feierlich in ein Notizbuch eingetragen hatten, wobei sie unS mit derstrengen Miene eines Richters ansahen. Einen Fremden behan-delten sie nur darum als Verbrecher, weil er ihr Machtgebiet Pas-sierte! Nein, der gute Mann»uxhte rufen, soviel er wollte: wirhatten keine Lust, die Zahl der unvorhergesehenen Aufenthalte zuvermehren, ein albernes Verhör zu bestehen, die Papiere vorzu-zeigen, um jenem Miniaturtyrannen eine Genugtuung zu be-reiten. Er rannte aus Leibeskräften hinter uns her und schriefortwährend:..Halt, im Namen des Gesetzes!"Ta erhob ich mich, drehte mich um, und indem ich mich amGepäck anhielt, schnitt ich unserem Verfolger mit würdevollemErnst die abscheulichste Grimasse, die ich vor langen, langen Jahrenig der Schule gelernt hatte! Starr über solche Frechheit, dlirb erstehen, und wir fuhren lachend weiter.kleines feuilleton.Ter Palmenwald von Elche. Ten gröstten Wald bildet dieTatielpaline in Europa bei der Ortschaft Elcde in Spanien. In derFerne gleicht der Palmenhain einem dicht geschlosiene» Kiefermvalde.Kommt man näher, so steht mmr in scheinbar endlose Palmenhainehinein, von Palmen des verschiedensten Alters, deren ans den schlankenStämmen im Winde sich graziös wiegenden Kronen wegen des un-anshörlichen Aneinanderschlagens der klafterlangen, glänzend grünenFliederblätter ein eigentümliches Ranschen bervorbringen. Ein hell-grünes Unterholz, übersät von brennend scharlachroten Blumen, be-deckt in scheinbar dichtem Bestände den Boden der Haine,so weit wir sehen können? es find in voller Blüte stehende Granat-äpfelbüsche, die hier unter dem lichten Schirme der hochausragcndenPalmen vortrefflich gedeihen. Ueberall sind die fieitzigen Bewohnerder hier und da zwischen den braunen Schuppenstämmen hervor-leuchtenden Häuschen und Häusergrnppen mit der Bearbeitung desBodens, mit dem Ausrotten von Unkräutern, mit der Ausbesserungder Wasserleitungen usw. beschäftigt. Endlich zeigt stch auch dieStadt Elche selbst, die einen ganz maurischen Eindruck macht, ob-schon die Mauren, die ersten Begründer des PalmenwaldeS, längstvon der spanischen Erde vertriebe» sind. Der Wald selbst„mistl"drei Stunden im Umfange und enthält an 100 000 Stämme. Daszu seiner Bewässerung erforderliche Wasser liefert der aus denGebirgen im Norden kommende Binalapö, dessen breites sandigesBett aber innerhalb des Gebietes von Elche völlig wasserlcer ist.indem sein Wasser mehrere Stunden oberhalb der Stadt durch einenkolossalen von den Mauren erbauten, das ganze Flichtal absperrendenDamm zu einem gewaltigen secartigen Bassin(pmitano do Elche)aufgestaut worden ist. Don diesem mit Schleusen versehenen Werkeleitet man das Wasser in die Kanäle, die sich in ein form-lichcs Adernetz zerteilen und das besruchtende Nah über dieganze weite palmenbedeckte Fläche verbreiten. Diese bestehtaus zahllosen, durch Mauern getrennten Gälten. JedesGrundstück ist in grosse regelmässige Bierecke eingeteilt, die durchbreite, stch rechtwinielig schneidende Sandwege geschieden find. Umjedes solche? Biereck ist eine Reihe von Palmen gepflanzt, weshalbauch jeder Garten von oft vielen sich rechtwinklig kreuzenden Palmen-alleen durchschnitten erscheint. Längs der Wegeränder laufen seichte.aus Backsteinen gemauerte Rinnen hin. die sich um jeden Palmen-stamm erweitern, worin das Wasser zirkuliert, dessen Berteilung durcheine besondere, schon von Mauren eingesetzte Behörde sorgsam über-wacht wird. Die Vierecke selbst dienen zum Anbau von Feld- und Garten-früchten, darunter auch Baumwolle, namentlich aber zur Zucht des in pa-rallele Reihen gepflanzten Granatbaumes. Auch Feigen- und Orangen-bäume sieht man in vielen Gärten. Die Dattelpalme erreicht umElche, überhaupt in jenem Teile Spaniens eine Höhe von 10 bisLS Meter und bringt ihre Früchte fast alljährlich zur Reife. Darumsieht man auch in den Kronen mächtige Fruchtkolben mit Hundertenteils halbreifer— in diesem Zustande glänzend goldgelb gefärbten—,teils ganz reifer und roter Datteln herabhängen. Ihre Verwertungbildet' den Haupterwerb von Elches Oase, in den sich die Stadt mit63 kleinen, innerhalb des Waldes gelegenen Ortschaften teilt. DieDatteln verbraucht Spanien selbst, während die HaupteinnaHme imHandel mit gebleichten Palmenblättern besteht, die man für die Palm-sonntagprozession in ganzen Schiffsladungen auS den Häfen von Alicanteund Santa Pola nach Portugal. Irland. Schottland. England undWestfrankreich verfrachtet. Natürlich ist diese Dattelpalme erstkünstlich eingeführt, und das soll um 750 bei Cordoba mit einerPalme geschehen sein, von der man sämtliche spanische Dattelpalmenableitet. Diesen gegenüber machen, wie Profefior Willkomm schreibt,diejenigen Dattelpalmen wenig Eindruck, die man um Terraeina inUnteritalien und an der Riviera um Bordighcra zwischen S. Remound Ventimiglia waldartig gepflanzt sieht. Denn auch dieser Waldsoll noch etwa 4000 Stämme zählet». Wahrscheinlich auch erlangtdie Palme in Spanien unier der sorgsamsten Pflege ihren höchstenWuchs; denn wenn man j. B. die Pflanzungen der algerischenSahara im Ritan daneben hält, wo die Stämme zwar emcn Umfangvon 8— g Fuss, die Wedel eine Länge von 15—20 Fuss erreichen, sowird der Stamm doch selten über 30 Fuss hoch. Dennoch lieferndie Palmen der Ritans sKesseltäler) die besten Datteln Afrika?, unddas ist die Hauptsache.Theater.Neues Schau spielhaus:.Zar Peter", Drama invier Auszügen von Otto Erler.(Die Buchausgabe erschienbei Callewey in München.) Die moderne Abneigung gegen daShistorische Drama und das historische Figurenbild ist wie in derveränderten, den Heroenkultus kritisch zersetzenden Geschichtsauf-fassung, so auch in der Schärfung des Blicks für das spezifischKünstlerische begründet. Es liegt in dieser Abneigung zugleich derArgwohn, daß Poet und Maler durch Mithülfe der von einem!geschichtlichen Kostüm ausgelösten Jdeenassoziationen ein Defizitvon eigenmächtigem Können begleichen wollen. Zweifellos ist auchein gewisses, bei flüchtigem Hinsehen ganz passables Mittelmatzder Leistung im Genre des historischen SckmuspielS darum leichterzn erreichen, weil ja vie zeitliche Distanz, die Fremdartigkeit vonMilieu und Verhältnissen eine schärfere Kontrolle des psychologischMöglichen nicht zulässt. Die erfindende Phantasie hat in deinweiten und bequemen Rahmen dee Historie ein verhältnismässigleichteres Spiel; die grössere Freiheit, die ihr hier gelassen wird.stellt nicht grössere, sondern geringere Ansprüche an den kom&i».uierenden Spürsinn.Peter der Grosse ist in dem Zeitalter de» sogenannten aufgeklärten Despotismus gewiss die zu dramatischer Behandlung nocham ehesten geeignete Herrschergestalt. Abstossend bis zum äusserst en in seinen wüsten Gelvalttätigkeiten und Ausschweifungen, unddeitnoch durch die ungeheuere Energie, mit der er das Reform-werk der Europäisierung in seinem Babarenlande betrieb, Be->wunderung erzwingend, vereinigt er die seltsamsten Kontraste;erscheint er als typisch ausgeprägte llcbergangsfigur, die in demZwiespalt ihres eigenen Wesens, wie in dem Kampf mit der Ilm-gebung, Spuren eigenartiger, zu dichterischer Vertiefung anreizen-der Tragik aufweist. Dabei find alle äusseren Requisiten: Ber,brechen bis zum Morde hier in geradezu verschwenderischer Füllsgegeben. Kein Wunder, daß er zu so vielen poetischen Versuche»»angeregt hat.Ein Treffer hat sich darunter nicht gefunden, und auch ErlcrSDichtung hätte aus dem ruhigen, weltabgeschiedenen Schlaf it»Buchform nicht aufgestört zu werden brauchen. Das geschichtlicheBild erhält keine irgend packende Erweiterung. Die Handlungverläuft in einer Reihe von Unmöglichkeiten. Ins Zentrum rücktder Autor das Verhältnis des Zaren zum Prinzen Alexei. DieIdee, dem mächtigen Tatmenschen einen Sohn von weich-zcrfließen-der Empfindung gegenüber zu stellen, der Plan, den ohnmächtige»»Grimm des Despoten über dies Naturspiel, das den Bestand allseines Wirkens in Frage stellt, zum Angelpunkt der Handlung zi»erheben, bot an und für sich wohl weite Perspektiven, aber dieAusführung verflacht den Einsall in theatralische Leere. Alexe»interessiert nicht. Bor allem aber, es bleibt ganz unverständlich, wiePeter auf die wunderliche Idee verfällt, durch einen Handstreich—dadurch, dass er ihm die Führung bei einem Reiterangriff über-trägt—, den Sohn von Grund aus umzuändern. Noch unverständlicher ist der sentimentalische Erguss des Zaren bei der Ge-legcnheit. Aus Angst vor dem Gefechte flieht der Prinz ins AuS-land, kehrt aber dann zur Krönung in den Kreml zurück, waPeter, der durch ausgcsandte Spione die falsche Nachricht seinesTodeS verbreiten lieh, rachgierig auf den Ahnungslosen lauert.Diese herausgercchncte, aber gänzlich undenkbare Situation derScheinkrönung wird zudem, um möglichst viel Spannung zu er-halten, masslos gedehnt. Endlich erscheint der Zar und schlägtden von dem Thron Wegtaumelnden mit einer Hundepeitsche nieder.Unvermittelt nach dem Exzeß gröbster Brutalität hebt' in den»Schlussahkt eine Art Apotheose Peters an: Ter Zar entläht diegefangenen Parteigänger Alexeis, spricht von Pflicht und Arbeit.von der Einsamkeit des Vaterö, der seinen Sohn verloren. Sterben!»durch Mentschikoffs Hand, des Ehrgeizigen, in dem der Zar eineder seinigcn verwandte Willenskraft wittert, bezeichnet Peter seinenMörder als den Erben des Reiches.Die Ausstattung war glänzend, malerisch der Ausbau derVolksszenen. Hans Sichert, der neulich in der Freien Volks-bühne einen so trefflichen Fuhrmann Henschel aus die Beine stellte,hatte an den Zaren offenkundig grossen Fkeih gewandt. Er gabein reiches naturalistisches Detail, aber daS Dämonische konnteseine Art nicht wohl zum Ausdruck bringen. Harry Walde»»gewann der undankbaren Rolle deS weinerlichen Prinzen intdritten Akte ein Reihe sehr glücklicker Momente ab. Der Beifalkwar stark. Herr Erler konnte mehrmals erscheinen. dt.Musik.Mit Perlen und Diamanten, mit ungeniertem Herum»schwätzen und Hineinklatschcn begrüßte am Donnerstag ein so»genanntes distinguiertes Publikum die erste Vorstellung des»Neuen Op e r e t t e n-T h e a t e r s" unter Direktor ViktorP a l f i. Nur erst durch ein Gastspiel im Berliner Theaterkonnte dieses neue Unternehmen vor die Oeffentlichkeit treten,während an seinem eigenen Gebäude am Schiffbauerdamm nochgearbeitet wird.Der erste Abend stand unter dem Zeichen des mit Recht er-folgreichcn Operettcnkomponisten Jacques Offenbach. Auf-geführt wurde der— nun auch schon über 40 Jahre alte—»Blaubart". Die alte Geschichte von dem Ritter, der seineFrauen nach der Reihe umbringen läßt, ist hier mit der heiterenWendung verwertet, dass der vom Ritter beauftragte Alchimistdie Frauen nicht vergiftet, sondern hübsch für sich behält; zum