Weihbuchen empfohlen, und ich habe ihm gesagt, daß diese, imFrühjahr gepflanzt, besser wachsen als nach der Herbstpflanzungund in den Baumschulen sehr billig seien. Zwei- bis dreijährigePflanzen bezahlt man pro Hundert mit 2— 3 M. Diese Weitzbuchen,der Botaniker nennt sie Csrpinus Betulus, werden nach der Pflan-zung etwas zurückgeschnitten. Im ersten Jahre wachsen sie wenig,oft besinnen sie sich bis zum Juni-Juli, bevor sie überhaupt aus-treiben; dann gehts aber flott und nun heftet man immer dieTriebe gleichmäßig verteilt an das Drahtgeflecht an, bis dieses voll-ständig überwachsen ist. Dann erst beginnt Jahr für Jahr derSchnitt mit einer großen Heckenschccre. Wenn später die Holz-Pfosten über dem Boden abgefault sind, kann man sie ruhig vomZaun nehmen und sich die gute Swbe damit einheizen. Die Heckeist dann derart erstarkt und so vollständig mit dem Drahtzaun ver-wachsen, daß dieser keiner Pfostenstütze mehr bedarf. Beim Be-schneiden der Hecke ist darauf zu achten, daß ihre Wandungenbeiderseits nicht senkrecht, sondern spitzwinklig geschnitten werdenmüssen, so daß sich die Hecke von unten nach oben allmählich ver-jüngt. Durch den Schnitt in dieser Form vermeidet man das beisenkrecht geschnittenen Hecken späterhin unausbleibliche Absterbender unteren Aeste, also das Kahlwerden der Hecke von unten nachoben. Hck.(Nachdruck verbalen)Landflüchtlinge.Sclbsterlebtcs auö dem ländlichen Arbeitericbenvon Wilhelm H e l l w i g.Einen ganzen Tag hatten wir im Eisenbahnwagen vierterKlasse zugebracht, in dem trübe erleuchteten, mit schlechter Lufterfüllten Räume, mit den Gittern vor den Fenstern wie beieinem Gefängnis. Stumm saßen wir uns beide gegenüber aufunseren Koffern, mein Freund Matthias und ich, trübselig voruns hinstarrend. Draußen Regenwetter über der fahlen Sand-landschaft der Laufitz, unserer künftigen Heimar.Matthias und ich waren Schulkameraden, waren in demselbenschlesischcn Dörfchen aufgewachsen und eingesegnet worden. Dannging er einige Zeit in die Ziegelei auf dem Hofe; ich wurde Pferde-junge bei einem Bauern. Es gab schmale Kost: früh Kaffee undSckialkartoffcln, mittags Kartoffeln und ein wenig Fett, abendsdasselbe und zwischen diesen Mahlzeiten noch früh und abends einStück trocken Brot. Doch wir waren zufrieden und kannten'S nichtbesser.Da kam der Agent ins Dorf und versprach uns das halbeParadies, wenn wir uns nach Sachsen verschicken ließen. Wirwilligten ein und glaubten auch, nun nach Sachsen zu kommen,wurden aber, ohne daß wir es wußten, auf ein ärmliches Gütchenin der Gegend von Scnftcnberg verdingt.Lang und ermüdend war die Fahrt. Gegen Abend trafenwir am Ziele ein und wurden auf dem Bahnhofe von einemfinsteren, wortkargen Mann in Empfang genommen. So müdewir auch waren, mußten wir doch mit unserem schweren Gepäcknoch eine Stunde in rascher Gangart schreiten, che wir auf demGutshofe eintrafen. Dort wurden uns unsere Papiere ab-genommen und man ließ uns stundenlang auf dem zugigen Flurdes VerwalterhauscL stehen whne daß wir wußten, was mit unsgeschehen würde, bis endlich gegen neun Uhr abends ein Vogt unszurief:„Na nu man rübder, Ihr beiden Neuen oa. in de Jesinde-stube, oder es jibt heute nischt mehr zu fressen."Wir tappten in unseren großen Schaftstiefeln über den aufgeweichten Hof und suchten nach der Gefindestube in der uns vomVogt angedeuteten Richtung. Erst fanden wir nur Ställe undSchirrkammern; endlich drang ein Lichtstrahl auö einem Türspaltund wir zogen an der Strippe, die die Holzklinke auslöste.Drinnen in einem kahlen, kalten Räume, der nur oben unterder Decke einige hölzerne Bettverschläge als Ausstattung aufwies,saßen um einen Tisch etwa fünfzehn bis zwanzig Menschen; alleAltersstufen waren vertreten, halbe Kinder, kräftige Männer,Krüppel und Greise, alte, verschrumpfte Weiblein und ganzjunge Mädchen. Ein jeder hatte sein Brot und Fett neben sichund tauchte den' Löffel in eine große, für alle berechnete Suppen-schüssel, die uns beiden frierenden Ankömmlinge» verlockenddampfend winkte. Aber dieser verheißende Dampf war auch daseinzige Anheimelnde in dem Raum und an der Gesellschaft. Dieseselbst war frostig und abstoßend gegen uns, und nur ein paar an-getrunkene Grohknechte ulkten uns an und ermöglichten uns da-durch eine Annäherung an den dampfenden Kesiel.Doch kaum hatten wir den ersten Hunger gestillt, da erschienein junger Verwaltcrlehrling in der Tür und rief mit herrischemTone nack den beiden Neuen, die sofort zum Herrn kommensollten. Wir sprangen auf und sucktcn nach unseren Mützen. DerVerwalter aber schrie:„Vorwärts vorwärts, laßt die Deckelliegen; Ihr werdet Euch nickt gleich die Löffel erfrieren." Sorannten wir barhäuptig durch den strömenden Regen nach demHerrenhause, wo man uns gleich in eine Art von Bureau führte.Dort stand nun der Allgewaltige, der„Herr". Er war ein kleiner.dicker Mann mit stechendem Blick, der uns scharf musterte. Nebenihm stand ein junger, eleganter Herr, wie ich später erfuhr, der'Tierarzt der nahen Stadt, der(ick, über unseren Anblick, über 1unsere nassen, wirr herabhängenden Haarsträhnen sehr amüsierteund den Matthias mehrmals„Kehrt" machen ließ, immer lauterlachend und dem Amtmann zurufend:„Gratuliere, Amtmann, Sie haben in der Tat Glück; washaben Sie da wieder für ein paar Prachtexemplare erhalten, einpaar Mordskerle. Ihnen scheint wirklich ier Ausschuß der ganzenPolackei zugesandt zu werden."Sie schienen uns also für Polen zu halten, obgleich wir keinWort polnisch verstanden und evangelischer Konfession waren.Der Amtmann trat an mich heran und schaute mich scharf an:„Trägt man denn bei Euch zu Hause nicht mal Mützen.Popolsku?"„Ich bin kein Pollack. Herr Amtmann, und meine Mütze liegtdrüben in der Hofstube."„Aha, bistu deutsches Mann! Na, marsch fort mit Euch, dahin,wo Eure Kopfwärmer sind."Die Ausdrücke waren noch drastischer, so daß ich mich scheue,sie wiederzugeben.So standen wir wieder auf dem Hofe im Regen und tapptennach der Gefindestube. Tort war's schon dunkel, und als wir trotz-dem hineingingen, schallte es oben aus den Bettverschlägen:„Wer ist da unten an der Tür? Wollter raus! Tür zulPolacken...!"Erst spät nachts, nachdem wir nach vielen Irrfahrten imdunklen Pferdestall auf die Schlafstelle der beiden angeheitertenGroßkncckte gestoßen waren, fanden wir ein Plätzchen, wo wirdie müden, zerschlagenen Glieder bis früh um vier Uhr ruhenlassen konnten.Dies war der Anfang unseres neuen Dienste?, und der Fortgangentsprach dem Anfang.Es gab die schwerste Arbeit von früh vier Uhr bis nachts zehnUhr, dabei eine 5iost, von der ich mich heute wundere, daß wirdabei über drei Monate bestehen konnten. Kraftlosen Wasserreis,Kartoffeln oder dicke Graupen war das ständige Mittagbrot, Sonn-tags wie wochentags gleich. Besser noch war die Morgen- undAbendkost: Mehlwassersuppe, ein Brot und ein halbes Pfund Fettpro Mann die Woche. Darüber will ich nicht klagen. Aber dienichtswürdige, verächtliche Behandlung, die unaufhörlichen Grob-heiten waren für Menschen, die e««Empfinden besaßen, schier un-erträglich, und schier hundertmal wünschten wir uns zurück in dieHeimat, hinter die strammen Bauerngäule und«n die Ziegel»presse. Wir wären auch fortgegangen, wenn es uns nur möglichgewesen wäre. Aber wir waren ja für ein Jahr durch den Miets-kontrakt an diese Hölle gebunden, und wenn es unö auch nichtdarauf angekommen wäre, kontraktbrüchig zu werden, so konntenwir doch ohne Papiere nicht weiter zu kommen hoffen, noch wenigeraber ohne Geld, und dieses hielt man uns wohlweislich bis aufganz geringe Beträge vor. Matthias lief trotzdem eines Tagesfort, kam aber nach drei Tagen, von Hunger getrieben, zurück,da er nirgends„Unterkommen oder Beschäftigung gefunden hatte.Aber wib sannen unaufhörlich über eine neue gemeinschaftlicheFlucht nach; nur der gänzliche Mangel an Geld hielt uns noch.Da endlich erschien uns ein Helfer in Gestalt des jüngsten Ver»walterlehrlings, der ungefähr zu gleicher Zeit mit uns auf demGute angetreten war. Tiesem gefiel es auch nicht; er hatte keinenGrund, sich dort wohl und heimisch zu fühlen, denn wir hatten uns'oft schon gesagt, daß es ihm fast noch schlechter ging als uns. Erwar früh der erste auf dem Hofe, der alle zu wecken hatte, undwenn wir abends um zehn Uhr schon im Bette lagen, so sahen wirsein trübes Laternenlämpchen noch immer gleich einem Glühwurmüber den Hof ziehen, um„abzuleuchten". Später schien dann dasLicht aus seinem Stübchcn noch lange bis nach Mitternacht, währender die Bücher ordnete. Tags über aber arbeitete er gleich unsanderen; keine Arbeit war zu gering, zu schwer für das sckstväch-liche Biirschchen. sollte er doch alles lernen. Kurz, er wurde nachKräften ausgenutzt, erhielt keinen Lohn wie wir, und sein Kontraktlautete auf zwei Jahre, während uns der unsere nur auf einJahr band.Eines Feierabends fuhren wir im Mondschein vom fernenElsterwalde nach dem Dominium zurück. Es war ein warmerAugusttag gewesen; die Tiere schlichen langsam dahin und auf denVorwagen sangen die Knechte ein Lied von einer Tochter desPfalzgrafen vom Rhein, die sieben Jahre als Magd gedient hatte.Birnbaum, so hieß der junge Verwalter, lenkte die Pferdeund wir saßen im ftisch gemähten Grase hinter ihm. Da fragteer uns plötzlich nach unserer Heimat und unseren Absichten. Erwußte durch seine Anteilnahme unsere Herzen und Zungen zuöffnen. Er war auf Guteborn der einzige, der uns als Menschenwürdigte. Schließlich sagte er:„Ich weiß, Ihr wollt fort, habtaber kein Geld. Ich will ebenfalls hier fort, kann aber memeSachen nicht rauskriegen. Wenn Ihr mir helfen wollt, die Sachenvom Gutshofe zur Bahn zu bringen, so will ich jedem von Euchzehn Mark geben."Zehn Mark! Welch Kapital für uns. Damit kamen wirsicher weit. Wir willigten ein.In der verabredeten Nacht, eines Sonnabends, standen wirheimlich gegen Mitternacht wieder auf, nahmen einen Karren undfaßten am Hoftor. wie verabredet, Posta. Wir waren neugierig.� wie Birnbaum die schweren Koffer allein herunterbringen woll.e.! Bald bemerkten wir zu unserem Erstaunen, daß er sich eine Ge-I bülfin mitbrachte, die den schweren Kasten mit Anstrengung tragen