So liefen fich die Beispiele, ivle durch lebende Organismen im Rahmen der Natur ein bald schnellerer, bald langsamer erfolgender Ilmsturz herbeigeführt wird, mühelos vermehren das Angeführte möge aber für heute genügen. Herm. Krafft. kleines feuitteton. Eine Nacht in einem türkischen Khan. Man denke sich einen großen, mit unebenen Feldsteinen gepflasterten, lästerlich schmutzigen of voll Pferden, Sätteln, Keufleuten und herumgestreuten Waren. wci Reihen winzig kleiner Gemächer, oie eine im Niveau des Hofes, die andere darüber, münden auf eine breite, bedeckte Galerie, einen gewaltigen Bogengang, dessen gewölbte Decke von dem un- aufhörlichen Lärm der Aus- und Eingehenden widerhallt. Man vergegenwärtige sich dies, und man hat, wie die französische   Zeit- schriftGlobe" berichtet, der wir diese Ausführungen im Aus- zuge entnehmen, einen Khan. Die Gemächer sind bloße, kahle Löäier mit Lehmwänden, von allem entblößt, außer eklen, blut- dürstigen Insekten; allein da der Balkon breit und kühl ist, so braucht man sie nicht zu betreten. ES gibt hier keine mit dicken Teppichen belegte Fußböden, noch üppige Lehnstühle, allein ein guter Haufe Kiffen entschädigt für beide. Die Wände sind nicht mit schönen Papiertapeten bekleidet, allein der mit blinkenden Sternen besäte klare Nachthimmel ist kein schlechter Ersatz für Gesimse und Ära- besten. Ter halbnackte Junge vom Bazar ist so gewandt als irgend ein orthodoxer Kellner, und geheimnisvolle Ragouts, saftige Pillaus, gut gestopfte Markknochen und seltsame süße Speisen liefern eine nahrhafte und schmackhafte Mahlzeit. Man lernt Messer und Gabel entbehren und mit den Fingern an einem Tische essen, der nur eine Spanne hoch ist. Ein wenig Wasser verbessert den einen, ein wenig Geduld den anderen Mangel. Keine Musikband« liefert hier die Tafelmusik, allein dort drüben in der Ecke kreischen und klagen die schrillen Töne der Gußla und klinge» wie die Stimme eines unruhigen Geistes, und die wilde Mielodie harmoniert munderbar mit der ganzen Szene. Man hat hier eine Reihenfolge von Bildern, wie sie an Glanz und Pracht der Farbe und wechselndem, mannigfaltigem Interesse das düstere Abendland niemals bieten würde. Verschanzt in einem hohen Haufen von Kissen in der kühlsten Ecke des Balkons, eine milde Zigarette schmauchend und einen Kaffee schlürfend, wie ihn nur ein Türke bereiten kann, magst du dir nach Belieben behaglich.>as lärmende Treiben des Khans und das Gebaren seiner buntscheckigen Insassen betrachten. Jeden Augenblick zieht irgendeine neue Kombination die Auf- w.erksamkeit an, um. kaum bemerkt, zu verschwinden und von einer anderen verdrängt zu werden. Die Sonne muß nun beinahe untergegangen sein, denn eS ist kaum mehr hell, und die Sterne scheinen schon hell und klar. Rings um den Balkon öffnen sich die kleinen Gemächer, und ihre Insassen treten heraus, um nach dem Abendbrot zu sehen. Von einem Dutzend verschiedener Ecken aus wirst der Feuerschein ftine lustigen Strahlen über die beweglichen Eiguren. In vielen der Gemächer kochen die Insassen auf dem erde, und unter dem Zauberstab des rötlichen Hexenmeisters glüht das kleine Innere vorübergehend unter einem' kurzen An- schein von Sck>önheil und Behaglichkeit. Ein Geruch von seltsamer, ober nicht unschmackhafter Kochkunst erfüllt die Lust, in den dunklen Winkeln flackern schwache Lampen wie Glühwürmchen. Ein großer Teil der Insassen find eingeboren« Christen, meist Kaufleute und wohlhabend, aber unreinlich, schmutzig, gemein und zu einem un- glaublichen Grade unredlich. Immer aus Beute und Gewinn er- picht, besuchen sie den Khan als einen Ort, wo man vorzugsweise Fremde trifft. Ihr Warenvorrat ist unter Schloß und Riegel in einem der Äemächer voll Ungeziefer. Eben jetzt machen sie ihren Abendspaziergang und betrügen unander der Nebung willen. Sich. dort hat einer den Fremden in einer stillen Ecke entdeckt und sucht sich ihm strategisch zu nähern, denn eine gerade Annäherung wider- strebt dem ganzen Wesen dieses Individuums. Betrachte ihn wohl. während er sich den Anschein gibt, als spreche er mit irgend jemand im Hofe, denn er ist ein hübsches Exemplar seiner Klasse.... An jenem zerfetzten llmwurf, der einst ein Ueberrock war, und an seinen inopflosen Unterkleidern erkennt man ihn als einen Händler, der in Smyrna gewesen ist und sich als ganz europäisiert betrachtet. Er kommt näher und stöbert in seiner geraumigen Tasche. Schau auf sein fettiges Gesicht, das nie mit Seif« in Berührung gekommen ist, und auf die niedergeschlagenen Augen, die von Habgier und Un- Verschämtheit funkeln, aber niemals jemand offen ins Gesicht sehen können; betrachte den Rockkragen, der ihm schlaff um den schmierigen Nacken hängt, und das verschossene Fes. das mit etwas heraus- forderndem Leichtsinn auf die ungekämmten Locken gestülpt ist. Setze nun schlau deinen Fuß aus jenes seitwärts liegende Kissen, denn sonst setzt er sich darauf und belästigt dich endlos mit seiner duftenden Gegenwart und ansprechenden geistreichen Unterhaltung. An der Tür eines Gemaches gegenüber fitzt ein muslimischer Hadschi oder Metkapilgcr, eine schöne patriarchalische Gestalt mit reichem Turban und mit einem filberweißen Bart, der über seinen langen blauen Mantel herabslietzt. Von Neugier und Interesse un- bewegt, sitzt er da und schaut mit der Ruhe einer Sphinx in den geschäftigen Hof hinab; so wenig er aber auch von menschlichen Sorgen oder menschliche» Schwächen bewegt scheint, so muß er doch begierig auf den abendlichen Kanonenschuß und den Ruf zum Gebet warte», denn wir sind im Monat Ramazau, wo vom ersten Tage?- grauen bis zum Sounenunlergaug keine Nahrung über seine Lippe» kommen und kein Tabak sein Herz erfreuen darf. Und doch könnte das Treiben im Hofe selbst die Aufmerksamkeit eines Hungrigen in Anspruch nehmen. Es müssen über bv Pferd« im Hofe sei», denn von dem Stampfen, Wiehern und Schnaube» hallen sogar wie Wände wider. Ein Zug Saumpferde wird soeben abgelassen, ein anderer für einen Nachtmarsch gesattelt. Einige Tiere werden mit einem groben Striegel abgerieben, einige am Brunnen getränkt, andere kauen zufrieden ihre Gerste. Jeden Augenblick verkündigen ein gellender Schrei und ein Hufschlag von irgend» einer Seite her Hader unter den mutigen kleinen Tieren, und daS Geschrei ihrer ärgerlichen Besitzer scheint nur den Zank zu ver. schärfen. Etliche Arabvs sind soeben hereingerumpelt, auf dem unebenen Pflaster polternd, als wollten sie in Stücke gehen und rufen auf dem Wege über den Hof eine reichliche Flut jener blühenden Beredsamkeit hervor, für die die Orientalen längst ver» dientermaßcn berühmt sind. Ein Araba   ist ein Räderfuhrwerk von der einfachsten Bauart. Man nehme eine plumpe Kiste, setze sie auf vier wackelige Räder, spanne ein Schattcndach darüber und ein Paar halbverhungerte Klepper davor, gebe einen tatarischen Fuhrmann dazu und die Araba ist fertig. Es sind viele Tataren im Khan, alle in kurze, enge Jacken und weite, schivorze Hosen gekleidet; alle find phänomenal häßlich, aber un höchsten Grade gutmütig und immer bereit, mit jedermann zu scherzen. In tiefem Kontrast mit einer Gruppe dieser lustigen. kleinen Bursche steht die seltsame Gestalt daneben, ein Hochgewachse» ner, hagerer und derbknochiger Mann in schmutzigen Lumpen, mit einer hohen grauen Mütze auf dem Kopfe und mit wirren, un» gekämmten, langen Haaren, unter denen ein paar wilder Augen hcrvorblitzt. Auf seiner Schulter trögt er eine blanke, stählerne Streitaxt, die sich schon am Sattelbogen eines Seldschuckeu-Reiter» in jener Zeit geschaukelt haben mag, wo die Sultane von Rom   noch in den Palästen von Konina   herrschten und die Reitergeschwader der Ungläubige» über die Ebenen Ungarns   hinzogen. Er ist ein wandernder Derwisch, halb Fanatiker, halb verrückt, und nicht wenige entrichten seinem heiligen Charakter ihren Tribut, während er so durch die Menge hinstolziert und von Zeit zu Zeit seine kurze» aber sonore Litanei ertönen läßt. Es ist nun beinahe finster, und das Tor wird in einem Augen» blick geschlossen werden. Gerade noch rechtzeitig erscheint ein neuer Ankömmling, mit vollkommener Rücksichtslosigkeit gegen alles und iedes über die Steine dahersprcngend ein Reiter, der einem Künstler Interesse einflößen könnte, wie er so im vollen Lichtschein der Fcuer sein Pferd anhält. An dem sonderbaren Sattel, dem weitschößigen Rock, den hohen Stiefel», erkennen wir ihn als eine« Tscherkessen, einen großen hageren Mann mit kühngeschnittenem Gesicht und dem wilden Blick eines Raubvogels; seine schwarz« Lammfellmütze mildert den Eindruck seines wenig einnehmenden Gesichtes nicht. AIS Tscheckesse ist er gut beritten, allein eS ist mehr als zweifelhaft, daß seine Eigentumsrechte an den hübschen Grau» schimmel von irgendeinem Gerichtshof anerkannt werden würden� Wie er sich aus seinem kleinen Sattel schwingt, spiegelt sich der Feuerschein auf seinem ivohlgefüllten Patronengürtel und auf dem Laus seiner treuen Büchse, auf seinem Revolver und dem seit» samen Griff seines Säbels, der hinter ihm klirrend auf den Steinen nachschleppt. Bumm? Da donnert der Kanonenschuß, der den Sonnenunter» gang verkündigt, und von dem Minarct der Moschee schallt der Ruf zum Gebet über die Stadt hin. Bevor der Ruf noch halb verklungen ist. sind die fastenden Muselmänner in Kreisen um ihr einfache» Mahl versammelt. Tie Christen tragen gewaltige Mahlzeiten aus ihren Zimmern herauf, die Tataren durchsuchen ihre ArabaS nach den Ueberresten der gestrigen Speiscvorräte; der ganze Khan ist nur mit Essen beschäftigt. Zwei Stunden später ist alle geräuschvolle Tätigkeit vorüber und der Khan stille. Die Feuer sind nieder» gebrannt, allein ein glorreicher Mond überflutet den wolkenlosen Himmel mit seiner Helle und breitet ein sanitcs Zwielicht über den offenen Hos. Die Christen sind zwischen ihren Warenballcn ein» geschlafen und träumen von Schurkereien des nächsten Tages. Rings um den Balkon herum liegen die dunklen Gestalten schlafender Männer; drnnlen macht es der Tsckcrkesse seinem Pferd für die Rächt bequem, und dicht dabei sitzt bewegungslos der Derwisch, und das Mondlicht glänzt kalt auf dem Eisen seiner Streitaxt. Die lange Reihe der gesattelten Pferde sieht schatten, und geisterhaft aus. aber ihr stetes Stampfen bekundet, daß es sterbliche Rosse und überdies sehr hungrige sind. Von einer fernen Ecke aus läßt die Gußla noch immer ihre milden und wehmütigen Akkorde in die stille Nachtluft hinaus erklingen, lieber uns erhebt sich weiß und gespenstisch das schlanke Minaret der benachbarten Moschee, und um dasselbe herum scheinen in dreifacher Reihe die Lampen deS Ramazan  , und hinten erhebt der Kara-Hissar seinen gewaltigen Rücken und scheint beinahe in die Mitte des Himmels hineinzuragen. denn die riesige Felsenmaffe ragt 800 Fuß hoch steil aus der Mitte der Ebene auf. Sein Fuß ist in feierlichen Schatten gehüllt, allein das Fort auf seinem Gipfel glänzt im Mondschein wie eine silbern« Krone auf der Stirne eines Monarchen....]. W. Tdcatcr. München   er Theater.Varo ck", ein Spiel in S Akten von Friedrich Fretsa, wurde im Münchener   Rejidenztheater bei seiner Uraufführung mit lautem Beifall aufgenommen. DaS Berliner   Hebbel-Theater  , das mit diesem Stück seine Vorstellungen im neuen Hause beginnen will, wird allerdings eine ganze Reih«