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Plöglich ertönte ein sonderbarer, trähender Schrei, der Hahn taumelte, freischte, flatterte, und lag auf der Erde. Blut lief über die Federn des Halfes und färbte sie dunkelrot. Er zuckte, schlug mit den Flügeln und wurde still. Dann schnappte er nach Luft und

war tot.

Es erhob sich ein großes Gegacker, ein Wehklagen und Jammern und Piepsen. Wer sucht uns nun die Käfer! Und die guten, zarten Regen­würmer? Wer beschützt uns vor dem Habicht? Wer? Wer?" Ich bin nun euer Beschüßer", sagte der Goldfasan, und die Hühner gaben sich rasch zufrieden.

Das schneeweiße stand neben ihm und strich zärtlich eine Feder glatt an seinem goldenen Halsfragen.

" Ich liebe Dich ewig!" sagte der Goldfasan zu ihr. Das italienische Huhn schloß die Augen vor Glück.

Am nächsten Tage war der Goldfasan verschwunden. Die Hühner faßen ganz verstört auf dem Mist und sahen hin­über in den Nachbarshof, wo unter Fasanen, Pfauen und bronzenen Puten der Goldfasan herumspazierte, ohne auch nur einmal den Hals nach der verlassenen Schar zu drehen.

Die Schneeweiße flog auf den Zaun, sah sehnsüchtig hinüber und gluckste!

Der Fafan fah sie, senkte die Lider, hob den Schnabel und schob seinen Kragen vor! Dann ging er mit seiner goldenen Ge­fährtin weiter. Lautlos stand das arme Weiße auf dem Baun. Dann streďte es den Kopf unter die Flügel und rührte sich nicht mehr.

Dicht zufammengedrängt faß die verwaiste Hühnerschar auf dem Mist. Dann sagte eine:" Wenn wir doch unseren Hahn wieder hätten!" " Ja," sagte die Graugesprenkelte, nun fönnen wir uns unsere Käfer selber suchen!" Und eifrig begannen sie alle zu scharren!

Kleines feuilleton.

Völkerkunde.

Arbeitsgesänge der Kongoneger teilt der belgische Major Delhaise mit, der längere Zeit unter ihnen gelebt hat. Daß der Gesang ursprünglich zur Rhythmisierung und damit zur Erleichte rung der Arbeit dient, also ökonomischen Ursprungs ist, hat Karl Bucher in seinem Buche Arbeit und Rhythmus" nachgewiesen. Die von Delhaise aufgenommenen Gesänge lauten in deutscher Ueber fetzung:

Gefang der Frauen beim Getreidemahlen. " Ich mühe mich hier ab, um Mehl zu machen, Aber mit wem werde ich es effen?

Ich habe nicht Gemüse noch Fleisch.

Und ich habe keinen Sllaven, mein Mahl zu bereiten. Ihr, Männer, wenn ihr Frauen habt,

Die nichts zu tun haben,

Sagt ihnen, daß sie mir helfen sollen."

Gesang der Männer bei der Feldarbeit Meine Mutter hat mich geboren, daß ich das Feld bebaue, Sie gab mir eine Hacke, daß ich das Feld baue.

Ich werde nicht von hier gehen,

Bevor das ganze Feld fertig sein wird. Wer vorüber gehen wird, wird sagen,

Ja, das ist ein Mann,

Gr fann arbeiten!"

Hauswirtschaft.

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Aftronomisches.

Was sind Sternströmungen? Die Bedeutung dieser Bezeichnung, die der Astronom Dyson zum Titel eines Vortrags vor dem Aftronomischen Institut in Edinburg gemacht hat, ist nicht leicht zu erraten. Der Forscher meint damit die Bewegungen, die von den Firsternen innerhalb des Weltalls ausgeführt werden, und weist, daß die Entdeckung dieser Bewegungen überhaupt eine Gr. ihre Anordnung nach gewissen Richtungen. Der Name Firstern be rungenschaft der Neuzeit ist. Der erste, der auf Grund eines Ver. gleichs zeitgenössischer Beobachtungen mit denen, die Claudius Ptolemäus im zweiten Jahrhundert nach Christi niedergelegt hat, den Schluß zog, daß die Fixsterne ihren Namen nicht verdienen, war der große englische Astronon Halley, der schon im Alter von 22 Jahren( 1678) die hohe wissenschaftliche Würde eines Mitglieds der Royal Society in London erhielt. Heute weiß jeder Gebildete, daß sich auch diese Sonnen des Weltgebäudes bewegen, und zwar vielfach mit ganz unvorstellbar großen Geschwindigkeiten, die dem Auge des Menschen nur wegen der ungeheuren Entfernung so lange verschleiert geblieben waren. Weitere große Fortschritte brachten dann die Arbeiten von William Herschel , Argelander, Bradley und Bessel und in neuester Zeit dann die Anwendung des Spektroskops, namentlich durch Huggins und Vogel, auf Grund des berühmten Dopplerschen Prinzips. In dieser furzen historischen Uebersicht ver dient noch die Tatsache Erwähnung, daß William Herschel zuerst im Jahre 1783 aus dem Umstand, daß die Bewegungen einer Anzahl von Firsternen fast nach einunddemselben Himmelspunkt gerichtet waren, folgerte, die Sonne selbst sei mitsamt ihrem Gefolge von Planeten nach dem entgegengesetzten Bunkt des Himmels in Be wegung. Die neueren Forschungen hatten nun schon gezeigt, daß auch nach Abzug dieser scheinbaren Bewegung der Firsterne, die gewissermaßen als Spiegelbild der Verschiebung des ganzen Sonnens systems eintritt, manche Sterngruppen eine auffallende Gleichmäßig teit in ihren Ortsveränderungen zeigen. Beispielsweise bewegen sich von den 7 Hauptsternen des Großen Bären 5 in gleicher Rich tung, und ebenso erscheinen die Elemente des Siebengestirns, der Plejaden, in gleicher Weise aneinander gebunden. Mit dem weiteren Fortschritt der Beobachtungen haben sich noch mehr Beispiele solcher " Sterntriften" ergeben. Großes Aufsehen erregte dann in den lezten Jahren Professor Kapteyn durch den Inhalt eines Vortrags, den er im Jahre 1905 während der Versammlung der Britischen Vereinigung zur Förderung der Wissenschaften in Kapstadt gehalten hatte. Dieser verdienstvolle Astronom stellte nämlich nach seinen Beobachtungen die Behauptung auf, daß sich die Fixsterne, bei denen eine Eigenbewegung bisher nachgewiesen worden ist es sind deren 4-5000 in zwei großen Strömungen bewegen. Professor Dyson hat diese merkwürdige These gründlich nachgeprüft und versichert jetzt, daß er sie durchaus bestätigt gefunden hat. Bei diesen neuesten Beobachtungen sind auch Sterne in Rücksicht gezogen worden, die bei den früheren noch nicht beachtet waren.

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Aus dem Gebiete der Chemie.

Die Größe eines Atom 3, der kleinsten angenommenen Einheit eines Elements, pflegte der jüngst verstorbene Lord Kelvin , der auf manchen Gebieten wohl als der größte Gelehrte seiner Zeit bezeichnet werden kann, durch den Vergleich mit einem Wassertropfen zu veranschaulichen. Wenn man sich vorstellt, ein Wassertropfen möge sich bis zur Größe der Erdkugel ausdehnen, dann würde ein Atom daneben in einer Größe erscheinen, die zwischen einer Murmel und einer Billardkugel schwankte. Auf Grund dieses Vergleichs tommt man schon zu der richtigen Auffassung, daß es dem mensch lichen Auge wohl für alle Zeiten unmöglich bleiben wird, ein Atom wahrzunehmen, obgleich das Mikroskop mit den allerneuesten Hülfs­mitteln schon bis zur Sichtbarmachung von Molekülen in einzelnen Fällen vorgedrungen zu sein scheint, was freilich von gewichtigen Stimmen noch bestritten wird. Um die Größe eines Atoms in ein deutliches Licht zu stellen, hat Professor Brashear im English Mechanic" noch ein neues Mittel gewählt. Man denke sich ein

stoffatomen gefüllt, so würden in runder Bahl 525 Oftillionen darin Platz finden. Unter der Annahme, daß diese Atome sich mit einer von ihnen in jeder Sekunde den Ausgang verschafft, so würden Geschwindigkeit aus dem Gefäß herausbewegen, die einem Tausend doch 17 Quintillionen Jahre vergehen, ehe das kleine Gefäß leer rechnet. Wer ihn kontrollieren will, muß beachten, daß Professor geworden wäre. Hoffentlich hat sich der Herr Professor nicht ver­Brashear die amerikanische Unart angenommen hat, eine Billion nicht als eine Million Millionen, sondern als 1000 Millionen zu be­zeichnen. Dieser Brauch ist wesentlich nur zu dem Zweck zustande gekommen, damit ein Befizer von 1000 Millionen sich Billiardär nennen könne, wie denn auch die Ehre eines Milliardärs schon einem Besizer von nur 100 Millionen Dollar zufällt. Die 525 Oftillionen sind also eine Biffer, in der auf die 525 noch 27 Nullen folgen, und die 17 Quintillionen Jahre bedeuten eine Siebzehn mit 18 Nullen dahinter. Nach nicht amerikanischem Brauch würde die erste Biffer in Worten durch 525 000 Quadrillionen und die zweite durch 17 Trillionen wiederzugeben sein. Auch diese Angaben werden immerhin genügen, einen Respekt vor der Kleinheit des Atoms zu

Die Konservierung von Obst. Versuche zur Konfer- wingiges Gefäß von nur einem Rubikzentimeter Inhalt mit Wasser­bierung von Obst haben den Gartenbaukommissär von Kalifornien Mr. Ellwood Cooper zu einem interessanten und einfachen Ver­fahren geführt. Mr. Cooper füllt Kisten aus Papierstoff, die er mit Asphaltlad getränkt und so luftundurchlässig gemacht hat, mit Obst und verschließt sie bis auf eine kleine Deffnung. Eine größere Anzahl von solchen Papierstofftisten wird in einen großen eisernen Behälter gebracht, aus dem nun die Luft herausgepumpt wird. Der luftleere Behälter wird nun mit Stickstoff gefüllt. Die kleine Oeffnung an den Papierstofftisten wird nun bersiegelt und zwar so lange die Kisten noch in dem eisernen Behälter sind; dann werden mehrere der Kisten in kräftige Holzverschläge gepackt und sind nun versandfähig. Das Fehlen von Luft verhindert die Fäulnis und tötet Batterien. Versuche, die man mit Aepfeln, Birnen, Trauben, Kirschen usw. angestellt hat, ergaben das glänzende Resultat, daß das Obst noch nach 5 Monaten völlig frisch war ohne Fäulnis und daß Obst, welches in angefaultem Bustande verpackt worden war, nicht weiter in Fäulnis übergegangen war. Es ist klar, daß dieses Verfahren infolge seiner Billigkeit und Sicherheit berufen ist, eine große Rolle zu spielen und es ist nicht ausgeschlossen, daß es sich auch auf andere Nahrungsmittel ausdehnen läßt.

erzeugen.

Berantw. Redakteur: Georg Davidsohn , Berlin.- Drud u. Verlag: Vorwärts Buchdr. u. Verlagsanstalt Baul Singer& Co., Berlin SW.