Frau Marie faß allein in ihrer Dachstube und fürchtete fich auszugehen. Sie hatte ihr Kind auf dem Schoß. Der Regen ftatschte gegen die Fenster. Marie drückte den Kopf fester und fester gegen das ängstliche Gefichtchen ler Kleinen.

Es war schwül in der niedrigen Stube.

171 von Batterien befeht. Namentlich unser Darm ist eine wahre, Brutstätte dieser winzigen Gebilde, und wenn wir unsere Mund­flüssigkeit oder den Inhalt eines hohlen Zahnes unter dem Mikro­ftop betrachten, ist man erstaunt über den Formenreichtum und die gewaltige Zahl von Batterien, Roffen und Bazillen. Können wir doch feinen Atemzug tun, feinen Bissen effen oder Schluck Das junge Weib preßte die Zähne aufeinander, um nicht loszu trinken, ohne eine ganze Schar dieser kleinen Keime mit auf- fluchzen vor herzeleid. Nicht allein der bittere Kampf um das zunehmen. Zum Glück find die meisten Batterien ungefährlich, tägliche Brot, nicht allein die Arbeit zehrte an ihrer Kraft. Nein harmlose Saprophyten", welche an dem Nebecfluß der Nahrung da war noch etwas anderes, was ihr im Blute saß und raunte bescheiden teilnehmen. Ja manche Darmbakterien sollen sogar und schrie nach Erlösung: die Sebuñukt! Vor einem Jahre war burch förderndes Eingreifen bei der Verdauung direkten Nußen diese Sehnsucht nicht geweien. Da hatte sie das Kind an der Brust, bringen. So sprechen einige Forscher sogar von einer Symbiose, das zarte, schwächliche Dingelchen. Und immer müde war sie von einem Genossenschaftsbund, zwischen den Batterien des Darms den schlaflosen Nächten geweien, da Gretchen stundenlang geichrien, und dem Wirtstiere. Um der Unsicherheit ein Ende zu machen, und immer Rückenschmerzen batte sie und wildes Weh im Körper, hat man die Rolle der Bakterien experimentell zu bestimmen ver- wenn der starfe, blühende Mann sie in feine Arme rig. fucht, indem man mit staunenswerter Geduld und unter Beob­achtung peinlichster Reinlichkeit steril( feimfrei) geborene Tiere durch Verfütterung fterilisierter Nahrung und Halten in fterili fierter Umgebung barmteimfrei aufzog. Das Ergebns war jedoch tein einwandfreies, während die Versuche an Meerschweinchen für die Entbehrlichkeit der Darmbakterien sprachen, wollten die steril aufgezogenen Hühner nie ordentlich gedeihen. Neben diesen harm­lofen oder gar nüßlichen Batterien gibt es aber auch zahlreiche berderbliche Feinde für Menschen und Tiere, und wie in den Tetzten Jahrzehnten immer strenger nachgewiesen wurde, sind die Mehrzahl aller anstedenden Seuchen, Tuberkulose, Best, Cholera, Diphtheritis, Milzbrand usw. auf die Einwirkung von Batterien zurüdzuführen.

War sie nicht schuld gewesen, daß er von ihr fortgelaufen war mit dem fofetten, hübschen Mädel aus der Nachbarschaft? Hatte fie ihn nicht mit ihrer gimperlichkeit förmlich fortgetrieben aus dem Sauie? Marie zudte jäh zufammen. In die Stille hinein hatte Gretchen plöglich etwas gefagt, flüsternd, vorsichtig aber sie hatte doch das erste deutliche Wort gesprochen. Nun folgte das zweite, schov mutiger und lauter und ganz und gar von Glück verklärt: -Ва - P pal

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Berstört sprang die junge Frau empor. Sie hatte diefes Mort dem Kinde niemals vorgesprochen, nie vorher wußte Gretchen das von aber irgend jemand mußte doch

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" Papa", wiederholte die Kleine. Und das Aermchen hob sich Neben den Bakterien spielen auch die echten Pilze als Krant- und die Fingerchen zeigten durch das Fenster, an das klirrend der heitserreger bei Mensch und Tier eine gewisse Stolle. Sollen Bei- Stegen schlug. spiele genannt werden, so erinnere ich nur an die Soorpilze im Da tam es wie ein Taumel über die junge Mutter. Sie wäre Munde von Kindern, an die Krebspest, die in wenigen Jahren erstickt in der einsamen Kammer unterni Dach. Sie hüllte das so gründlich mit dem Krebsreichtum unserer Heimat aufgeräumt flaumige Köpfchen in ein Tuch, nahm ihren Zeitungspack, den ihr hat, und endlich an die verheerende Seidenraupenkrankheit. Man der Nachbe sjunge mitgebracht und lief die Treppen hinab. Auf ersieht jedenfalls schon aus diesen wenigen Andeutungen, daß dem Hausfur setzte sie Gretchen in den Wagen und fuhr hinans. die Pflanze durchaus nicht immer das harmlose, passive Geschöpf Der Sturm schlug ihr ins Gesicht und die großen falten Regen ist, als das sie zuerst erscheint, daß sich häufig das Verhältnis tropfen taten ihr web. geradezu umkehrt, und sie zum Angriff auf die Tierwelt übergeht. Und auch die übrigen Pflanzen find nicht wehrlos den nahrung­fuchenden Tieren ausgefeht, nein eine fast überwältigende Fülle verschiedenartiger Waffen stehen ihnen zur Abwehr zur Verfügung.

Neue Liebe.

Von C. G. Grumblat.

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An der zweiten Hoftür stand ein Mann. Bart und Haupthaar naß, der dünne Arbeiterrock wehte hoch im Wind. Er stand vor ihr, als fei er nie fort gewesen. Sie fühlten aber beide, daß fie zitterten.

Er schüttelte den Kopf und fah fein lemnes, frierendes, blaffes Mädel an.

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Das darf aber heut nich mit bei dies Wetter! Das fürcht' sich ja. Laß es oben Marie der Wind jeht zu scharf für fo'n Kleenes Seine Finger neigten sich, zwei zappelnde Händchen griffen fagte Heinrich Baschke plöglich, legte feinen danach. Die junge Frau lehnte reglas vor dieser seltsamen, un erilärlichen Freundschaft an der Steinmauer.

( Schluß.)

N'Abend Groschen für das Bier auf den Tisch und schob den Stuhl zurück, auf dem er gefessen.

Und dann war er draußen. Vorsichtig, mit tief in die Stirn gezogener Müze stand er plötzlich drüben auf der Seite, gerade, nachdem die blonde Frau wieder in eins der großen Häufer hinein­gegangen war. Sie hatte vorher noch mit flinker Hand das rote Kittelchen fester um den zarten Rinderkörper gezogen. Wind ging fühl.

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"

Bleib' brab fitzen, Gretefen..."

Der

Und das knapp anderthalbjährige, fleine Mädchen nidte stumm mit großen, verstehenden, dunkelbrannen Augen.

Das waren seine Augen!

Der Mann stand plötzlich heiß und rot vor dem Wagen und starrte in das Kindergesicht.

Die Kleine fah ihn auch an. Gerade wie in staunender Freude, daß sich jemand um sie fümmerte.

Jezt hob er den Finger, den schwieligen, braunen, hart gearbeiteten Zeigefinger.

Sofort griff das winzige Händchen und flammerte sich

daran fest,

Den Mann überfam eine rasende Freude. Sag' mal

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Вара

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Gretefen 1"

"

Aber das Kind lächelte nur vor diesem fremden Wort. Er wiederholte es noch einmal, flebend fast: Pa- pa Aber der kleine, blasse Mund in dem schmalen Gefichtchen blieb ftumum. Seitwärts durch den Vorgarten des Hauses tamen leichte Schritte näher, förmlich erschrocken rannte der Mann davon. Am nächsten Abend nach der Feierstunde stand er jedoch wieder auf derselben Stelle. Hinter einen Zaun gedrückt, verfolgte er mit den Blicken heimlich sein Weib. Wie es arbeitete, wie es sich quälte um das tägliche Brot, wie es mit schier verfagender Straft treppauf, treppab lief, fleißig, flint, pflichtgetreu, wie sie es immer gewesen.­

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War fie dann in den Häufern, stand er wieder vor dem Korb­wagen bei seinem Kinde. Sagte es zehnmal und zwanzig- und dreißigmal dem fleinen Mädchen vor, was er doch für sein Leben gern gehört hätte: Papa 1"

Und immer lächelte das blonde Büppchen, lächelte aus braunen Augen stumm und dumm und staunend. Und immer floh er, schied verstört, wenn sein Weib fam.

An einem der nächsten Tage zog ein tüchtiges Regenwetter über den Vorort herauf. Kalte, naffe Schauer fluteten hernieder.

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Er hat es abgepaßt, wenn ich in den Häusern war, durchführ fie die Gewißheit. Und laut sagte sie: " Ich tann's nich alleene lafien oben so lange--1 Da nickte der Mann und bat noch flehender wie vorher. Wenn de wenn de nischt dajegen hätt'st wenn de mir noch für'n ehrlichen Keri halten fönnt'st denn würd' id mit Greteten so solange, bis de Zeitungen drägst oben oben

bleiben!"

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Er stotterte furchtbar.

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Sie hatte schon in den Kleiderrod gegriffen und den Schlüssel aus der Taiche gezogen.

.s is heute wegen des Wetter später geworden mit's Aus ich bab' Eile!"

tragen

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Und sie streckie die Hand mit dem Schlüssel aus.

Er nahm und hielt zugleich ihre Finger fest, die zuckend in feinen lagen.

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Und und wenn de wenn de wieder retour tommſt, Denn denn fann ich ja wieder gehn, Marie!" Sie begann noch mehr zu zittern. Sie sah ein Bild, tvie hervorgezaubert vor ihrer Seele.

Heimkommen mit müden Füßen in einer Stunde oder zwei- o, heute würde es gewiß nur eine sein! und oben in der Stube am Fenster ihr Mann mit dem Kinde auf den Knien, und hinterher nur die Sterne am Himmel und das lauschende Glück am Dache; und zwei Arme, in die sie fich flüchten fonnte aus aller Not und Einsamkeit.

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Sie nickte jäh und zog ihre Hand zurück. Nee, nee bleib, Heini! Jd tomme bald bald!" Das legte Wort war ja fast wie ein Jauchzer gewesen. Und der heimgekehrte Mann nahm sein braunäugiges Kind aus dem Wagen und stieg die fünf Treppen bis in die Dachstube hinauf, als ginge es geradeswegs in den Himmel.

Kleines Feuilleton.

Theater.

Rammerspiele: Lysistrata ", Komödie von Aristo­ phanes . Bearbeitet von Leo Greiner , Musik von Humper­din d. Ein Abend, der das nach mancherlei Enttäuschungen recht matt gewordene ntereffe für das kleine Reinhardtsche Experi

st?