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für die Stadt Dürnbuch an der Glonn   fiel ein Hauptstüd ab. I schon im alten Athen   gebräuchlich, dem heimkehrenden Sieger bon Kaspar Asam hatte deutschen   Boden betreten und teilte seine Olympia zu feiern, und haben wir doch vielmehr Grund, ihrem baldige Ankunft mit. Davon kam eine starke Bewegung in den Beispiele zu folgen! Denn nicht ein leichtes Spiel war es, aus Veteranenberein, dessen Vorrat an vaterländischen Helden in dem unser Held heimgekehrt, nein, es war ein blutiger, furcht dreißig Friedensjahren bedenklich gelichtet war, und der es mit barer Kampf. Fürwahr, den deutschen   Männern, welche im fernen Freude begrüßen mußte, nach so bielen Jubiläen endlich wieder Often den Schimpf abwuschen, jenen Sdimpf, welcher den glänzen­einen richtigen Kriegereinzug abzuhalten. Der Magistrat hatte den Schild der Germania   eine turze Weile getrübt hatte, diesen einstimmig seine Mitwirkung zugesagt, und die königlichen Be- Männern, sage ich, gebührt allgemeiner Dant. Soll es uns nicht hörden waren entschlossen, mit Schiffhüten und Fräcken das Fest mit Freude erfüllen, daß unter diesen Männern auch ein Kind offiziell zu gestalten. Kein Mißton störte die Vorbereitungen, und unserer Stadt sich befindet, und haben wir nicht die Pflicht, dieser als Bartholomäus Asam über den Stadtplaß schritt, sah er, daß Freude öffentlich Ausdruck zu geben und damit zu bekunden, daß die Borderfronten der stattlichsten Häuser für seinen Sohn mit jene patriotischen Gefühle, welche jetzt in Nord und Süd, und in Fähnlein und Girlanden geziert waren. Süd und Nord, hochverehrte Festversammlung, daß jene patrio tischen Gefühle auch uns beseelen? In diesem Sinne preche ich namens des Magistrates und Gemeindekollegiums Ihnen, Herr Kaspar Asam, den tiefgefühltesten Dank aus. Mögen wir alle in den zahlreichen Orden, welche Ihre Brust schmücken, auch eine Ehrung für unsere Stadt erbliden und zugleich die Mahnung, daß auch wir immer bereit sind, mit Gut und Blut zu unserem engeren, sowie zu unserem weiteren Vaterlande zu stehen. Wir können diesen Gefühlen feinen befferen Ausdruck verleihen, als indem wir rufen, Seine fönigliche Hoheit, des Königreichs Bayern Verweser, und Seine Majestät, der deutsche   Kaiser, sie leben hoch! hoch! hoch!"

Am folgenden Sonntag rückte der Veteranenverein mit Musik aus und marschierte bis zum Egelsrieder Kreuzweg, wo der Omnibus in Empfang genommen werden mußte. Es war ein lieblicher Frühlingsmorgen und eine gehobene Stimmung, als nun der gelbe Wagen bedächtig die Straße heranschaukelte. Der Schlosser Sebald als Vorstane gab die letzten Befehle; Musik lints am Rande und auf ein Zeichen den Präsentiermarsch, die Arieger gegenüber, zwei Mann hoch aufgestellt und gut aus gerichtet.

Achtung!

Der Postillion hielt an, und vor allen neugierigen Augen fletterte der Sieger von Beting aus dem Wagen; und wahrhaftig, dieser merkwürdige Jüngling war rund und fett, und nichts an ihm zeigte von Strapazen und Entbehrungen. Aber davon war jetzt nicht die Rede, denn Sebald machte soldatischen Lärm. " Achtung! Still- gestanden! Augen rechts! Bräsentiert das Gewehr!" Die Regenschirme flogen flappernd an die Schultern, und müde Handwerkerbeine versuchten es, durchgedrückt und stramm zu stehen.

" Im Namen des Veteranen- und Militärvereins Dürnbuch be­grüße ich Sie, indem Sie gezeigt haben, daß auch die jetzige Generation in Treue feft für Fürst und Vaterland überall ihre Pflicht tut und den bayerischen Waffenruhm, welcher einst bei Wörth und Sedan   erstrahlte, zu wahren wissen. Wir gedenken wie immer, so auch in diesem Augenblice unseres obersten Kriegs­Herrn und geben diesen erhabenen Gefühlen Ausdruck, indem wir rufen: Seine Königliche Hoheit, des Königreichs Bayern Ver­weser, lebe hoch, hoch, hoch!"

Zara, tara, taridadaradada, fiel die Musik ein, und Kaspar Asam nahm die Händedrücke entgegen und zeigte sich dem Augen­blicke angemeffen. An seinem Rode hingen bier Orden, welche die alten Soldaten blendeten, und sie glißerten in der Sonne und flirrten, wenn er auftrat.

" In Sektionen links schwenkt- marsch!"

Hinter der Fahne zwischen Sebald und dem pensionierten Gendarmen Angerer marschierte Kaspar, und es ging mit Trom petenschall nach Dürnbusch hinein bis zum Stadtplatz, auf dem eine Tribüne errichtet war.

Oben glänzten feierliche Zylinderhüte, und unter deren einem schaute das breite Gesicht des Bädermeisters Vierthaler in diese Welt der merkwürdigsten Schicksalswechsel. Wer hätte es je gedacht, daß er für einen Asam den Bratenrod anlegen werde? Dort unten stand dicht gedrängt lauter ehrbares Bolt, hier heroben stand neben ihm ein föniglicher Bezirksamtmann, und die jämmerlichen Beine ent­lang baumelte der Staatsdegen. Warum? Weil jetzt von der Kirchgasse her mit Brausen und Sausen der Kaspar Asam einher­schritt, wiederum an der Spike von ehrlichen Leuten. O du runde Welt, auf der sich das Unterste zu oberst kehrt! Es war einmal eine Ladenkaffe, da lagen siebenunddreißig Mark darin, ein Gold­stück, fünf harte Taler und das übrige

Silentium!

Freilich da waren jebt die Veteranen vor der Tribüne, und des Kaspar Asam Soldatenauge überflog die Schmerbäuche, als wären sie nichts, und blieb haften auf Seiner Wohlgeboren, dem Herrn rechtskundigen Bürgermeister, welcher, nun sprach:

" Silentium! Hochverehrte Feftversammlung! Nil admirari sagt jener berühmte Horatius, welchem wir auch das andere Wort verdanken, es ist schön und ehrenvoll, für das Vaterland zu sterben. Nil admirari oder Mensch, wundere dich nicht! Hochberehrte Fest­bersammlung! Ist es doch so wahr, dieses Wort des lateinischen Dichters! Denn wohin wir auch bliden, immer wieder ereignen fich wunderbare Dinge und zeigen, daß das Walten der Vorsehung unberechenbar ist. Wer von uns erinnert sich nicht jener bangen Stunden, als die Gesandtschaft, umheult von den ergrimmten Chinesen, in der furchtbarsten Gefahr schwebte? Wer erinnert sich nicht jener Nachricht, welche jeden Europäer bis ins Mark traf? Jener Nachricht, daß Weib und Kind unter den Streichen der Wütenden hinfanten? Damals war es, daß auch in unserer Stadt fich ein Baterherz im bittersten Schmerze zusammenzog, damals trat das Schicksal in seiner fürchterlichsten Gestalt auch an einen aus unserer Mitte, und ein tiefgebeugter Bater blickte in die Gruft feines Sohnes.

Hochberehrte Festversammlung! Nil admirari! Welch ein Unterschied zwischen heute und gestern! Der Totgeglaubte steht gesund und fröhlich in unserer Mitte, und feine Brust schmücken zahlreiche Orden zum Lohne   für die Tapferkeit, welche er bewiesen hat. Auch uns geziemt es, ihm dankbar zu sein. War es doch

Viele Zylinder und ein Schiffhut wurden zum Himmel ge hoben zur mittelbaren und mit einbegriffenen Ehrung des Saspar Asam, und der Bezirksamtmann zog ihn in ein längeres Gespräch, und es schloß mit einem viel bemerkten Händedruck, und das gleiche tat der Bürgermeister. Beim festlichen Frühschoppen im Lammbräu fam es sogar zu einem direkten Lebehoch auf Kaspar. Ein aufmerksamer Beobachter hätte wohl feststellen können, daß sehr angesehene Bürger sich mit jovialen Wigen an den Helden des Tages heranmachten, und daß sie ihre Bedeutung gehoben glaubten, wenn Kaspar mit ihnen lachte. Der Beobachter hätte weiterhin feststellen können, daß man dem heute schon in öffent­licher Rede erwähnten Vater Bartholomäus zutraulich auf die Schulter schlug und ihm auch sonst einige Brosamen herzlichen Wohlwollens zukommen ließ. Er hätte feststellen können, daß der Bäckermeister Vierthaler im Schatten faß, weil tein Strahl der Asamischen Sonne auf ihn fiel, und daß er sich frühzeitig und unbeachtet nach Hause begeben mußte, während hinter ihm die lauteste Fröhlichkeit auf die Gasse drang.

Es war einmal eine Ladentasse, und da waren siebenund. dreißig Mark darin, ein Goldstück, fünf harte Taler und

Geh heim mit deiner alten Geschichte, Bierthaler, denn nies mand will sie hören. Wenn du aber mit gekrätschten Beinen am Fenster stehst und verdrossen über den leeren Marktplatz schauft, so denke an deinen rechtskundigen Bürgermeister. Nil admirari!

Kaspar Asam war so versöhnlich geftimmt durch den Empfang, daß er seinen Groll gegen Dürnbuch beiseite legte und zu bleiben beschloß. Als vaterländischen Helden stand es nicht wohl an, den Handel mit Stallhafen und Meerschweinchen wieder aufzunehmen. Die Begründung einer neuen Existenz aber war so wichtig und folgenschwer, daß er nicht mit überstürzter Eile an sie heranging, sondern in abwartender Ruhe als täglicher Gast des Lammbräu der Butunft entgegensah. An diefer Stätte feiner Ehrungen fühlte er sich wohl, und hier glaubte er ständiger Anerkennung sicher zu sein.

Allein die Saiten der bürgerlichen Gemüter bleiben nicht lange in hoher Spannung, und fie ließen nach und gaben bald nur mehr dürftige Töne von sich, wenn Kaspar auf ihnen das Lied von seiner Heldenschaft begleiten wollte. Seine Orden verloren ihre feftliche Bedeutung, und ihr Glanz erblindete, weil er fie Tag für Tag den Dürnbuchern vor Augen führte, während sie doch von der Vorsehung dazu ausersehen sind, das sonntägliche Gewand zu schmüden. Der dekorierte Krieger, welcher jeden mühevollen Berkeltag hinter der Bierbant saß, wurde eine gewöhnliche Er­scheinung und bald eine ärgerliche Erscheinung. Unterweilen vers fiegte auch sein chinesischer Kriegsschatz und gleichzeitig mit ihm das Wohlwollen des Lammbräu. Auch Kaspar Asam mußte er­fahren, daß der Dank des Vaterlandes kein Kredit fundierendes Objekt, sondern nur ein idealer Begriff ist. Mit unschönen Worten erklärte ihm eines Tages die Kellnerin, daß ihm weiterhin teine Lebens- und Genußmittel anders als gegen bare Bezahlung vers abreicht würden, und der Lammbräu, welcher herbeigeholt wurde, zeigte nicht die geringste Scheu vor dem Günstling der drei Mon­archen.

So furze Zeit nach jenen hochflingenden Versicherungen fiegte im dankschuldigen Dürnbuch der nüchterne Erwerbsfinn über höherstehende Gefühle.

Kaspar Asam erkannte mit Bitterkeit die Forderungen des Alltags und neftelte den russischen Annaorden vom Rock und gab die goldene Medaille der Kellnerin zum Pfand. Da lag nun das merkwürdige Ehrenzeichen, welches die Soldaten Suworoffs und Kutusoffs und Stobeleffs gleichermaßen zur Tapferkeit angefeuert hatte, neben schmierigen Bierzeichen im Schenktasten und bewies die Hinfälligkeit der historischen Größe.

Das Gerücht von dieser Tat durchlief die Stadt Dürnbuch und wirfte in gewisser Beziehung zersetzend, denn es ist immer ge fährlich, wenn ein Nimbus verloren geht, und die Leute, weldje