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Tonet raffte das Segel, ergriff die Ruderstange und trieb die Barke mit der Kraft seiner Arme vorwärts.

ganz fchivach bemerkte man wie Phantome an der Grenze hunderttausend Märker ergattert und auf die hohe Kante gelegt der Wasser die blassen, unbeweglichen Segel der Barken. hatte, tam es eigentlich auch auf ein Jährchen Kittchen nicht an. Als er nach Hause zurückkehrte, entwidelte er feiner Marie schon einen vollständigen Plan. Die Frau mußte schnell den Gehrock sauber bürsten und vom Nachbar einen Zylinderhut leihen, unter bem Vorwande, Artur müsse einem guten Freunde das letzte, Geleit geben. Als Löffler fich angekleidet hatte, sah er aus wie ein Offizier in Zivil. Er bürstete und drehte seinen Bart sorg­fältig, richtete die Angströhre auf sein vielversprechendes Haupt und stürmte davon, um seine Ordres persönlich abzugeben. Er leistete sich eine Elektrische nach der Jerusalemer", ging zu Moffe, Scherl, Ulstein usw. und wurde überall in zuvorkommenster Weise empfangen, denn Artur konnte auftreten wie ein Gentleman. Am nächsten Tage prangte in den gelesensten Blättern der Reichshaupt­stadt ein großes zweispaltiges Inserat:

Die Dämmerung lud zum Schweigen ein, doch Releta sprang mit flangvollem Lachen auf die Füße und schlug ihrem Gefährten vor, sie wolle ihm helfen. Sie verstände sich sehr gut auf die Ruderstange. Tonet sollte sich der Zeit ihrer Kindheit erinnern, ihrer wilden Spiele, als sie ohne Wissen ihrer Eltern die kleinen Barken von Palmar los machten, durch die Kanäle fuhren und den verfolgenden Fischern zu entgehen wußten. Wenn er müde war, wollte fie seine Stelle einnehmen.

Bleib nur ruhig," versekte er, infolge der Anstrengung mit feuchendem Atem, und ließ die Stange weiter arbeiten. Doch Neleta schwieg nicht mehr, als bedrückte sie dieses gefahrvolle Schweigen. Sie vermieden es, sich anzusehen, denn sie fürchteten, ihre Gedanken, die, wie sie wußten, den­selben Inhalt hatten, zu entschleiern; die junge Frau sprach mit heftigem Wortschwall.

( Fortsetzung folgt.)

( Nachdrud verboten.)

Der Herr Bankier.

Von William Bromme.

I.

Darlehen

in jeder Hohe, bei billiger Provision besorgt das Bankhaus Artur Löffler, Berlin SW., Gneisenaustraße 34 III. Man verlange Profvekte! II.

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Die Wohnstube Löfflers wurde als bureauraum eingerichtet. Der Schreibtisch in der Mitte plaziert, ein Gestell mit alten Zei tungen in den Aftenfächern daneben aufgestellt und alle Bücher und Zeitschriften, die aufzutreiben waren, wurden ins Zimmer ge­bracht. An der Haustüre prangte schon ein weißes Emailleschild mit schwarzen Buchstaben:" Bankgeschäft Artur Löffler, vorn III. rechts." Dann wurde ein Photograph geholt, der das Bureau" von acht verschiedenen Seiten mittels Bliblicht aufnehmen mußte, und auf diese Weise acht verschiedene Ansichten zustande brachte. Nun sette sich Artur auf seine vier Buchstaben und schrieb eine Broschüre über" Gute und faule Darlehnsvermittler". Natürlich wurde darin das Bankhaus" Löffler als erstklassiges Institut in den Himmel gehoben und eine Liste Dankschreiben, die in aller Eile fabriziert worden waren, mit veröffentlicht. Außerdem wurde noch mitgeteilt, daß die Firma Löffler, die tags zuvor erst bei Ge­richt angemeldet worden war, in nächster Zeit zu einer Volks- und Genossenschaftsbank umgewandelt werden sollte, und zwischen den Tert wurden die prächtigen Bilder der acht Bureauräume" ver­teilt. Die Gebührensäße waren äußerst billig gehalten. Als Ge­winnspesen 14 Proz. der Darlehnssumme, ferner 8 M. Auskunfts­gebühren und 4 M. für die Bürgenauskunft. Die Broschüre wurde borläufig in 10 000 Exemplaren gedruckt natürlich einstweilen auf Kredit und in alle Städte versandt. Außerdem wurden in den Kreisblättern der Provinz Inserate aufaeaeben. III.

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Artur Löffler war in einer verzweifelten Lage. Seit Mo­naten war er stellenlos. Die Gläubiger liefen ihm das Haus ein. Ein Mahnbrief jagte den andern. Auf seinem Schreibtische türmten fich schon ganze Berge von Postsachen auf, die nichts enthielten als Mahnbriefe und Rechnungen. Eine Anzahl der Ungeduldigen hatte schon Klage angestrengt, und der Mann mit der blau­geränderten Mühe beehrte Herrn Löffler öfter mit seinem Besuche, als diesem erwünscht war, wie die kleinen blaugestempelten Papier­marten bewiesen, die an der Rückseite der Möbelstücke flebten. Allerdings war um diese gepfändeten Sachen ein Streit entbrannt, denn das Warenkredithaus, von dem Artur die Sachen auf Ab­zahlung gegen Leihvertrag entnommen hatte, tlagte auf Heraus­gabe seines Eigentums. Am meisten ärgerte sich Artur, wenn er seine Geldbörse öffnete und ihm die öde Leere entgegengähnte, bann sant er oft verzweifelt in die gemieteten Polsterstühle und brütete finster vor sich hin. Seine Frau und Kinder wurden alle Tage bläffer und Hagerer. Die Bäder und Fleischer wollten nicht mehr pumpen. Der Handelsschutzverband hatte Arturs Namen eineni Blaz auf der schwarzen Liste angewiesen. Er mußte schon wahre Redekünste anwenden, um den Hauswirt mit der Miete zu bertrösten. Kurz er sah mit Schrecken die Katastrophe der Ermission immer näher rücken, und vor dem Armenhause graute ihn wie vor der Hölle. Tagelang hatte er sich schon den Kopf zerbrochen und das Gehirn zermartert, was er wohl unternehmen fönne. Aber fein rettender Gedanke wollte ihm leuchten. Nur etwas Selbstverständiges mußte es sein, denn offengestanden, er wollte sein eigener Herr werden. Die Schreibertätigkeit auf den Bureaus der Herren Anwälte hatte ihn schon längst angeetelt. Seine Auskunftsstelle für bürgerliche Rechtsstreitigkeiten", die er schon so oft in den Zeitungen zur freundlichen Benutzung empfohlen, war ins Wasser gefallen, denn mit Ausnahme eines Sergeanten, der ihn um Rat gefragt, wie er sich von der Alimentenzahlung drücken könne, und den Artur belehrte, eine Anzahl anderer Hercen als gleichzeitige Liebhaber seiner ehemaligen Flamme anzugeben, war kein Klient mehr erschienen. Auf den Gerichten als Gelegen­heitszeuge und Rechtskonsulent herumzulungern, war ihm zu lang- kunftsgebühren geschleppt. Die Dummen da draußen" und" da weilig und außerdem fielen ja doch nur ein paar armselige Groschen von den Hungerleidern ab. Wenn es in der Provinz gewejen wäre, wo es Bauern zu rupfen gab, hätte er es sich noch eher gefallen lassen, aber so lieber Hunde flöhen, sagte Artur zu seiner willenlosen Gattin.

Zwei Jahre sind vergangen. Das" Bankhaus" Löffler hat seine Lokalitäten in die Friedrichstraße verlegt, während eine Privat­wohnung in Berlin W. bezogen worden war. Am Kurfürstendamm bewohnte die Familie Löffler eine elegant möblierte halbe Stage. Der Name Löffler hatte jetzt einen guten Klang in der Berliner Geschäftswelt. Der Mann ist auf dem Posten. Täglich früh zehn Uhr steht sein kleines Rex simplex- Automobil vor der Wohnung und führt ihn ins Bureau, wo ein hübsches, gemütlich eingerichtetes Privatkontor ihn von dem Drittelduhend männlicher Angestellter und den zwei Maschinenschreiberinnen trennt. Dort sieht er zu­nächst seine Zeitungen und die eingegangenen Postfachen durch. Freilich ist der Erfolg der Darlehnssuchenden in den meisten Fällen gleich Null. Aber Löffler hat jetzt auch Heiratsvermitte lungen mit übernommen. Um Damen zu Borstellungen an der Hand zu haben, ist er mit einigen in der Nähe wohnenden Kontroll­mädchen in Verbindung getreten, die gegen ein Zehnmarkstück gern ein Stündchen die reiche Waise martieren. Ferner ist er dazu übergegangen, in der kleinen Amtspresse der entlegensten Gegenden zu inserieren. Seit dieser Zeit schneit das Geld geradezu in Löfflers Kassenschränke. Bei jeder Post bringen die Briefträger ganze Berge von Postanweisungen als im voraus gesandten Aus­unten" scheinen gar nicht alle zu werden, sie müssen nach Millionen zählen. Namentlich die Kleinstädte und das platte Land erweisen sich als wahre Goldgruben für das" Bankhaus", und jagen die Gänse und Hasen scharenweise in die Küche des Ehepaares am Kurfürstendamm . Der Herr Direktor und seine Gemahlin haben in den zwei Jahren Bankperiode je 40 Kilogramm an Körpergewicht zugenommen. Er raucht nur noch Henry Clay " und sie trinkt nur noch echten Moffa. Zwar sind schon eine ganze Anzahl Klagen wegen Betrugs gegen den Bankier" anhängig gemacht worden, aber bis jetzt hat man ihn nicht fassen können. Natürlich leistet er sich die ersten Rechtsanwälte. Und wenn alle Stränge reißen: Zweimalhunderttausend sind in Sicherheit gebracht. Also unab hängig bleibt Artur, selbst wenn die Herrlichkeit eines Tages zu­sammenbrechen wird. Solange es geht, wird noch Nußen gezogen. In der ersten Hälfte des dritten Geschäftsjahres sind als Gebühren die Kleinigkeit von 198 346,54 M. gebucht worden.

Eines Tages studierte Löffler auf seinem Morgenspaziergange durch die Friedrichstraße wie gewöhnlich seine Zeitung, die hinter emem Schaufenster befestigt war. Die Ellenbogen auf die Messing­stange und den Kopf in die Handflächen gestüßt, überflog er schnell die Reichstagsverhandlung, die neuesten Depeschen und ging dann zum Anzeigenteil über. Da leuchtete ihm ein einspaltiges Inserat entgegen. Darlehen in jeder Höhe, gegen billige Provision ver­mittelt Lehmann, Schöneberg , Wartburgstraße 25, Gartenhaus IV I."- Aus seiner Praxis her tannte Artur der­artige Geschäfte. Nachdenklich setzte er seinen Weg fort. Merk­würdig, das Inserat wollte ihm nicht aus dem Kopfe kommen. Schon zehnmal hatte er wegen Anrempelung der Passanten um Löffler wurde frecher als je, immer hochtrabender gestaltete er Entschuldigung bitten müssen. Es war ihm sichtlich unangenehm, seine Reklame, immer umfangreicher illustrierte Broschüren wurden bor allem wenn er Damen durch seine Ungeschicklichkeit belästigte, ins Publikum geschleudert, immer tollere Operationen unter denn Artur war sehr galant gegen Damen, aber das dumme nommen. Er machte auch in Terrainspekulationen und heimste Inserat hatte ihn zu großartigen Phantasiegebilden veranlaßt. manches Sümmchen ein. Die ersten Kreis. der Finanzwelt standen Er wußte, daß große Summen dabei verdient werden können, ihm jest offen, obwohl niemand wußte, woher dieser Löffler, dieser wenn man es gescheit anfaßte. Na und wenn man so an die impertinente, aufdringliche, dreiste und freche Kerl eigentlich gea