Teil durch Steuern weg. Abgesehen davon, dafe die Dienenden, die sich ja selbst beköstigen und betleiden muhten, auf das furchtbarste an den indirekten Steuern. Zöllen. Aktien usw. beteiligt waren. wurden dieselben auch noch mit direkten Steuern, und zwar Kopfsteuern. belastet. Seit 1891 zahlte«in Knecht bei einem Einkommen von 89 Taler 1 Taler. das übrige Gefinde, zumal das weibliche, Von 18 6 Groschen Steuern relativ eine ungeheuere Belastung. DaS Verhältnis zwischen Dienstgebern und Dienstnehmern war natürlich bei solch erbärmlichen Verhälmifien. unter denen der eine Teil von ihnen leiden muhre, noch weniger erbaulich, wie in der Gegen- wart. Druck erzeugt Gegendruck, und so konnte die brutale Be- Handlung, welche die Dienendan zu erdulden hatten, nur im bösen Sinne aus diese einwirken. Der Bosheit und der Niedertracht der Herrschaften' setzten die Dienenden naturgemäß soviel offenen und passiven Widerstand entgegen, als ihnen irgend zu leisten nur möglich war. Wie immer iahen Regierung und.Herrschaften" nur den Splitter in den Augen der Dienenden, nie den Balken in den eigenen und so klagt die Gesindeordnung von 1884 in ihrem Ein- gange gar beweglichwas gestalt die Botzbeit der Dienstbothen. an Knechten und Mägden in hiesigen Residenz-Städten dergestalt über- Hand nehme, daß kein Haußwirth fast mehr mit ihneit zurecht kommen könne". Aber trotz allen GeschinrpfcS und Gezeters über die Dienstleute riffen sich schon damals die Berliner Bürgerfamilien fast die Aermel im, solche aus. Es herrschte vor 200 Jahren eine fortwährende Dienstbotenjagd, genau wie noch heute, und mit allen möglichen Versprechungen und Borfgiegeluiigen suchten die Dienstgeber Dienst- boten an sich zu ziehen. Ja, sie scheuten sich nicht, die Dienstboten untereinander sich abzujagen und abspenstig zu machen, eine Sitte. die so allgemein und von altersher gebräuchlich sein mußte, daß sich schon in der ältesten Gefinde- und Ackerordnung Maßnahmen und Strafaltdrohungen gegen die Bbsprnstigmachungen der Dienstleute vor- finden. So heißt eS 1620:.Diejenigen aber, so auch noch darzu wieder das ausdrückliche Verbott GotteS anderen Ihr Gesinde dadurch, das sie einen mehreren Lohn bieten oder durch Geschenke und Gaben an sich locken und ziehen, abspenstig machen, dieselben sollen jedesmal in dreyssig Tdaler straffe gefallen sein." Billiger tut eS die Bertiner revidierte Ackerordnung von 1824:.keiner soll des anderen Gefinde abmieten bei Strafe eines Thaleis in die Lade". Gegen das Hebel aber war kein Kraut gewachsen, denn 1718 wird abermals gellagt,weil aber auch das Gesinde am meisten dadurch verderbet wird, daß ein Herr oder Frau vor den Anderen mehr Lohn, auch offterS mit unnötigem und übermäßigen WeynachtS und NeujahrS-Belchenlen einen Ruhnt zu erwerben suchen, so"... A. Adö. (Nachdruck vervoken.) Im Zuchthaus. Silhouetten von HanS Hyan. l. Der Zugang. Warmn bist Du'n hier?" Der.Alte", der da an der mit heller Oelfarbs gestrichenen Wand deS Korridors in einem Abstand von fünf Schritt neben dem Neuen" steht, fragt schon zum dritten Male. Aber der Rachbar antwortet ihm nicht. Mit gesenktem Kopf steht der junge Mensch da und stiert verzweifelt aus den schwarzen Aiphalt des Fußbodens. Indem lonmiandiert der hinzutretende Aufseher: Vorwärts 1" Die beiden, mit den elenden Lumpen bekleidet, die sie trugen, als man sie verhaftete, gehen in dem vorgeschriebenem Abstand den langen Korridor des Erdgeschoffes entlang an den Arrestzellen, von denen etliche unbenutzl find und offenstehen, vorbei bis zur Kleider- kammer. Ein sehr alter Aufseher nimmt sie dort in Entpfang. Eine Kai- fakwr bedient und schleppt Kleider hin und her. Der Aufseher sagt: .Ausziehen I" Die beiden Züchtlinge entkleiden nch, sie haben schon den Maschinengehorsam in sich aufgenommen, der hier verlaugt wird und der ivie eine düstere Notwendigkeit auf die Seele des Herein- kommenden fällt. Aber das schmutzige, zerfetzte Hemd von sich zu tun, das geniert den Schlanken. .Na. man runter," sagt der Kalfaltor,willste Dir die Staude etwa uffheben?" Wäsche." sagt der Buffeher. Die beiden gleiten rasch in die ZuchthauSwäsche. Gebadet haben sie schon vorher. .Anzng I" sagt der Aufseher. Der Kalfaktor gibt ihnen die AlltagSkleidimg auS braunem, brettähnlichem Stoff. Und die dunkleren. mehr wchähulichen Sonnlogsklcider. Wie er sich anzieht, fängt der Schlanke plötzlich an zU schluchzen. .Mensch, bist woll verrückt?" raunt der Kolsaktor. Der Auf- sehcr bemerkt nichts Er liopfi mit dem Schlüssel klingend gegen eines der großen, stählernen Türschlösser. Los 1" Die Beiden marschieren ab. Jetzt kommen sie fich scheinbar näher und der Rückfällige, für den es Ehrensache ist, zu erfahren, weswegen der andere.seinen Knast schiebt," fragt schnell: .Na. weswejen haste denn?" .Wegen Meineid!" schluchzt der andere. Enirnstet und enttäuscht zugleich, sagt der Aeltere: »Wat un dadrum weenste i... Dal is doch janischt! Da seh' mir an I... Wejen schweren Jubruch fünf Jahre!... wat haste denn.. Abstand da vorne!... Nummer 217 Mund halten!" schreit der Aufseher, der ihnen folgt. Und an der Korridortreppe kommt der .Alte" hinauf, ins erste Stockwerk, derNeue", drüben in die Parterrestatioil. Sie sehen fich wahrscheinlich nie wieder... II. Der Herr Bankdirektor. Herr Levy, es kommt Revision I Der Oberaufseher l... Sie müffen sich da drüben an daS kleine Schräukchen stellen I... So, sehen S:? mal... so!... Wenn er fragt, wie's Ihnen denn hier gefällt. daS fragt er nämlich iminer, gerade bei sone Leute wie Sie, dann sagen Sie gar nichts. Uebrigens bleibt er nich lange... 'S doch alleS in Ordnung bei Ihnen?" Und der Aufseher, der für seine Station und deren Aklurateffe veranwortlich ist, überblickt mit geüblem Auge den dreifächerigen Inhalt des an der Wand hängenden SchränkchenS. AllenS tipp topp!" Er lacht..Na ja. wozu haben wir denn ooch sonst unsrc Kalfaktoren!... Wat jemacht weni kann wird jemacht...Ick jeh' jetz', Herr Levy I" Also wie Pröppkcn, va- stehn Sie?!" Der Bankier, der in der Tat nierenleidend und deshalb längst von dem sogenanntenPensum", d. h. der täglichen Leistung einer festgesetzten Arbeitsmeiige befreit ist, nimmt den Roman, in dem er gelesen hat. vom Tisch. Dann legt er die zum Karionkleben nötigen Pnpierstreifen der Reihe nach hin und befeuchtet etliche mit Kleister. Seine fetten, etwas gichtigen Hände kommen damit schwer zurecht, er seufzt und kratzt den kahlen Schädel mit der Linken.... MUß dieser Ekel von Oberaufseher auch noch kommen und ihn in seiner Lektüre stören I Nicht mal im Zuchthause hat man Rube I Er lächelt. Draußen an der Börie war er bekannt und ge- fürchtet wegen seiner scharfen zynischen Bemerkungen, bis... bis er hierher kam... acht Jahre II... Durch die Glieder des alternden Mannes geht ein Schauder.... Ob er wohl noch lebend raus- kommt?... vier Jahre noch l... Die Schlüssel rasseln. Der Oberaufseher, eine große, breitbrustige, aufrechte Gestalt mit unerträglichem Beamtengesicht und einer kleinen, lächerlichen Stimme: Na. waS machst Du?" Der dicke, etwas asthmatische Bankier mit dem seiu.i BS. ?!efichl starrt blöde in die Luft. Hinter der Stahlbrille find die sonst o listigen, dunklen Augen wie erloschen. Gefällt Dir wohl nicht hier, WaS?" Dabei überfliegt das Auge des alten Pedanten die ganze Zelle. aber es ist alles, wie der im Rücken deS Vorgesetzten stehende Auf­seher vorhin sagte:Tipp Topp!" Dann adieu I... Sei man recht fleißig I Hörst Dn I" Die beiden Beamten gehen. Die schwere Zellentür fliegt zu, daS Schloß schnappt ein. Herr Levy sieht demAlten" nach, seine Augen leben wieder, er murmelt:Gott , was für'n Ekel!... Der.Schlag soll'n treffen!" Fünf Minuten später ist.sein" Aufseher wieder bei ihm. .Ru is er weg, Herr Levy I.. Gott sei Dank!.. Er bildet fich ein,'s geht»ich ohne ihn l.. Aber was soll man machen I.. Ja. und waS ich sagen wollte: Haben Sie vielleicht noch'n Wunsch, Herr Levy? Meine Frau fährt morgen in die Stadt.. Also: Zigarren, von der kleinen zu 35 Pfennig, ja.. und, nee warten Sie mal, ich wer' mir daS lieber aufschreiben: Gänseleberpastete! Eng- lisch« CakeS l Lacrirnae Christi die letzte Flasche halte nicht lange gereicht, Herr Levy! Sardinen in Tomateniauce und Ilixed piolos.. ja.. sonst nichts?.. Na, wird besorgt. Herr Levy, auf Wiederseh'n l. III. Lebenslänglich. Der Schlüffel des Aufsehers klopft klirrend aufs Türschloß. Spazierengehen I " Der dadrin GlaSballonS mit Weidenruten beflicht, ist ein großer, starker Mann, rasiert und kahlgeschoren, wie die anderen, aber von so stark ein Haarwuchs, daß Kinn und Kopfhaut dunkelblau gefärbt erscheinen. Er stellt den GlaSballon vorsichtig auf die Erde. Geht an daS Spind, unter dem die ledernen Halbschuhe stehen und wechselt die Pantoffel gegen diese. Dann stellt er sich an der Tür ans. Er hört den Aufseher auf der eisernen Galerie, die sich außerhalb der Zelle entlang zieht, näher kommen und wieder, wie schon so manchmal, glimmt der Ge- danke in ihm auf: Du rennst den Kerl über den Haufen ,m denn loS I" Aber er unterläßt das, diesmal wie immer: zwanzig Eisen- gitter und ebenso viele bewaffnete Beamte stehen auf dem Wege, der ins Freie sühn, und überwindet man sie auch sämtlich, so sind draußen die hohen Mauern und Soldaten mit scbarfgeladenen Ge- wehren I... ES hat eine Zeit gegeben, wo Nr. 23 an all' solche Dinge nicht dachte, wen!» die Wut ihn packte.... Bor zehn Jahren,