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Streichungen vornehmen müssen. Denn die tragische Episode im Reben der Ninon de Lenclos , die mit ihrer ewigen Schönheit ben eigenen Sohn bezaubert und ihn mit der Entdeckung, daß sie seine Mutter ist, in den Trb treibt, hat der Autor mit allzu reichlichen fchöngeistigen Gesprächen umranft, die stredenweise einen gefähr lichen Stillstand bedeuten. Neben der fargen Handlung dieses unseligen Liebeskonfliktes zwischen Mutter und Sohn, bemüht sich Freffa, einen Ausschnitt jener baroden Kultur zu geben, in der die Liebe zur Lebenskunst erhoben wurde. Er verwandelt ferner die große Hetäre Ninon in die freie Frau, die ihr Liebesleben selbst bestimmt, und macht sie zur Sprecherin des modernen Weibes, das sich das Recht der freien Biebesivahi erkämpfen will.
Musik.
111.
Nach
monopole.
Humoristisches.
der Einführung des Branntwein
Befoff'nes Schwein! Bertiert, verroht I
O welch' ein Urteil, ein rabiates! Lob' ihn! Er ist ein Patriot,
Die schwankende Stüße des Staates 1
so lebensfroh und beiter, und was hast Du aus mir gemacht?" - Eine Schriftstellerebe. Wie war ich als Mädchen Vier Romane und siebzehn Novellen."
Badefreiheit. Der Verband der Fluß- und Seebad befizer und leiter Deutschlands " hat sich um unser Vaterland ein Seit einigen Jahren haben sich die Jugendkonzerte zu Minister des Innern auf die Bedenken gegen das Freibad im Bann ruhmreiches Verdienst erworben, indem er bei dem preußischen einer eigenartigen Einrichtung unseres Berliner Lebens entfaltet. fee hingewiesen hat. Er hat denn auch einen Baun, fechs Belte Am 7. Dezember foll bereits bas 70. stattfinden, ungerechnet aus. Am 7. Dezember foll bereits das 70. stattfinden, ungerechnet aus und eine Verlängerung der Badehose nach oben und unten durch wärtige Veranstaltungen. Während sie früher meist in größeren Stonzertfälen abgehalten wurden, wandeln sie jetzt von Schul. gefeht. gebäude zu Schulgebäude, um den Schülern der verschiedenen Gegen- denten gegen den Begriff des Freibades beseitigt. Aus dem Frei Aber damit sind durchaus noch nicht alle patriotischen Be den bequeme Gelegenheit des Hörens zu bieten. Zu einer Nach bad muß erstens das Wort frei und zweitens das Wort mittagsstunde bekommen da die kleinen oder Großen eine Reihe von Gologefängen, Instrumentalspiel, Rezitationen usw. zu toften. Bad ausgemerat werden. Das Wort frei ist ein Gift, das die Volksieele zum Ungehorsam gegen die hohe Obrigkeit reizt; man denke nur, welches Unheil dieies Wort in dem unſeligen Jahre 1848 angerichtet hat! Man sage statt Freibad Untertanen bad, eine Bezeichnung, die sehr treffend ist, weil Monarchen an dieser Stelle des Wannsees nicht zu baden pflegen. Und dann Badl Da diefe Zeilen doch auch von Jungfrauen und Jünglingen geleien werden, so können wir die frechen, fittenlofen Gedanken nicht einmal andeuten, die das Wort Bad in jedem normalen Gemüt hervorrufen muß; der Kardinal Fischer bat ganz recht! Man fage deshalb statt Bad Wäsche, das ist viel harmloser. Statt Freibad sage man also Untertanenwäsche oder kurz Unterwäsche. Das ist anständig, das ist fittlich! ( Jugend.")
Es ist nun nicht bald etwas so leicht, als diesem Unternehmen mit gewichtigen Zweifeln gegenüberzutreten. Wir selbst haben in früherer Zeit mehr als einmal unsere Bedenken dagegen trop aller Anerkennung des dargebotenen Guten ausgesprochen. Im Vordergrunde stand uns der Zweifel an der Richtigkeit eines gemischten statt eines einbeitlichen Programms; dazu dann unsere Ueber. zeugung, daß derlei als Einzelgabe ohne viel Wirkung vorüber rauscht, daß insbesondere größere Byllen mit belehrender Unterlage zweckmäßiger sein würden. Allein mit solchen Bedenken, statt deren andere wieder andere haben würden, versäumen wir es gar zu leicht, den Tatsachen gerecht zu werden. Alles in allem liegen doch wirklich vertvolle Gaben vor, auch wenn es nicht immer möglich ist, die allerbesten musikalischen Kräfte zuzuziehen. Es muß unter allen Um. ständen für unsere Jugend derartiges geleistet werden. Was darin der Veranstalter May Battte bereits geleistet hat, nicht zuleht in dem einen Konzerte, das wir am bergangenen Sonnabend auswählten, fann auch von recht bedenklichen Zweiflern lebhaft an
erlannt werden.
Eine andere Frage aber ist die, ob auf die Dauer unser öffentliches Schulwesen sich seine Gleichgültigkeit gegen derartige fünfstle. rische Erziehung gestatten darf. Die Musif spielt in den gewöhn lichen Schulen eine nur anscheinend beträchtliche Rolle: durch den Gesamtgefang der Kinder. Das ist höchstens eine Bildung oder vielleicht nur eine Berbildung des Gesanges; jedenfalls für die Stimme gefährlich genug, daß gegenüber dem Chorschreien beizeiten Abhülfe durch individuellere Stimmbildung geschaffen werden sollte. So bann aber wird auf diesem Wege kaum eine oder die andere Spur des gewaltigen mufitalischen Materials bekannt gemacht, das in unserer Bildungslammer aufgespeichert ist. Kommen die Schüler mit den poetticher Gaben einiger Klaffifer in Berührung, dann ist auch eine ebenfolche Berührung mit mufifaltschen Staffitern gerechtfertigt. Beit und Gelegenheit ist genug vorhanden, wenn man nur will das heißt: menn man manches unterläßt, was sich weit eher bermeiden läßt, als ein Anteil an der dem Deutschen ganz besonders eigenen Tonkunft.
Bis unsere Schulen soweit gekommen sind, wünschen wir all den Veranstaltern und Künstlern, bie ohne irdischen Bohn sich der Geistig Berlaffenen annehmen, alles Beste, mindestens durch ge nügende Aufmerksamkeit derer, die es angeht.
Technisches.
82.
Bersuche über das Eindringen der Hize brennender Trümmer in darunter liegendes Erdreich sind von der Branddirektion Hannover unter Mitwirtung der Firma Martini u. Sünele mit einigen Roteöfen auf 1 Meter hohen Schüttungen angestellt worden. Aus ihnen ergibt sich, daß schon verhältnismäßig dünne Erdfchichten gegen Hike außerordentlich isolierend wirken. Eins ben den Feuern wies z. B. eine Temperatur von über 1200 Grab auf. Diese wirfte 21 Stunden lang auf eine Schüttung, und nach dieser Zeit wurden in 10 Zentimeter Tiefe nur 270 Grad erreicht, in 30 Zentimeter Tiefe 85 Grad, in 50 Zentimeter Tiefe 50 Grab. in 75 Zentimeter Tiefe 20 Grad und in 1 Meter Tiefe 17 Grad. Für bas Eindringen der bike spielt übrigens der Wassergehalt der Erde eine wesentliche Rolle; denn in einem Falle hat sich die Temperatuc in 10 Zentimeter Tiefe sehr lange auf der Siedetemperatur des Wassers, 100 Grad, gehalten, in 50 Bentimeter Tiefe sind erst nach 46 Stunden 70 Grad erreicht worden, das ist die mittlere Siede. temperatur des Handelsbenzins. Diese Versuche haben besonderes Interesse im Hinblick auf die Lagerung großer Benzinmengen in. mitten bewohnter Komplexe. Der große Brand auf dem Gelände ber Berliner Omnibus- Gesellschaft inmitten der Stadt Berlin brachte mit Recht große Befürchtungen hervor, weil man glaubte, die riesigen Benzinlager. tönnten explodieren und fürchterliche Ver. wüstungen in der Stadt anrichten. Das hat auch die Anregung zu diesen Versuchen gegeben. Sie lassen schließen, daß es aus reichend erscheint, wenn die Behälter für feuergefährliche Flüssig feiten mit ihrer Obertante wenigstens 50 Bentimeter tief unter der Erdoberfläche gelagert werden.
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Notizen.
beiten aus Werfstätten und Schule Reimann, Berlin W., Lands - Die Weihnachtsausstellung funsthandwerklicher Arbuterfir. 38, iſt jest täglich von 10-2 und 4-7 Uhr bei freiem Eintritt zu besichtigen. Schriftstellers Chr. Krogh, das vor ungefähr 20 Jahren, ebenso Albertine", das Gemälde des norwegischen Malers und wie fein Roman Albertine, gewaltiges Auffehen erregte und den stärksten Anstoß zur Abschaffung ber reglementierten Broftitution in Norwegen gab, ist mum, nachdem es lange Jahre für die Deffentlichfeit verschwunden war, von der norwegischen Kunstakademie für 5000 Stronen angekauft worden. Das Vild stellt das vom obersten Beamten der Sittenpolizei vorgeführte Mädchen Albertine bar, wie es zum erstenmal mit einer Schar Prostituierter zur Swangeuntersuchung erscheint. Der Roman Albertine" ist übrigens in Norwegen verboten und im Driginal taum noch aufzutreiben. Chr. Krogh bat verschiedene foziale Bilder gemalt, von denen, abgesehen von Albertine", wohl„ Der Kampf ums Dasein"( in der Rationalgalerie zu Kristiania ) bas bedeutendite ist. Hier steht man eine Menge von Frauen und Kindern, die auf beschneiter Straße auf ein feines Haus zudringen, aus dem eine wohlgepflegte Hand durch ein Fenster Brot hinausreicht.
群
forscher, beabsichtigt im Jahre 1910 mit amerikanischer Unterstügung Raold Amundsen, der bekannte norwegische Bolareinen neuen Vorstoß zum Nordpol zu unternehmen. Er will von San Francisco aus durch die Behringstraße ins Eismeer vordringen und dann sich mit dem Bolareis nach dem Nordpol treiben laffen. Weiterer Rüdgang der Boltsvermehrung in Frankreich . Alle patriotischen Ermahnungen der Liga zur Biederbevölkerung Frankreichs ", alle Verteilungen von Eugend preifen" an finderreiche Eltern bleiben wirkungslos. Die Be völkerungsstatistik für das Jahr 1906 weist eine weitere Abnahme des Geburtenüberschusses auf. Bon 87 120 im Jahre 1905 ift er auf 26 651 gesunken. Allerdings ist diese Abnahme zum größten Teil der größeren Sterblichkeit zuzuschreiben. Die Anzahl der Sterbefälle war um 10 025 größer. Immerhin hat die Zahl der Geburten wieder um 444 abgenommen, was, auf die Ge famtbevölkerung nach dem Ergebnis der Wolkszählung von 1906 bezogen, einen Quotienten von 0,07 Broz. ergibt, gegen 0,10 Broz. für 1905, 0,15 für 1904 und 0,19 für 1903. Es ist unter solchen Umständen sehr wahrscheinlich, daß schon in den nächsten Jahren der Ueberschuß der Geburten vollständig verschwinden und einem Defizit Blaz machen wird. Die Zunahme der Eheschließungen fie war im bergangenen Jahr die höchste seit 1873, nämlich 800 487 dürfte sich in der Geburtenziffer schwerlich besonders geltend machen. Uebrigens ist auch die Zahl der Chefcheidungen gewachsen. Sie be= trug 10 573, das Maximum seit der gefeßlichen Einführung der Scheidung. Ein Vergleich des Geburtenüberschusses in Frankreich mit dem in den anderen europäischen Staaten ergibt für den Durch schnitt der Jahre 1901-1906 auf 10 000 Einwohner berechnet folgende Ziffern: Frankreich 18, Deutsches Reich 149, Desterreich 121, Ungarn 110, Belgien 107, England 121, Niederlande 155, Italien 106, Norwegen 144.
Berantwortl. Redakteur: Hans Weber, Berlin.- Drud u. Berlag: Borwärts Buchdruderei u.Berlagsanstalt Baul Since