchen hineinläutet. Das tröstliche Geläut in C- moll, in denen bas Schidial an die Pforte pocht", so grandios der Auferstehungsgloden aber ist nicht dabei zu vernehmen. und feierlich, erschütternd und erhebend, müßte ein Roman an unsere Seele pochen. Und er müßte uns überschütten, wie die Holms: Thomas Kerkhoven.( Albert Langen  , München  .) Solche Auferstehungsglocken höre ich läuten in Korfia Beethovensche Mujit, mit Kraftgefühl und Siegesmut, mit Zuver ficht und Frieden. Nicht ein Buch von solcher Gewalt finde ich Ich verstehe darunter den Sieg des Optimismus über den Bessie unter der Romanflut. Da fein Autor von heute stark genug ist, laffen, die aufrichtet, statt niederdrüdt. Die beiden Helden der mismus. Der Dichter muß eine Weltanschauung heraufwachsen den sozialen Drang der Gegenwart, in der ungeheuere Kräfte gären, eben besprochenen Bücher unterlagen im Kampf des Lebens. mit universellem Geiste zu umspannen, sollten sich die Dichter Thomas Kerkhoven ist ein Besieger des Lebens. Harte Kämpfe be­wenigstens zu einer Organisation vereinigen, in der Arbeitsteilung drohen sein heil, aber nach dem alten Goethe- Wort: stirb und herrscht. Vielleicht bekamen wir dann in Einzeldarstellungen ein werde, feiert er seine Auferstehung als Lebensüberwinder. Zwar Abbild unserer ereignisschwangeren Zeit. So muß man es schon ist Thomas Kerkhoven gänzlich losgelöst vom sozialen Getriebe, aber als einen Gewinn betrachten, wenn ein paar Autoren wenigstens ein fubtiles Einzelempfinden bringt auch ihm Verwirrungen aller den guten Willen zeigen, aus dem Literatentum sich in das Leben Art. Die Dämonen in der eigenen Brust versuchen ihn vom künft­hinüberzuretten. Georg Hirschfeld   hat in seinem Roman:" Der Wirtlerischen Menschen zur Durchschnittsnummer herabzuziehen, eine bon Beladuz"( S. Fischer, Berlin  ) eine Heine Welle des minderwertige Frau bringt ihn vollends um den letzten Rest der brandenden Lebens aufgefangen. Die Fremdenindustrie, die mit Selbstbehauptung. Auch er rettet sich in die Einsamkeit, aber nicht, spekulativer Gewinnsucht in stille Erdenwinkel einfällt, wie Räuber um dort sein Leben in Bitterfeit zu vertrauern, sondern zum Manne in ein friedliches Seim, ist immerhin ein zeitgemäßes Thema. zu erftarken. Er findet fich selbst wieder und damit auch den Weg Wir wissen, diese kapitalistischen   Gründer, die mit ihren groß- zum Glück. Vereint mit feiner Jugendgeliebten, schreitet er mit artigen Hotelunternehmungen nicht nur so manches Stüd feftem Willen auf das Eiland zu, auf dem Sonne, Frieden und majestätischer Natur verschandeln, sondern auch friedliche Hinter- Glauben ist: der Glauben an die eigene Kraft, die sich mit Leben weltler mit ihrem Schröpfsystem ansteden und zu Profitgeiern und Schiafal in Güte, Verstehen, Mut und Stärke auseinander zu machen, haben die Entartung und Verkommenheit ganzer Täler sehen weiß. Holms Kerkhoven gehört zu dem Fähnlein der Auf­und Gemeinden auf dem Gewissen. Wo die Menschen früher in rechten, er singt die fröhliche Melodie der Hoffnung: durch Nacht verstedter Einsamkeit geruhsam ihrer Arbeit nachgingen, sind sie zum Licht. Ein ernstes Buch, obwohl es sartastisch lächelt, und nun von fiebernder Gier nach Verdienst besessen, sie sind von der meisterlich im Stil. Ausbeutungsfeuche befallen und es verdorrt darunter ihr ein­trächtiges Familienleben, ihr Charakter, ihr Glück, ihre Moral. Der faule Schwindel der Riefenhotels, nach deren Beispiel ganze Orte zu einer einzigen großen Fremdenfalle werden, die mit dem Fremdenstrom auftauchende Scheinkultur, die die Eingeborenen verdirbt und um ihr Bestes und Natürlichstes bringt das Degenerierende dieses mammonistischen Auswuchses fand indessen in Hirschfeld nur einen ästhetischen Gloffierer. Hirschfeld ist keine Kampfnatur, volfswirtschaftliche Unstimmigkeiten" fordern nicht sein soziales Gefühl, sondern seine gefühlvolle Seele heraus. Und so wurde auch seine ganze Geschichte mehr ein seelisches, denn ein soziales Problem. Der Wirt von Beladuz ist Einsamkeitsmensch, der auf seiner Scholle wurzelt. Aus der von der Kultur un­berührten Erde faugt er die Ganzheit seiner Natur. Aber diese Ganzheit zerbrödelt ihm, als die verheerende Woge der Fremden­industrie sein geliebtes Tal verwüstet. Während um ihn herum die Nachbarn und nächsten Angehörigen sich bereichern, wird er innerlich ärmer und elender, heimatlos. Er erobert sich nicht die Heimat zurüd, aber den Frieden seiner Seele, indem er, fern dem Getriebe, als Einsiedler seine Tage lebt. So findet er sich mit dem feind­lichen Leben in stiller Resignation ab. Nicht das Gesellschafts­gewissen, das Gewiffen eines Einzelnen schlägt in dem Buche. Solche Lebenskämpfer, die vor allem mit ihrem eigenen Innern ringen, find Hirschfelds Spezialität. Nur ist er auch in diesem, seinem gefündesten Buche, wieder in seine franthafte, allzu vere Sonnene Weichheit verfallen, unter der seine Menschen nicht nur Lutleer in ihrem stilisierten Empfinden, sondern auch bedenklich zu Bapier werden. Bei vielen Vorzügen also wieder fein Buch des Lebens, sondern nur Kapitel eines Sonderlebens. Was für eine Musit? Ein dünnstimmiges Klagelied mit einem leisen Trup­afford

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Elegischer flingt die Melodie der Hoffnung aus Tod und eben von Emil Luda.( Egon Fleischel u. Co., Berlin  .) Sier ringt wiederum ein Mensch um Frieden und Glück, aber alles Leid femmt ihm noch ausschließlicher nur von seinem eigenen Innern, ganz von ferne nur toft das Meer des Lebens. Das eigene haltloje Ich schwankt wie ein Rohr im Winde selbstquälerisch und grüble­risch hin und her. Wir haben eine ganze Reihe solcher Jch- Romane, in denen die Dichter ihre Seele anatomisch zerfasern und diese ab­gründigen Jch- Schmerzen lassen uns allgemach recht falt. Emil Zuda aber bringt viel Dichterisches mit, eine zärtliche Trauer liegt über seinen Worten und gibt seinem Buche einen echten Klang. Seines Helden Leiden am Leben" unterscheidet sich von dem künft­lichen Daseinsetel der Aesthetenliteratur durch eine ehrliche Schlicht­heit und natürliche Wärme. Das Buch erzählt eigentlich die Ge­schichte einer Liebe. Aber da sich der Liebende als trüber Gaft" auf der Erde fühlt, glaubt er nicht an seine Fähigkeit, die Geliebte glücklich machen zu können. Der Frühling, der Freund, die Liebe gehen an ihm vorüber. Und erst, als er das tiefe, schwere Wort über seinem Leben fühlt: Gewesen, stirbt auch sein alter friedloser Mensch und ersteht aufs neue zu tunerem Gleichgewicht. Wie fand er die Formel zu solcher Wandlung? Er warf den grübelnden Müßiggänger fort und schloß sich tätig der Allgemeinheit an. Mit gemeinsamen Zielen verband er sich der Menschheit und so landet auch dieser Roman auf dem Umtvege grauen Philosophierens wieder im Leben, das der Mensch nur, nach des Verfassers Beweisführung, sich mit einem harmonischen Innenleben gewinnen kann. Diese Bücher sind, obwohl fie fern dem schweren Daseinstampf und den sozialen Nöten stehen, dennoch in ihrer Art Kampfbücher. Sie fämpfen den Kampf um ein anderes Lebensgut: um die gefeftete, starke Seele des Menschen. Sie umspannen mit ihrer breiten Zustandsschilderung zwar nur ein Einzelschicksal, aber sie ringen