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Die Erde, die in all den Tausenden von Jahren unter waren. Zum politischen Leben nicht geschaffen, Hat er in der Folge dem Rasen gelegen hatte, wie ein fetter und blauer Kern der sein Mandat niedergelegt. Kraft und Fruchtbarkeit.
Es war in diesen felken Frosttagen des März, als das Unglüd in der Mergelgrube geschah, das den Knaben vaterIos machte, dessen Schicksal uns hier beschäftigt. Es war nichts Besonderes, das das Unglück bewirkte, es ist kein mert würdiges Ereignis zu berichten, sondern nur etwas ganz Einfaches.
Auf jedem größeren Arbeitsplatz geschieht dies. Es kann den einer wie den anderen treffen, feiner fann darüber etwas wissen oder nachdenken. Und die Tage vergehen, und es ist, als ob der Gedanke daran gar nicht existierte, aber dann Dana gellt ein Schrei, und dann weiß man, daß es geschehen ist, ( Fortsetzung folgt.)
lieben fonnte.
Ohne vorhergehende Krankheit, in voller Kraft hat ihn der Tod gefällt. Nichts hatte auf die Trauernachricht aus Bordighera vorbereitet, die in allen Kreisen des italienischen Bolles mit Schmerz aufgenommen wurde. Edmondo de Amicis ist in Italien populär im besten Sinne des Wortes. Alle haben Gaben aus seinen Händen empfangen. Und wenn die Welt des de Amicis einem Carducci flau erschien, weil dieser über die kleinen Menschen hinweg die großen Dinge fah, die allgemeinen Zusammenhänge und die hohen Ideen, weil ihm der fleine Jammer und die fleine Freude der menschlichen Alltäglichkeit zu gering schien, so hat die große Maffe der Leser sich gerade darum bei de Amicis heimisch gefühlt, weil er durch die Menschen hindurch, durch ihr trübes und frohes Erleben, fie allgemeine Zusammenhänge und hohe Jbeen ahnen ließ. Carducci vertrug die Menschen nicht, so wie fie waren; de Amicis fab sie so, wie er fie vertragen, wie er fie Er war von einem sonnigen Optimismus. Nicht, daß ihm das Auge gefehlt hätte für die Schlechtigkeit und Niedertracht, aber er hatte ganz besondere Augen für das Gute im Menschen, Seheraugen, wie sie eine Mutter hat, um das Beste und Liebste an ihrem Kinde zu entdecken. Irgendwo fand er es immer, meist in den tiefsten und schlichtesten Gefühlen, die aller Menschen Teil find, die nur dem innerlich Verkrüppelten fehlen: in der Liebe zur Mutter und zur Heimat, in der ersten jungen Leidenschaft, im fleinen unscheinbaren Opfer, das Liebe oder Mitleid bringen lehren. Das gerade machte ihn seinen Lesern teuer. Er beleuchtete nicht seine Welt mit dem bengalischen Feuer der Phantasie, sondern zog Vorhänge weg, mit dem Verständnis feiner Menschenliebe, um echte, wärmende Sonnenstrahlen einzu laffen. Er dichtete den Menschen nicht Gefühle an, sondern zeigte Er dichtete den Menschen nicht Gefühle an, sondern zeigte ihnen, was wirklich in ihrem Innern war, vielleicht verborgen, staubbedeckt, unter dem Krimskrams falscher Aeußerlichkeiten halberdrückt, aber doch nicht tot.
Wohl war er Gefühlssozialist, aber nicht im Sinne jener Mite läufer, die den Sozialismus für Sache aller Menschen guten Willens halten, für eine rosige Weltanschauung, die einen über die Miseren von heute wegtäuscht durch ein Bild zukünftiger Harmonien. De amicis war es bitter ernst um seinen Sozialismus, und er war zu ihm gekommen durch zwingende innere Notwendigkeit. Seine tiefe Fähigkeit des Mitempfindens, seine ungeheure Verwundbarkeit durch fremdes Leid hat für de Amicis die Not der Armut zu einem Wie fonnte fich der Optimismus furchtbaren Problem gemacht. feiner Natur, wie sein Glaube an die Menschheit mit diesem Problem auseinandersetzen? Am Elend vorbeizusehen war ihm durch seine Beobachternatur unmöglich gemacht, um sich selbst zu belügen, was er zu ehrlich. Glauben an ein Jenseits, das das Unrecht fühnte, fehlte ihm. Wenn er, der Lebens- und Menschheitsfrohe, nicht an Leben und Menschheit irre werden sollte, so mußte er auf dieser Erde die Werkzeuge finden, um der Not der arbeitenden Klassen ein Ende zu setzen. Und sein flarer Verstand und seine intellektuelle Ehrlichkeit ließen ihn diese Werkzeuge nur in der sozialistischen Arbeiterbewegung finden.
De Amicis hat auch keinen geringen Preis für seinen Sozialismus gezahlt. Trug doch sein lebertritt in die Partei ihm den Unfrieden in die Familie und brachte ihm damit schweren Kummer. Turati hat in seinen Gedächtnisworten vor dem Barlament dantbar de Amicis' gedacht und daran erinnert, wie der Verstorbene seine Turati und seine Mitangeklagten tegen Beteiligung an dem Maiungeheure Schüchternheit besiegte, um vor dem Kriegsgericht, das länder Aufstande zu langjährigen Kerferstrafen verurteilte, für den Freund und für die Sache Zeugnis abzulegen. Und nach der Ausfage, in der er von der hohen Kulturaufgabe des Sozialismus ge prochen hatte, ließ sich der Zeuge zu den Angeklagten führen und drückte jedem die Hand.
Als Schriftsteller war de Amicis sehr fruchtbar. Arbeit, regel
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mäßige systematische Arbeit war ihm Lebenselement. Im Jahre 1868, als 32jähriger Offizier, veröffentlichte er fein Erstlingswerk, Soldatenleben", in dem der doppelte Optimismus seines Temperaments und feiner Jugend das Leben des Lagers und der Kaserne rosig verklärt. Dies Buch eine Novellensammlung gefiel ungemein und hat Es folgten die Erinnerungen bis heute 58 Auflagen erlebt. von 1870/71" und dann, nach seinem Austritt aus dem Heere, Jahr auf Jahr, Reisebriefe aus London , Spanien , Marotto, Konstantinopel , Holland und Paris . Dazwischen erschien ein Band Novellen und ein Band Gedichte, dann 1881 die Literarischen Porträts" und 1886 Cuore". Seitdem ist fast jedes Jahr ein Buch erschienen, zuletzt vor wenigen Monaten das Reich der Liebe", und der Unermüdliche schrieb an neuen Novellen, als der Tod das Wort„ Ende" unter sein arbeitsreiches Leben sette.
Was von de Amicis Werken ihn. überleben und Eigentum kommender Geschlechter werden wird, das wollen wir uns nicht zu entscheiden vermeffen. Wir glauben, daß sich die Jugend auch noch in ferner Zukunft an seiner Erzählerkunst erfreuen werde, an seiner sonnigen Güte wärmen. Denn die Gefühlswelt, in der sich de Amicis Nobellen bewegen, veraltet nicht. Die Menschen altern und werden ihr dadurch fremd, aber neue Geschlechter fommen herauf und jedem jungen Menschen hat der Verstorbene viel, sehr viel, zu geben.
Große Kraft der Gestaltung hatte de Amicis nicht. Er hat sich Seinem Talent lag auch nie am Drama und am Roman versucht. die Novelle, die Skizze, die Eindrucksliteratur der Reisebeschreibung näher. Er war ein„ Anempfinder" und liebevoller Beobachter, der sich mehr feinem Gegenstande hingab als ihn beherrschte. Dem Stil gebrach es manchmal an Kraft wie an Reinheit. Er war geschmeidig und lebhaft, reich an Bildern und frei von Künftelei. Wie viel Selbstkritik der Stilistiter in de Amicis geübt, wie viel er an sich gearbeitet hat, das zeigt ein vergleichender Blick auf den Stil der ersten und der letzten Werke: ein unverkennbarer Wille zur Einfach beit, zur Durchsichtigkeit setzt sich gegen den sprudelnden Ueberreich tum der jugendlichen Profa durch.
An der Riviera, wo er geboren wurde, ift de Amicis gestorben, eben 62 Jahre alt. Der Tod und das Leben haben ihm viel ge nommen, so daß von seiner Familie nur ein einziger Sohn an dem Grabe trauert. Aber neben ihm stehen die Hunderte, die den Gütigen persönlich fannten, stehen die Hunderttausende, die seine Güte durch seine Werke fühlten und genoffen, neben ihm steht die Bartei, in deren Reihen er marschierte. Alle haben Ursache zu tiefer Trauer: ein väterlicher Freund und Berater, ein Menschheitsgläubiger ist in ihm gestorben. Und er war uns Genosse und hat im Sozialismus das höchste Ideal erkannt und angestrebt,
De Amicis war der geborene Erzieher, dessen Blick in alle Falten der Seele dringt, der die zartesten Keime zum Guten entdeckt und an der Sonne seines Vertrauens wachsen läßt. Sein am weitesten verbreitetes Wert„ Cuore"( Herz) ist ja ein Buch für Kinder. Er hat es für seinen ältesten Knaben geschrieben und es ist wohl fein Kind in Italien , das überhaupt eine Fibel in der Hand gehabt hat und die Schulerlebnisse Enricos nicht wenigstens teilweise fännte. Es find ganz einfache Erlebnisse eines Knaben, der in die Volksschule geht und mit seinen Mitschülern lebt. Manches mag uns sentimental anmuten, die belehrende Tendenz, das Moralisierende scheint oft allzu handgreiflich. Aber die Kinder lieben das Buch wie ein zweites, hoden darüber mit leuchtenden Augen und auch oft mit Augen, in denen die Tränen glänzen und obwohl das Buch Schritt für Schritt vermahnt und auf Fehler aufmerksam macht, empfinden die Kinder die Belehrung nicht, wie bei fo manchem Erzieher als einen ungarten Eingriff in ihr Seelenleben oder als langweilige Abschweifungen: fie erscheint ihnen natülich, wie die Belehrung der Tatsachen selbst und interefiant wie diese. Wo ist ein zweites Buch, das dem Stinde, in der fleinsten Münze alltäglicher Erlebnisse, so viele Lehren der Menschenliebe, der Rücksicht, der Duldsamkeit gäbe, ohne langweilig zu sein? Und Cuore" wird verschlungen, wird als das anziehendste Buch von den Kindern gepriesen. In Italien allein find in 20 Jahren über 400 000 Exemplare verkauft worden und das Buch ist in 93 verschiedene Sprachen übersetzt worden, sogar ins Kroatische, ins Griechische und neuerdings ins Chinesische, Japanische und Arabische . Und dieselbe warme Menschlieben, in der de Amicis' Erziehergenie wurzelte, hat ihn auch in unsere Reihen, hat ihn zum Sozialismus und zur Partei geführt. Im Jahre 1891 ist der damals auf der Höhe feines Ruhmes stehende Schriftsteller offiziell der Partei Der Reis( Oryza sativa L.) ist eine der ältesten Kulturbeigetreten und hat sich in die Seftion von Turin eintragen laffen, pflanzen; in China wird er seit 5000 Jahren gepflegt und spielt der er bis zu seinem Ende angehörte. Noch vor kurzem hat de dort, ein Zeichen seiner Wertschätzung, eine wichtige Rolle bei Amicis eine bedeutende Summe für unser Turiner Parteiblatt gegeben. Auch Parteikandidat war er, als nach den Maiaufständen bon 1898 die schwärzeste Reaktion auf Stalien laftete, als Turati Kolonialbotanit, die in der Sammlung Aus Natur und und Anna Ruliscioff und Hunderte der Unseren im Gefängnis Geisteswelt" bei B. G. Teubner erschienen ist.( Preis geb. 1,25 M.)]
Reis."
*) Wir entnehmen diese Schilderungen Dr. Fr. Zoblers