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man hier von der Kontaktwirkung des Platins aus, nur daß es fich in neuerer Zeit um die Entzündung des Leuchtgases handelt. Der Erste, der das alte Prinzip für den neuen Zwed auszu­nuken versuchte, war der Chemieprofessor Mag Rosenfeld in Teschen . Er fand, daß Platinschwamm im Leuchtgasstrom wohl zum Glühen zu bringen ist, daß diese Erwärmung aber nicht hinreicht, das Leuchtgas zu entzünden. Deshalb versuchte er es durch Einsetzen eines feinen Platindrähtchens in den Schivamm und erzielte auch, daß der vom erglühenden Schwamm vorgewärmte Draht im Gas­strom bis zur Weißglut erhitzt wurde und das Gas entzündete. Damit war die Frage wenigstens theoretisch gelöst und Max Rosen feld muß als Gründer der Selbstzünder- Industrie gelten. Indes zeigte diese Konstruktion einen Fehler, der bei vielen späteren auch heute noch nicht ganz überwunden ist. Die Zündpille, welche die Hike auf die Drähtchen überträgt, war der Brennerhiße zu start ausgesetzt und verlor bald ihre Wirkungskraft. Um diese Zünd­pille, bezw. den Versuch, fie derart anzubringen, daß sie möglichst vor der Flamme der Glut geschützt blieb, drehten sich alle weiteren Konstruktionen. Döbereiner hatte sich seine Zündpillen aus feuchtem Ton und Platinschwamm gefnetet, fie nach dem Trocknen geglüht und reduziert, der Engländer Duke tränkte Meerschaum mit Platin­chlorid und gewann dann durch Reduktion eine Bille, in der das Blatin außerordentlich fein und gleichmäßig auf dem Meerschaum verteilt war, andere Erfinder ersetzten Meerschaum durch Kiefel­fäure, Zirkon usw., aber da es hinreichend feuerbeständig und auch gegen äußere Einflüsse genügend widerstandsfähig war, hat sich das Meeerschaumsfelett am besten bewährt. Natürlich lag der Gedanfe nahe, den Sonderzünder zu sparen und felbstzündende Glühstrümpfe zu fertigen. Das ist dann auch geschehen und Bukte in Berlin septe einen Zünder in den Kopf des Strumpfes ein, ein anderer tränkte den Kopf mit der Lösung eines Platinsalzes, besonderen Antlang scheinen aber diese selbstzündenden Strümpfe nicht ge­funden zu haben, besonders weil mit der Zerstörung des Strumpfes auch die Zündvorrichtung verloren ging, was die Sache sehr ver­Die Platindrähtchen, die ja direkt die Zündung des Gases be­forgen, erfordern gewissenhafte Herstellung und versagen leicht. Die Ursache liegt nicht selten daran, daß Staub usw. aufliegt und man tut dann gut, die Drähtchen auszuglühen. Versieht man diese noch mit Knötchen von Platinschwamm, so wird die Wärmewirkung der Bille erhöht. Um die Zünder billiger liefern zu können, hat man das Platin durch platinplattierten Ridel- oder Stahldraht erfekt, ist aber bald wieder davon abgekommen.

teuert.

Die Verbindung von Bille und Drähten ist meist derart, daß die letzteren in die Pille befestigt werden und fächerartig von ihr ausstrahlen oder sie gehen nebeneinander von der Pille aus zu einem feinen Metallstäbchen.

Sehr beliebte Zünder, die zugleich dekorativ hübsch wirken, kommen unter dem Namen Moment, Monarch, Residenzsalon usw. auf den Markt, ein aus Aluminiumblech gebogener Ring trägt einen turmartigen Auffah, in deffen Spitze die Bille fibt; au meist wird diese noch durch eine den Turmaufbau nach unten abschließende perforierte oder jalousieartig durchbrochene Glimmer platte geschüßt, statt der Schuhplatte findet sich wohl auch ein fein­maschiges Drahtnek. Biel gebraucht find ferner Apparate, bet denen der Zünder von den Windungen einer Eisendrahtspirale getragen wird, die man mittels Hafen an den Cylinder hängt. Bei Siefer Konstruktion ist zwar die Bille vor der Flammenglut und den Abgafen gefchüßt, aber der Gasstrom tritt nur schwer hinzu, fodaß sich die Zündung berzögert. Bekannte Zünder dieser Art find Konus, Daisy, Batentspirale u. a. m. Bei dem recht praktischen Friszünder liegt die schüßende Glimmerplatte dem Cylinderrande auf und lenkt den Gasstrom bei geöffnetem Hahn nach der Bille. Nach erfolger Zündung hebt fich die Glimmerplatte, schüßt also die Bille vor Glut und Abgasen. Die Bewegung der Platte bezw. der Bille hat noch verschiedene Konstruktionen gezeitigt, aber je Tunstvoller diese sind, desto teurer stellt sich der Apparat. Beim Stodzünder, der fich bei leidlicher Behandlung gut bewährt, bringt man den eigentlichen Zünder gewöhnlich in einer durchbrochenen, unten offenen Messingbirne oder einem ähnlichen Aluminium­gehäuse unter. Der eigentliche Zünder besteht aus zwei oder mehr Billen, von denen nach beiden Seiten Platindrähtchen ausgehen, während die anderen Enden um Metallhätchen gewickelt sind. Um die Streichhölzer mehr und mehr auszuschalten, hat man auch Selbstzünder für Gaskocher konstruiert, die nach dem gleichen Prinzip wirken und nur gröber gebaut sind.

Daß Bille und Zünddrähtchen durch die dauernde Einwirkung der Flammengafe leiden, ist erklärlich, man konstruierte deshalb Apparate, bei denen die Bille unterhalb des Brenners angebracht wird, aber ob die Handhabung nicht einfach genug ist oder ob der hohe Preis dieser Zündapparate zurüdschredt, sie haben sich jeden­falls nicht entsprechend eingeführt und sind vielfach nur den Namen nach bekannt,

Kleines Feuilleton.

Theater.

Aleines Theater: Mandragola" von Baul Eger. Niccolò Machiavelli , Staatskanzler von Florenz , Geschichte­schreiber und Verfasser des berühmt- berüchtigten Buches vom Fürsten ", an dem Friedrich II. von Preußen sich ein kleines Lichtchen

ansteckte, ist der Begründer der modernen Komödie. Er hat als erster aus dem überlieferten Typendrama der Antike das Drama der individualisierten Charaktere geschaffen und den Vers entthront. Seine Mandragola" ist die wirksamste Komödie der italienischen Renaissance geworden und die einzige, die noch lebt. Er hat darin die pedantische Gelehrsamkeit und die liebe Geistlichkeit, die füc Geld zu allem zu haben ist, verspottet mit jener Kraft frischer Derbheit und der rein sinnlichen Unbefangenheit, die der ganzen Zeit und Macchiavelli besonders eigen ist. Der Stoff, den er in unvergleichlicher Knappheit und natürlicher Einfachheit meistert, ist eine Geschichte, die auch bei Bocaccio stehen könnte: ein junger feuriger Liebhaber weiß einen trotteligen Alten mit Hülfe des für den frommen Zwed" gewonnenen Beichtvaters zu bestimmen, daß er an seiner jungen Frau eine Kur vornehmen läßt, damit fie ihm das ersehnte Stind schenke. Natürlich weiß er es einzu richten, daß er die Kur selbst vornimmt.

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Baul Eger gehört zu der Wiener Dichterschule, die über ein gefälliges Formtalent verfügt und damit die Weltliteratur für ihre wesentlich dekorativen Zivede umzubilden begonnen hat. Das Sinnbild dieser Herren ist der Bravourarien singende Kolibri, ein Exemplar, das allerdings im Brehm nicht zu finden ist. Sie zeigen ihr glänzendes Gefieder wie der Kolibri und rollen wie ein guter Stubentanarienvogel mit zwei Preisen. Ihre Talente zu leichtfüßigen Versen und mit Geschmack nachempfundenen Bildern, Stimmungen entfalten sie in allen Stilen. Da sie selber kein eigenes Leben führen, fchlüpfen sie in die Häute der anderen und führen Verwandlungsspiele auf. Herr Eger ist der jüngste und am wenigstens talentvolle dieser Gattung. Ob ein Trust der Um­dichter oder eigene Witterung ihn veranlaßt hat, Macchiavelli zu bearbeiten, wer kann das wissen? Er hat also den alten Spötter ins Neuwienerische übersetzt, ihm das Rückgrat gebrochen, die Satire ausgemerzt, statt des Mönches eine fuppelnde junge Witwe eingefchmuggelt, aus fraftvollen Florentinern schmachtende, gereimte, wohlanständige Lhriler gemacht. Aus der derben Kur ist ein kleiner Ehebruch geworden, an Stelle der Offenheiten treten Anspielungen. Und die Pointe bleibt schließlich aus. Und die Erwartungen des Premierenpublikums blieben unbefriedigt. Hand greiflichkeiten wären ihm wahrscheinlich lieber gewesen als diese Mondscheinlheit und unwahrscheinliche Psychologie.

Die für den Gebrauch junger Mädchen und der preiswerten Senfur umgemodelte Komödie, die von Macchiavelli nur noch den Namen hat, ist bereits in München und in einer berunglüdten Matinee in Berlin gespielt worden. Im Kleinen Theater bot besonderes Interesse nur die Sorma, die der jungen, lebens­lustigen Witwe all ihre Schelmerei, launige Koketterie und fröhliche Anmut lieh.

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I.

Friedrich Wilhelmstädtisches Schauspielhaus ( Chausseestraße):" Jugend von heufe", Komödie von Otto Ernst . Das Berliner Kaffeehausliteratentum unserer Tage ist in gewiffem Sinne noch das von gestern" geblieben: es parabiert mit langen, ungefämmten Haaren, aufgeträmpelten Hosen und schwarzen, den schmierigen Papiertragen fast völlig berdeckenden Strawatten; es ästhetisiert, es inhaliert Zigarettenrauch wie da­zumal", und es fonnt sich bei Auerschem Glühlichtschein in seiner schöpferischen Untraft und lebt von Staffee, ganz genau wie da­zumal". Dennoch ist es heute ein anderes: es vegetiert nur lediglich unter Ausschluß der Oeffentlichkeit als Konbentikelchen, das zwar täglich die gesamte Literatur in die Rumpelfammer wirft, aber doch ungefährlich ist. Nullen zählen eben nicht. Anders war das freilich vor einem Jahrzehnt und darüber. Damals waren solche dichterfünstlerischen Nullen die ungebärdigsten Spektakel mache einen Kometenfchweif von unreifer akademischer Jugend hinterherzogen. Jene Jch"-Künstler, Niebscheschwärmer und Bagnerverächter waren es, die Otto Ernst bor neun Jahren in feiner Komödie" verultte; und es ist bezeichnend für die das maligen Berhältnisse, daß sich der Dichter veranlaßt fühlte, öffentlich zu erklären, daß er deshalb doch kein Gegner der modernen Kunst richtung sei. So bitterböse wurde seine vermeintliche Satire, die doch eigentlich der Schärfe und der Klarheit ermangelt, damals im Lager der Jüngstdeutschen aufgenommen! Das Publikum aber, dem ja immer der didste Philister im Naden sikt, gaudierte fich tannibalisch. Da war doch einmal die ganze moderne" Kunst­richtung, die ihm natürlich höchst antipathisch sein mußte, fürchterlich an den Pranger gestellt! Das Stück machte unter dem frenetischen Beifallsgelächter seinen Triumphzug über alle entlegensten Pro vinzbühnen und brachte dem Verfasser Gold und Tagesberühmtheit in Hülle und Fülle. Auch am Mittwoch löfte die Jugend von heute" obwohl sie schon sehr verblasen anmutet noch jubelndes Lachen aus; und hieran merkt man eben deutlich, wie stabil doch das deutsche Philistertum ist: es hat nichts vergessen, weil es nichts gelernt hat. Freilich trug die Aufführung der Komödie sehr zu ihrem Erfolge bei, indem die Darsteller den Mangel an wirk famer Satire und Charakterzeichnung durch groteske Komik ersetzten, für welche fich ein in literarischen Dingen naives Publikum immer dankbar erweist. e. k.

Musik.

Die Vorherrschaft des Klaviers in unserer Musikpflege wird immer mehr fritisiert, die Jagd nach dem Klavierlernen und.lehren immer mehr bedauert, beides noch lange nicht genug abgewehrt. Zurück zur Geige!" heißt es mit Recht. Doch auch dies bedarf der Ergänzung durch ein Zurück zum Blasinstrument!" in Er­